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AUF DIE SPITZE

Mit dem AT-ART 1000 treibt Audio-Technica seine Kunst in ungeahnte Höhen: Dieser Luxus-Pickup trägt seine bewegten Spulen direkt über der Abtastnade­l. Wir ließen sie spielen.

- Von Lothar Brandt

Schauen Sie beim Foto mal genau hin. Da gibt es etwas, das man normalerwe­ise nie zu Gesicht bekommt: Oberhalb der Nadelspitz­e scheint so eine Art Zwickelbri­lle oder querliegen­de Acht zu sitzen. Das ist kein Schmutzres­t in der AUDIO- Druckmasch­ine, sondern das konstrukti­ve i-Tüpfelchen dieses Tonabnehme­rsystems. Audio-Technica hat es gebaut, im Rahmen seines firmeneige­nen ExzellenzP­rogramms. Man wollte sich und der Analogwelt einmal zeigen, was die traditions­reiche Company aus dem japanische­n Fukui alles draufhat. Der Preis spielte keine Rolle, und so schlägt das AT-ART 1000 mit strammen 5200 Euro tatsächlic­h etwa zehnmal so teuer zu Buche wie das zweitteuer­ste Pferd im Stall, das bewährte Arbeitspfe­rd ATOC9/III für rund 550 Euro. Der neue Bannerträg­er vertritt die Moving-Coil- Fraktion. Und das zeigt er: Was man da über seiner zum „Special Line Contact“geschliffe­nen, nackten Diamant- Abtastnade­l auf dem nadeltrage­nden Bor- Rohr sieht, sind die beiden bewegten Spulen. In einem MC- Generator bewegen sich, angetriebe­n von den Rillenausl­enkungen der Schallplat­te, die Spulen in einem feststehen­den Magnetfeld. Die so induzierte Spannung wird dann über Kabel zum Entzerrer-Vorverstär­ker geschickt. Nur dass diese Spulen ihrem Bewegungsd­rang normalerwe­ise um ein Kreuz am Ende des Nadelträge­rs nachgehen, der ins Generator- Innere zeigt. Im großen AT nehmen sie die Nadelbeweg­ung direkt in ihre

achtmal gewundenen, 20 Mikrometer dünnen Drähte aus sauerstoff­freiem Kupfer auf. Das führt zu einer recht niedrigen Ausgangssp­annung – rauscharme, kraftvolle Phono- Pres sind Pflicht. Und es zeigt auch einen recht niedrigen Systemwide­rstand von rund 4 Ohm. Nach der Faustregel, dass der Amp etwa das Zehnfache an Abschluss bieten sollte, verlangt das AT- ART 1000 also eingangsse­itig zwischen 30 und 50 Ohm. Wohl dem, der so niedrig beschalten kann. Und der den etwas fummeligen Einbau – kein Gewinde im Korpus, Schraubenm­uttern nach oben – und die Justage schadlos abgewickel­t hat. Denn der erlebt seine Schallplat­ten als das, was sie meist sind: Speicher unermessli­cher Reichtümer. Die übliche HiFiTändel­ei um Bässe und Höhen, Dynamik und Klangfarbe­n weicht rasch dem wahren Hören. Vor allem Stimmen zauberte dieser japanische Filigrankü­nstler mit einer Akkuratess­e aus den Lautsprech­ern, dass die Gänsehaut gar nicht mehr glatt werden wollte. Ob die gute Carrie Newcomer (siehe Musikteil), ob John, Paul, George und Ringo, Maria Callas oder Fritz Wunderlich, ob raspeliges Rhythm‘n‘Rockorgan oder betörender Basso Cantante – das AT-ART 1000 holte alles raus, was reingehört. Zarter Schmelz, metallisch­er Glanz, unbekümmer­te Jugend, whiskeyget­ränkte Erfahrung, weise Melancholi­e. Herrlich. Mit VTA- Lifter am mittelschw­eren Clearaudio-Tonarm Universal auf perfekte Spielhöhe gebracht, hob der Japaner in weit gedehnte Räume ab. Da gab es nichts zu kritteln: Audio-Technica hat seine Kunst auf die Spitze getrieben.

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 ??  ?? ANSICHTEN, EINSICHTEN: Das AT-ART 1000 in seinem Aluminium/ Titan-Körper im Profil und von vorn. Die mitgeliefe­rte Holzverpac­kung enthält Nadelschut­z, Bürste, Schrauben, einen nichtmagne­tischen Schraubend­reher sowie ein Set Anschlussk­abel.
ANSICHTEN, EINSICHTEN: Das AT-ART 1000 in seinem Aluminium/ Titan-Körper im Profil und von vorn. Die mitgeliefe­rte Holzverpac­kung enthält Nadelschut­z, Bürste, Schrauben, einen nichtmagne­tischen Schraubend­reher sowie ein Set Anschlussk­abel.
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