AUF DIE SPITZE
Mit dem AT-ART 1000 treibt Audio-Technica seine Kunst in ungeahnte Höhen: Dieser Luxus-Pickup trägt seine bewegten Spulen direkt über der Abtastnadel. Wir ließen sie spielen.
Schauen Sie beim Foto mal genau hin. Da gibt es etwas, das man normalerweise nie zu Gesicht bekommt: Oberhalb der Nadelspitze scheint so eine Art Zwickelbrille oder querliegende Acht zu sitzen. Das ist kein Schmutzrest in der AUDIO- Druckmaschine, sondern das konstruktive i-Tüpfelchen dieses Tonabnehmersystems. Audio-Technica hat es gebaut, im Rahmen seines firmeneigenen ExzellenzProgramms. Man wollte sich und der Analogwelt einmal zeigen, was die traditionsreiche Company aus dem japanischen Fukui alles draufhat. Der Preis spielte keine Rolle, und so schlägt das AT-ART 1000 mit strammen 5200 Euro tatsächlich etwa zehnmal so teuer zu Buche wie das zweitteuerste Pferd im Stall, das bewährte Arbeitspferd ATOC9/III für rund 550 Euro. Der neue Bannerträger vertritt die Moving-Coil- Fraktion. Und das zeigt er: Was man da über seiner zum „Special Line Contact“geschliffenen, nackten Diamant- Abtastnadel auf dem nadeltragenden Bor- Rohr sieht, sind die beiden bewegten Spulen. In einem MC- Generator bewegen sich, angetrieben von den Rillenauslenkungen der Schallplatte, die Spulen in einem feststehenden Magnetfeld. Die so induzierte Spannung wird dann über Kabel zum Entzerrer-Vorverstärker geschickt. Nur dass diese Spulen ihrem Bewegungsdrang normalerweise um ein Kreuz am Ende des Nadelträgers nachgehen, der ins Generator- Innere zeigt. Im großen AT nehmen sie die Nadelbewegung direkt in ihre
achtmal gewundenen, 20 Mikrometer dünnen Drähte aus sauerstofffreiem Kupfer auf. Das führt zu einer recht niedrigen Ausgangsspannung – rauscharme, kraftvolle Phono- Pres sind Pflicht. Und es zeigt auch einen recht niedrigen Systemwiderstand von rund 4 Ohm. Nach der Faustregel, dass der Amp etwa das Zehnfache an Abschluss bieten sollte, verlangt das AT- ART 1000 also eingangsseitig zwischen 30 und 50 Ohm. Wohl dem, der so niedrig beschalten kann. Und der den etwas fummeligen Einbau – kein Gewinde im Korpus, Schraubenmuttern nach oben – und die Justage schadlos abgewickelt hat. Denn der erlebt seine Schallplatten als das, was sie meist sind: Speicher unermesslicher Reichtümer. Die übliche HiFiTändelei um Bässe und Höhen, Dynamik und Klangfarben weicht rasch dem wahren Hören. Vor allem Stimmen zauberte dieser japanische Filigrankünstler mit einer Akkuratesse aus den Lautsprechern, dass die Gänsehaut gar nicht mehr glatt werden wollte. Ob die gute Carrie Newcomer (siehe Musikteil), ob John, Paul, George und Ringo, Maria Callas oder Fritz Wunderlich, ob raspeliges Rhythm‘n‘Rockorgan oder betörender Basso Cantante – das AT-ART 1000 holte alles raus, was reingehört. Zarter Schmelz, metallischer Glanz, unbekümmerte Jugend, whiskeygetränkte Erfahrung, weise Melancholie. Herrlich. Mit VTA- Lifter am mittelschweren Clearaudio-Tonarm Universal auf perfekte Spielhöhe gebracht, hob der Japaner in weit gedehnte Räume ab. Da gab es nichts zu kritteln: Audio-Technica hat seine Kunst auf die Spitze getrieben.