UNTER HOCHSPANNUNG
In Ausgabe 10/2017 frohlockte AUDIO über den digitalen Tausendsassa MP 2500 aus der R-Serie von T+A. Die spannende Frage: Was kann der T+A MP 3100 aus der HVSerie da draufsetzen?
Das Bessere ist des Guten Feind. Eine Weisheit aus der Glückskeks- Schublade, zugegeben. Und doch treibt der Spruch alle kompetetiven Tatmenschen an, sich nicht auf ihren Lorbeeren auszuruhen, sondern Gutes immer besser zu machen. Dieser kategorische Imperativ aller ernsthaften HiFi- Entwickler gilt sicher auch für das Team von T+A. Doch die wohlfeile Weisheit bedeutet in der Praxis teure Forschung und Entwicklung – und das wiederum verlangt dem Konsumenten einiges ab. Beispiel: Der Multi- Source- Player MP 3100 HV kostet kapitale 13500 Euro. Doch die Weiterentwicklung des formidablen MP 3000 HV zeitigte auch andere Wirkung: T+A leitete aus dem hauseigenen Flaggschiff das nur geringfügig
abgespeckte Pendant für die R-Serie ab. Den MP 2500 R hatte sich die Redaktion auch mit Blick auf den Preis von irgendwie verträglicheren 8900 Euro zum Test in AUDIO 10/17 gesichert. Und dieser endete mit einer fulminanten Freundschaftserklärung des Autors an dieses sensationell vielseitige Gerät, das aus jeder nur denkbaren digitalen Quelle die feinsten Töne schöpfte. Nur war jetzt natürlich die Neugierde geweckt. Wenn der in weiten (Bau)Teilen doch identische MP 2500 R schon so gut tut, was macht denn das TopGerät da noch besser? Und so lief das 26 Kilogramm schwere, ausstattungsmäßig gleich vielfältig gerüstete Dickschiff in der AUDIO- Redaktion ein, begleitet von einer ausführlichen Expertise von Entwicklungschef Lothar Wiemann, der den Wissensdurst des Autors gewohnt geduldig stillte. Denn der wusste vom MP 2500 R, dass in diesem das gleiche digitale Herz schlägt. Also für Pulse Code Modulation (PCM) der fantastische, hauseigene Quadrupel-Wandler, der mit seiner Doppel- Differential- Architektur auch schon im Digital- Analog-Wandler DAC 8 DSD ( AUDIO 5/16) begeisterte. Davon getrennt kümmert sich der gleichfalls hauseigene „True 1 Bit“- DAC um Direct Stream Digital (DSD). DSD nimmt auch der MP 3100 HV bevorzugt von SACDs entgegen, die im gleichen, ebenfalls hauseigenen Laufwerk ausgelesen werden. Die SACDund DSD- Fähigkeit sowie Streaming Client, aptX- Bluetooth, DAB+, FM- HD und die neue Bedien-App „T+A Music Navigator“markieren die wichtigsten Unterschiede zum alten MP 3000 HV. Für den bietet T+A übrigens ein Up- grade- Kit an, das bis auf SACD/ DSD dann in etwa für Gleichstand sorgt. Die Liste der Unterschiede zwischen MP 3100 HV und MP 2500 R fängt beim Laufwerk an. Eine noch solidere, schwerere Mechanik umgibt die Filigrantechnik. So ist der Aluminium-Laufwerksträger aus dem Vollen gefräst – ganz zu schweigen von dem 15 mm starken Voll- Aluminium, das dem Gerätechassis insgesamt noch mehr Stabilität verleiht. Die 4 (!) cm starke Frontplatte trägt ihren Teil zum imposanten Auftritt bei.
