AVM Rotation R 5.3
Mal eben herbeigezaubert: AVM ist blitzschnell zum Anbieter von Vinyl-Laufwerken aufgestiegen. Zwei Modelle schmücken den Katalog – das größere haben wir uns in den Hörraum bestellt.
Man wird ja noch träumen dürfen. Udo Besser von AVM hat so einen Traum: Er möchte mit seiner Firma wachsen. Nicht nur in seinem ureigensten Segment, bei der verstärkenden Elektronik, nein, er will in den Ehrenstand eines Vollsortimenters aufrücken. Lautsprecher hat er schon, nun der Sprung in die Welt des Vinyls: AVM stellt seine ersten Plattenspieler vor. Es gibt den kleinen Rotation R 2.3, den größeren R 5.3 haben wir getestet. Hier gibt es einen magischen Moment, der überhaupt nicht in den Klang eingreift, aber benannt werden muss: Auf Knopfdruck leuchtet der Plattenteller in knalligem Blau, der Imagefarbe von AVM. Das kann man dimmen oder eben ganz ausschalten. Aber: AVM zeigt Flagge – schaut her, wir können mehr als alle anderen Hersteller. Ehrlich gesagt beeindruckt uns dieses Farbenspiel nicht besonders. In der Jugend des Autors gab es ein Kino, das wie in den 1950er- Jahren vor jedem Film farbige Wasserspiele bot. Ein Grund, dorthin zu gehen, was das kaum. Also: Schön, dass AVM am R 5.3 einen Ausschalter für das Neonblau verbaut hat. Widmen wir uns lieber den klangentscheidenden Komponenten. Dazu muss man den Hintergrund kennen: AVM war so schlau, nicht selbst eine komplette Fertigungskette aufzubauen. Udo Besser hat das Design bestimmt, auch die technischen Details vorgegeben, die Ausführung überließ man hingegen den Profis von EAT, die wiederum als GeschwisterCompany mit starken Bindungen zu ProJect agiert. Was wunderbar gelungen ist: Das Design kündet von edler Simplizität – es gibt keinen Knopf zu viel, alles ist hier auf Stringenz ausgelegt. Ein moderner Klassiker. Die Basis bereitet eine
Magischer Moment per Knopfdruck
Zarge aus hochverdichteter Holzfaser. Die ist schwer und der erste Schritt gegen böse Vibrationen, verstärkt wird sie durch eine Haut aus Aluminium. Alles lagert federnd auf höhenverstellbaren Füßen. Zwei Tempi stehen zur Wahl: 33 und 45 Umdrehungen, die ganz historischen 78 rpm werden nicht angeboten, die Freunde des Schellacks bleiben hier also außen vor. Wer den Plattenteller ab hebt und tiefer in die Konstruktion hineinschaut, entdeckt als erstes den Ring aus blauen LED- Leuchtkörpern. Links oben rotiert ein unhörbar leiser Motor, dann der Subteller – und auf der gegenüberliegenden Seite eine weitere Rundung für den Antriebsriemen. Die wird nicht aktiv betrieben – die Gesamtkonstruktion des Riemens umschließt den Subteller. AVM macht daraus das Kunst wort vom „Elipso Centric Belt Drive“. Als echtes Prunkstück erstreckt sich ein 10-Zoll-Tonarm über dem Vinyl. Hier bekommen Fans feuchte Finger: So schön, so elegant, so perfekt verarbeitet hat man selten einen Tonarm gesehen. Das Auflagegewicht wird per Schraubgewinde justiert. Vorsicht: Allzu schwere Tonabnehmer verlangen eine Justage bis zum Anschlag.
AVM bietet den R 5.3 „nackt“an, es gibt keinen Tonabnehmer in Lieferumfang. Hier ist der freie Markt gefragt. Wir haben experimentiert, zuerst mit einem kleinen Ortofon Blue, was sehr zupackend klang, aber nun doch nicht in der Gesamtkosten- Relation lag. Danach spannten wir ein Dynavector Neo MKII ein – das passte besser, in Sinn, Preis und Klangausbeute. Ehe wir es vergessen: Viele Plattenspielerhersteller legen keine Staubschutzhaube bei, AVM punktet beim R 5.3 mit einer hochwertigen Version aus Acrylglas. Zeit für die kritische Nachricht: So viel Eleganz ist nicht zum Rabattpreis zu haben. AVM klebt ein Preisschild von 5490 Euro auf den R 5.3. Und es geht noch höher hinaus: Wer die Version in Chrom haben will, muss 7490 Euro berappen – was nicht in den Klang eingreift, aber zugegeben bildschön aussieht. Da müssen viele Menschen eisern sparen. Was zur Kernfrage führt: Wie steht’s mit der klanglichen Ausbeute? Wir legten eine unserer Lieblings- LPs auf: „Nightfall“von Till Brönner und Dieter Ilg. Solo-Trompete trifft auf Kontrabass, alles fein aufgenommen in einem kleinen Saal. Selbst die HiRes-Variante
kommt nicht an die Präsenz der superben Vinyl- Pressung heran. Was ein Plattenspieler hier leisten muss: Ruhe und die ganz große Ausbeute an Feindynamik. Der AVM R 5.3 vereinte beides, es herrschte der maximale Kontrast, die Kraft der Schattierungen. Zudem eine aufreizende Leichtigkeit – die Trompete von Till Brönner erschien mit charmanter Strahlkraft vor den Membranen.
gröss e und wucht
Wer etwas Glück hat, findet beim VinylHändler seines Vertrauens die Gesamteinspielung der Symphonien von Ralph Vaughan Williams, Adrian Boult dirigiert gleich mehrere der Londoner Luxus- Orchester. Meine Güte, hier wird Hochdy- namik zelebriert. Da kommt die VinylNadel an die Grenzen ihrer Ausrichtung. Ein schwacher Plattenspieler flüchtet sich in ein Mezzoforte. Nicht so der AVM R 5.3 – hier wurde der gewaltige Schub durchgereicht bis an die Lautsprecher. Das CD- Remastering der LP- Edition klingt dagegen matt – wieder ein Argument für die schwarze Scheibe. Hier konnte man auf dem Streicherteppich surfen, hier schnitten die Blechbläser maximal in das Bewusstsein. Ein Mittelklasse- Plattenspieler hätte einen Einheitsbrei daraus gemacht, der AVM hingegen zeigte Größe und Wucht. Dieser Player ist ein Schmuckstück im Rack, ein Freund der Schallplatte, ein High- EndVertreter zum Verlieben.