Viel auf engstem Raum
Das Bild oben zeigt ihn fast schon übergroß: Clearaudio steckt in ein gerade einmal 12 cm breites Gehäuse einen Phono-Pre, der es wahrlich in sich hat.
Der ist aber schwer! Das ist wohl die erste Reaktion bei jedem, der den Clearaudio Basic V2 in die Hand nimmt. Bei einem umbauten Raum von etwa drei CD- Jewelcases wiegt allein der Verstärkerpart 1200 Gramm. Der größte Teil dieses Gewichts geht auf die zwei aus massivem Aluminium gefrästen Schalen des Gehäuses, das es in Schwarz oder Silber zu kaufen gibt. Für 1000 Euro – natürlich inklusive der darin steckenden Verstärkerelektronik und des ausgelagerten Steckernetzteils. Als Tester macht einen die Ankündigung neugierig, dass dieser kleine Pfiffikus selbstständig auf die optimale Abschlussimpedanz für MCs schalten soll. Die bewegten Spulen induzieren ihre Signalspannungen je nach System an unterschiedliche Ausgangswiderstände, so zwischen 3 und 50 Ohm. Der Eingangswiderstand des Verstärkers sollte Faktor zehn höher liegen, also zwischen 30 und 500 Ohm. Manche MC- Fahrer bevorzugen allerdings 1000 oder mehr Ohm. Dieses Mikrotuning entfällt beim Basic V2, der das Anpassen gleich selbst in die Platine nimmt. Das bedeutet a), dass er die winzigen MC- Signale aktiv verstärkt, statt sie mit einem passiven Übertrager auf MM- Niveau zu lupfen und b), dass er dafür wohl statt auf die übliche Spannungsverstärkung auf Stromverstärkung setzt. Der Autor piddelte also die kleinen Gummipfropfen aus den vier Füßen, löste die darunter steckenden Schrauben, um an die unter den Füßen sitzenden Gehäuseschrauben zu kommen (bitte NICHT nachmachen!) und schaute nach. Er fand eine vorbildich sauber bestückte, strikt nach den Kanälen getrennte, rechteckige Hauptplatine, der wie der Stiel eines Werkzeuges die kleinere Versorgungsplatine vorgelagert war, welche die Aufbereitung der vom externen Netzteil gelieferten Energie übernimmt. Praktisch zum Selbstschutz – mit Kopierern hat man wohl schon Erfahrung gemacht – waren die Typenbezeichnungen auf den Operationsverstärkern abgekratzt oder übermalt. Erkennen konnten wir die passive, mit gut beleumundeten Bauteilen realisierte RIAA- Entzerrung. Also alles wieder säuberlich zugeschraubt und ab ins Labor. Wie gut diese Schaltung schon theoretisch funktioniert, ermittelten unsere sichtbar erfreuten Messtechniker – siehe auch Kasten rechte Seite. Die Verstärkungsfaktoren von 46 dB bei MM (entspricht ungefähr Faktor 200) und 66 dB bei MC (2000-fache Verstärkung) sind absolut praxisgerecht; Besitzer extrem leiser MCs müssen eben am Vor- oder Vollverstärker etwas weiter aufdrehen. Die vorbildlich niedrige Kapazität von 64 Picofarad des MM- Eingangs lässt keinerlei Höhenverluste befürchten, der nackt ermittelte Eingangswiderstand von 500 Ohm steht für das Maximum.
Wer partout glaubt, mehr zu brauchen – der Sprung auf 1000 Ohm zählt in diesem Fall elektrotechnisch fast nichts –, ist hier eben an der falschen Adresse. Genau an der richtigen Adresse aber sind die Besitzer der allermeisten Moving Coils. Sie können mit diesem Zwerg einen Riesen- Klanggewinn machen, so sie nicht eine sehr viel teurere Phonostufe besitzen. Dazu sollten sie zunächst durch Umhertragen die möglichst weit von allen anderen Geräten liegende Position für den Basic V2 ermitteln – der empfindsame Amp fängt sich bei zu viel Nähe Brummen von fremden Trafos ein. Fernab übt er sich in extremer Nebengeräuscharmut. Tipp: Ein HF- Filter vor dem Steckernetzteil schadet nicht. Im Hörtest hatte es sich dann mit Armut und Filter. So reich an feuriger Dynamik und frischen Farben spielt kaum ein MC-Vorverstärker seiner Preisklasse, so ungefiltert lassen wenige alle Details und Rauminformationen durch. Mit den ausprobierten MC-Tonabnehmern (EMT JSD P6, Clearaudio Stradivari V2, Benz LP) kam Clearaudios Kleiner bestens klar, die Höhenauflösung gelang elegant und leicht. Somit ist der Basic V2 technisch und klanglich ein Schwergewicht.