Test KEF R11/Hegel H190
KEF hat seine brandneue R-Serie vorgestellt. Wir waren bei der Premiere in Oslo begeistert und baten die große Standbox R11 in den Hörraum. Als idealen Amp gesellten wir einen echten Norweger hinzu, den kompakten Vollverstärker H190 von Hegel. Ein Dreamt
Diese Boxen/Amp-Kombination erwies sich im Test als wahres Dreamteam
Es gibt Lautsprecher, die rauben einem den Atem – noch bevor man den ersten Ton gehört hat. So ein Exemplar ist uns gerade auf einer Pressereise nach Oslo begegnet. In der norwegischen Hauptstadt hatten KEF und Hegel zu einer Konferenz geladen. Stolz wurden die ersten Exemplare der neuen R-Serie von KEF vorgeführt. Die Heldin: die hochgewachsene Standbox R11. Stehenden Fußes setzten wir sämtliche Hebel in Bewegung, um diesen Lautsprecher in unseren Hörraum zu bekommen. Es ist uns, nach einigen Verwirrungen, gelungen. Da ist es also, unser Schmuckstück. Wer die Version in Walnuss ordert, wird feststellen: Hier hat sich KEF die Mühe gemacht, die Chassis und ihre Umrandungen punktgenau einzufärben. Das Furnier sitzt einfach perfekt, der optischharmonische Eindruck könnte schöner nicht sein. Auch der Preis schreckt uns, glücklicherweise, nicht – 5000 Euro setzt KEF hier für das Paar an. Das ist durchaus angemessen – für die saubere Verarbeitung und ein Aufgebot von sechs Chassis. Vier davon sind identisch, alles reine Basstreiber mit 16,5 cm in der Diagonale. In der Mitte sitzt die höchste Feinkost: ein Koaxtreiber, das legendäre Uni- Q- Chassis, nun ganz frisch in der zwölften Generation. An über tausend Stellschrauben haben die Entwickler gedreht, um eine neue R- Serie zu erschaffen, sagt die Marketingabteilung von KEF. Naturgemäß misstrauen wir solchen Aussagen, doch tatsächlich wirkt die R- Serie wie neu erfunden. Was an der Zeit war, denn KEF erwirtschaftet einen deutlichen Anteil seiner Gewinne mit der R- Serie. Werfen wir den Röntgenblick an: Das Gehäuse ist aufwendig verstrebt, insgesamt treffen wir auf drei Kammern. Das Uni- Q- Chassis prangt in einem eigenen Kabinett, die beiden Tieftöner darüber und darunter strömen ihre rückwärtige Kraft in je ein Subgehäuse. Weshalb auf der Rückwand auch gleich zwei Bassreflexöffnungen zu sehen sind. Hierfür hat KEF ein hauseigenes Computerprogramm zur Berechnung angeworfen. Per „Computational Fluid Dynamics“werden die Öffnung und das Profil jedes Ports berechnet, Resonanzen und Turbulenzen sollen vermieden werden. Im Bass vertrauen die Briten auf eine Papiermembran, die wiederum mit Aluminium beschichtet wurde. Sie sieht gut aus und schwingt stabil. Der Kolben eines Motors ist das Vorbild aller Entwicklung – folglich hat KEF das Antriebssystem neu entworfen. Der Magnet im Hintergrund ist stattlich. Gleich vier dieser Wandler rackern auf
mehr als Tausend Stellschrauben
der Front – zu keinem Zeitpunkt hatten wir den Eindruck, dieser Lautsprecher würde zu sanft im Tiefbass aufspielen. Das war präsent, wunderbar tief und überdies perfekt beherrscht.
Generation zwölf
Was bringt die zwölfte Generation des Uni- Q-Wandlers? Abermals haben die KEF- Ingenieure die bestehende Konstruktion per Computer analysiert. Den Übergangsspalt zwischen Hoch- und Mitteltöner machten sie neu, zudem legten sie einen neuen „Shadow Flare“um die Gesamtkonstruktion, eine Art Schalltrichter. Er soll alle bösen Reflexionen der Gehäuseform eliminieren. Das Gesamtbild zeigte sich also verlockend schön. Allein in den Äußerlichkeiten ist KEF mit der R11 ein großer Wurf gelungen. Schon bei der Erstpräsentation in Oslo erkannten wir, dass dieser
Lautsprecher auch klanglich die Grenzen ziemlich hoch ansetzte. Ob er diese Meriten auch in unserem irdischen Hörraum zeigen würde? Wir haben eines der ersten Muster der Serie importiert. Doch welchen Verstärker gruppiert man ideal hinzu? Wir waren von dem Auftritt in Oslo fasziniert – also wollten dazu auch wir einen Amp von Hegel haben. Die Norweger schickten uns den H190. Der sieht nett und kompakt aus, liegt in der Preisklasse aber deutlich weiter oben, als die Augen vermuten ließen – 3595 Euro sind für den Kraftbolzen angesetzt. Hier ist wichtig zu wissen: KEF gehört mittlerweile GP Acoustics, einer Tochterfirma der weltweit agierenden Gold Peak Group mit Basis in Hongkong. Hegel hingegen hat seine Eigenständigkeit gewahrt und wird in Deutschland von GP Acoustic nur in den Handel vertrieben.
Feines Bau haus
Der erste Blick auf den H190 verrät wenig bis nichts. So könnte auch ein Verstärker nach den Design- Philosophien des Bauhauses aussehen. Links das Wählrad für die Quelle, rechts der Drehknopf für die Lautstärke, in der Mitte ein monochromes Display. Mehr braucht es nicht. Die Rückseite zeigt ein anderes Bild: Hier lässt Hegel seine Macht und seine Potenz spielen. Zuerst fällt ein Eingang per XLR auf – nicht viele Hersteller folgen in dieser
kompakten Bauweise diesem Angebot. In der Mitte prangt ein großformatiger Port für die Lautsprecherkabel. Spannend wird es rechts davon – hier hat Hegel eine Digitalplatine verbaut. Wir kommen per optischem und koaxialem Anschluss hinein, dazu noch per Ethernet und USB. Dieser Amp kann also streamen und dazu am Rechner als externe Soundkarte betrieben werden. Die meisten Konkurrenten kaufen einfach eine fertige Platine bei einem Sub- Hersteller an. Nicht so Hegel – hier wird alles in die hauseigene Architektur integriert. Als zentraler Wandler waltet ein AKM4490- Chip, alle Quellen werden auf 32 Bit und 192 hochgerechnet. Im reinen Streaming können Datensätze bis 24 Bit und 192 Kilohertz gelesen werden. Damit nicht genug: Auch so eine Kleinigkeit wie den AirPlay- Empfang nimmt Hegel in eigene Hände. Das Setup und die Wandlung wurden höchstselbst mit verbesserten Werten entworfen. Apple gab sein Ok und wunderte sich über die Ambitionen der Norweger. Deren Eigenwilligkeit kennt offenbar kaum Grenzen. Wir haben den H190 aufgeschraubt und hineingeblickt. Die meisten Entwickler hätten hier ihren doppelten Mono- Aufbau ausgestellt und die Kühlrippen an die Seiten verlegt. Nicht