Binaurales Hören
Wir möchten Sie mitnehmen auf eine kleine akustische Reise durch den Kopf. Wir haben uns gefragt: Was macht das Hören so persönlich?
Doch bevor wir damit beginnen, müssen wir noch klären, wie wir Schall wahrnehmen, bevor er unseren Kopf im Inneren erreicht. Den Part wie ein Ohr per se funktioniert schenken wir uns an dieser Stelle ausnahmsweise einmal. Uns interessiert für einen passenden Raum im Kopf vor allem die Ortung. Und dafür hat der Mensch, genau wie er zwei Augen hat, zwei Ohren. Und wenn ein Schallereignis zum Beispiel rechts vom Kopf erzeugt wird, so erreicht die Luftdruckschwankung das rechte Ohr früher als das linke. Die Verzögerung, zuzüglich Reflexionen und Krümmung der Schallwellen am Kopf und im Raum, führen zu einem Signalunterschied, aus dem unser Gehirn den Ort berechnen kann. Diese Berechnung ist für jeden Kopf und jedes Ohr individuell. Ein absolut personalisiertes Hörerlebnis also. Als wäre das nicht schon spektakulär genug, gibt es bereits seit geraumer Zeit die Möglichkeit diese Schallinformationen nicht nur zu hören, sondern sie auch aufzuzeichnen. Schnell war klar, dass hermkömmliche Stereomikrofonie nicht ausreichte um den individuellen Standpunkt und Eindruck einzufangen. Und zwar mit allen Ohrkrümmungen die es da so zu berücksichtigen gibt.
Zunächst baute man einfach Mikrofone in künstliche Köpfe an die Stellen, wo die Ohren sind. Daraus entstand unter anderem Neumanns legendärer Kunstkopf KU100. Auch heute noch werden für professionelle binaurale Aufnahmen Mikrofone mit künstlichen Ohren benutzt, auch wenn man von der Kopfform ein wenig abgerückt ist. Die Verformung der Ohrmuschel und der Abstand sind dennoch entscheidend. Findige
Entwickler sind irgendwann einen Schritt weiter gegangen und haben die Mikrofone einfach direkt in Kopfhörer eingebaut. Ein aktueller Kandidat dieser Kategorie wäre zum Beispiel das Sennheiser Ambeo Smart Headset. Damit ist es möglich den Schall so aufzunehmen, wie man ihn persönlich und perspektivisch gehört hat. Jemand anderes kann sich dann die Aufnahme anhören und hört das selbe, wie der, der ursprünglich aufgenommen hat. Das ist mit herkömmlicher Mikrofonierung kaum realisierbar. Das sind alles keine bahnbrechenden Neuigkeiten. Was viele eventuell aber noch nicht wissen: Sennheiser kann binaurale Signale nicht nur aufnehmen, sondern auch per Plugin erzeugen. Erst vor einigen Monaten hatte das Unternehmen das Startup Dear Reality aufgekauft, dass sich mit dieser Problematik auseinandersetzt. Zusammen möchte man unter dem Slogan 8D-sound klassisches binaurales Audio neu beleben und in Zukunft auch objektbasiert umsetzen. Das bedeutet ein Kreativschaffender kann per Software seine Geräusche oder Ereignisse frei im Kopf positionieren und umher schweben lassen. Auch hinter einem. Kombiniert man diese objektbasierte Binaural-technologie nun mit VR und Ar-elementen wird schnell klar, dass vor allem die Spieleindustrie daran großes Interesse haben dürfte. Da sind wir nun also angekommen. Der Schall der irgendwo anders erklang, ertönt an ebenso der selben Stelle im inneren unseres Kopfes, wie es der Erschaffer im Sinn hatte. Ganz ohne Surround und Atmos. Einfach nur mit Kopfhörern.