Dr. Ton
Das Kabel ist zwar zum Glück noch lange nicht tot, hat aber zumindest einiges an Konkurrenz bekommen. Und die Alternativen zur physischen Ankopplung von Geräten entwickeln sich auch ständig weiter. Dieses mal bei Dr.ton: Bluetooth.
Aptx HD und Bluetooth-protokolle – wie funktioniert’s?
Bluetooth ist eine dieser technologischen Errungenschaften, die so ziemlich jeder benutzt, aber von der viele User trotzdem nicht genau wissen, was es damit auf sich hat. Kein Problem, dafür gibt es ja schließlich diese Kolumne. Gemäß dem Namen der von Ihnen in den Händen gehaltenen Publikation, werden wir uns natürlich hauptsächlich auf die für die Übertragung von Audiosignalen relevanten Aspekte konzentrieren. Aber zum Einstieg erst mal ein kleiner historischer Abriss.
König Blauzahn
Im Jahre 1996 machten sich mit Intel, Ericsson und Nokia drei Riesen der Tech-industrie daran in Kooperation einen neuen und universellen Standard für die kabellose, oder anders gesagt auf Funk basierende, Verbindungen zur Datenübertragung zwischen Geräten zu entwickeln. Schon in den vorhergehenden Jahren hatten die Beteiligten unabhängig voneinander mit der Idee, Kabelverbindungen in der Peripherie von Computeranlagen und Telekommunikationsgeräten mittels Funkverbindungen zu ersetzten, gespielt. Jedoch wurde schnell klar, dass ein Funknetz eben nur
in weltweit standardisierter Form auf genügend Akzeptanz treffen würde. Um dies zu gewährleisten, entschloss man sich zu Gründung einer Special Interest Group (SIG) zur Festlegung der Spezifikationen. 1998 wurde diese offiziell unter dem Namen Bluetooth Special Interest Group ins Leben gerufen. Neben den drei schon genannten Firmen waren mittlerweile auch IBM und Toshiba an der Gründung beteiligt. Der Name Bluetooth geht zurück auf den König Harald „Blauzahn“Gormsson der für zwei Dinge bekannt war: Norwegen und Schweden im Jahre 958 auf nicht ganz friedliche Weise zu vereinen und seinen bläulich verfärbten, abgestorbenen Zahn. Der Name war eigentlich nur eine provisorische Bezeichnung, die auf einen Vorschlag des Intel Entwicklers Jim Kardash zurückzuführen ist. Letztlich blieb man dabei, nicht zuletzt auch aufgrund auftretender Probleme mit anderen Namensideen. Das Bluetooth-logo ist übrigens eine Binderune aus zwei Futhark-runen, die die Initialien des Königs bilden. Aber das nur am Rande.
Technische Grundlagen
Bluetooth Geräte nach dem von der SIG festgelegten Standard arbeiten als SRDS, also als Short Range Devices. Dies sind Funkgeräte mit geringer Sendeleistung die nur auf kurze Übertragungsentfernungen ausgelegt sind. Bluetooth sendet im weltweit zulassungsfreien ISMBAND. ISM steht für dabei Industrial, Scientific, Medical. Der von Bluetooth genutzte Bereich liegt zwischen 2,402 Gigahertz (GHZ) und 2,480 GHZ. In diesem Bereich arbeiten jedoch auch WLAN-NETZE, was etwaige Störungen verursachen könnte. Daher setzt man bei Bluetooth ein Frequenzsprungverfahren ein. Dazu wird der verfügbare Frequenzbereich in 79 Bänder im Abstand von einem Megahertz (MHZ) aufgeteilt, zwischen denen standardmäßig 1 600 mal pro Sekunde gewechselt wird. Bei Bluetooth Low Energy (ab Version 4.0) verwendet man einen Abstand von zwei Megahertz und nur 40 Bändern.
Protokoll Stack
Die Spezifikationen von jeder Version von Bluetooth werden wie gesagt von der SIG festgelegt. Diese beinhalten auch den sogenannten Protokollstapel der die verwendeten Protokolle hierarchisch ordnet. Er besteht sowohl aus den Bluetooth spezifischen Core-protokollen, wie auch sogenannten „Adopted Protocols“die keine in den Bluetooth-spezifikationen festgelegte Implementierung besitzen, sondern gängige Protokolle der It-welt sind, wie etwa PPP (Point-to-point-protocol) oder TCP (Transmission-control-protocol). Dies nur als grober Anriss, schließlich sind wir kein Magazin für Computertechnik. Der für uns relevante Punkt sind die der Protokollschicht übergeordneten Profile.
