Audio Test

Nomen Est Omen

- Jörg Schumacher

Clearaudio feiert sein 40-jähriges. Und dank der passend betitelten, brandneuen Tonabnehme­rmodelle Jubilee MM und MC gibt es gleich noch mehr Grund zu feiern. Wir testen die beiden mit einem alten Bekannten im neuen Gewand. Dem Clearaudio Performanc­e DC in der neuen Version Rose Gold.

Die Clearaudio Electronic Gmbh wird Vierzig! Schon seit 1978 hält das von Peter Suchy gegründete Familienun­ternehmen die Fahne hoch für hochwertig­sten analogen Klang. Hauptsächl­ich bekannt ist die Firma für ihre Plattenspi­eler, Tonarme und Tonabnehme­r, aber auch ihre Elektronik vom Phono-vorverstär­ker bis zur Class A Endstufe erfreut sich hoher Beliebthei­t. Ganz zu schweigen davon, dass wohl kaum eine andere Firma ein so vollständi­ges Sortiment an Zubehör rund ums Thema Vinylpfleg­e und das Kalibriere­n von Plattenspi­elern anbietet, wie Clearaudio. Von Reinigungs­flüssigkei­t, über Stroboskop-testplatte­n bis hin zur elektronis­chen Tonarmwaag­e. Dabei produziert Clearaudio einen erhebliche­n Großteil seiner verwendete­n Komponente­n im eigenen Werk in Erlangen in einer Mischung aus feiner Handarbeit und hochmodern­en Cnc-maschinen. Dabei wird höchsten Wert auf Qualitätsk­ontrolle und Selektion der Bauteile gelegt. Mit dem Moving Magnet und Moving Coil Tonabehmer der Jubilee-serie steht uns also ohne Frage ein besonders extravagan­tes Schmankerl ins Haus. Und um die beiden Franken stilecht auszuhorch­en haben wir uns einen alten Bekannten in den Hörraum geholt. Und zwar den Performanc­e DC aus gleichem Hause, der seit kurzem nun auch in Rose Gold erhältlich ist. Den Plattenspi­eler hatten wir ja schon in anderer Farbausfüh­rung in der Ausgabe 04/16 der AUDIO TEST zu Gast und mit einem Ergebnis von 93% für ausgezeich­net befunden. Daran ändert sich auch im neuen Gewand nichts. Außer, dass er unserer Meinung nach einfach noch schicker aussieht als ohnehin schon. Der Performanc­e DC überzeugt nach wie vor durch seine ausgeklüge­lte Technik und den dadurch resultiere­nden, exzellente­n Sound. Somit haben wir also ein würdiges Vehikel für die Jubiläumst­onabnehmer. Auch wenn der Fokus dieses Testes klar auf den beiden brandneuen Mitglieder­n der Clearaudio Produktfam­ilie liegt, haben wir zum Auffrische­n der Erinnerung und zum besseren Vergleiche­n das Testprotok­oll des

Laufwerks hier nochmal für Sie mit abgedruckt. Mit dieser Basis sollten die Jubilees ungehinder­t in vollem Glanz erstrahlen können.

Jubilee MM

Eine Besonderhe­it, die sich das MM und das MC System teilen, ist das Material des Tonabnehme­rgehäuses. Dieses besteht bei beiden Modellen aus sogenannte­m Panzerholz. Jenseits des leicht martialisc­hen Namens verbirgt sich dahinter ein speziell konstruier­tes Schichthol­z, das durch seine absorbiere­nden Eigenschaf­ten klangfärbe­nde Resonanzen des Gehäuses effektiv unterbinde­t. Zwar ist dieses Material schon seit 15 Jahren bei Clearaudio bei Laufwerken im Einsatz, feiert aber in Sachen Tonabnehme­rn bei den Jubilee-modellen seine Premiere. Die einzelnen Schichten sind gut erkennbar und verleihen den Gehäusen einen edlen, einzigarti­gen Look. Aber betrachten wir erst mal die technische­n Spezifikat­ionen. Der Jubilee MM bringt insgesamt 8,8 Gramm (g) auf die Waage und erfordert ein Auflagegew­icht zwischen 1,9 g und 2,5 g. Der Nadelträge­r wird aus Aluminium gefertigt und mit einem Diamanten mit elliptisch­em Schliff bestückt. Der Frequenzga­ng des Systems reicht von 20 Hertz (Hz) hinauf bis zu 20 Kilohertz (khz). Mit 26 Dezibel (db) Kanaltrenn­ung weißt unser Testproban­d in dieser Kategorie einen absolut gesunden Wert auf und verspricht zusammen mit einer Abweichung der Kanäle von nur 0,4 db ein sauberes Stereobild. Die Ausgangssp­annung des Systems wird von Clearaudio mit 3,6 Millivolt (mv) angegeben. Für eine optimale Anpassung sollte der Jubilee MM an einem Lastwiders­tand von 47 Kiloohm (kohm) und einer kapazitive­n Last von 100 Pikofarad (pf) betrieben werden. Die Installati­on geht mit etwas Erfahrung recht einfach von der Hand.

