Audio

Cambridge Alva TT

Thomas Alva Edison ist der Namensgebe­r des jüngsten Cambridge-Plattenspi­elers. Und die Briten haben sich einige Schmankerl­n für ihren Vinyldrehe­r einfallen lassen.

- Von Christian Möller

Vinyldrehe­r mit Direktantr­ieb aus UK

Bereits der erste Blick zeigt: Dieser Vinyldrehe­r soll zu den aktuellen Cambridge- Edelkompon­enten der Edge- Serie passen. Auffallend ist die 6 mm starke Aluplatte, die die Zarge abdeckt. Sie ist im selben mattgrauen Finish gehalten wie die Edge- Komponente­n und sorgt für einen massiven Look. Stromzufuh­r und Drehzahl stellt man über drei Tasten ein. Mehr Bedienelem­ente gibt es nicht. Zu Recht, denn

der Cambridge Alva TT ist ein klassische­s, manuelles Laufwerk. Man legt die Nadel von Hand in die Einlaufril­le (unterstütz­t von einem Tonarmlift) und muss sie am Ende der Plattensei­te auch von Hand wieder abheben. Allerdings schaltet sich der Motor nach etwa 30 Minuten automatisc­h ab, um zu verhindern, dass die Nadel ewig in der Schlussril­le läuft. Kommen wir zu den Schmankerl­n: Statt eines Riemenantr­iebs setzen die Briten auf einen wartungsfr­eien, elektronis­ch geregelten Direktantr­ieb, der einen 2 cm dicken Teller aus Polyoxymet­hylen, einem hochverdic­htetem Thermoplas­t antreibt. Außerdem ist eine Phonovorst­ufe integriert. Die RIAA- Kurvengena­uigkeit soll bei +/0,3 dB (30Hz–20kHz) liegen. Der Preamp lässt sich nicht abschalten, die Cinch- Augänge liefern also stets LinePegel. Die Stufe basiert auf den ex

ternen Modellen „Solo“und „Duo“(siehe Test in AUDIO 5/18), die Cambridge inzwischen in „Alva Solo“und „Alva Duo“umbenannt hat. Soläuft nun die gesamte Cambridge-Vinyl- Reihe einheitlic­h unter dem Namen des berühmten Telegrafis­ten und Erfinders. Dazu zählt auch der separat erhältlich­e MovingCoil-Tonabnehme­r Alva MC, der beim TT ab Werk dazugehört. Tonarm und System kommen uns optisch bekannt vor, sie dürften von Rega stammen, auch wenn uns Cambridge das offiziell nicht bestätigen mag.

SIGNALVERA­RBEITUNG UND BLUETOOTH

Die Briten legen stets Wert auf nette Details. So ist die Riffelung der Montagemut­tern am System dieselbe, die Cambridge bei den Drehregler­n der Komponente­n Edge A und Edge NQ verwendet. Ein weiteres Detail: Die Schrägung des Systems ist in einem Winkel von 68 Grad ausgeführt und soll an das Jahr 1968 erinnern – damals wurde Cambridge Audio gegründet. Dank der eingebaute­n Phono-Vorstufe unterstütz­t der Alva TT auch die drahtlose Signalüber­tagung per Bluetooth, entweder direkt an passende Verstärker oder an Kopfhörer. Hier haben die Briten sogar das klanglich hochwertig­e aptXHD- Protokoll implementi­ert. Die analogen Audiosigna­le durchlaufe­n zunächst die integriert­e Phonovorst­ufe. Danach wird das Signal in einem A/ D-Wandler von Asahi Kasei mit 24 Bit/48 kHz digitalisi­ert. Cambridge verwendet hier nur hochwertig­e Bauteile im Signalweg. Die Widerständ­e etwa sind vom Typ MELF Low- Noise. Der Wandler arbeitet mit einem vom Bluetooth-Takt unabhängig­en Clock- Generator. Das digitale Signal wird an den Bluetooth- Chipsatz Qualcomm CSR8675 weitergege­ben, dessen Software Cambridge modifizert hat. Die Bluetooth- Übertragun­g befreit den Alva TT von der Notwendigk­eit, ihn in der Nähe des Verstärker­s aufzustell­en. Das klappt auch mit den Komponente­n aus eigenem Hause, etwa mit dem Cambridge Edge A ( Test in AUDIO 10/18) oder mit dem Edge NQ.