Da Bluetooth theoretisch eine Vielzahl an Anwendungen ausführen kann, es aber nicht sinnvoll ist auf allen Geräten jedes denkbare Protokoll zu implementieren, legt man in Bluetooth Profilen fest, welche Dienste ein Gerät benutzen kann. Es gibt zum Beispiel ein Headset Profile (HSP) oder auch ein Video Distribution Profile (VDP). Je nach Aufgabe des Gerätes können mehrere Profile auf dem selben Gerät implementiert sein. Des Weiteren sind Profile in der Regel nicht an eine bestimmte Core-spezifikation gebunden, auch wenn sie bestimmte Protokolle der Core-spezifikation nutzen.
A2DP
A2DP steht für Advanced Audio Distribution Profile und ist, wie man sich vielleicht jetzt schon denken kann, das Bluetooth-profil, das die Übertragung von Audiodaten zwischen zwei Geräten ermöglicht. So kann etwa ein Signal von einem Mobiltelefon auf ein Paar Kopfhörer übertragen werden. Logisch. Man unterscheidet dabei zwischen Quelle und Senke. Und ja, das bedeutet letztlich nichts anderes als Sender und Empfänger. A2DP bietet die Option zur Übertragung sowohl in Mono als auch Stereo und wir oftmals in Kombination mit dem AVRCP verwendet. Das steht für Audio Video Remote Control Profile und ermöglicht es, Steuerdaten zu übertragen.
SBC
Der einzige über die SIG Spezifikationen obligatorisch von A2DP unterstütze Audio-codec ist der Low Complexity Subband Codec, oder kurz SBC. Dieser Codec ist zwar verlustbehaftet bietet jedoch mit einer maximalen Übertragungsrate von bis zu 345 Kilobits pro Sekunde (kbits) für Stereofiles und bis zu 342 kbits für Monofiles gute Werte. Dennoch bietet er ob seines schon in Namen steckenden einfachen Algorithmus nicht unbedingt die klanglich besten Ergebnisse. Entwickelt wurde er um auch bei mittleren Bitraten noch vernünftige Audioqualität zu bieten ohne viel Rechenleistung in Anspruch zu nehmen. Er unterstützt Auflösungen bis zu 16 Bit und Samplingraten bis zu 48 Kilohertz (khz). Auch ist SBC lizenzfrei und somit allen Herstellern frei zugänglich.
AAC
Aber natürlich werden zumindest optional auch diverse andere Codecs unterstützt. Neben dem vom Frauenhofer Institut selber als überholt eingestuften MP3 Codec, fällt darunter auch dessen von der Motion Pictures Expert Group quasi als Nachfolger entwickelte AAC. Dieser bietet eine maximale Übertragungsrate von „nur“256 kbits, aber dennoch gute klangliche Eigenschaften. Anders als SBC ist dieser Codec nicht Lizenzfrei, was bedeutet, dass für Hersteller von Bluetooth-geräten Gebühren anfallen, wenn sie Aac-support implementieren wollen.
aptx
Dieser proprietäre Codec der Firma Qualcomm bietet Übertragungsraten von 354 kbits und die Unterstützung von 16 Bit und 48 khz. Der Codec wurde ursprünglich schon in den späten 1980er Jahren an der Queen’s University Belfast entwickelt. Dieser Codec arbeitet mit extrem geringer Verzögerung. Bei 44,1 khz etwa liegt die Latenz unter 3 Millisekunden und ist damit schnell genug für Echtzeitanwendungen. Der große Bruder aptx HD arbeitet sogar mit Übertragungsraten von bis zu 576kbits und gilt dank seiner hohen Auflösung als beinahe verlustfrei. Darüber hinaus unterstützt aptx HD Sampleraten bis zu 48 khz und Auflösungen bis zu 24 Bit. Doch damit ist er nicht allein.
LDAC
Denn der LDAC Codec, Sonys proprietärer Beitrag in Sachen Audiocodierung, unterstützt ebenfalls 24 Bit, legt aber in Sachen Samplingrate noch eins drauf und unterstützt sogar 96 khz. Mit maximal 990 kbits hat er dann auch in Sachen Datenrate die Nase vorn. Ein großer Nachteil des Klassenprimus in Sachen Wertetabelle ist jedoch, dass er bisher nur bei einigen Sony Produkten zum Einsatz kommt. Das schränkt natürlich die Benutzbarkeit stark ein, zumal Codecs bekanntlich nur benutzt werden können, wenn beide Geräte kompatibel sind. Schade. Aber warten wir mal ab. Vielleicht dauert es ja nur, bis sich das relativ junge Lizenzprodukt am Markt etabliert hat. Die Zeit wird zeigen, wo die Reise hingeht.