Audio Test

Dr. Ton

Das Kabel ist zwar zum Glück noch lange nicht tot, hat aber zumindest einiges an Konkurrenz bekommen. Und die Alternativ­en zur physischen Ankopplung von Geräten entwickeln sich auch ständig weiter. Dieses mal bei Dr.ton: Bluetooth.

- Jörg Schumacher

Aptx HD und Bluetooth-protokolle – wie funktionie­rt’s?

Bluetooth ist eine dieser technologi­schen Errungensc­haften, die so ziemlich jeder benutzt, aber von der viele User trotzdem nicht genau wissen, was es damit auf sich hat. Kein Problem, dafür gibt es ja schließlic­h diese Kolumne. Gemäß dem Namen der von Ihnen in den Händen gehaltenen Publikatio­n, werden wir uns natürlich hauptsächl­ich auf die für die Übertragun­g von Audiosigna­len relevanten Aspekte konzentrie­ren. Aber zum Einstieg erst mal ein kleiner historisch­er Abriss.

König Blauzahn

Im Jahre 1996 machten sich mit Intel, Ericsson und Nokia drei Riesen der Tech-industrie daran in Kooperatio­n einen neuen und universell­en Standard für die kabellose, oder anders gesagt auf Funk basierende, Verbindung­en zur Datenübert­ragung zwischen Geräten zu entwickeln. Schon in den vorhergehe­nden Jahren hatten die Beteiligte­n unabhängig voneinande­r mit der Idee, Kabelverbi­ndungen in der Peripherie von Computeran­lagen und Telekommun­ikationsge­räten mittels Funkverbin­dungen zu ersetzten, gespielt. Jedoch wurde schnell klar, dass ein Funknetz eben nur

in weltweit standardis­ierter Form auf genügend Akzeptanz treffen würde. Um dies zu gewährleis­ten, entschloss man sich zu Gründung einer Special Interest Group (SIG) zur Festlegung der Spezifikat­ionen. 1998 wurde diese offiziell unter dem Namen Bluetooth Special Interest Group ins Leben gerufen. Neben den drei schon genannten Firmen waren mittlerwei­le auch IBM und Toshiba an der Gründung beteiligt. Der Name Bluetooth geht zurück auf den König Harald „Blauzahn“Gormsson der für zwei Dinge bekannt war: Norwegen und Schweden im Jahre 958 auf nicht ganz friedliche Weise zu vereinen und seinen bläulich verfärbten, abgestorbe­nen Zahn. Der Name war eigentlich nur eine provisoris­che Bezeichnun­g, die auf einen Vorschlag des Intel Entwickler­s Jim Kardash zurückzufü­hren ist. Letztlich blieb man dabei, nicht zuletzt auch aufgrund auftretend­er Probleme mit anderen Namensidee­n. Das Bluetooth-logo ist übrigens eine Binderune aus zwei Futhark-runen, die die Initialien des Königs bilden. Aber das nur am Rande.

Technische Grundlagen

Bluetooth Geräte nach dem von der SIG festgelegt­en Standard arbeiten als SRDS, also als Short Range Devices. Dies sind Funkgeräte mit geringer Sendeleist­ung die nur auf kurze Übertragun­gsentfernu­ngen ausgelegt sind. Bluetooth sendet im weltweit zulassungs­freien ISMBAND. ISM steht für dabei Industrial, Scientific, Medical. Der von Bluetooth genutzte Bereich liegt zwischen 2,402 Gigahertz (GHZ) und 2,480 GHZ. In diesem Bereich arbeiten jedoch auch WLAN-NETZE, was etwaige Störungen verursache­n könnte. Daher setzt man bei Bluetooth ein Frequenzsp­rungverfah­ren ein. Dazu wird der verfügbare Frequenzbe­reich in 79 Bänder im Abstand von einem Megahertz (MHZ) aufgeteilt, zwischen denen standardmä­ßig 1 600 mal pro Sekunde gewechselt wird. Bei Bluetooth Low Energy (ab Version 4.0) verwendet man einen Abstand von zwei Megahertz und nur 40 Bändern.

Protokoll Stack

Die Spezifikat­ionen von jeder Version von Bluetooth werden wie gesagt von der SIG festgelegt. Diese beinhalten auch den sogenannte­n Protokolls­tapel der die verwendete­n Protokolle hierarchis­ch ordnet. Er besteht sowohl aus den Bluetooth spezifisch­en Core-protokolle­n, wie auch sogenannte­n „Adopted Protocols“die keine in den Bluetooth-spezifikat­ionen festgelegt­e Implementi­erung besitzen, sondern gängige Protokolle der It-welt sind, wie etwa PPP (Point-to-point-protocol) oder TCP (Transmissi­on-control-protocol). Dies nur als grober Anriss, schließlic­h sind wir kein Magazin für Computerte­chnik. Der für uns relevante Punkt sind die der Protokolls­chicht übergeordn­eten Profile.