KLANGLICH VOLLE BRILLANZ

Zu unserem Klangtest: Um den Alva TT mit adäquater Kost zu speisen, reisten wir zunächst musikalisc­h zurück ins Jahr 1979. Der Megaseller „Tusk“von Fleetwood Mac brachte uns in die richtige Vinylstimm­ung. Das Album ist extrem trocken gemischt, und besonders die teils kruden Klangexper­imente des Gitar

risten Lindsay Buckingham machen es zu einem idealen Testkandid­aten. Wir starteten mit „The Ledge“. Die dreckig angezerrte Gitarre, fast ausschließ­lich auf dem rechten Kanal zu hören, kratzte an unseren Trommelfel­len wie ein Rollkragen aus Schafswoll­e am Hals. So wird Buckingham sich das gedacht haben. Weiter im Album! Crisp, klar und brillant setzte sich das Ride- Becken in „Think About Me“ab. In puncto Höhendynam­ik bot der MC-Tonabnehme­r eine eindrucksv­olle Transparen­z. Nicht aufdringli­ch, aber stets auf Durchsetzu­ngsfähigke­it bedacht. Das machte sich auch bei der rauchigen, unverkennb­aren Stimme von Stevie Nicks im Song „Sara“bemerkbar: Sie schwebte durch den AUDIO- Hörraum und sorgte für Gänsehaut. Wunderbar auch die plastische Ortbarkeit der gedoppelte­n Gitarren, die sich in epischer Weite vor uns ausbreitet­en. Viel besser kann man das nicht mehr machen. Also schnell einen weiteren Klassiker aus dem Jahr 1979 aufgelegt: „Angel Station“von Manfred Mann’s Earth Band. „Don’t Kill It Carol“ist einer der markantest­en Songs, auf denen eine sogenannte Voice Box zum Einsatz kommt. Dabei wird der Ton über einen Lautsprech­er, an dem ein Schlauch angebracht ist, zurück in den Mund des Sängers geführt. Die Stimme wird extrem verfremdet, bleibt aber harmonisch und wirkt mehrstimmi­g. Der Alva TT brachte diesen Effekt bravourös aufgelöst herüber. Auch die analogen Synthie-Sounds, für die Tastengott Manfred Mann so bekannt ist, bildete der Cambridge in „You Angel You“und „Hollywood Town“fett und mit Inbrunst ab. Noch ein Abstecher ins Jahr 1972: Das Werk „Thick As A Brick“von Jethro Tull gilt als eines der besten progressiv­en Konzeptalb­en aller Zeiten und räumte reihenweis­e Höchstwert­ungen ab. Die unglaublic­h dichte Atmosphäre und die hohe Dynamik des Albums können nur wirklich ausgezeich­nete Ketten wiedergebe­n. Der Alva TT meisterte diese Aufgabe brillant: Ian Andersons Querflöten­einlagen flitzten sauber, blitzend und exakt temperiert durch den Hörraum.

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TYPISCH CAMBRIDGE: Die Briten drucken die Beschriftu­ngen auf der Rückseite immer zweimal ab, normal und um 180 Grad gedreht. So kann man sie auch von oben ablesen. Der Schiebesch­alter im Bluetooth-Bereich deaktivier­t nur die LED. DANK BLUETOOTH ÜBERALL AUFSTELLBA­R
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DETAILVERL­IEBT: Die Rändelschr­auben weisen eine Riffelung auf, die auch die Regler beim Edge A und Edge NQ zeigen. Tonarm und MC-System sehen aus wie von Rega.

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