TEILE UND HERRSCHE
Das Innere ist mit einer Konsequenz aufgeteilt, die ihresgleichen sucht. Fünf voneinander getrennte „compartments“beherbergen jeweils an den Außenflanken das extrem laststabile Schaltnetzteil für den Digitalpart und das mit gleich zwei Ringkerntrafos gerüstete Linearnetzteil für den Analogpart. Das führt zu dem wohl einmaligen Feature, dass gleich zwei Kaltgeräte- Leitungen Energie aus dem Stromnetz zuführen müssen. Oder dürfen. Denn bei einer Netzleiste mit sternförmiger Masseführung bleiben so Störströme von einem ins
T+A FÜHRT MIT DIESEM PLAYER KONSEQUENTEN QUALITÄTS-BAU VOR
andere Netzteil einfach außen vor. Laufwerk und Digitalteil residieren dann abgeschirmt von den DA-Wandlern und deren analogen Ausgangsstufen sowie von der Logistik- Abteilung mit Steuerung und Display. Diese strikte Trennung – auch galvanisch sind Analog- und Digitalpart vollständig isoliert – hält elektromagnetische Felder rigoros davon ab, störend in Nachbarsektionen zu streuen. Und die Spannungsversorgung – beziehungsweise deren Stabilisierung für die Wandler – kann T+A mit noch höherem Aufwand bewerkstelligen. Das alles kann sich erwiesenermaßen auf den Klang auswirken. Doch wie konsequent T+A mit diesem Player QualitätsKonstruktion betreibt, zeigt sich in den zum Teil irrwitzig teuren Bauteilen, die hier zum Einsatz kommen. Das gilt auch für die Hochvolt-Technik, die der HV-Serie ja ihren Namen gab. Im MP 3100 HV sind es die Transistoren der analogen Ausgangsstufe, die von der spürbar höheren Ruhestrom-Versorgung profitieren. Die HV-Technik sorgt für einen weitreichenden Class- A- Betrieb und damit extreme Verzerrungsarmut. Die entsprechenden Spannungen von etwa 80 Volt für die handselektierten Transistoren werden mit Siebkapazitäten und Stabilisatoren dermaßen penibel gerichtet, dass es einer High- End-Vorstufe gut zu Gesicht stünde. T+A jedoch sieht seine MultiSource- Player als Quellgeräte und verzichtet daher darauf, sie mit einem Lautstärkeregler zusätzlich aufzumotzen.
HÖRE UND STAUNE
Aber nicht nur die Hochvolt-Technik, sondern auch die weiteren Unterschiede und nicht zuletzt die Gleichheiten setzten die Jury unter Hochspannung. Galt es doch im Hörraum, die technische Überlegenheit des Schwergewichts MP 3100 HV gegenüber dem Halbschwergewicht MP 2500 R zu erweisen – oder eben nicht. Die Schaltung der beiden erlaubte es übrigens – nicht allzu häufig selbst im High- End – die theoretischen Vorteile der symmetrischen Verbindung auch wirklich klangfördernd zu nutzen und so via XLR-Kabel an die entsprechenden Buchsen des Über-Vollverstärkers T+A PA 3100 HV anzudocken. Die Hausreferenz der Re- daktion versorgte dann wahlweise den Mittelhochtonzweig der halbaktiven Elektrostaten Martin Logan ESL 11A Impression ( AUDIO 10/17), die unfassbar neutralen und pegelfesten dynamischen Passivlautsprecher Vivid Audio Giya G3 S2 ( Test ab Seite 24) oder die bewährten Abhör- Boliden Bowers & Wilkins 802 D3. Und die Tester staunten. Sie staunten erneut, was für ein unglaublich guter Streamer, SACD- und CD- Player doch dieser MP 2500 R ist. Der Autor
konnte coram publico seinen Freundschaftsschwur erneuern. Doch als er erst einmal richtig warmgelaufen war, da zog der MP 3100 HV dann doch noch vorbei. Die wunderbare Aufnahme von Mozarts c-moll- Messe unter Masaaki Suzuki auf SACD (BIS) offenbarte noch ein paar Nuancen mehr, die Konzerthalle breitete sich noch ein paar illuminäre Meter weiter aus. Die schon grandiose Transparenz, Klarheit und Differenzierung, die auch einen DAC 8 DSD so unwiderstehlich macht, geriet noch einen Hauch luftiger. Wir wollen hier nicht von Welten fabulieren, die sich auftun, doch die vielen kleinen, feinen Unterschiede summierten sich doch zu einem nachvollziehbaren Vorsprung. Die schönen Weisen der Folkprogband Mostly Autumn – Markenzeichen: männlicher und weiblicher Leadgesang – gewannen so noch mehr Genussfaktor. Die beispielhafte, nie ins Kühle abdriftende Analytik des MP 2500 R, die ihn prädestinieren für die Arbeit eines Musikrezensenten, ergänzte der MP 3100 HV noch mit ein wenig mehr Leuchtkraft in den Klangfarben. Insbesondere mit der Logan verlieh der teurere Player Stimmen etwas mehr Glanz und Schmelz. Herzhaft zupacken, auch bei knallhartem Rock, konnten beide. Richtig verstärkt und schallgewandelt, können beide Player Steine erweichen. Es waren letztlich eher weiche Kriterien, die den Boliden im firmeninternen Duell zum Sieger machten. Doch zum Feind des kleinen Bruders taugt er nicht. Eher zum Vorbild.