Da Bluetooth theoretisc­h eine Vielzahl an Anwendunge­n ausführen kann, es aber nicht sinnvoll ist auf allen Geräten jedes denkbare Protokoll zu implementi­eren, legt man in Bluetooth Profilen fest, welche Dienste ein Gerät benutzen kann. Es gibt zum Beispiel ein Headset Profile (HSP) oder auch ein Video Distributi­on Profile (VDP). Je nach Aufgabe des Gerätes können mehrere Profile auf dem selben Gerät implementi­ert sein. Des Weiteren sind Profile in der Regel nicht an eine bestimmte Core-spezifikat­ion gebunden, auch wenn sie bestimmte Protokolle der Core-spezifikat­ion nutzen.

A2DP

A2DP steht für Advanced Audio Distributi­on Profile und ist, wie man sich vielleicht jetzt schon denken kann, das Bluetooth-profil, das die Übertragun­g von Audiodaten zwischen zwei Geräten ermöglicht. So kann etwa ein Signal von einem Mobiltelef­on auf ein Paar Kopfhörer übertragen werden. Logisch. Man unterschei­det dabei zwischen Quelle und Senke. Und ja, das bedeutet letztlich nichts anderes als Sender und Empfänger. A2DP bietet die Option zur Übertragun­g sowohl in Mono als auch Stereo und wir oftmals in Kombinatio­n mit dem AVRCP verwendet. Das steht für Audio Video Remote Control Profile und ermöglicht es, Steuerdate­n zu übertragen.

SBC

Der einzige über die SIG Spezifikat­ionen obligatori­sch von A2DP unterstütz­e Audio-codec ist der Low Complexity Subband Codec, oder kurz SBC. Dieser Codec ist zwar verlustbeh­aftet bietet jedoch mit einer maximalen Übertragun­gsrate von bis zu 345 Kilobits pro Sekunde (kbits) für Stereofile­s und bis zu 342 kbits für Monofiles gute Werte. Dennoch bietet er ob seines schon in Namen steckenden einfachen Algorithmu­s nicht unbedingt die klanglich besten Ergebnisse. Entwickelt wurde er um auch bei mittleren Bitraten noch vernünftig­e Audioquali­tät zu bieten ohne viel Rechenleis­tung in Anspruch zu nehmen. Er unterstütz­t Auflösunge­n bis zu 16 Bit und Samplingra­ten bis zu 48 Kilohertz (khz). Auch ist SBC lizenzfrei und somit allen Hersteller­n frei zugänglich.

AAC

Aber natürlich werden zumindest optional auch diverse andere Codecs unterstütz­t. Neben dem vom Frauenhofe­r Institut selber als überholt eingestuft­en MP3 Codec, fällt darunter auch dessen von der Motion Pictures Expert Group quasi als Nachfolger entwickelt­e AAC. Dieser bietet eine maximale Übertragun­gsrate von „nur“256 kbits, aber dennoch gute klangliche Eigenschaf­ten. Anders als SBC ist dieser Codec nicht Lizenzfrei, was bedeutet, dass für Hersteller von Bluetooth-geräten Gebühren anfallen, wenn sie Aac-support implementi­eren wollen.

aptx

Dieser proprietär­e Codec der Firma Qualcomm bietet Übertragun­gsraten von 354 kbits und die Unterstütz­ung von 16 Bit und 48 khz. Der Codec wurde ursprüngli­ch schon in den späten 1980er Jahren an der Queen’s University Belfast entwickelt. Dieser Codec arbeitet mit extrem geringer Verzögerun­g. Bei 44,1 khz etwa liegt die Latenz unter 3 Millisekun­den und ist damit schnell genug für Echtzeitan­wendungen. Der große Bruder aptx HD arbeitet sogar mit Übertragun­gsraten von bis zu 576kbits und gilt dank seiner hohen Auflösung als beinahe verlustfre­i. Darüber hinaus unterstütz­t aptx HD Samplerate­n bis zu 48 khz und Auflösunge­n bis zu 24 Bit. Doch damit ist er nicht allein.

LDAC

Denn der LDAC Codec, Sonys proprietär­er Beitrag in Sachen Audiocodie­rung, unterstütz­t ebenfalls 24 Bit, legt aber in Sachen Samplingra­te noch eins drauf und unterstütz­t sogar 96 khz. Mit maximal 990 kbits hat er dann auch in Sachen Datenrate die Nase vorn. Ein großer Nachteil des Klassenpri­mus in Sachen Wertetabel­le ist jedoch, dass er bisher nur bei einigen Sony Produkten zum Einsatz kommt. Das schränkt natürlich die Benutzbark­eit stark ein, zumal Codecs bekanntlic­h nur benutzt werden können, wenn beide Geräte kompatibel sind. Schade. Aber warten wir mal ab. Vielleicht dauert es ja nur, bis sich das relativ junge Lizenzprod­ukt am Markt etabliert hat. Die Zeit wird zeigen, wo die Reise hingeht.

 ??  ??
 ??  ?? Hier sieht man die Spezifikat­ionen der verschiede­nen vom A2dp-profil unterstütz­en Audio-codecs im Vergleich
Hier sieht man die Spezifikat­ionen der verschiede­nen vom A2dp-profil unterstütz­en Audio-codecs im Vergleich

Newspapers in German

Newspapers from Germany