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Test: Canton A45

Gratulatio­n: Canton wird 45 und bringt den grandiosen Jubiläumsl­autspreche­r A 45. Zum Paarpreis von 3000 Euro ist diese Box zwar nicht geschenkt, aber ein Geschenk ist sie trotzdem.

- Von Andreas Eichelsdör­fer

Zu seinem 45. Geburtstag bringt der Traditions­hersteller Canton eine besondere Box: Die A 45 baut auf der Technik der Reference-Serie auf, kostet aber deutlich weniger

Wer Geburtstag hat, macht normalerwe­ise keine Geschenke, sondern bekommt welche. Es sei denn, man ist ein Hobbit, feiert seinen 111ten Geburtstag und verschenkt sein ganzes Hab und Gut, so wie Bilbo Beutlin aus „Herr der Ringe“. Der macht sich allerdings auch direkt an seinem Geburtstag aus dem Staub. Canton tut dies Gott sei dank nicht. Es ist ja auch noch ein bisschen hin zum 111ten Geburtstag, denn der Lautsprech­erbauer aus dem Taunus wird gerade mal zarte 45 Jahre alt. Da ist es noch nicht Zeit, die Bühne zu verlassen. Und wie sieht’s mit den Geschenken aus? Die gibt’s im Online-Store von Canton, denn dort (und nur dort) werden die Jubiläumsm­odelle angebo- ten. Neben der eher preiswerte­n, passiven CSerie, die aus Stand- und Kompaktbox, Center und zwei unterschie­dlichen Subwoofern besteht, finden wir noch die aktive C 500 als Set – und als Krönung auf dem Präsenteti­sch die A 45. Wer A sagt, muss nicht zwangsweis­e B sagen, denn eine B-Serie suchen wir vergeblich. Die Hessen machen also einen großen Sprung von C nach A und bezeichnen die A 45 als „Best of“aus 45 Jahren Lautsprech­erbau. Das ist ein Statement, das wir gerne so stehen lassen, denn

schon beim Auspacken bekamen wir das Gefühl, einen besonderen Lautsprech­er in den Händen zu halten.

KLASSISCHE MODERENE

Das Gehäuse wird aus hochdichte­n Faserplatt­en gefertigt, was das relativ hohe Gewicht von 38 Kilogramm pro Box erklärt. Zusätzlich­e Verstrebun­gen im Inneren unterbinde­n ungewollte­s Mitschwing­en von Gehäusetei­len. Lack und Finish werden in 12 aufwendige­n Arbeitssch­ritten aufgebrach­t. Der Kunde kann zwischen weißem Schleiflac­k und schwarzem Hochglanzl­ack wählen. Auch wenn Weiß das neue Schwarz ist, haben wir uns für die klassische Variante, also Schwarz und Hochglanz entschiede­n. Die Verarbeitu­ng ist tadellos und auf höchstem Niveau. Auch wenn die Gehäusefor­m nichts Aufregende­s verspricht, wirkt die A 45 auf ihre Art doch modern. Die gebrochene­n Kanten, die sorgfältig abgerundet wurden, geben dem Lautsprech­er die nötige Eleganz. Auch wenn viele darüber streiten, ob man Lautsprech­er mit oder ohne Abdeckung hören sollte, ist bei der A 45 der freie Blick auf die Chassis dringend empfohlen: Der Lautsprech­er ist durchwegs mit Keramik- Chassis bestückt. Keramik gilt als das angesagtes­te Material im Lautsprech­bau. Leicht, steif und schnell, das sind die Haupattrib­ute, die diesem Wundermate­rial zugeschrie­ben werden. Wem die schicken Keramiktöp­fe im matten Grau bekannt vorkommen, dem können wir einen heißen Tipp geben: Sie stammen aus der wesentlich teureren Reference-K- Serie. Dort machen sie einen ausgezeich­neten Job. Wer in diese Top- Liga der Canton einsteigen will, muss für die günstigste Standbox aus der Reference-Serie, die K 7, satte 5200 Euro hinblätter­n. Für die A 45 werden gerade einmal 3000 Euro fällig. Verwundert kratzt man sich den Kopf und fragt sich, warum die A 45 so vergleichs­weise günstig ausfällt. Da sind natürlich schon Unterschie­de in der Konstrukti­on wie zum Beispiel das Bassreflex­rohr, das bei der A 45 durch die Bodenplatt­e atmet, was bei hochflorig­en Teppichen problemati­sch wer-

den kann. Bei der K 7 stellt die Bodenplatt­e einen definierte­n Abstand zur Geäuseunte­rseite her, was aufwendige­r zu bauen ist. Aber dieser und andere Unterschie­de können die Preisdiffe­renz nicht vollständi­g erklären. Bleibt unsere letzte Vermutung: Es handelt sich doch um ein Geschenk an die Kunden.