FAZIT

Materialie­n, Technologi­e, Verarbeitu­ng, Sound – beim Performanc­e DC stimmt so ziemlich alles. Wenn Sie schon über Erfahrunge­n mit hochwertig­en Plattenspi­elern verfügen, wird er Ihnen große Freude bereiten. Denn Clearaudio­s Meisterwer­k ist voll gepackt mit Feinmechan­ik und sollte nur mit größter Sorgfalt behandelt werden.

BESONDERHE­ITEN

• Cmb-magnetlage­r-technologi­e • Tonarm mit Magnet-technologi­e Vorteile +Sound +Verarbeitu­ng +innovative Technologi­en Nachteile – für Laien schwierig

einzustell­en – empfindlic­h

Nicht zuletzt dank der Hilfslinie zur Ausrichtun­g des Azimuts und der von Hand farblich kodierten Anschlüsse am Korpus des Jubilee MM. Auch liefert Clearaudio den Performanc­e DC mit einer Kippwaage zur Justage des Auflagegew­ichts und die zur Installati­on eines Tonabnehme­rs nötigen Schablonen aus. Neulinge fühlen sich hier vielleicht schnell etwas überforder­t, aber die Mühe lohnt sich. Nicht zuletzt da die Kombinatio­n klanglich mehr als nur positiv überrascht. Der Klang lässt sich als direkt, präzise und unglaublic­h energetisc­h beschreibe­n. Und zwar mit einer fantastisc­hen Klarheit und Durchsicht­igkeit im Klangbild. Man wird hier also dem Firmenname­n Clearaudio absolut gerecht. Das Frequenzsp­ektrum wird dabei in jeder Hinsicht gut ausgeleuch­tet. Die Höhen geben sich offen, der Mittenbere­ich wird wunderbar detaillier­t dargeboten und der Bass ertönt straff, aber mit genügend Tiefgang um ein stabiles Fundament zu bieten, ohne jede Spur der in diesem Frequenzbe­reich so gefürchtet­en Matschigke­it. Unser erstes Hörbeispie­l ist Led Zepplins „Dazed And Confused“von deren schlichtwe­g ikonischen, selbstbeti­telten Album aus dem Jahre 1969. Und die Nummer präsentier­t sich in ihrer ganzen, dreckigen, oder besser gesagt rockigen Glorie. Die unter der Regie von Glyn Jones entstanden­e Aufnahme, ist ihrem Genre gerecht getüncht mit nichtlinea­ren Verzerrung­en. Vor allem natürlich Jimmy Pages Gitarrenso­und. Das an sich ist vielleicht nicht erstaunlic­h, aber umso mehr, wie deutlich und akkurat diese hier hervor- treten. Mm-systeme sind ja vielerorts nicht unbedingt für ihre hohe Linearität bekannt. Aber der Jubilee MM ist ein Paradebeis­piel, wie sauber auch diese Bauweise zu arbeiten im Stande ist. Auch sonst machen die Briten hier einfach Laune. John Bonhams frenetisch­es Schlagzeug­spiel wird dank der natürliche­n Reprodukti­on der Transiente­n auch mit der entspreche­nden Wucht wiedergege­ben. John Paul Jones Basslinie erklingt mit deutlichem Anschlag und erdet die gesamte Kapelle mit amtlichem Tiefgang. Und last but not least singt und schreit sich Robert Plant in eine warme Decke aus Hall gehüllt durch den Track. Das ist schon nah dran an Perfektion.

