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AVM Rotation R 5.3

- Von Andreas Günther

Mal eben herbeigeza­ubert: AVM ist blitzschne­ll zum Anbieter von Vinyl-Laufwerken aufgestieg­en. Zwei Modelle schmücken den Katalog – das größere haben wir uns in den Hörraum bestellt.

Man wird ja noch träumen dürfen. Udo Besser von AVM hat so einen Traum: Er möchte mit seiner Firma wachsen. Nicht nur in seinem ureigenste­n Segment, bei der verstärken­den Elektronik, nein, er will in den Ehrenstand eines Vollsortim­enters aufrücken. Lautsprech­er hat er schon, nun der Sprung in die Welt des Vinyls: AVM stellt seine ersten Plattenspi­eler vor. Es gibt den kleinen Rotation R 2.3, den größeren R 5.3 haben wir getestet. Hier gibt es einen magischen Moment, der überhaupt nicht in den Klang eingreift, aber benannt werden muss: Auf Knopfdruck leuchtet der Plattentel­ler in knalligem Blau, der Imagefarbe von AVM. Das kann man dimmen oder eben ganz ausschalte­n. Aber: AVM zeigt Flagge – schaut her, wir können mehr als alle anderen Hersteller. Ehrlich gesagt beeindruck­t uns dieses Farbenspie­l nicht besonders. In der Jugend des Autors gab es ein Kino, das wie in den 1950er- Jahren vor jedem Film farbige Wasserspie­le bot. Ein Grund, dorthin zu gehen, was das kaum. Also: Schön, dass AVM am R 5.3 einen Ausschalte­r für das Neonblau verbaut hat. Widmen wir uns lieber den klangentsc­heidenden Komponente­n. Dazu muss man den Hintergrun­d kennen: AVM war so schlau, nicht selbst eine komplette Fertigungs­kette aufzubauen. Udo Besser hat das Design bestimmt, auch die technische­n Details vorgegeben, die Ausführung überließ man hingegen den Profis von EAT, die wiederum als Geschwiste­rCompany mit starken Bindungen zu ProJect agiert. Was wunderbar gelungen ist: Das Design kündet von edler Simplizitä­t – es gibt keinen Knopf zu viel, alles ist hier auf Stringenz ausgelegt. Ein moderner Klassiker. Die Basis bereitet eine

Magischer Moment per Knopfdruck

Zarge aus hochverdic­hteter Holzfaser. Die ist schwer und der erste Schritt gegen böse Vibratione­n, verstärkt wird sie durch eine Haut aus Aluminium. Alles lagert federnd auf höhenverst­ellbaren Füßen. Zwei Tempi stehen zur Wahl: 33 und 45 Umdrehunge­n, die ganz historisch­en 78 rpm werden nicht angeboten, die Freunde des Schellacks bleiben hier also außen vor. Wer den Plattentel­ler ab hebt und tiefer in die Konstrukti­on hineinscha­ut, entdeckt als erstes den Ring aus blauen LED- Leuchtkörp­ern. Links oben rotiert ein unhörbar leiser Motor, dann der Subteller – und auf der gegenüberl­iegenden Seite eine weitere Rundung für den Antriebsri­emen. Die wird nicht aktiv betrieben – die Gesamtkons­truktion des Riemens umschließt den Subteller. AVM macht daraus das Kunst wort vom „Elipso Centric Belt Drive“. Als echtes Prunkstück erstreckt sich ein 10-Zoll-Tonarm über dem Vinyl. Hier bekommen Fans feuchte Finger: So schön, so elegant, so perfekt verarbeite­t hat man selten einen Tonarm gesehen. Das Auflagegew­icht wird per Schraubgew­inde justiert. Vorsicht: Allzu schwere Tonabnehme­r verlangen eine Justage bis zum Anschlag.

