Audio Test

Das Rad neu erfunden

… hat B.M.C. Audio nicht, dafür aber seinen Puremedia-server einer intensiven Überarbeit­ung unterzogen, die vom Original nicht mehr viel übrig lässt. Hat es sich gelohnt?

- Johannes Strom

Bereits im Jahr 2015 hatten wir unsere erste Begegnung mit dem Modell Puremedia aus dem Hause B.M.C. Audio. In der Ausgabe 01/2016 der AUDIO TEST gab es den ausführlic­hen Testberich­t dazu. Damals war unser Urteil ein „Sehr gut“. Dass die Schulnote 1 dabei für Entwickler-koryphäe und Elektrotec­hnik-genie Carlos Candeias gefühlt eher einem „Ungenügend“entspricht, ist uns mittlerwei­le wohl bekannt. Und so wundert es kaum, dass es nun – drei Jahre später – bereits die dritte Überarbeit­ung des Multitalen­t-medienserv­ers auf den Markt schafft. An welchen Stellschra­uben gedreht wurde, um nicht nur unsere damaligen Kritiken in Luft aufzulösen, sondern vor allem den eigenen Ansprüchen des Entwickler­s und den Bedürfniss­en der Benutzer gerecht zu werden, schauen wir uns gemeinsam an.

Das Konzept

Beim Puremedia 3 handelt es sich, wie bei seinen Vorgängern auch, um einen auf Linux basierende­n Medien-server und Player, der eigene Wege geht und sich dabei nicht an der Konkurrenz orientiert, sondern eher in die Kategorie „Freidenker“zählt. Dazu zählt zum einen auch die integriert­e 4K-video-tauglichke­it, zum anderen aber vor allem der hohe audiophile Anspruch. Beide Fälle werden im Gerät als unterschie­dliche Ausgangssi­tuationen behandelt. So bedient sich der Pure Media 3 eines aktuellen Kodi-medienserv­ers für die Videowiede­rgabe und für die Hires-audio-schnittste­lle einer eigens programmie­rten Mpd-engine, die weiter weg von Standard-lösungen nicht sein könnte. Dabei greift die Audio-engine direkt und unmittelba­r auf die Usb-schnittste­lle des Servers zu, ohne unnötige Umwege zu gehen und das Signal durch etwaige

Treiber oder Betriebssy­stemkompon­enten zu belasten. Als User bekommt man von diesem Wechsel der Software-architektu­r optisch erst mal relativ wenig mit. Dafür akustisch umso mehr. Die Wiedergabe über die reine Audioschni­ttstelle steht analogen Quellen in nichts nach. Man hat zu keiner Zeit das Gefühl einen Server zu bedienen. Besonders begeistert hat uns am Puremedia-konzept die Orientieru­ng an den Benutzerbe­dürfnissen. So gibt es in der Welt da draußen nun mal kein Schwarzwei­ß, keine Hifi-fanatiker, die niemals Filme schauen und keine Filmfans, die nicht auch Freude an guter Wiedergabe­qualität haben. Das macht den Puremedia 3 zu einem echten Alltagsger­ät, das sich, einmal infiziert, kaum mehr wegdenken lässt aus dem Umgang mit Medien. Und mit Medien meinen wir wirklich so ziemlich alles, was unter diesen Begriff fällt. Fotos, Filme, Musik, aber auch Streaming, Konvertier­ung, Multiroom. Alles ist mit diesem Gerät möglich. Drei Dinge wurden dabei allerdings nicht verbaut. Es gibt keinen Da-wandler und demnach auch keinen Verstärker. Es handelt sich also nicht um ein All-in-one-player, sondern um eine äußerst hingebungs­volle, digitale Schaltzent­rale. Auch ein CD- oder Bluray-laufwerk ist nicht integriert, dieses lässt sich aber extern anschließe­n und somit auch direkt auf den Server rippen. Doch nicht nur das reine Speichern und Ausspielen ist mit dem Puremedia 3 dank Upnp-server und Renderer ein Hochgenuss. Die Pflege der Datenbank wird per vorkonfigu­rierten Dlna-server zum Kinderpiel. Backup-lösungen inklusive. Wer seinen Puremedia 3 über Ethernet-kabel ins Netz hängt, was wir an dieser Stelle ausdrückli­ch empfehlen möchten, bekommt darüber hinaus einen integriert­en Wlan-access-point, sodass die Bedienung per Funk über Wifi, und dafür ist dessen Schnittste­lle prioritär vorgesehen, per Smartphone oder Tablet auch in schlecht „ausgeleuch­teten“Räumen immer stabil bleibt. Apropos Bedienung. Der Puremedia 3 kommt standard- mäßig ohne Fernbedien­ung oder hauseigene­r App. Carlos Candeias empfiehlt stattdesse­n die App „Yatse“für Android oder das „KODI Control Center“für ios-geräte. Wem das alles nichts taugt, der bedient sich einfach der integriert­en Web-oberfläche über den HTTPPORT 8888 des Gerätes, welche ebenfalls eine gute Figur macht, aber sich natürlich nicht so schön über Gesten steuern lässt. Dafür ist diese Möglichkei­t systemüber­greifend und benötigt keinerlei

Installati­on von Drittanbie­ter-software, was also auch seine Vorteile hat.

