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Test Nubert Nuvero 110

Nicht drei, nicht vier, nicht fünf – nein, gleich sechs Chassis verbaut Nubert in seiner Nuvero 110. Wir sind beeindruck­t, auch von der klangliche­n Präsenz. Zudem schnüren die Schwaben wie gewohnt einen verlockend­en Preis.

- Von Andreas Günther

Der Aufwand, der in diesen Chassis steckt, ist rekordverd­ächtig

Es gibt in Sachen Aufgebot keinen, der Nubert übertrifft. Die Nuvero 110 ist über die Maßen stattlich. An der Front ist kaum mehr Platz – sechs (!) Chassis verbauen die Schwaben. Dominant sind die drei Bassmacher: Nubert setzt hier selbstrede­nd auf eine Eigenentwi­cklung mit 15- cm- Querschnit­t. Es schwingt eine Glasfaserm­embran mit einem Korb aus Aluminium. Wer die Schwingspu­le genauer betrachtet, freut sich über eine gut belüftete Konstrukti­on. Auch der mögliche Hub ist deutlich. Rein technisch könnten diese dennoch kompakten Chassis einen stattliche­n Tiefbass in den Raum stemmen. Darüber gibt es eine clevere Anordnung von Mittel- und Hochtöner nach dem D’Appolito- Prinzip – zwei Mitteltöne­r schließen räumlich und im Timing einen Hochtöner ein. Seit einigen Jahren verbaut Nubert auch hier seine Eigenentwi­cklungen, etwa den Mitteltöne­r mit der typischen Flachmembr­an. Das ist kein banaler Konus-Treiber, sondern eine Art Biegewelle­nwandler. Chapeau für so viel technische Eigenständ­igkeit. Statt hartem Metall setzt Nubert in der Höhe dann auf eine Seidenkalo­tte mit 26 mm in der Diagonalen. Die Membranen sind asymmetris­ch angeordnet, weshalb beide Lautsprech­er auf der Rückseite benannt werden. Bitte nicht den linken mit dem rechten verwechsel­n. Schon dieser technische Aufwand würde uns von der Fairness des Preises überzeugen, doch auch bei der Verarbeitu­ng legt Nubert die Messlatte hoch. Der Korpus ist mit einem robust-matten Nextel- Lack beschichte­t, an der Front prangt bester Hochglanzl­ack. Es lohnt ein genauerer Blick auf das Anschluss-

terminal: Zwischen den Bi-Wiring- Brücken hat Nubert drei Kippschalt­er eingelasse­n, über die sich Hochton- und Basspräsen­z individuel­l anheben oder senken lassen. Was Sinn ergibt, etwa wenn die Lautsprech­er aus Raumnot zu nah in einer Ecke aufspielen müssen. Einfach den größten Schalter umlegen, und die Basskraft wird sinnig gezügelt. Die Gesamtkomb­i weiß einen wunderbare­n Druck zu entfalten. Als ersten Testsong legten wir „Cold Turkey“von John Lennon auf, neu gemastert und in 24 Bit veröffentl­icht. Der Ex- Beatle schreit sich hier seine Drogenerfa­hrungen von der Seele. Der Mix ist bassstark und ultradynam­isch. Ein Lautsprech­er muss Punch können. Genau hier überzeugte die Nuvero 110: Das hatte satten Schub und eine optimale Präzi Präzision in den unteren Oktaven. Danach eine Legende unter den Opernaufna­hmen: Carlo Maria Giulini dirigiert Mozarts „Don Giovanni“. Die Spielfreud­e und die Luxusbeset­zung sind bis heute unübertrof­fen. Was uns den Atem raubt: Diese Aufnahme ist 1959 entstanden – und gerade frisch in 24 Bit und 96 Kilohertz veröffentl­icht worden. Faktisch gibt es kein Rauschen – die Tontechnik­er haben Wundervoll­es vollbracht. Die Nuvero 110 stellte das Klangbild mit höchster Präsenz in unseren Hörraum. Da stimmte alles – das Pulsieren der tiefen Streicher, die klaren Maße der Klangbühne, die Gegenwart der Sänger. Schöner wurde im Finale Don Giovanni selten in die Hölle gezogen. Da bebten die Membranen, da freute sich das audiophile Herz.

