HEISS UND KALT
PLATTENBÜGLER/ TEMPERN
Nach dem Waschen kommt das Bügeln – das kann man durchaus auch im LPBereich so handhaben. Aber ernsthaft: Nach untauglichen bis gefährlichen DoIt-Yourself- Methoden gibt es jetzt endlich professionell gebaute, funktionierende Maschinen, um verwellte Platten wieder glattzubügeln. Der Autor hat sich den Audio Fidelity Improvement Afi Flat besorgt. Der hochglanzschwarzlackierte und exzellent verarbeitete Bügler kostet stolze 2850 Euro, entwickelt hat ihn der promovierte Chemiker und Materialkundler Ulrich Kathe. Er fand in langen Versuchsreihen taugliche Temperaturen (59 Grad Celsius) und Tempi (insgesamt handgestoppte viereinhalb Stunden mindestens) für Aufheizen, Glätten und Abkühlen heraus. Vor allem aber „tempert“die Maschine auch das Vinyl, beseitigt materialinterne Spannungen und kann so definitiv auch klangverbessernd wirken. Es stehen mehrere Programme/ Varianten zur Verfügung, die man per Magnetstift eintippt. Fehlbedienung oder versehentliches Ein/Ausschalten sind damit ausgeschlossen. Der Autor hat mehrere stark und leicht verwellte beziehungsweise tellerförmi- ge LPs behandelt, dazu Dutzende Lieblingsscheiben getempert. Das Ding lief über Wochen buchstäblich Tag und Nacht, ohne jede Beeinträchtigung. Und auch noch nebenher: Bis auf Einlegen, Einschalten und Herausnehmen muss man sich um nichts kümmern. Stark verwellte Platten bekam der Afi Flat zwar nicht alle hundertprozentig plan, aber alle waren ausnahmslos wieder gut und jaulfrei abspielbar. Leichten Höhenschlag bügelte er fast restlos aus. Großartig. Das Erstaunlichste aber war die Klangverbesserung: Der Autor verglich jeweils Pressungen aus derselben Charge. So gewann etwa Wolfgang Bernreuthers „I’m Waiting For You“an Druck, ohne zu übertreiben. Der Blues wirkte entspannter, weil noch mehr Innenspannung rüberkam. Erstaunlich auch die Wirkung bei „Beggar’s Banquet“der Rolling Stones im DSD- Remaster: Irgendwie schienen die Jungs ihre „Sympathy For The Devil“noch tiefer zu empfinden, der berühmte Einsatz des Gitarrensolos hatte noch mehr Biss. Freilich stand allerfeinstes Abhörequipment zur Verfügung, doch die Klangverbesserung ist auch für ungeübte Ohren eindeutig nachvollziehbar. Ausprobieren! Tipp 1: Viel Zeit einplanen. Tipp 2: Platten vorher waschen. Tipp 3: Nachdem das Display „fertig“zeigt, noch ein paar Minuten warten, bis die noch handwarme Platte die RegalTemperatur erreicht hat. Tipp 4: Bei der Arbeit keine Platten auf das Gerät legen, auch nicht im Cover. Das Gehäuse wird zwar nicht heiß, aber mehr als handwarm. Tipp 5: Wem der Afi Flat zu teuer ist, kann sich mit anderen Vinylfans zusammentun, um einen zu erstehen. www.wittmann-hifi.de
CRYOGENISIEREN
Statt mit Wärme mit Kälte das Material entspannen – das ist der Ansatz beim Cryogenisieren. Bis auf -180 Grad Celsius kühlt etwa George Forester Guitars „The Cryo Company“in Dillishausen eingeschickte Platten herunter. Interessanterweise kam die Truppe über das Soundtuning von Musikinstrumenten und Elektronikbauteilen auf den Trichter. 15 Stunden lang verweilen die Stücke in der Kältetruhe, bevor sie langsam wieder auf Raumtemperatur kommen. Dadurch soll sich ihr Material in seiner Molekularstruktur entspannen. Spannend war der Hörvergleich zwischen cryogenisierten und unbehandelten Platten, auch hier mit Platten aus der gleichen Press-Serie und auf Top- Equipment abgespielt. Der Autor und seine zur Objektivierung herbeigerufene Frau staunten nicht schlecht: Die wunderbare Einspielung von Arturo Benedetti Michelangeli von Claude Debussys „Images“brachte cryogenisiert noch mehr von der einzigartigen Anschlagskultur des Italieners in die Verstärker – feinste Nuancen entwickelten sich freier, alles löste sich noch selbstverständlicher von den Lautsprechern. Die feine Progrock- Scheibe „Agartha“von Oddarang tönte lichter, präziser, aufgeräumter, deutlicher. „Die Unbehandelte klingt dagegen ja fast schwammig“, resümierte Madame. Auch das Remaster von R.E.M.s Jahrzehntwerk „Out Of Time“machte cryogenisiert den frischeren, spritzigeren Eindruck. 12,95 Euro kostet die Behandlung einer Vinyl-Scheibe (CDs kann man auch behandeln lasse, dazu in einer späteren Ausgabe mehr), ab fünf Stück 10,95 Euro, ab zehn 8,95 Euro. Anmelden kann man sich telefonisch oder per mail. Ausprobieren!
Tipp 1: Erst einmal eine normale Platte einschicken, bei hörbar positivem Ergebnis die Schätze nachsenden. Tipp 2: Verwenden Sie stets stabile Versandkartons. www.thecryocompany.de www.georgeforester.de