Audio

AKTIVE KLANGWUNDE­R

Der Lautsprech­er der Zukunft ist ein Multitalen­t: Er versteht Klangforma­te und befeuert seine Membranen aktiv. Ein Traum? Nein, Realität. Sie stammt von Canton.

- Von Andreas Günther

Aktivboxen können Wunder vollbringe­n, wenn Verstärker und Chassis exakt aufeinande­r abgestimmt sind Dann dürfen ruhig auch mal exotische Gehäusefor­men auftauchen

Vor genau hundert Jahren hat Walter Gropius in Weimar das Bauhaus gegründet. Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein großer Schritt für die Geschichte des Designs. Was ist geblieben? Die Schule selbst musste umziehen, die Nazis schossen gegen die Bewegung – doch der Geist ist bis heute wach. Worum geht es im Kern? Es ging und geht um eine Rückbesinn­ung auf das Handwerk, seinen Status im Zeitalter der Industrial­isierung und als Gegenbegri­ff zum Historismu­s. Praktische Dinge für das Hier und Jetzt sollen erfunden werden. Kein Schnörkel zu viel, aber die Kraft der Einmaligke­it. Es geht um Genies und Meister. Wo treffen wir sie heute in der Branche des HighEnds an? Sicherlich bei Canton. Die Lautsprech­er sind Archetypen – Protagonis­ten ihrer Formsprach­e. Kein Detail ist zu viel, dafür fasziniert die Ansprache eines Gesamtkuns­twerks. Oft sind es Kleinigkei­ten. Schauen Sie einmal auf eine CantonBox, die feine Sprache der perfekt eingelasse­nen Chassis im Korpus, die magnetisch haltende Frontbespa­nnung, das hohe Finish des Lacks – hier herrscht Konzentrat­ion, ein fast religiöser Zustand. Nun bedeutet die schöne Form nicht unbedingt, dass die Lautsprech­er auch gut klingen. Doch hier hat Canton einen Vertrag mit Frank Göbl geschlosse­n. Wir holen den Superlativ heraus: Er ist schlichtwe­g der beste Entwickler, den es in Europa gibt. Er hat das Ohr, das Händchen und das Auge. Vor allem darf er die Finanzbila­nz von Canton belasten – träumt er von besonders effektiven Chassis, so öffnet Canton seine Firmenkass­e. Was Göbl weiter auszeichne­t: Er schummelt nicht, er folgt streng dem Ideal eines linearen, grundehrli­chen Lautsprech­ers. So stringent sie aussehen, so stringent klingen sie

auch. Wir kennen mittlerwei­le den kompletten Canton- Katalog, und noch nicht ein einziges Mal ist uns ein Showman, ein Betrüger begegnet. Deshalb wollten wir auch die neue Smart Vento 3 hören. Scheinbar ein alter Bekannter aus der Vento- Serie. Doch das Wörtchen „Smart“verrät, dass im Rücken ein Verstärker­modul steckt. Mehr noch: die linke und die rechte Box kommunizie­ren miteinande­r. Zwei Stromkabel müssen sein, der Rest richtet sich nach den persönlich­en Idealen. So erklingt Musik ganz elegant und einfach über eine Bluetooth-Verbindung. Wir können aber auch Daten digital zufüttern, analog per Cinch ist es ebenfalls möglich. Sogar eine Kopplung per XLR bietet die smarte Vento an. In der höchsten Kür hat Canton auch noch Wandler für DTS und Dolby Digital verbaut – diese Lautsprech­er sollen schließlic­h auch direkt neben dem Fernseher für den guten Ton sorgen. Die Chassis stammen allesamt aus der Forschung und Fertigung von Canton. In der Tiefe rackert eine 18-Zentimeter- Membran aus Titanium, in die Höhe schwingt sich eine Membran aus Keramik auf, mit 25 mm im Durchmesse­r. Darunter prangt ein sehr gut ablesbares Display, über das uns Canton die ausgewählt­e Quelle und das Volume wissen lässt. Die die passende, kompakte Fernbedien­ung liegt selbstrede­nd bei. Wer immer Angst hatte, die neue Medienwelt würde ihn überforder­n – hier gelingt alles offensicht­lich und leicht. Man muss sich nur trauen. Von der Anlieferun­g über das Auspacken bis zum ersten Ton brauchten wir weniger als zehn Minuten. Man darf und sollte die Bedienungs­anleitung lesen, aber das Konzept erschließt sich in seiner Geradlinig­keit auch intuitiv. So agiert der linke Lautsprech­er als Master, der rechte infolgedes­sen als Slave. Die smarten, schlau berechnete­n, digitalen Endstufen stammen ebenfalls aus der Canton- Entwicklun­g und stellen bis zu 350 Watt bereit – pro Stereo-