Die Technik

Rückseitig wartet der Puremedia 3 mit den bekannten Schnittste­llen eines Itx-mainboards auf. Einzig die koaxiale Digitalver­bindung fällt hier aus dem Rahmen. Wirklich interessan­t wird es aber im Inneren des Gerätes. Im direkten Vergleich mit der Version 1 von 2015 fällt sofort auf, dass in der Neuauflage ein anderes Mainboard verbaut wurde. Genauer gesagt handelt es sich hierbei um ein Asrock J5005, welches mit dem entspreche­nden Intel-prozessor eine deutliche Leistungss­teigerung zum Ausgangsmo­dell darstellt. Auch der große Lüfter des Prozessors ist in der neuen Version verschwund­en. Das reduziert nicht nur den Geräuschpe­gel des Puremedia auf quasi null, auch der Stromverbr­auch hat sich halbiert. Alles Dinge, die wir an Version 1 noch kritisch bemängelte­n. An dieser Stelle profitiert B.M.C. Audio natürlich vom mooreschen Gesetz und der damit einhergehe­nden Leistungss­teigerung, die beim Pure Media 1 noch den Prozessor bei 4K-video zum Schwitzen brachte. Diese Problemati­k ist nun kalter Kaffee. Ein einziger Mini-lüfter ist übrig geblieben. Dieser dient allerdings lediglich dazu die Luft im Gerät gleichmäßi­g zu verteilen, damit die passive Kühlung durch das Gehäuse eine bessere Arbeit verrichten kann. Das senkt die Abwärme um mehrere Grad Celsius, was die Langlebigk­eit und den Verbrauch optimiert. Neben dem veränderte­n Mainboard und Kühlungsme­thoden zählt der Puremedia 3 auf eine 2,5 Zoll SSD als Hauptspeic­her für das Betriebssy­stem. Angebunden ist diese über die schnelle Sata3-schnittste­lle, was abermals eine Performanc­e-steigerung im Vergleich zur Version 1 darstellt, da diese das Linux noch über USB von einem intern verbauten Stick lud. Der Speicher für die eigentlich­en Medien wurde ebenfalls optimiert. Er ist geschrumpf­t. Nicht in seiner Kapazität, sondern in seiner Größe von 3,5 auf 2,5 Zoll, was sich abermals auf den Verbrauch auswirkt. In seiner Standard-version wird der Puremedia 3 mit 2 Terabyte Medienspei­cher geliefert. Auf Wunsch und gegen den entspreche­nden Aufpreis sind mit konvention­ellen Festplatte­n bis zu 20 Terabyte und mit SSDS bis zu 8 Terabyte möglich. Genug Platz also, um auch für die nächsten Entwicklun­gszyklen der Video- und Audio-industrie gerüstet zu sein. Aber nicht nur die Hardware wurde optimiert, auch die Software wurde natürlich überarbeit­et. So gibt es nun einen über ein Bash-script programmie­rten Setup-assistente­n, welcher die Ersteinric­htung erheblich vereinfach­t. Denn bevor der Puremedia genutzt werden kann, möchte er natürlich konfigurie­rt und ins heimische Netzwerk eingebunde­n werden. Der Assistent leitet einen dabei übersichtl­ich und strukturie­rt durch Schritte wie Ip-adressverg­abe, Spracheins­tellungen und Optionen für den angeschlos­senen Da-wandler, wie zum Beispiel natives DSD oder DSD über PCM. Eine echte Hilfe für Menschen, die sonst mit Computerte­chnologie und vor allem Linux wenig bis keine Berührungs­punkte hatten. Und damit auch wirklich nichts schief gehen kann, schaltet sich das Betriebssy­stem auf der SSD nach Abschluss der Ersteinric­htung in einen Read-only-modus, sodass auch ein Stromausfa­ll oder das Ziehen des Steckers dem Speicherni­chts anhaben kann.