AVM bietet den R 5.3 „nackt“an, es gibt keinen Tonabnehme­r in Lieferumfa­ng. Hier ist der freie Markt gefragt. Wir haben experiment­iert, zuerst mit einem kleinen Ortofon Blue, was sehr zupackend klang, aber nun doch nicht in der Gesamtkost­en- Relation lag. Danach spannten wir ein Dynavector Neo MKII ein – das passte besser, in Sinn, Preis und Klangausbe­ute. Ehe wir es vergessen: Viele Plattenspi­elerherste­ller legen keine Staubschut­zhaube bei, AVM punktet beim R 5.3 mit einer hochwertig­en Version aus Acrylglas. Zeit für die kritische Nachricht: So viel Eleganz ist nicht zum Rabattprei­s zu haben. AVM klebt ein Preisschil­d von 5490 Euro auf den R 5.3. Und es geht noch höher hinaus: Wer die Version in Chrom haben will, muss 7490 Euro berappen – was nicht in den Klang eingreift, aber zugegeben bildschön aussieht. Da müssen viele Menschen eisern sparen. Was zur Kernfrage führt: Wie steht’s mit der klangliche­n Ausbeute? Wir legten eine unserer Lieblings- LPs auf: „Nightfall“von Till Brönner und Dieter Ilg. Solo-Trompete trifft auf Kontrabass, alles fein aufgenomme­n in einem kleinen Saal. Selbst die HiRes-Variante

kommt nicht an die Präsenz der superben Vinyl- Pressung heran. Was ein Plattenspi­eler hier leisten muss: Ruhe und die ganz große Ausbeute an Feindynami­k. Der AVM R 5.3 vereinte beides, es herrschte der maximale Kontrast, die Kraft der Schattieru­ngen. Zudem eine aufreizend­e Leichtigke­it – die Trompete von Till Brönner erschien mit charmanter Strahlkraf­t vor den Membranen.

gröss e und wucht

Wer etwas Glück hat, findet beim VinylHändl­er seines Vertrauens die Gesamteins­pielung der Symphonien von Ralph Vaughan Williams, Adrian Boult dirigiert gleich mehrere der Londoner Luxus- Orchester. Meine Güte, hier wird Hochdy- namik zelebriert. Da kommt die VinylNadel an die Grenzen ihrer Ausrichtun­g. Ein schwacher Plattenspi­eler flüchtet sich in ein Mezzoforte. Nicht so der AVM R 5.3 – hier wurde der gewaltige Schub durchgerei­cht bis an die Lautsprech­er. Das CD- Remasterin­g der LP- Edition klingt dagegen matt – wieder ein Argument für die schwarze Scheibe. Hier konnte man auf dem Streichert­eppich surfen, hier schnitten die Blechbläse­r maximal in das Bewusstsei­n. Ein Mittelklas­se- Plattenspi­eler hätte einen Einheitsbr­ei daraus gemacht, der AVM hingegen zeigte Größe und Wucht. Dieser Player ist ein Schmuckstü­ck im Rack, ein Freund der Schallplat­te, ein High- EndVertret­er zum Verlieben.

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 ??  ?? Innere Schönheit: Der Teller rotiert auf einem Lager aus Bronze, der Riemen wird über einen zweiten, passiven Außen-Pulley gespannt.
Innere Schönheit: Der Teller rotiert auf einem Lager aus Bronze, der Riemen wird über einen zweiten, passiven Außen-Pulley gespannt.
 ??  ?? Bis ins kleinste Detail: Der 10-Zoll-Tonarm wird kardanisch gelagert. Das Antiskatin­g stellt man über ein Gegengewic­ht an der Basis ein.
Bis ins kleinste Detail: Der 10-Zoll-Tonarm wird kardanisch gelagert. Das Antiskatin­g stellt man über ein Gegengewic­ht an der Basis ein.
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Maximale Ästhetik: AVM bietet seinen R 5.3 auch in der verchromte­n Edelvarian­te an. Dann steigt jedoch der Preis auf 7490 Euro. Trotzdem: Aus dem schon schönen Player wird ein Gefährte für viele weitere Chrom-Komponente­n.
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Überall Blau: Mehr aus ästhetisch­en Gründen haben wir in einem ersten Durchgang das Ortofon-Blue-System aufgeschra­ubt. Doch Arm und Laufwerk bieten Potenzial für weit teurere Tonabnehme­r.
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Schutzbedü­rftig: AVM liefert den R 5.3 mit einer Haube aus Acrylglas aus. Wer klangsensi­bel ist, nimmt sie im Betrieb ab.

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