Luxman L-505uXii
Ein Klassiker neu aufgelegt: Der Vollverstärker zeigt, dass die gute alte Transistortechnik noch lange nicht ausgedient hat
Luxman war nie weg, aber lange nicht mehr voll da. Nachdem wir den L-505uXII gehört haben, sind wir sicher: Von denen hören wir wieder mehr.
Der Vertrieb IAD, deutsche Tochter vom Firmenverbund IAG ist so etwas wie ein audiophiler Jurassic Park. Hier leben Marken weiter, die beinahe alle schon mal tot geglaubt wurden von der breiten Öffentlichkeit. Mission, Wharfedale, Quad oder Castle. Seit 2014 gibt es eine neue Attraktion zu bestaunen: die Verstärker von Luxman. Sind HiFi-Verstärker in Zeiten von Multiroom- Audio und AktivboxenBoom schon eine seltene Spezies, gilt das für klassische Konzepte wie den Luxman L- 505uXII ganz besonders. Der 22,5- Kilo- Bolide schaut aus, als stamme er direkt aus den glorreichen 70ern. Das Design erinnert an seine Vorfahren aus dem Hause Luxman und auch ein wenig an die japanischen Mitbewerber von Accuphase. Während die Fronten der letzten überlebenden Verstärker ähnlich karg sind wie die Inhaltsverzeichnisse heutiger Nachrichtenmagazine, reihen sich hier aus dem Vollen gearbeitete Regler aneinander – gekrönt von zwei beleuchteten Leistungsanzeigen. Mit einem Preis von 4500 Euro wäre der L- 505uXII der abgehobene Exot in so ziemlich jedem heutigen HiFi- Programm eines japanischen Herstellers. Im Fall von Luxman reicht es allerdings nur zum Einstiegsgerät – das Topmodell der Verstärkerlinie kostet mehr als das Doppelte. Offensichtlich hat der Dornröschenschlaf der DNA der Traditionsmarke nicht geschadet.
Traditionelles Handwerk
Der L- 505uX blickt auf eine bis ins Jahr 2011 zurückreichende Geschichte zurück. Ursprünglich kam der Baureihe eine technische Vorreiterrolle zu. Die Highlights des Luxman-Amps stecken hinter den verheißungsvollen Bezeichnungen 4.0 ODNF ( Only Distortion Negative Feedback) und LECUA (Luxman Electronically Controlled Ultimate Attenuator). ODNF steht für schnelle Anstiegsraten,
eine für große Übertragungsbandbreiten bei niedrigsten Verzerrungen optimierte GegenkopplungsVariante. Sie vertraut auf eine Parallelschaltung der ersten Stufe mit der nach dem klassischen Darlington- Prinzip aufgebauten zweiten Verstärkerstufe und leitet in der Feedback- Schleife nur Verzerrungskomponenten aus dem Ausgang zurück. LECUA könnte vom Namen her auch eine neue Premium- Limousine eines japanischen Autoherstellers sein. Tatsächlich verbirgt sich hinter den fünf Buchstaben eine aufwendige Lautstärkeregelung, die eine Pegelanpassung in 88 Stufen ermöglicht. Statt eines konventionellen Potenziometers verwendet die ehemalige AlpsTochter ein elektronisch gesteuertes IC mit einem Netzwerk aus Festwiderständen, um Lautstärke- und Balance- Regelung in einem Aufwasch zu ermöglichen. Davon versprechen sich die Luxmänner geringste Einflüsse auf die Signalreinheit, ganz beson- ders, was Rauschen betrifft. Wer die Lautstärke nicht mit der Fernbedienung im Full- Metal- Jacket justiert, kann feststellen, dass sich trotz der elektronischen Regelung das vertraute Gefühl eintellt, wie man es früher von gekapselten Alps- Motor- Potis kannte. Der L- 505uXII nimmt nicht nur Anleihen bei historischen Vorbildern, sondern auch bei kostspieligeren diskreten Vor- und Endstufen. Der Vollverstärker verfügt
HOMMAGE AN GOLDENE ZEITEN – MIT SILBERFRONT
über eine neue diskrete Pufferschaltung in der Ausgangsstufe der Vorverstärkersektion, die in der High- End-Vorstufe Luxman C- 900u verwendet wird. Die Vorverstärker- Ausgangsstufe stellt mehr Strom bereit als üblich. Die Klarheit des Audiosignals profitiert davon, während gleichzeitig die Leistungsverstärkerstufe kräftig angesteuert wird.
