test piega Master Line Source 3
Piega huldigt auch mit der neuen Master Line Source 3 dem Prinzip der Linienschallquelle. Überdies bleiben die Schweizer auch anderen bewährten Grundsätzen treu.
Diese gewaltigen Standboxen decken jede Nuance auf
Ersparen Sie sich die Enttäuschung. Jedenfalls zunächst. Legen Sie zum Hörtest beim Händler – in jedem Fall Pflichttermin beim High- End- Kauf – nicht unbedingt als erstes Ihre Lieblingsscheiben auf. Jedenfalls nicht, wenn Ihre Favoriten massiv komprimierte, in den Höhen limitierte und im Bass reduzierte Pop- und Rockproduktionen der Jetztzeit oder klanglich kastrierte Kunstwerke der späten 1970er- und frühen 1980er- Jahre sind. Und vor allem dann nicht, wenn Ihr Interesse – und das wollen wir nach diesem Test einmal mutig garantieren – der neuen Piega Master Line Source 3 gilt. Denn so viel sei mutig vorweggenommen: Dieser 32000 Euro teure Standlautsprecher spielt dermaßen neutral und unbestechlich auf, dass er einen mit exzellenten Aufnahmen in den siebenten Klanghimmel entführt. Und mit schlechten, selbst künstlerisch wertvollen, zwar nicht Höllenqualen leiden, aber doch der Seligkeit fern bleiben lässt. Aber die Veredelung von Akustikschrott in Klanggold stand womöglich gar nicht auf der Agenda des Entwicklungsteam aus Horgen. Dort hat sich Kurt Scheuch, der über Jahrzehnte Piegas Klanggeschicke als Entwicklungsleiter bestimmte, nun tatsächlich in den Ruhestand verabschiedet. Was nicht heißt, dass der leidenschaftliche Motorradfahrer nur noch den wunderschön gelegenen Firmenhauptsitz am Zürichsee umkurvt. Da steht er schon noch „beratend und ab und zu mit einer Idee“dem jetzigen Entwickler Daniel Raymann zur Seite, wie er das typisch Schweizerisch untertreibend formuliert. So sei die Master Line Source 3 fast vollständig Raymanns Werk. Doch die Nummer 3 ist auch – zumindest äußerlich – definitiv die kleine Schwester der MLS 2, die den Autor beim Test in AUDIO 8/16 unglaublich bespaßte. Und die noch ein echtes Scheuch- Baby war.
Die Piega liefert wieDer absolute sPitzentechnik
ErnEut auf LiniE
Der Familienname Master Line Source deutet ja schon an, dass auch die 3er dem Ideal der Linienquelle folgt. Sie will den Schall also als kohärente Zylinder-
welle in den Raum strahlen. Dieses vereinfachend vertikal genannte Ideal unterscheidet sich fundamental von dem der Punktschallquelle, das möglichst alle Schallerereignisse auf einen Abstrahlpunkt konzentrieren will. Rega frönt diesem Ideal auch, mit seinem schon legendären Koaxial-Töner C 111. Das Mittelhochtonbändchen strahlt in der CoaxSerie zum Beispiel in den Modellen C 511 und C 311 Präsenz- und Obertonbereich aus einem akustischen Zentrum ab. Der neue Spitzentechniker namens Line Source Driver 111 hat zwar die gleichen Abmessungen, aber hier flankieren die optisch jeweils sechs Mitteltonsegmente (in dem der MLS 2 waren es deren zwölf) das zentrale Hochtonbändchen. Die etwas verkleinerte – elektroakustisch zusammenwirkende – Fläche des Mitteltöners macht den Unterschied zum Treiber in der MLS 2 aus, ansonsten funktionieren beide gleich, also nach dem magnetostatischen Prinzip. Extrem starke Neodym- Magnete – im LS 111 mit zusätzlich in die Frontplatte montierten Stäben – bilden ein homogenes Dau- ermagnetfeld. Darin schwingen die nur 20 Tausendstel mm (20 μ) starken, mit einer speziellen Strukturprägung versehenen Aluminium- Membranen, auf denen in einem aufwendigen SprühnebelÄtzverfahren aufgebrachte Flachspulen als Leiter fungieren. Liegt an denen nun Wechselspannung vom Verstärker an, entsteht ein elektromagnetisches Feld, das mit dem Dauermagnetfeld interagiert – die Folie schwingt im Takt des Wechselstroms und erzeugt Schall.
Auch nAch hinten
Gleich vier dieser LS 111 erzeugen übereinander angeordnet gemeinsam mit den beiden, von Linkwitz- Riley- Filtern mit einer strammen Flankensteilheit von 24 dB pro Oktave angekoppelten Tieftönern nun die angesprochene Line Source. Doch die Piega Master Line Source bedeutet ja zudem noch „Dipol mit akustischer Linse“. Das heißt, der von den teuren Tönern ins Innere eines Gehäuses abgestrahlte und dort normalweise mit viel konstruktivem Aufwand in „unschädliche“Wärme verwandelte