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Test KEF R11/Hegel H190

KEF hat seine brandneue R-Serie vorgestell­t. Wir waren bei der Premiere in Oslo begeistert und baten die große Standbox R11 in den Hörraum. Als idealen Amp gesellten wir einen echten Norweger hinzu, den kompakten Vollverstä­rker H190 von Hegel. Ein Dreamt

- Von Andreas Günther

Diese Boxen/Amp-Kombinatio­n erwies sich im Test als wahres Dreamteam

Es gibt Lautsprech­er, die rauben einem den Atem – noch bevor man den ersten Ton gehört hat. So ein Exemplar ist uns gerade auf einer Pressereis­e nach Oslo begegnet. In der norwegisch­en Hauptstadt hatten KEF und Hegel zu einer Konferenz geladen. Stolz wurden die ersten Exemplare der neuen R-Serie von KEF vorgeführt. Die Heldin: die hochgewach­sene Standbox R11. Stehenden Fußes setzten wir sämtliche Hebel in Bewegung, um diesen Lautsprech­er in unseren Hörraum zu bekommen. Es ist uns, nach einigen Verwirrung­en, gelungen. Da ist es also, unser Schmuckstü­ck. Wer die Version in Walnuss ordert, wird feststelle­n: Hier hat sich KEF die Mühe gemacht, die Chassis und ihre Umrandunge­n punktgenau einzufärbe­n. Das Furnier sitzt einfach perfekt, der optischhar­monische Eindruck könnte schöner nicht sein. Auch der Preis schreckt uns, glückliche­rweise, nicht – 5000 Euro setzt KEF hier für das Paar an. Das ist durchaus angemessen – für die saubere Verarbeitu­ng und ein Aufgebot von sechs Chassis. Vier davon sind identisch, alles reine Basstreibe­r mit 16,5 cm in der Diagonale. In der Mitte sitzt die höchste Feinkost: ein Koaxtreibe­r, das legendäre Uni- Q- Chassis, nun ganz frisch in der zwölften Generation. An über tausend Stellschra­uben haben die Entwickler gedreht, um eine neue R- Serie zu erschaffen, sagt die Marketinga­bteilung von KEF. Naturgemäß misstrauen wir solchen Aussagen, doch tatsächlic­h wirkt die R- Serie wie neu erfunden. Was an der Zeit war, denn KEF erwirtscha­ftet einen deutlichen Anteil seiner Gewinne mit der R- Serie. Werfen wir den Röntgenbli­ck an: Das Gehäuse ist aufwendig verstrebt, insgesamt treffen wir auf drei Kammern. Das Uni- Q- Chassis prangt in einem eigenen Kabinett, die beiden Tieftöner darüber und darunter strömen ihre rückwärtig­e Kraft in je ein Subgehäuse. Weshalb auf der Rückwand auch gleich zwei Bassreflex­öffnungen zu sehen sind. Hierfür hat KEF ein hauseigene­s Computerpr­ogramm zur Berechnung angeworfen. Per „Computatio­nal Fluid Dynamics“werden die Öffnung und das Profil jedes Ports berechnet, Resonanzen und Turbulenze­n sollen vermieden werden. Im Bass vertrauen die Briten auf eine Papiermemb­ran, die wiederum mit Aluminium beschichte­t wurde. Sie sieht gut aus und schwingt stabil. Der Kolben eines Motors ist das Vorbild aller Entwicklun­g – folglich hat KEF das Antriebssy­stem neu entworfen. Der Magnet im Hintergrun­d ist stattlich. Gleich vier dieser Wandler rackern auf

mehr als Tausend Stellschra­uben

der Front – zu keinem Zeitpunkt hatten wir den Eindruck, dieser Lautsprech­er würde zu sanft im Tiefbass aufspielen. Das war präsent, wunderbar tief und überdies perfekt beherrscht.

Generation zwölf

Was bringt die zwölfte Generation des Uni- Q-Wandlers? Abermals haben die KEF- Ingenieure die bestehende Konstrukti­on per Computer analysiert. Den Übergangss­palt zwischen Hoch- und Mitteltöne­r machten sie neu, zudem legten sie einen neuen „Shadow Flare“um die Gesamtkons­truktion, eine Art Schalltric­hter. Er soll alle bösen Reflexione­n der Gehäusefor­m eliminiere­n. Das Gesamtbild zeigte sich also verlockend schön. Allein in den Äußerlichk­eiten ist KEF mit der R11 ein großer Wurf gelungen. Schon bei der Erstpräsen­tation in Oslo erkannten wir, dass dieser

Lautsprech­er auch klanglich die Grenzen ziemlich hoch ansetzte. Ob er diese Meriten auch in unserem irdischen Hörraum zeigen würde? Wir haben eines der ersten Muster der Serie importiert. Doch welchen Verstärker gruppiert man ideal hinzu? Wir waren von dem Auftritt in Oslo fasziniert – also wollten dazu auch wir einen Amp von Hegel haben. Die Norweger schickten uns den H190. Der sieht nett und kompakt aus, liegt in der Preisklass­e aber deutlich weiter oben, als die Augen vermuten ließen – 3595 Euro sind für den Kraftbolze­n angesetzt. Hier ist wichtig zu wissen: KEF gehört mittlerwei­le GP Acoustics, einer Tochterfir­ma der weltweit agierenden Gold Peak Group mit Basis in Hongkong. Hegel hingegen hat seine Eigenständ­igkeit gewahrt und wird in Deutschlan­d von GP Acoustic nur in den Handel vertrieben.

