T+A Cala CDR
Eine halbe Schuhschachtel. Was mag darinnen sein? Erstaunlich viel. Ein Amp, ein CD-Player, ein Radio, ein Streamer – T+A lehrt uns die höchste Schönheit des All-in-One.
Alles in einem Gerät: Der neue Herforder Allrounder streamt aus dem Netz und spielt CDs ab
Die ersten All- in- One- Geräte von T+A sind uns noch gut in Erinnerung, obwohl das in einem anderen Jahrtausend gewesen sein muss. Damals bauten die Meister aus Herford einen Multikanal- Receiver mit eingelassenem DVD- Player aus der K-Serie. Wir brauchten zwei erwachsene Redakteure, um diesen Panzer in unseren Hörraum zu bringen. Ein mächtiges Display reckte sich uns entgegen, auf der Rückseite war kein Quadratzentimeter ohne Anschluss geblieben. Wow – hier ging ein Schlachtschiff in einen geheimen Krieg. Tatsächlich hatte die Komponente etwas Martialisches, auch das typisch edle T+A- Design konnte das nicht kaschieren. Der Gedanke ist verebbt, die Faszination ausgestorben, das Thema Multikanal steht nicht mehr im Fokus. Doch was für ein Vergleich zu den jüngsten All- in- One- Komponenten von T+A. Die Cala CDR ist gerade einmal so groß wie eine halbe Schuhschachtel. Sechs winzige Kilo liegen auf dem Rack vor uns. Sofort taucht die Frage auf: Würde wir dieser Elektronik unsere mannshohen Standlautsprecher anvertrauen? Damit die Frage gleich geklärt war, haben wir unsere Referenz angeschlossen – die großen 802 D3 von Bowers & Wilkins. Wir sind bei 22 000 Euro pro Paar und 95 Kilogramm pro Box. Das Zusammentreffen mit der T+ASchatulle könnte nicht unterschiedlicher
sein – David gegen Goliath. Wir wissen, wie die Geschichte ausging. So auch in unserem Hörraum. Die kleine Kiste vermochte es tatsächlich, die Membranen des Riesens anzutreiben. Nicht schwerfällig, nicht begrenzt, sondern aufreizend souverän. Was für ein Erlebnis.
POTENTE SCHALT-ENDSTUFEN
Wer genauer in das Cala- Datenblatt hineinschaut, hätte das allerdings auch prophezeien können. T+A beschäftigt in seiner Cala CDR Schalt- Endstufen – recht klein, fein aber mit 100 Watt pro Kanal erstaunlich potent. Das gesamte Konzept der Cala widerspricht dem Establishment angenehm. Selbst am analogen Zugang wird schnell ein digitaler Stream aufgebaut, alles folgt dem Bit- Codec. Der Schaltverstärker stammt von Texas Instruments, ebenso die Wandlung. Bis zu den Endstufen versteht der Cala nur die digitale Sprache – das aber luxuriös mit hoher Datenrate. Auch waltet hier ein aufwendiges DSP. Wer mit Chefentwickler Lothar Wiemann plaudert, der erfährt, dass viele Bauteile aus den weit teureren Edelkomponenten von T+A stammen. So sind die StreamingArchitektur und -Software identisch zum großen MultiSource- Player MP 3100 HV, die Referenzquelle bei uns im Hörraum. Auch das Display folgt diesen Spielregeln. Nur die SACD-Ausbeute vermag die Cala nicht, dafür gibt es aber ein CDoptimiertes Laufwerk von Sony. Warum überhaupt ein CD- Laufwerk? HiRes- Downloads und Streaming sind doch moderner. Dazu sagt Firmenchef Siegfried Amft: Der Wurm muss dem
DAS WAR ELEGANT UND KLANGSTARK
Fisch schmecken, nicht dem Angler. Also: König Kunde wird bedient, nicht die eigene Logik, denn noch hüten Millionen von Menschen noch CDs im Regal. In den USA und Großbritannien sieht das anders aus, doch in Deutschland lebt die CD ungebrochen. Was kann die Cala CDR nicht? Nun, da lässt sich erstaunlich wenig sagen. Gut, sie beherrscht keine DSD- Ausbeute, sondern hat sich eindeutig auf die Seite von Hoch- Bit- PCM geschlagen. Hier allerdings werden selbst stolze Datenraten bis 32 Bit und 192 Kilohertz gewandelt. Auch die Vinyl- Freunde werden nicht ausgegrenzt: Über die interne Software kann ein Cinch- Eingang zum