Test German Physiks Emperor Extreme
Kraft! Reine, unverblümte Kraft ist das Motto dieser Kombination aus Stereo-Preamp und zwei schwergewichtigen Monoblöcken
Wir haben einen neuen Superlativ: Keine verstärkende Elektronik klang bei uns besser als die Quader von German Physiks. Ein Machtwort. Ein Überflieger. Grandioser haben wir unsere Lieblingsmusik nie erlebt.
Will einer etwas Besonderes wagen, dann braucht er in der HighEnd- Branche vor allem eines: Geld. Eine neue Serie frisst Tausende von Euro. Die Entwickler wollen bezahlt werden, die Designer ebenfalls, dazu müssen neue Maschinen und Formen angeschafft werden. Der Erfolg ist ungewiss. Also besser die Finger davon lassen. Gilt nicht für Holger Mueller. Der Mann ist Besitzer von German Physiks und offenbar steinreich. Seine Lautspre- cher sind in der Welt sehr gefragt, die Kriegskasse gefüllt. Doch wohin mit dem Geld? Mueller erfüllt sich einen Traum: Er will zum Vollsortimenter aufsteigen. Natürlich bleiben die Lautsprecher die Basis des Geschäfts. Doch nun gibt es auch Elektronik – vom Verstärker bis zu den Quellen. Ein Plattenspieler wird erscheinen, dazu ein SACD- Player, natürlich ein Server – vor allem aber raumgreifende Verstärker. Die ersten Serienmuster sind fertig und spielten in unserem Hörraum auf – eine Vorstufe plus zwei Monoblöcke. Nun könnte man meinen, wenn man sich in Neuland vorwagt, dann schreitet man dezent und vorsichtig voran. Nicht so German Physiks. Hier wird geklotzt und der ganz große Aufwand betrieben. Warum? Weil sich die Hessen dem Absoluten verschrieben haben. Es soll im Portfolio nur die besten Lautsprecher und die beste Elektronik geben, basta. Wieder ist es Holger Mueller, der diese Hausphilosophie antreibt. Mit Verlaub: Das hat fast etwas von Verfolgungswahn – er kann einfach nicht ertragen, dass ein anderer besser ist. Deshalb gibt
Nicht König, nein Kaiser will man sein
es auch keine Kompromisse mit Blick auf den verkaufbaren Markt oder gar günstige Bauteile aus Fernost. Alles, aber wirklich alles an dieser Elektronik stammt aus Deutschland, die Kabel, die Elkos, der eigens gewickelte Ringkerntrafo und das Design. Darauf kann man stolz sein. Weshalb German Physiks auch lautstark seinen Schriftzug auf die Oberseite eingraviert – dicker und größer kann es nicht sein. Hier ist jemand eitel. Falsch: Hier ist jemand stolz. Die Dynamikbereitschaft der Monos ist mit 129 dB fantastisch. Ebenso hoch spielt auch die Vorstufe bei 128,5 dB mit. Ein Dreamteam also. Wer schlau ist, nutzt die aufwendige symmetrische Schaltung und verbindet beide mit XLR- Kabeln. Und die Quelle? Hier muss König Kunde noch warten. Für das Frühjahr hat German Physiks einen SACD- Player und eine Phonostufe angekündigt. Die Vor- stufe wurde bewusst „clean“gelassen – sie kann weder MM- oder MC-Signale entgegennehmen noch einen Stream. Alles soll analog und direkt bleiben.
Drei Gehäuse voller Elektronik
Wer tiefer in Monos und Pre hineinschaut, muss über das wuchtige Design staunen. Hier ist alles mehrfach verschachtelt. Im Kern sind es gleich drei Gehäuse, in denen die Elektronik thront. Die Schaltungen sind auf Stringenz ausgelegt. Das Signal wird über die kürzesten Wege abgegriffen und stattlichen Leiterwegen überantwortet. Die Kupferstärke auf den Platinen übertrifft das Vierfache der etablierten Mitstreiter. Auch die Trafos sind überaus großformatig. Bei den Monos kann die Saugkraft so weit gehen, dass die Sicherung in der Wohnung an ihre Grenzen gerät (passiert selten, zeigt aber das Potenzial). Weshalb gefällt, dass German Physiks auch superdicke Netzkabel hinzupackt. Treffen wir in den Schaltungskonzepten das Seltene an? Nö. Hier wird ganz einfach eine Class- A/ B-Schaltung aufbereitet. Das jedoch mit einer Stringenz, die wir so noch nie erlebt haben. Will jemand selbst den kritischsten Lautsprecher mit 2 Ohm anschließen – gewaltige 1800 Watt könnten ihn höchst stabil antreiben. Den Lautsprecher, den diese
Kombi in die Ecke drückt, gibt es nicht. Neben den harten Werten setzt German Physiks auch auf die weiche Inszenierung. So bekommt jeder Käufer seine Bedienungsanleitung in einer feinen Tasche aus italienischem Leder ausgehändigt. Hat was. So inszeniert man Kundenverbundenheit. Und noch eine Zugabe gibt es: Jeder Komponente liegt das hauseigene Edelstromkabel bei. Auch dieses in Deutschland gefertigt, 2 Meter lang und mit feinsten Kupplungen von Furutech. Allein dieses Extra würde mit 1650 Euro zu Buche schlagen.
