Männer aM Grill
Mit „Distance Over Time“gehen Dream Theater zurück zu ihren Wurzeln, zur Live-Performance als Band im Studio. Eine umgebaute Scheune nahe Woodstock war Schauplatz einer unterhaltsamen Landpartie, wie Sänger James Labrie erzählt.
James, warum habt ihr euch für diese Location entschieden?
Die Yonderbarn-Scheune liegt in den Catskill Mountains, mitten im Wald, direkt an einem See. Die Landschaft dort ist atemberaubend schön. Das war wie ein Camping-Ausflug mit meinen besten Freunden, wir hatten eine Superzeit. Wir haben entspannt mittags angefangen zu Schreiben, zu Proben, haben bis abends gearbeitet und danach draußen gegrillt.
Also fünf Männer beim Barbeque?
Genau! Es gab Chicken Wings, Burger, Rippchen, jeder war mal dran. Grillen war ein echt wichtiger Teil des Entstehungsprozesses dieses Albums! Es war schön, sich beim Bier mal wieder ausführlich über Gott und die Welt zu unterhalten. Auf diesem Album klingt unsere Freundschaft durch.
Konkret: Welchen Effekt hatte dieser Arbeitsprozess auf die neuen Songs?
Das Resultat ist eine Live-Performance. Die Songs sind sehr direkt und energetisch, weil wir alle gemeinsam in einem Raum gespielt haben. Wenn wir in dieser Form arbeiten, fallen die Songs meist ein bisschen härter aus. Das liegt daran, dass du dich von der Power der anderen in Raum mitreißen lässt.
Ihr habt dann entschieden, dort nicht nur zu proben, sondern auch gleich dort aufzunehmen.
Genau. Anfangs wollten wir nur dort proben, aber der hohe Raum mit seiner Holztäfelung klang einfach fantastisch. Also riefen wir unseren Engineer James „Jimmy T“Meslin von den Cove City Sound Studios an. Er kam mit seinem Pro-Tools-Equipment vorbei und wir bauten in drei Tagen unseren Proberaum zum Studio um. Wir haben Gitarre, Bass und Schlagzeug direkt abgenommen, plus ein paar Raummikrofone dazu. Alles war recht rudimentär, fast wie bei Led Zeppelin in Headly Grange. Aber es klang am Ende phänomenal.
Gab es ein inhaltliches Konzept?
Diesmal nicht. John Petrucci, Mike Mangini und ich haben die Texte geschrieben. Aber sie besitzen einen gemeinsamen Nenner – der Zustand der Menschheit, diese seltsame Zeit, in der wir uns befinden, eine Zeit voller Unsicherheit, Ängste und Ungewissheit.
Die Unisono-Läufe von John und Jordan sind atemberaubend. Was denkst du, wenn du diese Virtuosen komponieren siehst?
Ich kenne sie seit 30 Jahren und habe in zahllosen Momenten erlebt, wie die beiden richtig abgehen. Aber selbst heute steht mir der Mund oftmals offen, wenn ich ihre Finger fliegen sehe! Das ist pure Magie! Es ist inspirierend, denn es sieht bei beiden so unangestrengt aus. Es steckt dich an, kreativ zu sein.
Es gab bei den Sessions einen Running Gag um ein Bass-Riff von John Myung, das nie benutzt wurde, stattdessen aber Ausgangspunkt für fünf Songs wurde.
(lacht) Das Witzige ist: Johns Basslauf war die erste Idee, die wir probten. Doch daraus entstand ein anderer Song. Ein paar Tage später das Gleiche: Wir probten sein Riff, doch heraus kam etwas ganz anderes. So ging das fünf Mal! John war echt niedergeschlagen. Wir zogen ihn auf, ob er nicht auch mal eine Songidee hätte! Aber am Ende entstand daraus dann „S2N“.
Und eure nächste Veröffentlichung? Vielleicht ein Grill-Kochbuch?
Großartige Idee!