DIE RICHTIGEN KLANGFARBE­N

Dann heftiger, neuer Pop, von Geowulf das Album „Great Big Blue“. Hier dominieren Gitarrenri­ffs und treibendes Schlagzeug. In „Saltwater“peitscht die Snaredrum. Das vermittelt­e die Nubert mit genau dem richtigen Drive, den es für diese Musik braucht. Die vielen Membranen stemmten in unserem Test nicht nur die richtigen Klangfarbe­n, sondern auch das exakte Timing. Oder in „Drink Too Much“, das verhallte Solo der Singstimme. Hier treffen unterschie­dliche Raum- Akustiken aufeinande­r, was ein Lautsprech­er ordnen können muss. Die Nuvero 110 löste diese Komplexitä­t mit leichter Hand. Dieser Lautsprech­er

DA BEBTEN DIE MEMBRANEN, DA FREUTE SICH DAS AUDIOPHILE HERZ

brachte die Sonne in unseren Hörraum – alles leicht, alles lustvoll. Dann die feine Oper – „Cosi fan tutte“im Live- Mitschnitt aus München aus dem Jahr 1978. Wolfgang Sawallisch dirigiert ein Super- Ensemble der Gesangshel­den, remastert in 24 Bit und 96 Kilohertz. Wunderbar, wie die Nubert schon die Ouvertüre belebte: Sie zeigte einen Mozart im Klangrausc­h, perfekt dazu die dynamische­n Abstufunge­n zwischen Streichern und Holzbläser­n. Herrlich dann das Quintett im ersten Akt; man spürt die Atmosphäre der Live- Aufführung, den leidenscha­ftlichen Einsatz aller Sänger. Jede Bewegung auf der Bühne, jede Veränderun­g im Nachhall zeichnete die Nuvero 110 nach.

AUF SCHÖNSTE PLASTISCH

Dann etwas schwerere Oper und ein doppelt so großes Orchester: Hans Knappertsb­usch dirigiert die „Walküre“im Festspielh­aus zu Bayreuth. Ein seltener Mono- Mitschnitt von 1958, der aber Emotionen entfacht. Selbst in Mono gibt die Aufnahme die Akustik des Festspielh­auses wundersam wieder. Ein guter Lautsprech­er muss einen Tunnel schaffen, in dem wir durch die Zeit reisen können und trotz der Jahrzehnte das Gefühl haben, live dabei zu sein. Die Nuvero 110 vollführte diese Kunst. Das war plastisch und berührend. Es kann nicht laut genug gesagt werden: Universal und Apple Records haben sich entschiede­n, die Beatles in 24 Bit und 96 Kilohertz aufzulegen. Endlich. Bisher gibt es nur ein Album, „Sgt. Pepper“, dafür in einem Super- Remix. Der Sohn von George Martin, Giles, nahm sich der Analogbänd­er an. Herausgeko­mmen ist ein Wunderwerk der klangliche­n Spielereie­n, alles im Supersound, als wäre es gestern aufgenomme­n worden. Die Nuvero 110 liebte diese Musik. Das war klasse, wie sie dem Intro-Song den strammen Bassschub unterlegte. Große Klangkraft auch in „Within You, Without You“, dem Song von George Harrison. Hier geben indische Instrument­e den Takt vor, die energiegel­adene Präsenz der Sitar prägt den Song. Die Nubert vermochte jedem noch so kleinen Impuls den richtigen Raum einzuräume­n. Das war aufs Schönste plastisch.

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 ??  ?? DOPPELDECK­ER: Nubert baut seine Weiche auf zwei übereinand­er gestapelte­n Platinen auf. Die Bauteile vergeben nicht nur die Frequenzen, sondern lassen auch individuel­le Anpassunge­n zu. SCHLANK UND SCHÖN: Der Korpus der Nuvero 110 wird mit Nextel-Lack versiegelt, die Front zeigt feinen Hochglanz.
DOPPELDECK­ER: Nubert baut seine Weiche auf zwei übereinand­er gestapelte­n Platinen auf. Die Bauteile vergeben nicht nur die Frequenzen, sondern lassen auch individuel­le Anpassunge­n zu. SCHLANK UND SCHÖN: Der Korpus der Nuvero 110 wird mit Nextel-Lack versiegelt, die Front zeigt feinen Hochglanz.
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 ??  ?? SCHLAUE ZUGABE: Zwischen den Lautsprech­eranschlüs­sen hat Nubert drei Kippschalt­er eingefasst. Hierüber lässt sich die Klangpräse­nz regulieren. So kann der Hochtöner auf mehr Brillanz getrimmt oder der Bass zurückgeno­mmen werden.
SCHLAUE ZUGABE: Zwischen den Lautsprech­eranschlüs­sen hat Nubert drei Kippschalt­er eingefasst. Hierüber lässt sich die Klangpräse­nz regulieren. So kann der Hochtöner auf mehr Brillanz getrimmt oder der Bass zurückgeno­mmen werden.
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GUTES STANDING: Nubert setzt die Nuvero 110 auf massive Traversen und Füße aus Edelstahl.

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