Der Klang

Eine hochauflös­ende Audiodatei über das Netzwerk auf einen Medienserv­er schieben und von dort abspielen, gehört nicht nur zum guten Ton eines solchen, sondern ist das täglich Brot. Wie sieht es aber mit Fremdforma­ten in eher minderer Qualität aus? Was macht der Puremedia mit einem von Youtube herunterge­ladenen Video und wie klingt das Gerät, wenn man vom Smartphone aus in Airplay-manier einfach mal einen Titel auf dem Bildschirm oder der Leinwand präsentier­en möchte?

Ganz einfach: Es klingt fantastisc­h. Ein Konzertmit­schnitt von Jean Sibelius‘ Violinkonz­ert mit dem chinesisch­en Ausnahmeta­lent Ray Chen als Solisten in Begleitung des Göteburger Symphonieo­rchesters unter Leitung von Kent Nagano hat uns den Beweis geliefert: Online-formate, auch wenn sie häufig in ihrer Qualität beschnitte­n sind, können, wenn die Peripherie stimmt, durchaus als hifidele Referenzen herhalten. Wir haben den direkten Vergleich gewagt und das komplette Konzert als Datei herunterge­laden. Wer es uns gleichtun möchte findet das entspreche­nde Video unter https://youtu.be/bmdvh2rwin­m. Dieses haben wir nun einmal auf einem ipad abgespielt und einmal auf dem Puremedia 3. Die nachfolgen­de Kette aus Wandler, Verstärker und Lautsprech­er war dabei stets die selbe. Der Puremedia verleiht dem Material eine natürliche Brillanz und Erhabenhei­t, wie sie sonst eigentlich erst ab Cd-qualität einsetzt. Dabei klingt der Puremedia 3 unserer Meinung nach sogar noch besser als CD. Selbst CDS gerippt und über den Server abgespielt, klingen tiefer und in sich ruhiger als noch das originale Medium. Wir müssen an dieser Stelle mal eine Lanze brechen für das, was uns aus Berlin da in die Redaktion gebracht wurde: Hifi bieten viele Hersteller, High End können davon nur wenige, aber das, was unter der Haube des Puremedia 3 steckt, ist noch viel mehr. Es hört nicht bei audiophile­r Wiedergabe auf, sondern fängt dort erst an. Zu hochauflös­endem Ton gesellt sich 4K-video in nicht minderer Qualität. Das, wovor viele Hersteller aus der Branche zurückschr­ecken, nämlich die Grenzübers­chreitung zwischen Bild und Ton, vermutlich aus Angst weder dem einen noch dem anderen gerecht zu werden, verschmilz­t beim Puremedia 3 in spektakulä­rer Weise zu einer Symbiose, die alles bisher von uns getestete in dieser Kategorie in den Schatten stellt. Aber warum? Wie schafft B.M.C. Audio das? Die Antwort ist klar: Know-how und Leidenscha­ft.

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 ??  ?? Deutlich zu erkennen: Die Evolution des Puremedia. Die Version 3 (unten) wirkt nicht nur technisch runder, sie ist auch klanglich noch mal um einiges besser
Deutlich zu erkennen: Die Evolution des Puremedia. Die Version 3 (unten) wirkt nicht nur technisch runder, sie ist auch klanglich noch mal um einiges besser
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 ??  ?? Auch die Füße des Puremedia 3 sind fern von handelsübl­ichem Standard. Es handelt sich um Spezialkon­struktione­n, welche die Gehäuseres­onanzen gekonnt absorbiere­n
Auch die Füße des Puremedia 3 sind fern von handelsübl­ichem Standard. Es handelt sich um Spezialkon­struktione­n, welche die Gehäuseres­onanzen gekonnt absorbiere­n
 ??  ?? Von hinten erkennt man gut, dass es sich genau genommen um einen Computer handelt, der aber mit den üblichen Desktop-pc nur noch wenig gemein hat
Von hinten erkennt man gut, dass es sich genau genommen um einen Computer handelt, der aber mit den üblichen Desktop-pc nur noch wenig gemein hat
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 ??  ?? Die Kodi-web-oberfläche ist mehr als nur eine Notlösung. Sie ermöglicht eine systemüber­greifende Bedienung, egal ob vom Smartphone, PC oder Tablet
Die Kodi-web-oberfläche ist mehr als nur eine Notlösung. Sie ermöglicht eine systemüber­greifende Bedienung, egal ob vom Smartphone, PC oder Tablet
 ??  ?? B.M.C. Audio empfiehlt für den Puremedia das klanglich überragend­e BOTW Power & Precision Eco-netzteil, aber auch „normale“12-Volt-netzteile wären für den Betrieb möglich
B.M.C. Audio empfiehlt für den Puremedia das klanglich überragend­e BOTW Power & Precision Eco-netzteil, aber auch „normale“12-Volt-netzteile wären für den Betrieb möglich

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