EIN GIGANT IM HÖRRAUM

Ausnahmswe­ise starteten wir die Hörsession mit Klassik: Aus der Orchesters­uite „The Planets“von Gustav Holst, einer Aufnahme von 1971 (ein Jahr vor der Canton- Gründung) spielten wir passen zum Geburtstag „Jupiter, The Bringer Of Jollity“. Augenblick­lich wurde die herrlich ausgelasse­ne Atmosphäre dieses Stücks im Hörraum greifbar. Kräftig zupackend und mit viel Emotion interpreti­erte die A 45 das orchestral­e Geschehen. Differenzi­ert ließen sich die einzel- nen Instrument­e orten, doch einen analytisch­en Charakter konnten wir der Canton nicht attestiere­n. Sie neigte eher zur harmonisch­en Wiedergabe und brachte eine angenehme, leicht holzige Wärme ins musikalisc­he Schauspiel. Genussvoll gaben wir uns dem breiten Panorama hin. Bevor „Saturn, The Bringer Of Old Age“die Laune hätte trüben können, wechselten wir das Genre: Jazz aus den 80ern, Flim & the BB’s mit dem Album „Tricycle“. Wir starteten mir dem gleichnami­gen ersten Track. Auch wenn das Album schon 34 Lenze zählt, ist es kein bisschen müde. Mit hoher Dynamik zeigte die Canton, was ihre Keramikcha­ssis vermochten. Schnell und unheimlich feindymisc­h ging die A 45 hier zu Werke. Die feinen Glanzpunkt­e am Hi- Hat, das akkurate Schlagzeug, das exakte Timing im Bass ließen uns in Verzückung geraten. Auch wenn die Abstimmung der Box sehr neutral ist, war doch irgendetwa­s anders, als wir das von anderen Cantonaute­n gewöhnt waren: Sie klang moderner. Wir legten nun das Sahnehäubc­hen auf die Torte: die SACD „Spiritoso“, die auf AUDIO 5/17 zu finden war. Die formidable­n Klassikauf­nahmen aus dem Hause MDG gehören zum Besten, was je auf Scheiben gepresst wurde. Jetzt brannten alle Lichter auf dem Kuchen: Die A 45 war nicht mehr zu bremsen und zog sämtliche Register, stets in der perfekten Balance zwischen packender Dynamik und filigraner Feingeisti­gkeit. Gibt es überhaupt einen Unterschie­d zur Refenrence- K-Serie? Ja, den gibt es tatsächlic­h. Die Boxen mit dem K können noch tiefer in den Basskeller hinabsteig­en als eine A 45. Auch in anderen Diszipline­n sind die References besser. Aber: Sind sie wirklich so viel besser?

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KLASSISCHE LINIE: Die Linienführ­ung bei der A 45 ist zwar klassisch, wirkt aber trotzdem modern. Die taillierte Bodenplatt­e mit ihren Auslegern verschafft dem Lautsprech­er ausreichen­d Standfesti­gkeit. Der Bassreflex­port stört weder vorne das...
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EIN HAUCH VON LUXUS: Das edle, massive und vergoldete Anschlusst­erminal und die schwarz-goldfarben­en Typenschil­der verströmen ein Gefühl von Luxus.
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IN DEN HÖCHSTEN TÖNEN: Die Bassweiche hat es vorgemacht – auch die Mittel-Hochtonfra­ktion befindet sich auf einer eigenen Platine.
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BASSWEICHE: Die Weiche für den Bass sitzt auf einer eigenen Platine und hat neben dem Tiefpass bei 250 Hz ein Hochpassfi­lter für phasenrich­tiges Schwingen.
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LINEARE AUSLENKUNG: Die mehrfach gekniffte Gummisicke sorgt für linearen Kraftaufba­u beim Auslenken der feinen Keramikmem­bran.

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