MMPort definiert werden. Dann die heikle Frage nach der externen Festplatte mit unseren gesammelten Musikdaten. Logisch, die kleine T+ABox ist dafür bereit. Wahlweise kann man einen Stick an den USB-Anschluss andocken oder ein NAS per Ethernet zufüttern. In Sekunden wird alles erkannt – eleganter und stabiler haben wir den modernen Musikstream selten erlebt. In der Kür ist die Cala auch vorbereitet auf unseren Streaming- Liebling Qobuz. Als weitere Optionen gibt es Tidal und Deezer. Selbst für eine Steuerung per Roon ist Cala gewappnet. Jetzt muss es mit den Optionen aber genug sein, oder? Keineswegs: T+A hat im Inneren auch ein Hochleistungsradio verbaut. Es gibt das alte UKW, aber auch dessen praktischen digitalen Nachfolger DAB+. Wer es ganz einfach und smooth mag: nur die Bluetooth- Option wählen und die Lieblingsmusik vom eigenen Smartphone zufluten. Nett ist auch die Vielfalt im Rücken. Hier kann man eine WLAN-Antenne anschrauben, einen Subwoofer mit einem eigenen Ausgang ansteuern und Kopfhörer anschließen. Das Ganze in einer
Breite von nur 37 cm. Das ist ein im besten Sinne wundersames Kästlein. Um dessen Vorzüge T+A recht genau Bescheid weiß. Fantasievoll gedacht: Würde man einige Bündel von 10- EuroScheinen aufstapeln, um die Cala in Papier nachzubauen – es würde nicht reichen; verglichen mit der Summe, die T+A tatsächlich erwartet. Nämlich 3590 Euro. Das liegt oberhalb dessen, was mancher Student zu sparen willig ist. Die Cala richtet sich also mehr an den wohlhabenden, audiophilen Hausherren, seines HiFi-Turmes überdrüssig geworden.
GROSSMEISTER AM PULT
Beginnen wir unseren Hörtest ganz oben in der Hierarchie. Die Berliner Philharmoniker haben sich als Speerspitze der HiRes- Auflösung etabliert. So gibt es den Gesamtmitschnitt der Beethoven-Sinfonien in 24 Bit und sagenhaften 192 Kilohertz – alles live eingefangen. Die berühmte Fünfte Sinfonie zeigt vorbildlich, dass an jedem Pult die Großmeister ihrer Stimmgruppe sitzen. Eine noch höhere philharmonische Perfektion ist schlicht nicht vorstellbar. Zwischen dem dritten und vierten Satz liegt ein Übergang, der gern als „per aspera ad astra“stilisiert wird. Durch Mühsal gelangt man zu den Sternen – langsam entwickelt sich eine Nebenfigur, es wallt, es steigt auf, dann folgt der helle Durchbruch der Blechbläser. Da muss eine Quelle, da muss ein Verstärker die ganz feinen Details zeigen können, dazu die pure Kraft abbilden. Genau das gelang der Cala mit traumwandlerischer Sicherheit. Sehr weit legte sie den Streicherteppich aus, dann das Zupackende, der Jubel. Hier konnte man jedes Detail erlauschen, bis hin zum Atmen der Bläser. Außerdem stimmten der musikalische Fluss, die klare Phrasierung und die räumlichen Gegebenheiten in der Berliner Philharmonie. Wir hätten blind auf einen großen Streamer und einen nicht minder stattlichen Vollverstärker getippt. Dass diese Pracht aus dieser kleinen Box stammte – selbst für uns Insider war das ein Faszinosum.
Dann ein ganz wilder Mix: Youn Sun Nah führt die Download- Hitparade bei Qobuz an. Hier wird Avantgarde- Pop mit Jazz gemischt, dazu noch eine Brise asiatischer Folk. Auf ihrem neuesten Album „Immersion“huldigt sie den ganz großen Kompositionen des Pop. George Harrison trifft auf Michel Legrand und schließlich auf das berühmte „Hallelujah“von Leonard Cohen. Der Mix stellt jede High- End- Kette vor das Absolute. Doch die Cala nahm es erstaunlich leicht. Klasse, wie die Bassfiguren die Konturen unter den Songs strukturierten. Dabei gelang alles mit Samt und Seide – auch bei hohen Pegeln schlich sich keine Härte ins audiophile Spiel. Da darf man wieder zum kleinen Kind werden – und sagen: haben wollen.