EIN KLASSIKER
Ein feines Koax-Chassis in der Höhe, darunter zwei große Kevlar-Membranen – dieser Lautsprecher verheißt Kraft und Charisma. Cabasse baut die Murano Alto konservativ – ein neuer Klassiker soll entstehen.
Die Franzosen von Cabasse lieben eigentlich Lautsprecher von futuristischem Äußeren. Zum Beispiel die La Sphère. Sie sieht aus, als wäre gerade ein Ufo gelandet und die Marsmenschen hätten uns ihre Version von High- End präsentiert. In der La Sphère thront ein Vier-Wege- Koaxial- Aktivsystem in einer gewaltigen Kugel, die wiederum von einem Gestell getragen wird, das an das Atomium in Brüssel erinnert. Das ist gestalterischer Mut – und Kult. Nun tritt Cabasse mit der Murano Alto auf den Plan, und die erscheint so überhaupt nicht mutig. Das ist ein klassischer Standlautsprecher, wie er formeller nicht sein könnte. Wurde uns da etwa Hausmannskost geliefert? Die übliche Cabasse- Faszination will sich partout nicht einstellen. Dazu kommt ein strammer Preis: 7500 Euro wünscht sich Cabasse für dieses Paar. Das irritiert und wirkt alles wenig erotisch im Vergleich zu den anderen Schönheiten von der Atlantikküste. Doch dahinter steht ein Konzept: Cabasse will die Klassiker der Moderne schaffen – und eben eine eher konventionell orientierte Hörer ansprechen. Jetzt könnte das Missverständnis aufkommen, die Murano Alto sei ein Langweiler. Beileibe nicht. Cabasse liefert hier ein Großaufgebot an hauseigenem Hightech, eben nur konservativ verbaut. Alle Chassis werden am Firmenstandort in Plouzané hergestellt. Das ist feinste Luxusware, etwa die Koax- Konstruktion in der Höhe. Hier sitzt ein Mitteltöner in einer sickenlosen Konstruktion; in seinem Inneren schwingt eine „Peek“- Membran aus Polyether, die wiederum die Geschmeidigkeit einer Gewebemembran mit der Impulsfestigkeit einer Hartmembran kombiniert. Darunter liegen gleich zwei Tieftöner, deren Membranmaterial ebenfalls eine Eigenentwicklung ist. Das Auge entdeckt schnell die Wabenstruktur: Hier hat sich Cabasse an der Natur orientiert – aus Kevlar entsteht eine Mikroform, die von der Baustruktur der Bienen ins-
BESSER KANN MAN EINEN CHOR KAUM ABBILDEN
piriert wurde. Der Vorteil: Auch wenn hier wenig Gewicht schwingt, so ist die Stabilität doch extrem hoch. Wer das Terminal auf der Rückseite abschraubt, der gelangt zu der stattlichen Konstruktion einer Frequenzweiche. Die Bauteile wurden exklusiv für Cabasse gefertigt und umfassend selektiert. Wer sich in das schöne Holz der „Mahagoni“-Version verliebt, sollte wissen, dass Cabasse diese Maserung in Anführungszeichen schreibt. Denn was wie Mahagoni aussieht, ist tatsächlich eine elegante Neuschöpfung. Mahagoni steht unter Schutz und darf weltweit nicht mehr geschlagen werden. Deshalb formt Cabasse eine besondere, rötliche Lackmischung für eine verwandte Ästhetik, ohne Mutter Natur zu nahe zu kommen. Alles stammt aus nachhaltigem Anbau. Tatsächlich neun Schichten Lack trägt Cabasse auf – so mancher konkurrierende Hersteller kann da nur ehrfürchtig staunen. Zudem ist das Gehäuse aufwendig verstrebt, um ungewollte Resonanzen zu unterdrücken. Wirklich großartig. Gleich zu Beginn unseres Hörtest stellten wir fest: Dieser Lautsprecher muss mit der passenden Elektronik gekoppelt werden. Er liebt den Punch und will mit stabiler Spannung versorgt sein. So wunderbar feine Röhrenverstärker sein mögen – hier richten sie nichts aus. Klar besser schlug sich ein Transistor, am besten mit einer Watt- Ausbeute im dreistelligen Bereich. Wie schön, dass wir in unserem Hörraum den wunderbaren Vollverstärker PA 3100 HV von T+A haben. Das ist ein Kraftpaket, das noch von keinem Lautsprecher an seine Grenzen getrieben wurde – 300 Watt an die nominell geforderten 8 Ohm stehen bereit. >>