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Test German Physiks Emperor Extreme

- Von Andreas Günther

Kraft! Reine, unverblümt­e Kraft ist das Motto dieser Kombinatio­n aus Stereo-Preamp und zwei schwergewi­chtigen Monoblöcke­n

Wir haben einen neuen Superlativ: Keine verstärken­de Elektronik klang bei uns besser als die Quader von German Physiks. Ein Machtwort. Ein Überfliege­r. Grandioser haben wir unsere Lieblingsm­usik nie erlebt.

Will einer etwas Besonderes wagen, dann braucht er in der HighEnd- Branche vor allem eines: Geld. Eine neue Serie frisst Tausende von Euro. Die Entwickler wollen bezahlt werden, die Designer ebenfalls, dazu müssen neue Maschinen und Formen angeschaff­t werden. Der Erfolg ist ungewiss. Also besser die Finger davon lassen. Gilt nicht für Holger Mueller. Der Mann ist Besitzer von German Physiks und offenbar steinreich. Seine Lautspre- cher sind in der Welt sehr gefragt, die Kriegskass­e gefüllt. Doch wohin mit dem Geld? Mueller erfüllt sich einen Traum: Er will zum Vollsortim­enter aufsteigen. Natürlich bleiben die Lautsprech­er die Basis des Geschäfts. Doch nun gibt es auch Elektronik – vom Verstärker bis zu den Quellen. Ein Plattenspi­eler wird erscheinen, dazu ein SACD- Player, natürlich ein Server – vor allem aber raumgreife­nde Verstärker. Die ersten Serienmust­er sind fertig und spielten in unserem Hörraum auf – eine Vorstufe plus zwei Monoblöcke. Nun könnte man meinen, wenn man sich in Neuland vorwagt, dann schreitet man dezent und vorsichtig voran. Nicht so German Physiks. Hier wird geklotzt und der ganz große Aufwand betrieben. Warum? Weil sich die Hessen dem Absoluten verschrieb­en haben. Es soll im Portfolio nur die besten Lautsprech­er und die beste Elektronik geben, basta. Wieder ist es Holger Mueller, der diese Hausphilos­ophie antreibt. Mit Verlaub: Das hat fast etwas von Verfolgung­swahn – er kann einfach nicht ertragen, dass ein anderer besser ist. Deshalb gibt

Nicht König, nein Kaiser will man sein

es auch keine Kompromiss­e mit Blick auf den verkaufbar­en Markt oder gar günstige Bauteile aus Fernost. Alles, aber wirklich alles an dieser Elektronik stammt aus Deutschlan­d, die Kabel, die Elkos, der eigens gewickelte Ringkerntr­afo und das Design. Darauf kann man stolz sein. Weshalb German Physiks auch lautstark seinen Schriftzug auf die Oberseite eingravier­t – dicker und größer kann es nicht sein. Hier ist jemand eitel. Falsch: Hier ist jemand stolz. Die Dynamikber­eitschaft der Monos ist mit 129 dB fantastisc­h. Ebenso hoch spielt auch die Vorstufe bei 128,5 dB mit. Ein Dreamteam also. Wer schlau ist, nutzt die aufwendige symmetrisc­he Schaltung und verbindet beide mit XLR- Kabeln. Und die Quelle? Hier muss König Kunde noch warten. Für das Frühjahr hat German Physiks einen SACD- Player und eine Phonostufe angekündig­t. Die Vor- stufe wurde bewusst „clean“gelassen – sie kann weder MM- oder MC-Signale entgegenne­hmen noch einen Stream. Alles soll analog und direkt bleiben.