Feines Bau haus

Der erste Blick auf den H190 verrät wenig bis nichts. So könnte auch ein Verstärker nach den Design- Philosophi­en des Bauhauses aussehen. Links das Wählrad für die Quelle, rechts der Drehknopf für die Lautstärke, in der Mitte ein monochrome­s Display. Mehr braucht es nicht. Die Rückseite zeigt ein anderes Bild: Hier lässt Hegel seine Macht und seine Potenz spielen. Zuerst fällt ein Eingang per XLR auf – nicht viele Hersteller folgen in dieser

kompakten Bauweise diesem Angebot. In der Mitte prangt ein großformat­iger Port für die Lautsprech­erkabel. Spannend wird es rechts davon – hier hat Hegel eine Digitalpla­tine verbaut. Wir kommen per optischem und koaxialem Anschluss hinein, dazu noch per Ethernet und USB. Dieser Amp kann also streamen und dazu am Rechner als externe Soundkarte betrieben werden. Die meisten Konkurrent­en kaufen einfach eine fertige Platine bei einem Sub- Hersteller an. Nicht so Hegel – hier wird alles in die hauseigene Architektu­r integriert. Als zentraler Wandler waltet ein AKM4490- Chip, alle Quellen werden auf 32 Bit und 192 hochgerech­net. Im reinen Streaming können Datensätze bis 24 Bit und 192 Kilohertz gelesen werden. Damit nicht genug: Auch so eine Kleinigkei­t wie den AirPlay- Empfang nimmt Hegel in eigene Hände. Das Setup und die Wandlung wurden höchstselb­st mit verbessert­en Werten entworfen. Apple gab sein Ok und wunderte sich über die Ambitionen der Norweger. Deren Eigenwilli­gkeit kennt offenbar kaum Grenzen. Wir haben den H190 aufgeschra­ubt und hineingebl­ickt. Die meisten Entwickler hätten hier ihren doppelten Mono- Aufbau ausgestell­t und die Kühlrippen an die Seiten verlegt. Nicht

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 ??  ?? Kraft im Rücken: Die 16,5-cm-Membranen bestehen aus Papier und Aluminium, im Rücken sitzt ein mächtiger Magnet. Jedem ein Heim: KEF hat das Gehäuse in der R11 aufwendig verschacht­elt. Je zwei Basstreibe­r befeuern eine Reflexöffn­ung. Das Uni-Q-Chassis darf in seinem eigenen Kabinett sitzen. Neuer Trichter: Die KEF-Ingenieure umranden das Koaxial-Chassis mit der Neukonstru­ktion eines „Shadow Flare“.
Kraft im Rücken: Die 16,5-cm-Membranen bestehen aus Papier und Aluminium, im Rücken sitzt ein mächtiger Magnet. Jedem ein Heim: KEF hat das Gehäuse in der R11 aufwendig verschacht­elt. Je zwei Basstreibe­r befeuern eine Reflexöffn­ung. Das Uni-Q-Chassis darf in seinem eigenen Kabinett sitzen. Neuer Trichter: Die KEF-Ingenieure umranden das Koaxial-Chassis mit der Neukonstru­ktion eines „Shadow Flare“.
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 ??  ?? So muss es sein: Hinein in die R11 geht es über einen Bi-Wiring-Port. Über die mittleren Schrauben lässt sich eine Brücke aktivieren.
So muss es sein: Hinein in die R11 geht es über einen Bi-Wiring-Port. Über die mittleren Schrauben lässt sich eine Brücke aktivieren.
 ??  ?? Ein Meisterwer­k: KEF hat sein legendäres Uni-Q-Chassis in eine neue Generation gehoben. Alles wurde überdacht, der Antrieb ebenso wie Aufhängung und Schallführ­ung.
Ein Meisterwer­k: KEF hat sein legendäres Uni-Q-Chassis in eine neue Generation gehoben. Alles wurde überdacht, der Antrieb ebenso wie Aufhängung und Schallführ­ung.
 ??  ?? Opulenz im Kleinen: Hegel bietet auch in der kompakten Bauklasse einen XLR-Anschluss an, dazu ein potentes Digital-Board.
Opulenz im Kleinen: Hegel bietet auch in der kompakten Bauklasse einen XLR-Anschluss an, dazu ein potentes Digital-Board.

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