Strom im Überfluss
Damit an Strom kein Mangel herrscht, stellt Luxman dem EI- Kern- Leistungstransformator eine aufwendige Regelung und ein üppiges Reservoir von vier 10000- μF- Kondensatoren zum Zweck einer äußerst stabilen, schnell ansprechenden Stromversorgung zur Seite. Folglich suchten die Entwickler die für niedrige Impedanz parallelgeschalteten Lautsprecherrelais nach hoher Belastbarkeit und geringem Widerstand aus, um eine verlustfreie Übertragung des Ausgangssignals zu gewährleisten. Im Zuge der Modellpflege wurde der Dämpfungsfaktor der Mk2-Version von 180 auf 210 verbessert. Dieser Fortschritt gelang durch Verringerung der Impedanz der internen Verdrahtungen, bei denen sauerstofffreies OFC- Kupfer eine tragende Rolle spielt. Ähnlich wie Naim Audio versuchte Luxman deshalb, jegliche scharfe Knicke in der hochwertigen Verkabelung zu vermeiden. Die Lebensadern des Verstärkers werden penibel geroutet, um den Signalfluss nicht zu stören und kurze Wege zu haben.
Vielseitig nutzbar
An Anschlüssen herrscht kein Mangel am L- 505uXII – sofern der Besitzer nicht auf Digital- Eingänge aus ist. Neben fünf Cinch- Hochpegel- Eingängen und einem symmetrischen XLREingang wartet der Luxman- Amp mit einem hochwertigen PhonoVorverstärker auf, der sich mit MM- und MC-Tonabnehmern verwenden lässt. Dazu kommen ein TapeAusgang und Pre- Out- plus Main- InBuchsen, um den Vollverstärker in Vorund Endstufe aufzutrennen. Im Hörtest war allerdings Geschlossenheit gefragt. Der Luxman musste sich in seiner primären Eigenschaft als
Vollverstärker bewähren. Und das gelang ihm sehr überzeugend. Er lieferte genug Spannung für leistungshungrige Boxen und genug Strom, um all jene Schallwandler mit kritischem Impedanzverlauf souverän zu kontrollieren. So ließen sich weder Vorlieben für bestimmte Lautsprecher, noch für bestimmte Musikrichtungen erkennen. Stets klang der L- 505uXII äußert ausgewogen und sehr detailreich. Je komplexer die Musik wur- de, desto mehr unterstrich der Luxman seine besondere Klasse. Seine außergewöhnliche Akkuratesse äußerte sich freilich mustergültig bei Klassikaufnahmen, wo er den akustischen Abdruck der Aufnahmeumgebung bewahrte. Allerdings gab es ein Beispiel aus der Rockmusik, das Bände über Detailreichtum, Auflösungsvermögen und den siebten Sinn für Raumdarstellung sprach. Ausgerechnet der Applaus im Intro von „Hotel California“, das man schon 1000 Mal mehr oder weniger lebendig dargeboten bekam, lebte extrem auf: Das Publikum klang authentischer und besonders breit und tief gestaffelt. Man konnte sich in der plastischen Darstellung, die einen in selten gekannter Pracht einhüllte, besonders über den XLR- Eingang förmlich jeden Zwischenruf und jedes einzelne Händklatschen herauspicken. So enfaltete eine altbekannte, reichlich abgenudelte Passage plötzlich nie gekanntes Leben. Damit erwies sich der Einstiegs-Amp von Luxman als würdiger Partner für hochkarätige Lautsprecher wie die B&W 802 D3.