Test Nubert Nuvero 110
Nicht drei, nicht vier, nicht fünf – nein, gleich sechs Chassis verbaut Nubert in seiner Nuvero 110. Wir sind beeindruckt, auch von der klanglichen Präsenz. Zudem schnüren die Schwaben wie gewohnt einen verlockenden Preis.
Der Aufwand, der in diesen Chassis steckt, ist rekordverdächtig
Es gibt in Sachen Aufgebot keinen, der Nubert übertrifft. Die Nuvero 110 ist über die Maßen stattlich. An der Front ist kaum mehr Platz – sechs (!) Chassis verbauen die Schwaben. Dominant sind die drei Bassmacher: Nubert setzt hier selbstredend auf eine Eigenentwicklung mit 15- cm- Querschnitt. Es schwingt eine Glasfasermembran mit einem Korb aus Aluminium. Wer die Schwingspule genauer betrachtet, freut sich über eine gut belüftete Konstruktion. Auch der mögliche Hub ist deutlich. Rein technisch könnten diese dennoch kompakten Chassis einen stattlichen Tiefbass in den Raum stemmen. Darüber gibt es eine clevere Anordnung von Mittel- und Hochtöner nach dem D’Appolito- Prinzip – zwei Mitteltöner schließen räumlich und im Timing einen Hochtöner ein. Seit einigen Jahren verbaut Nubert auch hier seine Eigenentwicklungen, etwa den Mitteltöner mit der typischen Flachmembran. Das ist kein banaler Konus-Treiber, sondern eine Art Biegewellenwandler. Chapeau für so viel technische Eigenständigkeit. Statt hartem Metall setzt Nubert in der Höhe dann auf eine Seidenkalotte mit 26 mm in der Diagonalen. Die Membranen sind asymmetrisch angeordnet, weshalb beide Lautsprecher auf der Rückseite benannt werden. Bitte nicht den linken mit dem rechten verwechseln. Schon dieser technische Aufwand würde uns von der Fairness des Preises überzeugen, doch auch bei der Verarbeitung legt Nubert die Messlatte hoch. Der Korpus ist mit einem robust-matten Nextel- Lack beschichtet, an der Front prangt bester Hochglanzlack. Es lohnt ein genauerer Blick auf das Anschluss-
terminal: Zwischen den Bi-Wiring- Brücken hat Nubert drei Kippschalter eingelassen, über die sich Hochton- und Basspräsenz individuell anheben oder senken lassen. Was Sinn ergibt, etwa wenn die Lautsprecher aus Raumnot zu nah in einer Ecke aufspielen müssen. Einfach den größten Schalter umlegen, und die Basskraft wird sinnig gezügelt. Die Gesamtkombi weiß einen wunderbaren Druck zu entfalten. Als ersten Testsong legten wir „Cold Turkey“von John Lennon auf, neu gemastert und in 24 Bit veröffentlicht. Der Ex- Beatle schreit sich hier seine Drogenerfahrungen von der Seele. Der Mix ist bassstark und ultradynamisch. Ein Lautsprecher muss Punch können. Genau hier überzeugte die Nuvero 110: Das hatte satten Schub und eine optimale Präzi Präzision in den unteren Oktaven. Danach eine Legende unter den Opernaufnahmen: Carlo Maria Giulini dirigiert Mozarts „Don Giovanni“. Die Spielfreude und die Luxusbesetzung sind bis heute unübertroffen. Was uns den Atem raubt: Diese Aufnahme ist 1959 entstanden – und gerade frisch in 24 Bit und 96 Kilohertz veröffentlicht worden. Faktisch gibt es kein Rauschen – die Tontechniker haben Wundervolles vollbracht. Die Nuvero 110 stellte das Klangbild mit höchster Präsenz in unseren Hörraum. Da stimmte alles – das Pulsieren der tiefen Streicher, die klaren Maße der Klangbühne, die Gegenwart der Sänger. Schöner wurde im Finale Don Giovanni selten in die Hölle gezogen. Da bebten die Membranen, da freute sich das audiophile Herz.
DIE RICHTIGEN KLANGFARBEN
Dann heftiger, neuer Pop, von Geowulf das Album „Great Big Blue“. Hier dominieren Gitarrenriffs und treibendes Schlagzeug. In „Saltwater“peitscht die Snaredrum. Das vermittelte die Nubert mit genau dem richtigen Drive, den es für diese Musik braucht. Die vielen Membranen stemmten in unserem Test nicht nur die richtigen Klangfarben, sondern auch das exakte Timing. Oder in „Drink Too Much“, das verhallte Solo der Singstimme. Hier treffen unterschiedliche Raum- Akustiken aufeinander, was ein Lautsprecher ordnen können muss. Die Nuvero 110 löste diese Komplexität mit leichter Hand. Dieser Lautsprecher
DA BEBTEN DIE MEMBRANEN, DA FREUTE SICH DAS AUDIOPHILE HERZ
brachte die Sonne in unseren Hörraum – alles leicht, alles lustvoll. Dann die feine Oper – „Cosi fan tutte“im Live- Mitschnitt aus München aus dem Jahr 1978. Wolfgang Sawallisch dirigiert ein Super- Ensemble der Gesangshelden, remastert in 24 Bit und 96 Kilohertz. Wunderbar, wie die Nubert schon die Ouvertüre belebte: Sie zeigte einen Mozart im Klangrausch, perfekt dazu die dynamischen Abstufungen zwischen Streichern und Holzbläsern. Herrlich dann das Quintett im ersten Akt; man spürt die Atmosphäre der Live- Aufführung, den leidenschaftlichen Einsatz aller Sänger. Jede Bewegung auf der Bühne, jede Veränderung im Nachhall zeichnete die Nuvero 110 nach.
AUF SCHÖNSTE PLASTISCH
Dann etwas schwerere Oper und ein doppelt so großes Orchester: Hans Knappertsbusch dirigiert die „Walküre“im Festspielhaus zu Bayreuth. Ein seltener Mono- Mitschnitt von 1958, der aber Emotionen entfacht. Selbst in Mono gibt die Aufnahme die Akustik des Festspielhauses wundersam wieder. Ein guter Lautsprecher muss einen Tunnel schaffen, in dem wir durch die Zeit reisen können und trotz der Jahrzehnte das Gefühl haben, live dabei zu sein. Die Nuvero 110 vollführte diese Kunst. Das war plastisch und berührend. Es kann nicht laut genug gesagt werden: Universal und Apple Records haben sich entschieden, die Beatles in 24 Bit und 96 Kilohertz aufzulegen. Endlich. Bisher gibt es nur ein Album, „Sgt. Pepper“, dafür in einem Super- Remix. Der Sohn von George Martin, Giles, nahm sich der Analogbänder an. Herausgekommen ist ein Wunderwerk der klanglichen Spielereien, alles im Supersound, als wäre es gestern aufgenommen worden. Die Nuvero 110 liebte diese Musik. Das war klasse, wie sie dem Intro-Song den strammen Bassschub unterlegte. Große Klangkraft auch in „Within You, Without You“, dem Song von George Harrison. Hier geben indische Instrumente den Takt vor, die energiegeladene Präsenz der Sitar prägt den Song. Die Nubert vermochte jedem noch so kleinen Impuls den richtigen Raum einzuräumen. Das war aufs Schönste plastisch.