Test Opera Audio Consonance
M6 Die Box aus dem Reich der Mitte besitzt ein riesiges Potenzial
An Verstärker aus dem Reich der Mitte haben wir uns gewöhnt, gerade wenn es sich um solche mit Röhrenbestückung handelt. Doch Opera Audio versucht sich auch mit großer Wonne an Lautsprechern – einem Gebiet, das stärker regionalen Geschmäckern und Einrichtungskonzepten unterliegt. Derartige Grenzen versucht Shi Hui Liu, Gründer der 1994 in Peking gegründeten Asia- Edelmarke, mit kühnen Konzepten und handwerklichem Können zu überwinden. Die Opera Audio Consonance M6 setzt auf eine ausgefallene Treiber- Mischung. Sie kombiniert einen 16,5- cm-Tieftöner mit einem Kugelwellenhorn und einem Superhochtöner. Letzterer sitzt wie bei einer D’Appolito- Anordnung in der Mitte zwischen den beiden anderen Treibern, was für optische Symmetrie sorgt. Für den eigentlichen Effekt sind die beiden außenliegenden Treiber in vielerlei Hinsicht zu verschieden. Immerhin führen die Experimente nicht zu einem gewöhnungsbedürftigen Erscheinungsbild: Die Consonance M6 sieht gemessen an ihrem radikalen Konzept reichlich zahm aus. Das gilt vor allem dann, wenn ihre drei Treiber unter den Abdeckungen verborgen sind. Das Echtholzfurnier des 91 cm hohen Bassreflexgehäuses wirkt solide und vertraut. Eine verbreiterte Basis mit kleinen Spikes- Auslegern sorgt für einen sicheren Stand der immerhin 20 Kilo schweren Standboxen. Der Hersteller aus Peking hält also schon mal vom visuellen Auftritt her sein Versprechen: „Shi Hui Lius größtes Bestreben war es, einen Lautsprecher zu entwickeln, der kleine Räume mit livehaftiger Musik füllt und direkt für Entspannung beim Musikhören sorgt.“Gerade im Vergleich zur in AUDIO 4/15 getesteten M15 20 Anniversary ist es dem Konstrukteur gelungen, seine Ansprüche wohnzimmerverträglich zu machen. Sollte es Shi Hui Liu gelungen sein, die Essenz seiner schweren Geschütze auf die zierliche M6 zu übertragen, wäre das ein Statement. Die Großen wurden schließlich mit „sehr gut“als röhrenfreundlich bewertet, die AUDIO- Leser wählten sie auf Platz 3 der Standboxen des Jahres 2015. Doch nicht nur bei der Formgebung, dem Gewicht und den Abmessungen zeigen sich gravierende Unterschiede: Gerade der Tieftöner der familenfreundlichen Standsäule M6 kann nicht mit dem 38er des vielbeachteten Jubiläumsmodells mithalten. Der Consonance muss ein 6,5-Zöller genügen. Wenig Aufsehen macht auch der Superhochtöner: Der Gewebekalotte wurde ein leichter Waveguide vorgesetzt. Der spektakulärste Treiber sitzt allerdings in der obersten Etage: Das aus Schichtholz geformte Kompressorhorn vertraut auf eine 5,5- cm-Titanmembran. Auf der Rückseite finden sich massive goldbeschichtete Bi- Amping- Klemmen mit vergoldeten Brücken. Die bewegendste Frage war allerdings die nach der Brücke zwischen den Kulturen, die unser Hörtest beantworten sollte. Hier machte die Opera erfreulich schnell deutlich, dass ihr Schöpfer Shi
DAS POTENZIAL DER M6 IST RIESIG
Hui Liu grundsätzlich denselben Klangidealen folgt wie westliche Audiophile. Im Ansatz ließ sich zwar die im Osten vorherrschende Affinität zu einem impulsreichen, eher trockenen Klang heraushören – doch eher im positiven Sinne. Die Consonance M6 erwies sich als ein schnell und präzise auf feine wie grobe Impulse ansprechender Schallwandler, der es mit der zeitlichen Rekonstruk tion des Eingangssignals ausgesprochen genau nahm. Während die Höhen eher unauffällig ihren Beitrag zu einem ausgewogenen Klang leisteten, zog die Basswiedergabe durch ihren für diese Größenklasse äußerst tiefreichenden und dabei staubtrockenen Charakter alle Ohren auf sich. Da hat ihr Schöpfer ohne Zweifel gute Arbeit geleistet: Er zaubert sonore Tieftonwiedergabe aus kompakten Gehäusen und Treibern und opfert damit nicht einmal die Pegelfestigkeit. Das ist die hohe Schule des Boxenbaus. Vor so etwas kann man nur den Hut ziehen. Leider jedoch patzte dann das Kugelwellenhorn, das vor allen Dingen höhere Männerstimmen mit gewissen Unsauberkeiten belegte, die dann wie eine Mischung aus Verzerrungen und Verfärbungen wahrzunehmen waren. Zudem klangen Klavieranschläge oder Gitarrensaiten ein bisschen abgehackt, das Ausklingen von Impulsen wurde verdeckt, gerade auch in Kombination mit Röhrenverstärkern. Hier liegt also noch ein wenig Mühe vor dem Durchbruch.