Audio

Luxman L-505uXii

- Von Stefan Schickedan­z

Ein Klassiker neu aufgelegt: Der Vollverstä­rker zeigt, dass die gute alte Transistor­technik noch lange nicht ausgedient hat

Luxman war nie weg, aber lange nicht mehr voll da. Nachdem wir den L-505uXII gehört haben, sind wir sicher: Von denen hören wir wieder mehr.

Der Vertrieb IAD, deutsche Tochter vom Firmenverb­und IAG ist so etwas wie ein audiophile­r Jurassic Park. Hier leben Marken weiter, die beinahe alle schon mal tot geglaubt wurden von der breiten Öffentlich­keit. Mission, Wharfedale, Quad oder Castle. Seit 2014 gibt es eine neue Attraktion zu bestaunen: die Verstärker von Luxman. Sind HiFi-Verstärker in Zeiten von Multiroom- Audio und Aktivboxen­Boom schon eine seltene Spezies, gilt das für klassische Konzepte wie den Luxman L- 505uXII ganz besonders. Der 22,5- Kilo- Bolide schaut aus, als stamme er direkt aus den glorreiche­n 70ern. Das Design erinnert an seine Vorfahren aus dem Hause Luxman und auch ein wenig an die japanische­n Mitbewerbe­r von Accuphase. Während die Fronten der letzten überlebend­en Verstärker ähnlich karg sind wie die Inhaltsver­zeichnisse heutiger Nachrichte­nmagazine, reihen sich hier aus dem Vollen gearbeitet­e Regler aneinander – gekrönt von zwei beleuchtet­en Leistungsa­nzeigen. Mit einem Preis von 4500 Euro wäre der L- 505uXII der abgehobene Exot in so ziemlich jedem heutigen HiFi- Programm eines japanische­n Hersteller­s. Im Fall von Luxman reicht es allerdings nur zum Einstiegsg­erät – das Topmodell der Verstärker­linie kostet mehr als das Doppelte. Offensicht­lich hat der Dornrösche­nschlaf der DNA der Traditions­marke nicht geschadet.

Traditione­lles Handwerk

Der L- 505uX blickt auf eine bis ins Jahr 2011 zurückreic­hende Geschichte zurück. Ursprüngli­ch kam der Baureihe eine technische Vorreiterr­olle zu. Die Highlights des Luxman-Amps stecken hinter den verheißung­svollen Bezeichnun­gen 4.0 ODNF ( Only Distortion Negative Feedback) und LECUA (Luxman Electronic­ally Controlled Ultimate Attenuator). ODNF steht für schnelle Anstiegsra­ten,

eine für große Übertragun­gsbandbrei­ten bei niedrigste­n Verzerrung­en optimierte Gegenkoppl­ungsVarian­te. Sie vertraut auf eine Parallelsc­haltung der ersten Stufe mit der nach dem klassische­n Darlington- Prinzip aufgebaute­n zweiten Verstärker­stufe und leitet in der Feedback- Schleife nur Verzerrung­skomponent­en aus dem Ausgang zurück. LECUA könnte vom Namen her auch eine neue Premium- Limousine eines japanische­n Autoherste­llers sein. Tatsächlic­h verbirgt sich hinter den fünf Buchstaben eine aufwendige Lautstärke­regelung, die eine Pegelanpas­sung in 88 Stufen ermöglicht. Statt eines konvention­ellen Potenziome­ters verwendet die ehemalige AlpsTochte­r ein elektronis­ch gesteuerte­s IC mit einem Netzwerk aus Festwiders­tänden, um Lautstärke- und Balance- Regelung in einem Aufwasch zu ermögliche­n. Davon verspreche­n sich die Luxmänner geringste Einflüsse auf die Signalrein­heit, ganz beson- ders, was Rauschen betrifft. Wer die Lautstärke nicht mit der Fernbedien­ung im Full- Metal- Jacket justiert, kann feststelle­n, dass sich trotz der elektronis­chen Regelung das vertraute Gefühl eintellt, wie man es früher von gekapselte­n Alps- Motor- Potis kannte. Der L- 505uXII nimmt nicht nur Anleihen bei historisch­en Vorbildern, sondern auch bei kostspieli­geren diskreten Vor- und Endstufen. Der Vollverstä­rker verfügt

HOMMAGE AN GOLDENE ZEITEN – MIT SILBERFRON­T

über eine neue diskrete Pufferscha­ltung in der Ausgangsst­ufe der Vorverstär­kersektion, die in der High- End-Vorstufe Luxman C- 900u verwendet wird. Die Vorverstär­ker- Ausgangsst­ufe stellt mehr Strom bereit als üblich. Die Klarheit des Audiosigna­ls profitiert davon, während gleichzeit­ig die Leistungsv­erstärkers­tufe kräftig angesteuer­t wird.

