Test Sonus Faber Chameleon T
Dieser Standlautsprecher ist wie geschaffen für dynamische Impulse
„Schön“können die Italiener. Aber verstehen sie sich auch auf audiophil? Sonus Faber ist eine Macht im Markt. Der gute Ruf ist durch perfekte Handarbeit, feines Finish und großen Klang entstanden. Über all das verfügt die Chameleon T.
Das Chamäleon hat ein besonderes Merkmal: Es kann seine Farbe ändern. Was nicht nur der Tarnung dient, sondern auch der Kommunikation mit den Artgenossen. Warum also hat Sonus Faber seine Lautsprecherserie „Chameleon“genannt? Weil auch diese Lautsprecher ihr Äußeres verändern können. Das geht ganz einfach über die Seitenpaneele. Dazu braucht es noch nicht einmal Werkzeug: Einfach die Seiten beherzt aus ihrer Halterung ziehen und eine neue Hülle einstecken. Ein neues Gewand ist für 250 Euro das Paar zu bekommen, was einem wirklich fairen Preis entspricht. Sechs Farben stehen zur ästhetischen Debatte: Rot, Weiß, Orange, Mittelblau, Tiefschwarz und Metallic- Graphit. Der Sinn besteht darin, die Chameleon T minutiös auf den privaten Wohnraum anzupassen. Also ein Kompromisslautsprecher, der vor allem im Wohnzimmer gut aussehen soll? Das wäre zu kurz gegriffen, denn Sonus Faber betreibt bei dieser eleganten Standbox einen gehobenen Aufwand. Sie entsteht am Firmensitz im italienischen Vicenza. Die Front ist edel mit Leder bespannt – das steht alles im besten Sinn in der Tradition von Sonus Faber. Der Preis von 2200 Euro liegt auf einem erstaunlich humanen Niveau. Wo liegen die Kompromisse? Es gibt sie nicht, weit und breit. Wir treffen auf beste Sonus- Faber- Qualitäten. In der Höhe tönt eine Kalotte mit stattlichen 29 mm im Durchmesser – vollständig entwickelt und gebaut in der Firmenzentrale. Bei 2500 Hertz wird die Klangenergie an den Mitteltöner weitergereicht, wo eine 15- cm- Membran aus Polypropylen schwingt. Etwas größerfor-
matig geht es in der Tiefe zu, auch hier kommt Polypropylen zum Einsatz, doch gleich doppelt und mit einem Durchmesser von 18 cm. Der Bass spielt per Weiche unterhalb von 250 Hertz. Zum ersten Test auf Herz und Membranen streamten wir eine Live- Aufnahme von Wagners „Fliegendem Holländer“in 24 Bit und 48 Kilohertz. Andris Nelsons dirigiert das Royal Concertgebouw Orchestra. Die Stimmung ist ungemein dicht, die Sängerbesetzung vom Feinsten. Schon bei der Ouvertüre wurde uns klar, dass wir einem superben Lautsprecher lauschten. Da tobte die wilde See, da blähten sich Segel und Membranen. Vor allem gefiel die Staffelung der Instrumente. Sehr präzise ging die Sonus Faber mit den feinen EnergieInformationen der Aufnahme um. Dann der Auftritt des Holländers ( Terje Stens- vold): Punktgenau erschien die Stimmabbildung vor der Lautsprecherachse. So sehr die Chameleon T auf äußere Werte setzt, so brillant ist sie auch im Klanglichen ausgelegt. Sie vermochte in unserem Test selbst die kleinsten dynamischen Informationen an die Ohren zu bringen. Das geriet zum ganz großen Klangfest beispielsweise bei den Chören. Wenn im dritten Aufzug die Lebenden gegen die Toten antreten – da zeigte sich ein weites, doch präzises Panorama. Das brachte ordentlichen Schub in unseren Hörraum.
STARKER SCHUB
Noch eine Klangtipp- Aufnahme: Laurie Anderson macht gemeinsame Sache mit dem Kronos Quartet – herausgekommen ist ganz frisch das Album „Landfall“bei Nonesuch. Schon die ersten Takte reißen eine Klangwelt auf. Fein gelang der Sonus Faber das Flirren der Streicher, extrem klar bildete sie zudem den Aufnahmeraum ab. Dazu die experimentellen Momente: Diese Aufnahme wird nicht jedem gefallen, es braucht eine gehörige Portion Offenheit für das langsame Auskosten neuer Klangpartikel. Aber selbst beim Solo- Cello gefiel der starke Schub, mit dem die Chameleon T das Klangbild aus der Boxenachse und von den Membranen befreite. Dazu die vielen schwebenden Einfälle; die Musik tastet sich langsam in immer neue Welten vor und erfindet sich auch in den minimalsten Gesten immer wieder neu.
DAS GANZ GROSSE KLANGFEST BEI DEN WAGNER-CHÖREN
Die Chameleon T zeigte das alles in einer wunderbaren Durchhörbarkeit. Hier spielte in der Auflösung zwar kein Studiomonitor auf, dafür stimmte selbst im Kleinen die Spielfreude. Diese Sonus Faber versteht sich auf Fun und Körperlichkeit.
SPIELFREUDE PUR
Wie aber hält sie es mit schwerem Pop? Wir haben das neue Album von den Simple Minds zugespielt – „Walk Between Worlds“. Im Track „Summer“geht der schönste Pop- Rock ab – Bass, Gitarren, Schlagzeug auf High- Drive. Und genau das war die Domäne der Chameleon T. Da tobte plötzlich allerbeste Spaßmusik durch unseren Hörraum. Sehr schön zeichnete die Sonus Faber auch den Unterschied zwischen dem „gemeinen“CD- Master und dem 24- Bit- Download ab. Stattlich auch der Tiefbass im Song „The Signal And The Noise“. Die Chameleon T verstand sich trotz ihrer eleganten, schlanken Form auf dramatischen Punch im Bass. Hier herrschten Spielfreude und Körperlichkeit im idealen Verbund. Zum Finale nochmals Klassik: Eine der schönsten und besten Aufnahmen der neun Beethoven- Sinfonien hat Simon Ratte vorgelegt. Die Berliner Philharmoniker glänzen an jedem Pult mit Luxus. Vor allem ist die Aufnahme in einer Auf- lösung von 24 Bit und 192 Kilohertz zu haben – da geht kein Detail verloren. Klanglich ist das ein Hochamt der feinsten Informationen. Es ist fast zu viel Input, man muss konzentriert lauschen. Wenn der Lautsprecher dies zulässt. Hier nun zeigte die Sonus Faber ihre Auflösungsqualitäten. Der Beginn der dritten Sinfonie – da herrscht Dynamik und Tempo, ein paar markante Schläge, und die Musik rast los. Simon Rattle freut sich hörbar an diesem Allegro con brio, die Berliner Philharmoniker sind in traumhafter Form. Vor allem: Das ist ein Live- Mitschnitt; man wundert sich, auf welchem hohen Niveau die Musiker da unterwegs sind. Das ist Spielfreude pur – und genau das vermittelte die Sonus Faber Chameleon T. Es war einfach wunderbar, wie die Luft flirrte, wie die kleinsten dynamischen Impulse aus der Lautsprecherachse drangen.