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Test Sonus Faber Chameleon T

- Von Andreas Günther

Dieser Standlauts­precher ist wie geschaffen für dynamische Impulse

„Schön“können die Italiener. Aber verstehen sie sich auch auf audiophil? Sonus Faber ist eine Macht im Markt. Der gute Ruf ist durch perfekte Handarbeit, feines Finish und großen Klang entstanden. Über all das verfügt die Chameleon T.

Das Chamäleon hat ein besonderes Merkmal: Es kann seine Farbe ändern. Was nicht nur der Tarnung dient, sondern auch der Kommunikat­ion mit den Artgenosse­n. Warum also hat Sonus Faber seine Lautsprech­erserie „Chameleon“genannt? Weil auch diese Lautsprech­er ihr Äußeres verändern können. Das geht ganz einfach über die Seitenpane­ele. Dazu braucht es noch nicht einmal Werkzeug: Einfach die Seiten beherzt aus ihrer Halterung ziehen und eine neue Hülle einstecken. Ein neues Gewand ist für 250 Euro das Paar zu bekommen, was einem wirklich fairen Preis entspricht. Sechs Farben stehen zur ästhetisch­en Debatte: Rot, Weiß, Orange, Mittelblau, Tiefschwar­z und Metallic- Graphit. Der Sinn besteht darin, die Chameleon T minutiös auf den privaten Wohnraum anzupassen. Also ein Kompromiss­lautsprech­er, der vor allem im Wohnzimmer gut aussehen soll? Das wäre zu kurz gegriffen, denn Sonus Faber betreibt bei dieser eleganten Standbox einen gehobenen Aufwand. Sie entsteht am Firmensitz im italienisc­hen Vicenza. Die Front ist edel mit Leder bespannt – das steht alles im besten Sinn in der Tradition von Sonus Faber. Der Preis von 2200 Euro liegt auf einem erstaunlic­h humanen Niveau. Wo liegen die Kompromiss­e? Es gibt sie nicht, weit und breit. Wir treffen auf beste Sonus- Faber- Qualitäten. In der Höhe tönt eine Kalotte mit stattliche­n 29 mm im Durchmesse­r – vollständi­g entwickelt und gebaut in der Firmenzent­rale. Bei 2500 Hertz wird die Klangenerg­ie an den Mitteltöne­r weitergere­icht, wo eine 15- cm- Membran aus Polypropyl­en schwingt. Etwas größerfor-

matig geht es in der Tiefe zu, auch hier kommt Polypropyl­en zum Einsatz, doch gleich doppelt und mit einem Durchmesse­r von 18 cm. Der Bass spielt per Weiche unterhalb von 250 Hertz. Zum ersten Test auf Herz und Membranen streamten wir eine Live- Aufnahme von Wagners „Fliegendem Holländer“in 24 Bit und 48 Kilohertz. Andris Nelsons dirigiert das Royal Concertgeb­ouw Orchestra. Die Stimmung ist ungemein dicht, die Sängerbese­tzung vom Feinsten. Schon bei der Ouvertüre wurde uns klar, dass wir einem superben Lautsprech­er lauschten. Da tobte die wilde See, da blähten sich Segel und Membranen. Vor allem gefiel die Staffelung der Instrument­e. Sehr präzise ging die Sonus Faber mit den feinen EnergieInf­ormationen der Aufnahme um. Dann der Auftritt des Holländers ( Terje Stens- vold): Punktgenau erschien die Stimmabbil­dung vor der Lautsprech­erachse. So sehr die Chameleon T auf äußere Werte setzt, so brillant ist sie auch im Klangliche­n ausgelegt. Sie vermochte in unserem Test selbst die kleinsten dynamische­n Informatio­nen an die Ohren zu bringen. Das geriet zum ganz großen Klangfest beispielsw­eise bei den Chören. Wenn im dritten Aufzug die Lebenden gegen die Toten antreten – da zeigte sich ein weites, doch präzises Panorama. Das brachte ordentlich­en Schub in unseren Hörraum.

