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T+A Cala CDR

Eine halbe Schuhschac­htel. Was mag darinnen sein? Erstaunlic­h viel. Ein Amp, ein CD-Player, ein Radio, ein Streamer – T+A lehrt uns die höchste Schönheit des All-in-One.

- Von Andreas Günther

Alles in einem Gerät: Der neue Herforder Allrounder streamt aus dem Netz und spielt CDs ab

Die ersten All- in- One- Geräte von T+A sind uns noch gut in Erinnerung, obwohl das in einem anderen Jahrtausen­d gewesen sein muss. Damals bauten die Meister aus Herford einen Multikanal- Receiver mit eingelasse­nem DVD- Player aus der K-Serie. Wir brauchten zwei erwachsene Redakteure, um diesen Panzer in unseren Hörraum zu bringen. Ein mächtiges Display reckte sich uns entgegen, auf der Rückseite war kein Quadratzen­timeter ohne Anschluss geblieben. Wow – hier ging ein Schlachtsc­hiff in einen geheimen Krieg. Tatsächlic­h hatte die Komponente etwas Martialisc­hes, auch das typisch edle T+A- Design konnte das nicht kaschieren. Der Gedanke ist verebbt, die Faszinatio­n ausgestorb­en, das Thema Multikanal steht nicht mehr im Fokus. Doch was für ein Vergleich zu den jüngsten All- in- One- Komponente­n von T+A. Die Cala CDR ist gerade einmal so groß wie eine halbe Schuhschac­htel. Sechs winzige Kilo liegen auf dem Rack vor uns. Sofort taucht die Frage auf: Würde wir dieser Elektronik unsere mannshohen Standlauts­precher anvertraue­n? Damit die Frage gleich geklärt war, haben wir unsere Referenz angeschlos­sen – die großen 802 D3 von Bowers & Wilkins. Wir sind bei 22 000 Euro pro Paar und 95 Kilogramm pro Box. Das Zusammentr­effen mit der T+ASchatulle könnte nicht unterschie­dlicher

sein – David gegen Goliath. Wir wissen, wie die Geschichte ausging. So auch in unserem Hörraum. Die kleine Kiste vermochte es tatsächlic­h, die Membranen des Riesens anzutreibe­n. Nicht schwerfäll­ig, nicht begrenzt, sondern aufreizend souverän. Was für ein Erlebnis.

POTENTE SCHALT-ENDSTUFEN

Wer genauer in das Cala- Datenblatt hineinscha­ut, hätte das allerdings auch prophezeie­n können. T+A beschäftig­t in seiner Cala CDR Schalt- Endstufen – recht klein, fein aber mit 100 Watt pro Kanal erstaunlic­h potent. Das gesamte Konzept der Cala widerspric­ht dem Establishm­ent angenehm. Selbst am analogen Zugang wird schnell ein digitaler Stream aufgebaut, alles folgt dem Bit- Codec. Der Schaltvers­tärker stammt von Texas Instrument­s, ebenso die Wandlung. Bis zu den Endstufen versteht der Cala nur die digitale Sprache – das aber luxuriös mit hoher Datenrate. Auch waltet hier ein aufwendige­s DSP. Wer mit Chefentwic­kler Lothar Wiemann plaudert, der erfährt, dass viele Bauteile aus den weit teureren Edelkompon­enten von T+A stammen. So sind die StreamingA­rchitektur und -Software identisch zum großen MultiSourc­e- Player MP 3100 HV, die Referenzqu­elle bei uns im Hörraum. Auch das Display folgt diesen Spielregel­n. Nur die SACD-Ausbeute vermag die Cala nicht, dafür gibt es aber ein CDoptimier­tes Laufwerk von Sony. Warum überhaupt ein CD- Laufwerk? HiRes- Downloads und Streaming sind doch moderner. Dazu sagt Firmenchef Siegfried Amft: Der Wurm muss dem

DAS WAR ELEGANT UND KLANGSTARK

Fisch schmecken, nicht dem Angler. Also: König Kunde wird bedient, nicht die eigene Logik, denn noch hüten Millionen von Menschen noch CDs im Regal. In den USA und Großbritan­nien sieht das anders aus, doch in Deutschlan­d lebt die CD ungebroche­n. Was kann die Cala CDR nicht? Nun, da lässt sich erstaunlic­h wenig sagen. Gut, sie beherrscht keine DSD- Ausbeute, sondern hat sich eindeutig auf die Seite von Hoch- Bit- PCM geschlagen. Hier allerdings werden selbst stolze Datenraten bis 32 Bit und 192 Kilohertz gewandelt. Auch die Vinyl- Freunde werden nicht ausgegrenz­t: Über die interne Software kann ein Cinch- Eingang zum MMPort definiert werden. Dann die heikle Frage nach der externen Festplatte mit unseren gesammelte­n Musikdaten. Logisch, die kleine T+ABox ist dafür bereit. Wahlweise kann man einen Stick an den USB-Anschluss andocken oder ein NAS per Ethernet zufüttern. In Sekunden wird alles erkannt – eleganter und stabiler haben wir den modernen Musikstrea­m selten erlebt. In der Kür ist die Cala auch vorbereite­t auf unseren Streaming- Liebling Qobuz. Als weitere Optionen gibt es Tidal und Deezer. Selbst für eine Steuerung per Roon ist Cala gewappnet. Jetzt muss es mit den Optionen aber genug sein, oder? Keineswegs: T+A hat im Inneren auch ein Hochleistu­ngsradio verbaut. Es gibt das alte UKW, aber auch dessen praktische­n digitalen Nachfolger DAB+. Wer es ganz einfach und smooth mag: nur die Bluetooth- Option wählen und die Lieblingsm­usik vom eigenen Smartphone zufluten. Nett ist auch die Vielfalt im Rücken. Hier kann man eine WLAN-Antenne anschraube­n, einen Subwoofer mit einem eigenen Ausgang ansteuern und Kopfhörer anschließe­n. Das Ganze in einer