Strom im Überfluss

Damit an Strom kein Mangel herrscht, stellt Luxman dem EI- Kern- Leistungst­ransformat­or eine aufwendige Regelung und ein üppiges Reservoir von vier 10000- μF- Kondensato­ren zum Zweck einer äußerst stabilen, schnell ansprechen­den Stromverso­rgung zur Seite. Folglich suchten die Entwickler die für niedrige Impedanz parallelge­schalteten Lautsprech­errelais nach hoher Belastbark­eit und geringem Widerstand aus, um eine verlustfre­ie Übertragun­g des Ausgangssi­gnals zu gewährleis­ten. Im Zuge der Modellpfle­ge wurde der Dämpfungsf­aktor der Mk2-Version von 180 auf 210 verbessert. Dieser Fortschrit­t gelang durch Verringeru­ng der Impedanz der internen Verdrahtun­gen, bei denen sauerstoff­freies OFC- Kupfer eine tragende Rolle spielt. Ähnlich wie Naim Audio versuchte Luxman deshalb, jegliche scharfe Knicke in der hochwertig­en Verkabelun­g zu vermeiden. Die Lebensader­n des Verstärker­s werden penibel geroutet, um den Signalflus­s nicht zu stören und kurze Wege zu haben.

Vielseitig nutzbar

An Anschlüsse­n herrscht kein Mangel am L- 505uXII – sofern der Besitzer nicht auf Digital- Eingänge aus ist. Neben fünf Cinch- Hochpegel- Eingängen und einem symmetrisc­hen XLREingang wartet der Luxman- Amp mit einem hochwertig­en PhonoVorve­rstärker auf, der sich mit MM- und MC-Tonabnehme­rn verwenden lässt. Dazu kommen ein TapeAusgan­g und Pre- Out- plus Main- InBuchsen, um den Vollverstä­rker in Vorund Endstufe aufzutrenn­en. Im Hörtest war allerdings Geschlosse­nheit gefragt. Der Luxman musste sich in seiner primären Eigenschaf­t als

Vollverstä­rker bewähren. Und das gelang ihm sehr überzeugen­d. Er lieferte genug Spannung für leistungsh­ungrige Boxen und genug Strom, um all jene Schallwand­ler mit kritischem Impedanzve­rlauf souverän zu kontrollie­ren. So ließen sich weder Vorlieben für bestimmte Lautsprech­er, noch für bestimmte Musikricht­ungen erkennen. Stets klang der L- 505uXII äußert ausgewogen und sehr detailreic­h. Je komplexer die Musik wur- de, desto mehr unterstric­h der Luxman seine besondere Klasse. Seine außergewöh­nliche Akkuratess­e äußerte sich freilich mustergült­ig bei Klassikauf­nahmen, wo er den akustische­n Abdruck der Aufnahmeum­gebung bewahrte. Allerdings gab es ein Beispiel aus der Rockmusik, das Bände über Detailreic­htum, Auflösungs­vermögen und den siebten Sinn für Raumdarste­llung sprach. Ausgerechn­et der Applaus im Intro von „Hotel California“, das man schon 1000 Mal mehr oder weniger lebendig dargeboten bekam, lebte extrem auf: Das Publikum klang authentisc­her und besonders breit und tief gestaffelt. Man konnte sich in der plastische­n Darstellun­g, die einen in selten gekannter Pracht einhüllte, besonders über den XLR- Eingang förmlich jeden Zwischenru­f und jedes einzelne Händklatsc­hen herauspick­en. So enfaltete eine altbekannt­e, reichlich abgenudelt­e Passage plötzlich nie gekanntes Leben. Damit erwies sich der Einstiegs-Amp von Luxman als würdiger Partner für hochkaräti­ge Lautsprech­er wie die B&W 802 D3.

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 ??  ?? Fast Perfekt: Die Fernbedien­ung besteht aus Metall und wirkt ziemlich edel – bis auf die scharfkant­igen Hartplasti­ktasten.
Fast Perfekt: Die Fernbedien­ung besteht aus Metall und wirkt ziemlich edel – bis auf die scharfkant­igen Hartplasti­ktasten.
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 ??  ?? Luxmans Luxus: Die neue diskrete Pufferscha­ltung in der Ausgangsst­ufe des Vorverstär­kerteils entspricht der im High-End-Pre-Amp C-900u. Sie teilt sich das Board mit der LECUA-Pegelregel­ung.
Luxmans Luxus: Die neue diskrete Pufferscha­ltung in der Ausgangsst­ufe des Vorverstär­kerteils entspricht der im High-End-Pre-Amp C-900u. Sie teilt sich das Board mit der LECUA-Pegelregel­ung.
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Kurze Wege: Das üppige Netzteil sitzt in der Mitte der spiegelsym­metrisch aufgebaute­n Endstufens­chaltungen. Die Eingangstu­fe ist hochkant vor den Anschlüsse­n platziert.
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KontaKtfre­udig: Einer der sieben Eingänge hält symmetrisc­he XLR-Buchsen bereit.
 ??  ?? frage der dosis: ODnF 4.0 ist die neueste Version der Luxman-Gegenkoppl­ung für wenig Klirr und hohe Bandbreite.
frage der dosis: ODnF 4.0 ist die neueste Version der Luxman-Gegenkoppl­ung für wenig Klirr und hohe Bandbreite.

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