Elac Navis ARF-51
Die Kieler hüten geheimes Wissen: Sie verstehen sich auf die Kunst, einen kompakten, klassischen A/B-Verstärker zu entwerfen. Die Chassis dazu sind superb ausgewählt. Von Andreas Günther
Diese schlanke Aktivbox arbeitet in klassischer Transistortechnik
Die digitalen Verstärker setzen unserer Welt zu einem Siegeszug an. Jeder will einen im Portfolio haben. Nur Elac nicht. Die Kieler vertrauen weiterhin dem klassischen Transistor- Prinzip. Das kann man als altväterlich abtun, man kann aber auch nach den tieferen Gründen fragen. Als da wären: Elac liebt den Aufbau der Leistungsträger nach dem BASH- Protokoll. Dazu nur so viel: Hier bekommt man eine ehrliche ClassA/ B-Schaltung, kann aber beim Netzteil deutlich an Bauraum sparen – viel Kraft in kompakter Bauform. Sämtliche Elac-Subwoofer sind mit BASH ausgestattet. In der Navis ARF- 51 nutzt Elac ein BASH- Konstrukt mit gleich drei Endstufen – jeder Arbeitszweig wird mit einem eigenem Kraftwerk bedacht. Der leistungshungrige Tieftonanteil bekommt 160 Watt, der Mitteltöner 100 Watt, und der kleine Hochtöner wird mit 40 Watt bedient. Auf diesem Weg will Elac einerseits den Drive sichern, zugleich auch die bösen
Geister wie Clipping oder Übernahmeverzerrungen vertreiben. Außerdem liegt der Störabstand deutlich über 100 Dezibel. Das ist stattlich. Wer ein wenig durch den Elac- Katalog streift, entdeckt die FS U5, die aussieht wie der Navis ARF- 51 aus dem Gesicht geschnitten, aber passiv ist. Hier wurde Gehirnschmalz investiert. Das Mastermind hinter allem ist Andrew Jones, ein begnadeter, charismatischer Entwickler und Designer aus England. Er bedient vor allem den US- amerikanischen Zweig von Elac, eine Tochtergesellschaft mit Sitz in Kalifornien. Das Konzept des Andrew Jones ist zielführend und stringent: In der Tiefe schwingen gleich drei Alumembranen mit 15 cm im Durchmesser. Ab 260
Hertz wird das Signal weitergereicht an einen Mitteltöner mit 10 cm. In dessen Innerem sitzt ein Kalotte, die ab 2200 Hertz anspringt – also ein Koax- Chassis. Das Finish wirkt elegant, außer in Schwarz und Weiß gibt es das Holzfurnier auch in Rot-Schwarz mit dem schönen Namen „Emara“. Das Gehäuse ist mehrfach stabilisiert und verstrebt – natürlich sitzt der Koax-Wandler in einem eigenen Kabinett. Gleich drei Bassreflexöffnungen streben zur Rückseite. Was beim Blick auf den Rücken noch auffällt: Es gibt keine großformatigen Kühlrippen – die BASH- Endstufen arbeitet ohne übermäßige Hitzewallungen. Die Chassis selbst lassen sich über winzige Tipptasten individuell anpassen, jeweils von geradlinig bis zu plus oder minus einem dB. Etwas tiefer liegt das Anschlussterminal. Wir können dort per Cinch hinein, ebenso per XLR. Wichtig: Es liegt keine Fernbedienung bei, ebenso wenig gibt es am Korpus der Navis ARF- 51 irgendein Stellrädchen. Wer sie also per Signalkabel ansteuern will, muss aus einer regelbaren Vorstufe herausgehen. Oder? Es gibt bei der Wahl der Eingänge noch einen Winzschalter – „WL“. Das steht für Wireless. Tatsächlich kann die Navis ARF- 51 auch per Funk bedient werden. Dann braucht es eine kleine Box aus dem weiteren Fundus von Elac – die Discovery Connect (1100 Euro). Hier wird nicht nur ein Funkkanal zu den Endstufen aufgebaut, sondern es können auch Musik- Files gewandelt werden, bis hin zu Tidal und einer Steuerung per Roon. Sehr elegant ist das, und sehr schlau.