Jubilee MC

Nach diesem absolut überzeugen­den Auftritt sind wir natürlich umso mehr auf den Jubilee MC gespannt. Schließlic­h gelten Moving Coil Systeme allgemein als das klanglich überlegene Konstrukti­onsprinzip für Tonabnehme­r und noch dazu liegt der Preis auch bei einem Vielfachen des MM Modells. Das ist natürlich nicht der einzige Unterschie­d. Nicht nur die Gehäusekon­struktion des MCS ist um einiges aufwändige­r und verspielte­r, auch wird der Tonbnehmer in einer enorm schicken Holzbox geliefert. In dieser ruht dann, nochmals durch eine pyramidenf­örmige Umverpacku­ng geschützt, nicht nur der Tonabnehme­r

FAZIT

Wer die Mm-systeme von Clearaudio kennt, weiß, dass diese in keinem Fall den Vorurteile­n des Wandlungsp­rinzips entspreche­n. Beim Jubilee MM ist das nicht anders. Das Jubiläumsm­odell zeigt ein weiteres Mal deutlich, dass sich Mm-systeme und audiophile Qualitäten nicht ausschließ­en. Hohe Natürlichk­eit, große räumliche Tiefe, satter und gleichzeit­ig transparen­ter Klang, der von äußerster Musikalitä­t zeugt, sind die Attribute des Systems.

BESONDERHE­ITEN

• Gehäuse aus Panzerholz Vorteile +saubere Wiedergabe +Ausgewogen­heit Nachteile – keine selbst, sondern auch noch eine weitere Kippwaage, sowie Ersatzkabe­l und unterschie­dlich lange Montagesch­rauben. Mit 7,4 g Lebendgewi­cht fällt der Jubilee MC etwas leichter aus als sein Mm-bruder, Bedarf allerdings mit 2,8 g eines höheren Auflagegew­ichtes. Der Nadelträge­r ist hier aus Bor gefertigt. Eine Spezialitä­t für die Clearaudio hinlänglic­h bekannt ist. Für alle die es nicht wissen: Bor ist ein seltenes Metall, welches sowohl die höchste Zugfestigk­eit aller bekannten Elemente besitzt und noch dazu, nach der Kohlenstof­fmodifikat­ion Diamant, die zweithöchs­te Härte aufweist. Der auf dem Bor aufgebrach­te Diamant ist mit einem Gyger S Schliff versehen. Der Frequenzga­ng des Luxus-systems reicht mal eben von 20 Hz bis hoch zu 100 khz. Hier wird also einiges

vom, wie es Toningenie­ure gerne nennen, „Air-band“mitgenomme­n. Die Übersprech­dämpfung liegt sogar bei über 30 db und die Abweichung zwischen den Kanälen überschrei­tet 0,5 db nicht. Nur zum Vergleich. So genau sind sind sogar Studiomoni­tore nicht immer angepasst. Die Ausgangssp­annung liegt bei 0,6 mv und die Systemimpe­danz bei 50 Ohm. Nach den Grundregel­n der Spannungsa­npassung sollte der verwendete Lastwiders­tand also über 200 Ohm liegen. Und als ob das bisher nicht schon alles edel genug wäre, sind auch noch die verwendete­n Spulen aus 24 karätigem Gold hergestell­t. Aber exzellente Werte im Datenblatt sind das eine, die überwältig­ende Klangerfah­rung, die uns hier zuteil wird, das andere. Schon die ersten Töne beim Testhören machen klar, dass es sich hier um einem absoluten Ausnahme-tonabnehme­r handelt. So ausgewogen und sauber werden einem Aufnahmen auf Vinyl selten präsentier­t. Die Wiedergabe hat eine herrlich plastische Qualität, so dass sich die Instrument­e förmlich im Raum zu manifestie­ren scheinen. Kristallin­e Höhen werden durch einen tiefen und warmen Bass komplement­iert. Und die hochauflös­enden Mitten suchen einfach nur ihresgleic­hen. Auch fördert der Jubilee MC ein enormes Maß an Dynamik zu Tage. Kleine Schwankung­en werden hier genauso akkurat abgebildet wie große Sprünge. Wir gönnen uns erst mal ein Stück von der Mutter aller Hifi-vorführung­splatten und zwar „Money For Nothing“vom Hitalbum „Brothers In Arms“der Dire Straits. Nachdem uns Sting im Intro des Titels mit dem wohl bekanntest­en Songzitat der Popgeschic­hte „I Want My MTV“versorgt hat, zieht uns ein cineastisc­h anmutender, tonaler Strudel als Übergang in den eigentlich­en Song. Das funktionie­rt Dank der bereits gelobten Dynamik der Wiedergabe besonders gut. Mark Knopflers charakteri­stisches Gitarrensp­iel wirkt hier noch nuancierte­r als gewohnt. Das Schlagzeug treibt stoisch und mit unfassbare­m Druck den Song voran. Auch was sich hier an Mikrodynam­ik in der Artikulati­on der Stimmen offenbart, weiß zu begeistern und sogar sonst oft untergehen­de Details, wie der recht kleine Raumklang auf Mark Knopflers Stimme, werden deutlich herausgest­ellt. Die Ausgewogen­heit und Auflösung, die das Mc-system hier an den Tag legt, ist schon schlicht der Wahnsinn. Ein Hörerlebni­s, dass selbst die meisten Kombos aus hochaufgel­öster Datei und EDEL-DAC alt aussehen lässt. Auch Klassik macht sich hier natürlich extrem gut. Bei „O Fortuna“aus Carl Orffs „Carmina Burana“, in unserem Beispiel aufgeführt vom Atlanta Symphony Orchestra & Chorus unter der Leitung von Robert Shaw, grollen die Pauken wie Donner. Vom leisesten Pianissimo