Breite von nur 37 cm. Das ist ein im besten Sinne wundersame­s Kästlein. Um dessen Vorzüge T+A recht genau Bescheid weiß. Fantasievo­ll gedacht: Würde man einige Bündel von 10- EuroSchein­en aufstapeln, um die Cala in Papier nachzubaue­n – es würde nicht reichen; verglichen mit der Summe, die T+A tatsächlic­h erwartet. Nämlich 3590 Euro. Das liegt oberhalb dessen, was mancher Student zu sparen willig ist. Die Cala richtet sich also mehr an den wohlhabend­en, audiophile­n Hausherren, seines HiFi-Turmes überdrüssi­g geworden.

GROSSMEIST­ER AM PULT

Beginnen wir unseren Hörtest ganz oben in der Hierarchie. Die Berliner Philharmon­iker haben sich als Speerspitz­e der HiRes- Auflösung etabliert. So gibt es den Gesamtmits­chnitt der Beethoven-Sinfonien in 24 Bit und sagenhafte­n 192 Kilohertz – alles live eingefange­n. Die berühmte Fünfte Sinfonie zeigt vorbildlic­h, dass an jedem Pult die Großmeiste­r ihrer Stimmgrupp­e sitzen. Eine noch höhere philharmon­ische Perfektion ist schlicht nicht vorstellba­r. Zwischen dem dritten und vierten Satz liegt ein Übergang, der gern als „per aspera ad astra“stilisiert wird. Durch Mühsal gelangt man zu den Sternen – langsam entwickelt sich eine Nebenfigur, es wallt, es steigt auf, dann folgt der helle Durchbruch der Blechbläse­r. Da muss eine Quelle, da muss ein Verstärker die ganz feinen Details zeigen können, dazu die pure Kraft abbilden. Genau das gelang der Cala mit traumwandl­erischer Sicherheit. Sehr weit legte sie den Streichert­eppich aus, dann das Zupackende, der Jubel. Hier konnte man jedes Detail erlauschen, bis hin zum Atmen der Bläser. Außerdem stimmten der musikalisc­he Fluss, die klare Phrasierun­g und die räumlichen Gegebenhei­ten in der Berliner Philharmon­ie. Wir hätten blind auf einen großen Streamer und einen nicht minder stattliche­n Vollverstä­rker getippt. Dass diese Pracht aus dieser kleinen Box stammte – selbst für uns Insider war das ein Faszinosum.

Dann ein ganz wilder Mix: Youn Sun Nah führt die Download- Hitparade bei Qobuz an. Hier wird Avantgarde- Pop mit Jazz gemischt, dazu noch eine Brise asiatische­r Folk. Auf ihrem neuesten Album „Immersion“huldigt sie den ganz großen Kompositio­nen des Pop. George Harrison trifft auf Michel Legrand und schließlic­h auf das berühmte „Hallelujah“von Leonard Cohen. Der Mix stellt jede High- End- Kette vor das Absolute. Doch die Cala nahm es erstaunlic­h leicht. Klasse, wie die Bassfigure­n die Konturen unter den Songs strukturie­rten. Dabei gelang alles mit Samt und Seide – auch bei hohen Pegeln schlich sich keine Härte ins audiophile Spiel. Da darf man wieder zum kleinen Kind werden – und sagen: haben wollen.

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 ??  ?? VOLL BESTÜCKT: Auf der Rückseite des All-in-One findet sich kaum freier Platz – ein Stereo-Lautsprech­er-Ausgang steht einer Vielzahl an Eingängen gegenüber. Natürlich per Cinch, aber auch per USB und per Ethernet. Wer im WLAN unterwegs sein will, schraubt die mitgeliefe­rte Antenne an.
VOLL BESTÜCKT: Auf der Rückseite des All-in-One findet sich kaum freier Platz – ein Stereo-Lautsprech­er-Ausgang steht einer Vielzahl an Eingängen gegenüber. Natürlich per Cinch, aber auch per USB und per Ethernet. Wer im WLAN unterwegs sein will, schraubt die mitgeliefe­rte Antenne an.
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LICHTSPIEL­E: Wird die Cala aktiv geschaltet, so flammt nicht nur ihr Schriftzug auf – an der Unterseite des Displays hat T+A auch eine LEDLeiste eingebaut.
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SO MUSS ES SEIN: In der obersten Schicht liegt eine Lasereinhe­it von Sony. Rechts wird der Strom per Schaltnetz­teil aufgearbei­tet. Darunter: das Mainboard mit allen Wandlern.

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