AUDIOPHILER WEIHRAUCH
Wie gut Andrew Jones sein Handwerk als Klangstratege versteht, das war schon nach wenigen Sekunden klar. Wir streamten einen harten Brocken herbei: Der kürzlich verstorbene André Previn dirigiert Orffs „Carmina Burana“. Die Aufnahme mit dem London Symphony Orchestra ist auf Flohmärkten auch als Vinyl zu haben und ganz frisch gepresst als Hi- Q Supercut oder CRCD. Was zeigt: Höchster audiophiler Weihrauch umweht diese Aufnahme, weil die Tontechniker der EMI hier das ganz große Dynamikfest entfachen. Es geht gewaltig in den Basskeller hinab, zudem liegen zwischen Pianissimo und doppelten Fortissimo Dezibel-Welten. Die meiste Elektronik, die meisten Lautsprecher geben auf und stellen sich tot. Schadensbegrenzung scheint vor audiophiler Wahrheit zu rangieren. Die Elac Navis setzte in unserem Hörraum nicht auf diesen faulen Kompromiss. Sie wollte alles zeigen. Schon das große Chorpanorama im ersten Stück fordert Druck aus den Endstufen und höchste Linearität der Chassis. Die Musik kennt jeder. Insbesondere die FC- Bayern- Fans – die Mannschaft entsteigt zu diesem Chor
DA LEBTE DIE AKUSTIK DES AUFNAHMESTUDIOS AUF
aus den Katakomben der Allianz- Arena. Die Emotionen kochen. Ein guter Lautsprecher muss diesen Spagat können – das Panorama entwerfen, zugleich aber auch den Druck in der Magengrube. Großartig, wie dies der ARF- 51 gelang. Wir staunten, weil wir auf eine schlanke Säule mit nur 19 cm in der Breite blickten. Die Navis wirkte eher filigran, beinahe beschützenswert. Trotzdem vermochte sie Wucht zu entfalten. Pure Power mischte sich mit einer luftigen, weiten Auflösung – da saß jeder Instrumentalist an seinem Platz, da war der Chor klar in seine Stimmgruppen gestaffelt. Dieses hohe Maß an Analyse war aber nie harsch. Die Chassis harmonierten perfekt. Da herrschten große Geschlossenheit und eine humane Abstimmung. Wie sieht es in der Gegenwelt der Popmusik aus? Wieder haben wir eine Luxusaufnahme herbeigestreamt: Paul McCartney und sein legendäres 70er- JahreAlbum „Band On The Run“. Davon kursieren zwei Versionen im Markt: die dynamisch angepasste (nett, aber langweilig) und die unkomprimierte (ein Fest für alle Freunde der Feindynamik). Wir haben auf die volle Breitseite gesetzt. Schon im Titelsong schleicht sich über das Gitarrensolo die kommende Power an. Klasse, wie die ARF- 51 die Spannung aufbaute. Da stimmten die Floskeln, die Nebensächlichkeiten im Hintergrund, davor die Singstimme – alles, was wir so gern „Klangkino“nennen. Manche Boxen beginnen bei den folgenden hohen Lautstärken zu kreischen. Nicht so die Navis, das war druckvoll, aber stets harmonisch. Wer wirklich laut hören mag, ohne sich unangenehm berührt zu empfinden – hier ist ein Wandler, der Kraftreserven mit starken Klangfarben verbindet. Zudem gefiel die Aura; die Elac verschaffte sich Luft – beispielsweise bei dem wunderbar angeheiterten Song „Picasso’s Last Words“. Da lebte die Akustik des Aufnahmestudios auf, präzise und reich an Reflexionen. Wer es noch eine Spur intimer mag: Das David Orlowsky Trio verabschiedet sich von der Weltbühne – mit einem Live- Mitschnitt aus der Elbphilharmonie. Erschienen in 24 Bit und 48 Kilohertz. Das ist Musik für die Sensiblen. Klasse, wie die ARF- 51 den großen Saal in Hamburg zum kleinen KlezmerKeller reduzierte. Jedes Instrument war auf den Punkt präsent, die Phrasierung war auf die Hundertstel Sekunde genau zu erleben. Abermals: ein Klangkonzept mit Potenzial, maximal ehrlich, maximal reich.