Der Preis ist deutlich Womit wir bei den Preisen sind. Die hat German Physik zwar deutlich, aber nicht hysterisch festgesetzt – wir kennen den Markt und staunen über eine immer noch angemessene Preisgestaltung. Die Vorstufe liegt bei 17850 Euro, die Monos bei je 23 950 Euro. Macht zusammen 65750 Euro. Das ist happig. Die versteckte gute Botschaft: Genau dieses Set wird der Super- Höchstpreis unserer Leserwahl werden. Also entweder sparen oder mitmachen. Nun kommt der Moment, an dem man sich zurücklehnen und alle Kosten vergessen muss. Wir wollen hineinhören. Stimmt das audiophile Gefüge? Als Super-Testmusik für diese Groß- Elektronik empfehlen wir eine Einspielung des Los Angeles Philharmonic – Esa- Pekka Salonen dirigiert Strawinskys „Sacre du Printemps“. Es gibt viele Aufnahmen, keine kommt wie diese an die Originaldynamik heran. Wir haben uns der Luxusauflösung in 24 Bit und 96 Kilohertz bedient. Die Tontechniker der Deutschen Grammophon haben alles eingefangen, von der zarten Oboe bis zum hammerharten, bösen Schlag auf das Fell der Großen Trommel. Dann bebt der Konzertsaal. Dann geht leichter Elektronik die Lungenkraft aus – ein Hüsteln kommt aus den Lautsprechern. Nicht so bei German Physik. Hier durfte man erleben, was High- End in seiner schönsten Form leisten kann. Sonst ist der Autor felsenfest der meinung, dass gute Musik nur live entstehen kann – hier wanke ich und sage: Die Aufnahme über diese Elektronik ist dem realen Konzersaalerlebnis überlegen. Zu aller Hochdynamik gesellte German Physiks noch schönste Ruhe, alles entstand mit einer Selbstverständlichkeit, die wir – Superlativ – noch nie von einer Elektronik erlebt hatten. Wechseln wir das Genre – mutiger Pop aus Island. Eines der besten Alben von Björk heißt „Medúlla“. Die meisten Menschen haben es vielleicht als CD gekauft, doch es gibt auch eine SACD-Version. Die klingt dramatisch besser. Der
Dem konzertsaal weit überlegen
Mix ist dramatisch, böse fast. Hier werden schwerste Basswellen in den Raum geschickt, dazu die Elfenstimme von Björk. Lautsprecher können an diesem Mix in die Besinnungslosigkeit fallen, die Elektronik erleidet dazu ein Herzflattern. Nicht so bei German Physiks – und unserem aktuellen Testlautsprecher, der Focal Kanta No. 3. Selten hat unser Hörraum diesen Druck erlebt, diese weite Räumlichkeit. Hier spielte man nicht im High- End, sondern im Absoluten – mehr vermögen sich selbst unsere schönsten Hörerfahrungen nicht vorzustellen.
hohe sou veränität
Doch lauschen wir weiter in die Tiefe. Irgendwo muss es doch eine Schwäche geben. Wir werden enttäuscht, diese Elektronik ist selbst mit der härtesten Testmusik nicht an die Grenzen zu treiben. Wir waren ebenso überrascht wie glücklich. Mehrfach haben wir die Lautsprecher ausgetauscht, mehrfach die Kabel gewechselt – mit purer Last ist den German Physiks nicht zu begegnen. Sagen auch die Messungen aus unserem Labor: die Vorstufe wirkt stringent, die Monos impulsiv. Schon mit Strawinsky war klar: hier wird nicht geschwitzt – die Souveränität ist geradezu aufreizend. Doch wie steht es um den wirklich feinen Mix, das analoge Feeling? Wir haben eine Legende herbei gestreamt: „Sgt. Pepper“in 24 Bit und 96 Kilohertz. Das ist das aktuelle Maximum der Beatles- Hysterie. Selbst wenn man eine Erstpressung daneben stellt – besser haben die vier Jungs nie geklungen. Giles Martin hat die Bänder in ein neues Zeitalter überführt – eine musikalische wie audiophile Heldentat. Was eine gute Elektronik braucht: Es muss smart zugehen. Wir wollen die analoge Aura ebenso hören wie den modernen Mix. Wer nur auf Punch setzt, hat verloren. In der höchsten Ausbaustufe stellt sich also die Frage nach der Mu- sikalität der Kette – reine Kraft beeindruckt uns nur bedingt. Das GermanPhysiks-Trio hatte das Zeug. Hier stimmte die Klangphilosophie. Schon die ersten Sekunden machten es deutlich. Ein Raunen, die Geräusche des erwartungsvollen Publikums. Dann die Singstimme und ein Gitarrenriff. So gewaltig potent die Komponenten von German Physiks daher kommen – sie sind auch feinsinnig, smart. Wir sparen schon einmal.