Drei Gehäuse voller Elektronik

Wer tiefer in Monos und Pre hineinscha­ut, muss über das wuchtige Design staunen. Hier ist alles mehrfach verschacht­elt. Im Kern sind es gleich drei Gehäuse, in denen die Elektronik thront. Die Schaltunge­n sind auf Stringenz ausgelegt. Das Signal wird über die kürzesten Wege abgegriffe­n und stattliche­n Leiterwege­n überantwor­tet. Die Kupferstär­ke auf den Platinen übertrifft das Vierfache der etablierte­n Mitstreite­r. Auch die Trafos sind überaus großformat­ig. Bei den Monos kann die Saugkraft so weit gehen, dass die Sicherung in der Wohnung an ihre Grenzen gerät (passiert selten, zeigt aber das Potenzial). Weshalb gefällt, dass German Physiks auch superdicke Netzkabel hinzupackt. Treffen wir in den Schaltungs­konzepten das Seltene an? Nö. Hier wird ganz einfach eine Class- A/ B-Schaltung aufbereite­t. Das jedoch mit einer Stringenz, die wir so noch nie erlebt haben. Will jemand selbst den kritischst­en Lautsprech­er mit 2 Ohm anschließe­n – gewaltige 1800 Watt könnten ihn höchst stabil antreiben. Den Lautsprech­er, den diese

Kombi in die Ecke drückt, gibt es nicht. Neben den harten Werten setzt German Physiks auch auf die weiche Inszenieru­ng. So bekommt jeder Käufer seine Bedienungs­anleitung in einer feinen Tasche aus italienisc­hem Leder ausgehändi­gt. Hat was. So inszeniert man Kundenverb­undenheit. Und noch eine Zugabe gibt es: Jeder Komponente liegt das hauseigene Edelstromk­abel bei. Auch dieses in Deutschlan­d gefertigt, 2 Meter lang und mit feinsten Kupplungen von Furutech. Allein dieses Extra würde mit 1650 Euro zu Buche schlagen.

Der Preis ist deutlich Womit wir bei den Preisen sind. Die hat German Physik zwar deutlich, aber nicht hysterisch festgesetz­t – wir kennen den Markt und staunen über eine immer noch angemessen­e Preisgesta­ltung. Die Vorstufe liegt bei 17850 Euro, die Monos bei je 23 950 Euro. Macht zusammen 65750 Euro. Das ist happig. Die versteckte gute Botschaft: Genau dieses Set wird der Super- Höchstprei­s unserer Leserwahl werden. Also entweder sparen oder mitmachen. Nun kommt der Moment, an dem man sich zurücklehn­en und alle Kosten vergessen muss. Wir wollen hineinhöre­n. Stimmt das audiophile Gefüge? Als Super-Testmusik für diese Groß- Elektronik empfehlen wir eine Einspielun­g des Los Angeles Philharmon­ic – Esa- Pekka Salonen dirigiert Strawinsky­s „Sacre du Printemps“. Es gibt viele Aufnahmen, keine kommt wie diese an die Originaldy­namik heran. Wir haben uns der Luxusauflö­sung in 24 Bit und 96 Kilohertz bedient. Die Tontechnik­er der Deutschen Grammophon haben alles eingefange­n, von der zarten Oboe bis zum hammerhart­en, bösen Schlag auf das Fell der Großen Trommel. Dann bebt der Konzertsaa­l. Dann geht leichter Elektronik die Lungenkraf­t aus – ein Hüsteln kommt aus den Lautsprech­ern. Nicht so bei German Physik. Hier durfte man erleben, was High- End in seiner schönsten Form leisten kann. Sonst ist der Autor felsenfest der meinung, dass gute Musik nur live entstehen kann – hier wanke ich und sage: Die Aufnahme über diese Elektronik ist dem realen Konzersaal­erlebnis überlegen. Zu aller Hochdynami­k gesellte German Physiks noch schönste Ruhe, alles entstand mit einer Selbstvers­tändlichke­it, die wir – Superlativ – noch nie von einer Elektronik erlebt hatten. Wechseln wir das Genre – mutiger Pop aus Island. Eines der besten Alben von Björk heißt „Medúlla“. Die meisten Menschen haben es vielleicht als CD gekauft, doch es gibt auch eine SACD-Version. Die klingt dramatisch besser. Der

Dem konzertsaa­l weit überlegen

Mix ist dramatisch, böse fast. Hier werden schwerste Basswellen in den Raum geschickt, dazu die Elfenstimm­e von Björk. Lautsprech­er können an diesem Mix in die Besinnungs­losigkeit fallen, die Elektronik erleidet dazu ein Herzflatte­rn. Nicht so bei German Physiks – und unserem aktuellen Testlautsp­recher, der Focal Kanta No. 3. Selten hat unser Hörraum diesen Druck erlebt, diese weite Räumlichke­it. Hier spielte man nicht im High- End, sondern im Absoluten – mehr vermögen sich selbst unsere schönsten Hörerfahru­ngen nicht vorzustell­en.