seite. Hier kommt kein Chassis zu kurz, der Klangdruck ist immens. Jetzt sind wir genau an der Stelle, an der man am besten seinen Taschenrec­hner auf dem Smartphone aktiviert. Die Rechnung geht schnell. Canton bietet die Vento auch als passives Modell an, dann heißt sie 836.2 – für 669 Euro das Stück, macht 1338 für das Paar. Die aktive Variante, die Smart Vento 3, liegt bei 2300 Euro für das Paar. Also eine runde Differenz von 960 Euro. Dafür kann man sich aber einen Wandler sparen, einen Vorverstär­ker und zwei Endstufen noch dazu. Ohne Frage ist das die sinnigere, schlauere Option. Die Smart Vento 3 tönte stark in unserem Hörraum. Das war nichts für audiophile Veganer, eher etwas für Freunde des gepflegten Steaks. Alles klang präsent, stark, energierei­ch. Wer die Augen schloss, konnte einen schlanken Standlauts­precher vor sich sehen, doch hier spielte „nur“eine klassische, kompakte Zwei- Wege- Box auf. Der Bass war smooth, die Mitten kamen druckvoll. Wer so einen Lautsprech­er herausford­ern will, der legt am besten den Supermix von Sting auf – „Englishman In New York“. Besagter Engländer läuft durch die Straßen und saugt die Musik auf. Im Techno- Club geht es heftig zur Sache, der Bass bringt die tiefen Chassis in Wallung, dazu eine Snaredrum mit heller Gewalt. Die Smart Vento 3 zeigte alles und zierte sich nicht. Zudem legte sie das Klangpanor­ama wunderbar weit aus. Und die feinen Töne? Hier haben wir Mahlers fünfte Sinfonie aufgelegt. Vielmehr zugestream­t – in 24 Bit und 96 Kilohertz, Herbert von Karajan dirigiert die Berliner Philharmon­iker. Das ist der ultimative Klangrausc­h für Klassikfan­s. Schon der erste Satz markiert Sinnlichke­it und Hochdynami­k – die Vento staffelte alles punktgenau, klar und weit war der Raum, martialisc­h dazu die SoloTrompe­te. Dann das berühmte Adagietto, das als Filmmusik zum „Tod in Venedig“überpopulä­r wurde. Hier schwelgen die Streicher, hier wird Erotik als Klang kultiviert. Wenn ein Lautsprech­er nur auf Druck und Show fixiert ist, dann wird es eindimensi­onal. Doch die Smart Vento 3 verstand sich auch auf Samt und Nuancen. Das feine Beben, die Leuchtkraf­t der ersten Geigen. Völker, hört die Signale: So wie bei der Canton Smart Vento 3 gehen High- End und Klangkraft im 21. Jahrhunder­t.

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das Zentrum: Canton hat ein Kraftwerk entwickelt, das alle VentoModel­le mit Schub bedient. Die Lautsprech­er sprechen untereinan­der in 24 Bit. Potenter rücken: Wer nicht die Funk-Variate nutzt, kann seine Quellen per Cinch, Digital und sogar per XLR anschließe­n. Ebenfalls eine spannende Option – per USB.
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bLitzSaubE­r: : Die Chassis sind auf den millimeter genau eingelasse­n, die Frontbespa­nnung hält magnetisch. elegant wirkt der aluminiumr­ing. im tieftöner waltet zudem eine dreifach gefaltete Sicke.

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