Test: Canton A45
Gratulation: Canton wird 45 und bringt den grandiosen Jubiläumslautsprecher A 45. Zum Paarpreis von 3000 Euro ist diese Box zwar nicht geschenkt, aber ein Geschenk ist sie trotzdem.
Zu seinem 45. Geburtstag bringt der Traditionshersteller Canton eine besondere Box: Die A 45 baut auf der Technik der Reference-Serie auf, kostet aber deutlich weniger
Wer Geburtstag hat, macht normalerweise keine Geschenke, sondern bekommt welche. Es sei denn, man ist ein Hobbit, feiert seinen 111ten Geburtstag und verschenkt sein ganzes Hab und Gut, so wie Bilbo Beutlin aus „Herr der Ringe“. Der macht sich allerdings auch direkt an seinem Geburtstag aus dem Staub. Canton tut dies Gott sei dank nicht. Es ist ja auch noch ein bisschen hin zum 111ten Geburtstag, denn der Lautsprecherbauer aus dem Taunus wird gerade mal zarte 45 Jahre alt. Da ist es noch nicht Zeit, die Bühne zu verlassen. Und wie sieht’s mit den Geschenken aus? Die gibt’s im Online-Store von Canton, denn dort (und nur dort) werden die Jubiläumsmodelle angebo- ten. Neben der eher preiswerten, passiven CSerie, die aus Stand- und Kompaktbox, Center und zwei unterschiedlichen Subwoofern besteht, finden wir noch die aktive C 500 als Set – und als Krönung auf dem Präsentetisch die A 45. Wer A sagt, muss nicht zwangsweise B sagen, denn eine B-Serie suchen wir vergeblich. Die Hessen machen also einen großen Sprung von C nach A und bezeichnen die A 45 als „Best of“aus 45 Jahren Lautsprecherbau. Das ist ein Statement, das wir gerne so stehen lassen, denn
schon beim Auspacken bekamen wir das Gefühl, einen besonderen Lautsprecher in den Händen zu halten.
KLASSISCHE MODERENE
Das Gehäuse wird aus hochdichten Faserplatten gefertigt, was das relativ hohe Gewicht von 38 Kilogramm pro Box erklärt. Zusätzliche Verstrebungen im Inneren unterbinden ungewolltes Mitschwingen von Gehäuseteilen. Lack und Finish werden in 12 aufwendigen Arbeitsschritten aufgebracht. Der Kunde kann zwischen weißem Schleiflack und schwarzem Hochglanzlack wählen. Auch wenn Weiß das neue Schwarz ist, haben wir uns für die klassische Variante, also Schwarz und Hochglanz entschieden. Die Verarbeitung ist tadellos und auf höchstem Niveau. Auch wenn die Gehäuseform nichts Aufregendes verspricht, wirkt die A 45 auf ihre Art doch modern. Die gebrochenen Kanten, die sorgfältig abgerundet wurden, geben dem Lautsprecher die nötige Eleganz. Auch wenn viele darüber streiten, ob man Lautsprecher mit oder ohne Abdeckung hören sollte, ist bei der A 45 der freie Blick auf die Chassis dringend empfohlen: Der Lautsprecher ist durchwegs mit Keramik- Chassis bestückt. Keramik gilt als das angesagteste Material im Lautsprechbau. Leicht, steif und schnell, das sind die Haupattribute, die diesem Wundermaterial zugeschrieben werden. Wem die schicken Keramiktöpfe im matten Grau bekannt vorkommen, dem können wir einen heißen Tipp geben: Sie stammen aus der wesentlich teureren Reference-K- Serie. Dort machen sie einen ausgezeichneten Job. Wer in diese Top- Liga der Canton einsteigen will, muss für die günstigste Standbox aus der Reference-Serie, die K 7, satte 5200 Euro hinblättern. Für die A 45 werden gerade einmal 3000 Euro fällig. Verwundert kratzt man sich den Kopf und fragt sich, warum die A 45 so vergleichsweise günstig ausfällt. Da sind natürlich schon Unterschiede in der Konstruktion wie zum Beispiel das Bassreflexrohr, das bei der A 45 durch die Bodenplatte atmet, was bei hochflorigen Teppichen problematisch wer-
den kann. Bei der K 7 stellt die Bodenplatte einen definierten Abstand zur Geäuseunterseite her, was aufwendiger zu bauen ist. Aber dieser und andere Unterschiede können die Preisdifferenz nicht vollständig erklären. Bleibt unsere letzte Vermutung: Es handelt sich doch um ein Geschenk an die Kunden.
EIN GIGANT IM HÖRRAUM
Ausnahmsweise starteten wir die Hörsession mit Klassik: Aus der Orchestersuite „The Planets“von Gustav Holst, einer Aufnahme von 1971 (ein Jahr vor der Canton- Gründung) spielten wir passen zum Geburtstag „Jupiter, The Bringer Of Jollity“. Augenblicklich wurde die herrlich ausgelassene Atmosphäre dieses Stücks im Hörraum greifbar. Kräftig zupackend und mit viel Emotion interpretierte die A 45 das orchestrale Geschehen. Differenziert ließen sich die einzel- nen Instrumente orten, doch einen analytischen Charakter konnten wir der Canton nicht attestieren. Sie neigte eher zur harmonischen Wiedergabe und brachte eine angenehme, leicht holzige Wärme ins musikalische Schauspiel. Genussvoll gaben wir uns dem breiten Panorama hin. Bevor „Saturn, The Bringer Of Old Age“die Laune hätte trüben können, wechselten wir das Genre: Jazz aus den 80ern, Flim & the BB’s mit dem Album „Tricycle“. Wir starteten mir dem gleichnamigen ersten Track. Auch wenn das Album schon 34 Lenze zählt, ist es kein bisschen müde. Mit hoher Dynamik zeigte die Canton, was ihre Keramikchassis vermochten. Schnell und unheimlich feindymisch ging die A 45 hier zu Werke. Die feinen Glanzpunkte am Hi- Hat, das akkurate Schlagzeug, das exakte Timing im Bass ließen uns in Verzückung geraten. Auch wenn die Abstimmung der Box sehr neutral ist, war doch irgendetwas anders, als wir das von anderen Cantonauten gewöhnt waren: Sie klang moderner. Wir legten nun das Sahnehäubchen auf die Torte: die SACD „Spiritoso“, die auf AUDIO 5/17 zu finden war. Die formidablen Klassikaufnahmen aus dem Hause MDG gehören zum Besten, was je auf Scheiben gepresst wurde. Jetzt brannten alle Lichter auf dem Kuchen: Die A 45 war nicht mehr zu bremsen und zog sämtliche Register, stets in der perfekten Balance zwischen packender Dynamik und filigraner Feingeistigkeit. Gibt es überhaupt einen Unterschied zur Refenrence- K-Serie? Ja, den gibt es tatsächlich. Die Boxen mit dem K können noch tiefer in den Basskeller hinabsteigen als eine A 45. Auch in anderen Disziplinen sind die References besser. Aber: Sind sie wirklich so viel besser?