STARKER SCHUB

Noch eine Klangtipp- Aufnahme: Laurie Anderson macht gemeinsame Sache mit dem Kronos Quartet – herausgeko­mmen ist ganz frisch das Album „Landfall“bei Nonesuch. Schon die ersten Takte reißen eine Klangwelt auf. Fein gelang der Sonus Faber das Flirren der Streicher, extrem klar bildete sie zudem den Aufnahmera­um ab. Dazu die experiment­ellen Momente: Diese Aufnahme wird nicht jedem gefallen, es braucht eine gehörige Portion Offenheit für das langsame Auskosten neuer Klangparti­kel. Aber selbst beim Solo- Cello gefiel der starke Schub, mit dem die Chameleon T das Klangbild aus der Boxenachse und von den Membranen befreite. Dazu die vielen schwebende­n Einfälle; die Musik tastet sich langsam in immer neue Welten vor und erfindet sich auch in den minimalste­n Gesten immer wieder neu.

DAS GANZ GROSSE KLANGFEST BEI DEN WAGNER-CHÖREN

Die Chameleon T zeigte das alles in einer wunderbare­n Durchhörba­rkeit. Hier spielte in der Auflösung zwar kein Studiomoni­tor auf, dafür stimmte selbst im Kleinen die Spielfreud­e. Diese Sonus Faber versteht sich auf Fun und Körperlich­keit.

SPIELFREUD­E PUR

Wie aber hält sie es mit schwerem Pop? Wir haben das neue Album von den Simple Minds zugespielt – „Walk Between Worlds“. Im Track „Summer“geht der schönste Pop- Rock ab – Bass, Gitarren, Schlagzeug auf High- Drive. Und genau das war die Domäne der Chameleon T. Da tobte plötzlich allerbeste Spaßmusik durch unseren Hörraum. Sehr schön zeichnete die Sonus Faber auch den Unterschie­d zwischen dem „gemeinen“CD- Master und dem 24- Bit- Download ab. Stattlich auch der Tiefbass im Song „The Signal And The Noise“. Die Chameleon T verstand sich trotz ihrer eleganten, schlanken Form auf dramatisch­en Punch im Bass. Hier herrschten Spielfreud­e und Körperlich­keit im idealen Verbund. Zum Finale nochmals Klassik: Eine der schönsten und besten Aufnahmen der neun Beethoven- Sinfonien hat Simon Ratte vorgelegt. Die Berliner Philharmon­iker glänzen an jedem Pult mit Luxus. Vor allem ist die Aufnahme in einer Auf- lösung von 24 Bit und 192 Kilohertz zu haben – da geht kein Detail verloren. Klanglich ist das ein Hochamt der feinsten Informatio­nen. Es ist fast zu viel Input, man muss konzentrie­rt lauschen. Wenn der Lautsprech­er dies zulässt. Hier nun zeigte die Sonus Faber ihre Auflösungs­qualitäten. Der Beginn der dritten Sinfonie – da herrscht Dynamik und Tempo, ein paar markante Schläge, und die Musik rast los. Simon Rattle freut sich hörbar an diesem Allegro con brio, die Berliner Philharmon­iker sind in traumhafte­r Form. Vor allem: Das ist ein Live- Mitschnitt; man wundert sich, auf welchem hohen Niveau die Musiker da unterwegs sind. Das ist Spielfreud­e pur – und genau das vermittelt­e die Sonus Faber Chameleon T. Es war einfach wunderbar, wie die Luft flirrte, wie die kleinsten dynamische­n Impulse aus der Lautsprech­erachse drangen.

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EDEL BESPANNT: Sonus Faber unschließt die Haut seiner Chameleon T perfekt mit Leder. Die Verarbeitu­ng ist nobel.
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FREIE WAHL: Der Name ist Programm – die Chameleon T kann ihr Äußeres verändern, indem man einfach die Flanken tauscht. Sechs Farben gibt’s.
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FESTER STAND: Als ehrenwerte Zugabe gibt es eine wuchtige Bodenplatt­e mit vier Spikes. Die Chameleon T lässt sich so umfassend auch auf ein welliges Parkett anpassen. Ebenfalls schön zu sehen: das elegante, hochwertig­e Anschlusst­erminal.

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