Test Focal Aria 906
Die Franzosen legen die Debatte um den idealen Membran-Werkstoff neu auf: Sie formen ihre Tiefmitteltöner aus Flachs. Ein natürlicher Rohstoff, der wunderbare Feindynamik an die Ohren bringen kann.
Mit ihrer Flachs-Membran geht diese Focal in puncto Dynamik ganz neue Wege. Und im Hörtest klang sie dann fast so informativ wie ein Studiomonitor
Unsere Urväter hatten nur eine Wahl: Papier war das Material der Stunde, wenn es darum ging, eine Lautsprechermembran zu formen. Lange Jahre dauerte dieser Zwang zur Einfachkeit an. Nun ist alles ausgehebelt: In kaum einem Sektor haben die Lautsprecherentwickler beharrlicher geforscht als in puncto Membranmaterial der. Wir kennen Metall- Legierungen und komplexe Flechtarbeiten aus Kunststoff, aber eine Kategorie darauf setzt aktuell Focal. Die Franzosen formen Membranen aus Flachs. Der wächst doch auf Feldern und ist rein natürlich? Richtig. Aber Flachs zeichnet sich auch durch herausragende Leichtigkeit und Festigkeit aus. Focal lässt das Material ernten und verweben. Schließlich wird es zwischen zwei 0,04 mm dünne Glasfaserschichten verbacken, die transparent bleiben, damit man den Rohstoff auch gut sehen kann. Die Franzosen sind stolz auf ihre Technologie und dürfen es auch sein. Alles entsteht in der Focaleigenen Werkstatt in St. Étienne, genau wie der Hochtöner der Box mit dem Kürzel Aria 906. Das ist eine Inverskalotte aus Aluminium und Magnesium, die oberhalb von 2800 Hertz mit Signalen bedient wird. Eingespannt wird sie in einen Ring aus einem Polymer namens Poron. Drumherum gibt es noch eine Schallführung aus Polyurethan. Die Bassreflexöffnung strahlt zur Front, was die Aria 906 zu einer praktischen, echten Regalbox macht. Dieser Lautsprecher kann folglich besonders wandnah aufgestellt werden, bei entsprechenden Absichten. In der Verarbeitung zeigen sich noch weitere ehrenwerte Kleinigkeiten. Zum Beispiel hält die optionale Frontblende rein magnetisch, keinerlei böse Bohrungen trüben den geschlossenen Eindruck der Front. Zum Hörtest. Ganz frisch ist eine Neuaufnahme von Schuberts Winterreise erschienen: Mark Padmore singt, Kristian Bezuidenhout sitzt an den Tasten. Das ist höchste Kunst im kleinen Format. Die Aria 906 zeichnete die Luftigkeit des Aufnahmeraums wunderbar nach. Dazu beherrschte sie feinste dynamische Schattierungen – bis hin zu den Atemphrasen des Tenors.