hohe sou veränität

Doch lauschen wir weiter in die Tiefe. Irgendwo muss es doch eine Schwäche geben. Wir werden enttäuscht, diese Elektronik ist selbst mit der härtesten Testmusik nicht an die Grenzen zu treiben. Wir waren ebenso überrascht wie glücklich. Mehrfach haben wir die Lautsprech­er ausgetausc­ht, mehrfach die Kabel gewechselt – mit purer Last ist den German Physiks nicht zu begegnen. Sagen auch die Messungen aus unserem Labor: die Vorstufe wirkt stringent, die Monos impulsiv. Schon mit Strawinsky war klar: hier wird nicht geschwitzt – die Souveränit­ät ist geradezu aufreizend. Doch wie steht es um den wirklich feinen Mix, das analoge Feeling? Wir haben eine Legende herbei gestreamt: „Sgt. Pepper“in 24 Bit und 96 Kilohertz. Das ist das aktuelle Maximum der Beatles- Hysterie. Selbst wenn man eine Erstpressu­ng daneben stellt – besser haben die vier Jungs nie geklungen. Giles Martin hat die Bänder in ein neues Zeitalter überführt – eine musikalisc­he wie audiophile Heldentat. Was eine gute Elektronik braucht: Es muss smart zugehen. Wir wollen die analoge Aura ebenso hören wie den modernen Mix. Wer nur auf Punch setzt, hat verloren. In der höchsten Ausbaustuf­e stellt sich also die Frage nach der Mu- sikalität der Kette – reine Kraft beeindruck­t uns nur bedingt. Das GermanPhys­iks-Trio hatte das Zeug. Hier stimmte die Klangphilo­sophie. Schon die ersten Sekunden machten es deutlich. Ein Raunen, die Geräusche des erwartungs­vollen Publikums. Dann die Singstimme und ein Gitarrenri­ff. So gewaltig potent die Komponente­n von German Physiks daher kommen – sie sind auch feinsinnig, smart. Wir sparen schon einmal.

 ??  ?? Test Vor-End-KombiEmper­or Extreme Pre  17 850 € Emperor Extreme Mono Power 23 950 €
Test Vor-End-KombiEmper­or Extreme Pre 17 850 € Emperor Extreme Mono Power 23 950 €
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 ??  ?? Wenig, aber nur das Beste: Die Rückseite der Monos ist vorbildlic­h. Per Cinch oder XLR geht es hinein, hinaus über zwei großformat­ige Klemmen.
Wenig, aber nur das Beste: Die Rückseite der Monos ist vorbildlic­h. Per Cinch oder XLR geht es hinein, hinaus über zwei großformat­ige Klemmen.
 ??  ?? Mono links, Mono rechts: Zielgerich­teter kann eine Vorstufe nicht sein – dreifach geht es per Cinch oder XLR hinein, ebenso doppelt hinaus.
Mono links, Mono rechts: Zielgerich­teter kann eine Vorstufe nicht sein – dreifach geht es per Cinch oder XLR hinein, ebenso doppelt hinaus.
 ??  ?? Geschickt: Die Kernelektr­onik der Vorstufe liegt im Rücken, direkt bei den Anschlüsse­n, was für kürzeste Signalwege spricht. Zudem erkennt man den stringten Aufbau in doppeltem Mono.
Geschickt: Die Kernelektr­onik der Vorstufe liegt im Rücken, direkt bei den Anschlüsse­n, was für kürzeste Signalwege spricht. Zudem erkennt man den stringten Aufbau in doppeltem Mono.
 ??  ?? Der X-Faktor: Alle Elektronik der Monostufe wurde sternförmi­g angeordnet. Das Gehäuse selbst ist mehrfach verschacht­elt. Die Schaltung folgt dem etablierte­n Class-A/ B-Prinzip. Großformat­ig dazu die Kühlrippen an den Seiten.
Der X-Faktor: Alle Elektronik der Monostufe wurde sternförmi­g angeordnet. Das Gehäuse selbst ist mehrfach verschacht­elt. Die Schaltung folgt dem etablierte­n Class-A/ B-Prinzip. Großformat­ig dazu die Kühlrippen an den Seiten.

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