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Wir sieht die Anlage der Zukunft aus? Eine optisch sowie klanglich topmoderne Antwort auf diese Frage kommt von Lyravox aus Hamburg – sie hört auf den Namen Karlos.
Lyravox Karlos Vollaktiv mit Netzwerk-Streamer und extra Hochtöner – so geht die Zukunft!
Fast hätte Karlos Karlchen geheißen. Aber nur fast. Karlchen klang aber irgendwie unglücklich. Also Karlos. Schließlich hat Lyravox ja auch schon eine Karlina und eine Karlotta im Programm. Alle leiten sich vom großen System Karl ab, technisch wie namentlich. Und das K ist kein Zufall: Es zeigt an, dass luxuriöse Keramik- Chassis zum Einsatz kommen. Lyravox signalisierte uns beim Redaktionsbesuch, dass noch weitere Lautsprechersysteme der K- Serie folgen werden. Wie wär’s mit Kublai Kahn für ein großes System oberhalb von Karl? Der Zündfunken für Lyravox war die Idee eines potenten Klangwandlers in einem Ge- häuse. Fesch sollte es sein – mit dem Grundgedanken der Musikbox unserer Eltern. Nur alles viel schöner und besser. Das Ergebnis war die „Stereomaster“; sie lässt sich an die Wand schrauben, dazu werden alle Kabel versteckt. Das macht viel her, besonders auf der eigenen Yacht. Nun haben aber die wenigsten Menschen eine Yacht im Hafen vor dem Bungalow mit Meerblick. Weshalb Lyravox schnell erkannte, dass die Zielgruppe spitz und klein ist. So entstanden die Standboxen Karl, Karlotta – und jetzt eben auch Karlina und Karlos.
Ein Stück BauhauS
Vom schmucken Äußeren hat das Lyravox-Team nicht gelassen. Karlos sieht nicht aus wie ein verwirrter Infant aus dem 16. Jahrhundert, sondern wie ein mutiges Stück Bauhaus der Jetztzeit. Das ist ebenso elegant wie schlank. Wir sehen nur einen großen Basstreiber und ein Chassis darüber. Aha – also ein Zweiwegler. Richtig und zugleich falsch geraten: An der Oberkante hat Lyravox einen zweiten Hochtöner eingelassen, der gen Decke strahlt. Wo die Hamburger schlau sind: Sie bauen ihre Chassis nicht selbst, sondern bedienen sich im Weltmarkt. Wobei nur das Beste in das Gehäuse aus MDF eingelassen wird. So schwingt in der Tiefe ein Chassis von ScanSpeak mit 26 cm und Alu- Membran. Da-
rüber wird es noch ein wenig teurer: Accuton beliefert Lyravox mit einem Keramikhochtöner, der über die stolzen Maße von 30 mm verfügt. Die Übergabefrequenz liegt bei 3,5 Kilohertz. Ohne Frage: Hier weidet sich jemand in Ambitionen. Doch die schönsten Chassis nützen wenig, wenn die Weiche und die Kraft nicht stimmen. Auch hier zelebriert Lyravox Großes. Im rechten Lautsprecher wurde alle Elektronik untergebracht, die linke Box wird als Sklave mit einem Signalkabel eingebunden. Vier digitale Amps stemmen die Kraft von 500 Watt für die Tiefmitteltöner und 150 Watt für die beiden Hochtöner. Hergestellt werden die Endstufen von Pascal Audio in Dänemark. Dazu durchläuft die Musik eine DSPStufe über insgesamt acht Kanäle. Der Digital/AnalogWandler stammt von Audivo. Die Company hat auch die Fern
bedienung für Lyravox erarbeitet, ebenso die Basis der App für iOS und Android. Die Klangquellen selbst könnten nicht vielfältiger sein. Jede moderne Nutzform haben die Lyravox- Ingenieure ihrem Karlos angedeihen lassen. Natürlich kommt man über das Netzwerk hinein – hier lässt sich ein NAS anschließen, ebenso der Stream einer Internet- Radiostation abgreifen. In der Kür gibt es noch Tidal und Qobuz obenauf. Ebenso kann man das iPhone zücken und die Lieblingsmusik per Bluetooth im besten aptXFormat zufluten. Wer es klassisch liebt, kann auch seinen CD- Player über ein koaxiales SPDIF andocken. Ebenso ist
Tolle Zugabe: Die perfekTe einmessung