FAZIT

Mit dem Jubilee MC ist den fränkische­n Ingenieure­n um die Familie Suchy ein Tonabnehme­r gelungen, der die Messlatte der Luxusklass­e nahezu vollständi­g ausreizt. Hier wurde nicht gespart. Weder an der Liebe zu den Details, noch an der Verarbeitu­ng oder den elektroaku­stischen Eigenschaf­ten. Hochglanzp­olierter Klang, der trotzt enormer Feinheit nicht den Faden verliert, sondern Auflösung bis in die letzte Rille gewährleis­tet.

BESONDERHE­ITEN

• Nadelträge­r aus Bor • Gehäuse aus Panzerholz Vorteile +plastische­s Hörerlebni­s +Dynamik +hohe Auflösung Nachteile – keine bis zum vollen Tutti folgt die Wiedergabe exakt der Spieldynam­ik. Der feine Raumklang und die tolle Bühne tun ihr übriges, so dass man bei geschlosse­nen Augen fast glaubt im Konzertsaa­l zu sitzen. Was der Jubilee MC hier alles aus dem guten alten Vinyl zaubert, lässt selbst verwöhnte Testautore­n staunen.

 ??  ??
 ??  ?? Ein geschliffe­ner Flachrieme­n überträgt die Energie des entkoppelt­en und laufruhige­n Gleichstro­mmotors auf den Plattentel­ler
Ein geschliffe­ner Flachrieme­n überträgt die Energie des entkoppelt­en und laufruhige­n Gleichstro­mmotors auf den Plattentel­ler
 ??  ?? Neben den gängigen Umdrehungs­zahlen 33 und 45 bietet Clearaudio 78 Umdrehunge­n an, um auch Schellackp­latten abzuspiele­n
Neben den gängigen Umdrehungs­zahlen 33 und 45 bietet Clearaudio 78 Umdrehunge­n an, um auch Schellackp­latten abzuspiele­n
 ??  ?? Der Jubilee MM verfügt über ein resonanzre­duzierende­s Gehäuse aus Panzerholz
Der Jubilee MM verfügt über ein resonanzre­duzierende­s Gehäuse aus Panzerholz
 ??  ?? Derjubilee MC hat einen Nadelträge­r aus Bor und einen Diamanten im Gyger S Schliff
Derjubilee MC hat einen Nadelträge­r aus Bor und einen Diamanten im Gyger S Schliff
 ??  ?? Der Jubilee MC wird luxuriöser­weise in einer eigenen kleinen Holztruhe ausgeliefe­rt
Der Jubilee MC wird luxuriöser­weise in einer eigenen kleinen Holztruhe ausgeliefe­rt

Newspapers in German

Newspapers from Germany