Monitor Audio Studio�
Großartig muss nicht unbedingt groß sein. Wie viel Klang man aus einem feinen Zweiwegler herausholen kann, zeigt Monitor Audio. Auch der Preis ist erstaunlich klein.
Wenn ein Lautsprecherhersteller Eindruck schinden will, dann präsentiert er eine gewaltige Standbox mit großer Raumverdrängung. Big ist beautiful. Gerade amerikanische Companys machen das gerne so. Das ist nicht ehrenrührig, aber mitunter ohne echten Sinn. Die Briten denken da traditionell anders. Monitor Audio etwa. Man sitzt im schönen Essex und genießt die eigene Legende.Was die Engländer anfassen, wird zum Fetisch. Pünktlich zur High End in München stellen die Briten nun ihren neuen Edellautsprecher vor. Wir durften bereits hineinlauschen. Er heißt ganz einfach „Studio“, was eine doppelte Interpretation zulässt. Dieser Lautsprecher soll einerseits in Wohnraum-Studios eine gute Figur abgeben, aber auch das Niveau der Aufnahmestudios weltweit erfüllen. Ob das gelingen kann? Die erste Begegnung mit dem Meuling nimmt schon gefangen. Das ist ein bildschöner Klangwandler. Ein kompakter Zweiwegler, dessen Chassis nach dem Prinzip von Joseph D’Appolito angeordnet sind. Die Fotos auf der Webseite von Monitor Audio zeigen ihn als Raumbereicherung in unterschiedlichem Ambiente. Er kann sowohl ein Sideboard schmücken als auch eigenständig auf den optionalen, passgenauen Ständern thronen. Wir empfehlen die Präsenz auf den Ständern, denn diese klingt deutlich besser. Und ein Folgetipp: Da die Rohre der Ständer hohl sind, sollten sie am besten mit Sand befüllt werden. Dass verschafft eine höhere Standkraft und deutlich weniger Resonanzen. An der Front findet sich eine geschwungene Einmuldung für die Chassis. Mit ihren 34 cm in der Höhe wirkt die Studio fast schon klein und beschützenswert. So mancher wird vielleicht von einer Furcht getrieben: Meine Güte, kann eine solche Box denn auch Bass? Yes indeed. Wir waren sogar erstaunt über die Bassqualität. Das ging zwar nicht ultratief hinab, doch dafür stimmten die Form und die Präsenz. Uns spiegelten zwei kompakte Treiber in 4 Zoll an. Das sind keine Wuchtbrummen, aber feine Lieferanten für den Tief- und Mitteltonsektor. Monitor Audio lässt hier ein wenig die verbalen Muskeln spielen und nennt die Technologie „RDT II Driver mit C- CAM“. Aha. Wir haben nachgehakt: Beim Membranmaterial handelt es sich um eine Mischung aus Aluminium und Magnesium, die zudem noch mit Keramik überzogen wird. Noch augenfälliger ist der Hochtöner in der Mitte. Auch hier versteckt sich Monitor Audio hinter einer etwas ausufernden Wortschöpfung: „Micro Pleated Diaphragm High Frequency Transducer“. Ein Begriff, den man am besten gleich wieder vergisst. Bemerkenswert ist eher, dass es sich hier um ein Ziehharmonika- Prinzip nach Oskar Heil handelt – also um einen Air Motion Transformer. Zudem verweist Monitor Audio glaubhaft darauf, dass die Frequenzweiche stringent und mit Edelbauteilen konzipiert wurde. Die Trennfrequenz liegt bei 2,7 Kilohertz. Was Augen und Hände ebenfalls freut: Die Anschlussklemmen wurden mit Rhodium beschichtet. Hier wird keine Show betrieben, sondern klar strukturiert – ein Single-Wire- Anschluss genügt, die Bassreflexöffnungen wurden als Schlitze über und unter dem Anschlussfeld gedoppelt. Nebenbei: Die Studio tritt „nackt“auf – sie wird von keinerlei Frontbespannung verhüllt, der Blick dringt ungehindert auf die technologische Basis durch. Aber taugt sie wirklich zum Studiomonitor? Wir haben die besten Hörbeispiele in unseren Hörraum gebracht und lange gelauscht, zum Beispiel dem neueste Remastering der Eurythmics. Ganz frisch hat Sony die legendären Platten neu aufgelegt – jetzt zu haben in 24 Bit und 96 Kilohertz. Schon der erste Track begeisterte uns. Wie die Stimme von Annie Lennox deutlich vor den Membranen erschien, dazu der Drive des Schlagzeugs – hier kündigte sich eine grandiose Box an. Dann der Superhit „Sweet Dreams“: Da erschüttern massive Bassschläge das Zwerchfell, und hierbei vermittelte die Studio zwar einen erstaunlichen Druck, vermochte jedoch nicht die ultimative Basspräsenz aufzubauen. Da waren die Grenzen der kompakten Bauform dann ahnbar. >>
Aber mit wuchtiger Kraftmusik sollte man diesen Lautsprecher nicht peinigen, das ist ungerecht. Hier ist Feingefühl gefragt. So gibt es eine ganz wunderbare Aufnahme der Streichquartette von Beethoven. Das ist ein Kosmos, den wir jedem auch nicht besonders klassikaffinen Hörer ans Herz legen möchten. Die Decca hat diesen gefeierten Zyklus mit dem Takács Quartet in 24 Bit herausgebracht. Da sitzt man ganz tief im kammermusikalischen Geschehen. Jeder Auf- und Abstrich erhält Präsenz, was den Intellekt ebenso freut wie es einem die Nackenhaare aufstellt. Wenn denn eben auch der Lautsprecher mitspielt. Hier zeigte die Studio ihr vollkommenes Können. Das war ein ungemein plastisches Klangbild, zum Hineingreifen gegenwärtig. Auch die Bassanteile stimmten: Das Cello schickte einen herrlich direkten, samtigen Klang vor die Lautsprecherachse. Was uns überdies begeisterte: Der räumlich perfekt ausgewogene Klang entstand auch unabhängig von der Hörentfernung. Diesen Lautsprecher kann man ebenso im Nahfeld genießen wie aus etwa 3 Metern Entfernung. Einen Fehler haben wir allerdings begangen: Wir haben uns verschätzt. Nach unserem Geschmack müsste die Studio weit mehr kosten als die vollkommen humanen 1500 Euro das Paar. Zu oft und falsch denken wir in groß. Dabei gibt es unter kleinen Boxen echte Traumwandler. Monitor Audio hat mit der Studio einen Preisbrecher vorgestellt. Das Gesamtkonzept ist schlüssig: Statt Show liefert die Box eine traumhafte Auflösung. Wir hätten die Studio weit teurer gesehen. Hier kommen beste Chassis mit einer feinen Klangphilosophie zusammen. Das beglückt.