die Fraktion der Plattenspielerfreunde nicht ausgeschlossen – es gibt einen klassischen Cinch- Eingang. Kein Format ist Karlos fremd. Es geht beispielsweise bei FLAC bis zu einer Auflösung von 24 Bit und 192 Kilohertz hinauf. Rund 12 000 Euro werden fällig. Dafür sollte der Händler aber mehr leisten als nur die Lieferung ins Eigenheim. Tut er auch: Lyravox hat einen DSP- Prozessor in Karlos hinterlegt, der über einen fünfbändigen Equalizer individuell programmiert werden soll. Zudem können noch die reinen Level von linken zu rechtem Lautsprecher feingetunt werden. Dieser Lautsprecher wird vom Händler perfekt auf seinen Platz eingemessen. Was zur Frage führt: Wo wäre denn der ideale Einsatzort? Natürlich kann es jedes Wohnzimmer sein. Aber auch ein schönes Loft, mit viel Luft und feiner Inneneinrichtung – das wäre die ästhetisch höchste Form, in der sich ein Karlos wohlfühlt. Wobei er mit seiner individuellen Einmessung punktet. Gibt es bei- spielsweise links eine große Glasfront und rechts ein gewaltiges Bücherregal – dieser Lautsprecher gleicht jede reale Unregelmäßigkeit mit seiner schlauen Elektronik aus.
Perfekt ausgeglichen
Unregelmäßigkeiten zeigt unser Hörraum hingegen keine. Er liegt im Keller des Verlagsgebäudes und ist perfekt ausgeglichen. Hier gelten die härtesten Testwerte, jede Verzierung, jeder ästhetische Eingriff würde auffallen. Also: Ehrlichkeit ist hier gefragt. Als erste Testmusik streamten wir eine Aufnahme aus New York zu. Die Metropolitan Opera hat kürzlich Wagners „Ring des Nibelungen“aufgeführt und eingefangen. 14 Stunden Live- Musik. Das Orchester der MET ist in kürzester Zeit zu einem der besten Wagner- Ensembles der Welt aufgestiegen. Alles klingt erdgebunden. Hier gibt es eine wundervolle Gruppe der Celli, dazu satten Sound von den Kontrabässen dahin-
ter. Die Violinen fügen sich in das Gesamtbild ein und geben nicht mit Brillanz an. Wenn jetzt nur noch die perfekten Sänger hinzukommen. Und sie sind da – besser und teurer als in Bayreuth, Wien oder München. Allen voran Bryn Terfel als Wotan. Da stand der Bassbariton deutlich vor den Membranen, dazu das feine Flirren der Streicher, die strammen Impulse in der Tiefe. Wenn es nicht so pathetisch klingen würde: Mit der Karlos holten wir uns die Faszination der MET nach Hause. Fast ein cinematographisches Erlebnis – sehr intim und dennoch ausladend. Aber der Bass – kommt da genügend Druck an die Ohren? Wir waren überrascht darüber, wie feinfühlig und kraftvoll Karlos die tiefen Töne in das Klangbild einfügte. Das Zusammenspiel zum Hochtöner passte. Das war harmonisch, geschlossen und vereint im Timing. Hier sammelte Karlos Bestnoten. Wie hält es der Hanseat mit Pop? Wir haben das neueste Album von Marianne Faithfull aufgelegt – „Negative Capability“. Da spricht der Zauber der alten Dame zu uns. Ein halbes Jahrhundert an Pop/ Rock- Geschichte hat sie erlebt. Jeder Song dieses Albums lebt von dem, was man als Tontechniker schwer greifen kann: Flair. Und genau hier vollführte Karlos Großes, denn er verstand sich auf die magischen Momente. Das klang in unserem Hörraum samtig, stimmig, auf den Punkt – und dabei komplett unangestrengt. Toll, wie Karlos der Stimme der Faithfull Präsenz verlieh: Das hatte in der Abstimmung fast etwas von einem britischen Studiolautsprecher, leicht mittenbetont, aber smart und stark in der Abbildung. Ein Genusslautsprecher! Hier kann man stundenlang hören, stets Neues entdecken und sich in einer Welt der schlauen Bedienbarkeit zu Hause fühlen. Apropos zu Hause: Wenn man jetzt zum Karlos-System auch noch das schöne, passende Loft mit weitem Blick über die Stadt hätte. Das gehört aber leider nicht zum Lieferumfang.