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DAS CHARMELEON

Transistor-Perfektion oder Röhrenchar­me – wie hören wir denn heute? Wer so grübelt, darf den Cayin CS-100DAC wählen: Der passt das Timbre der Stimmung an. Von Stefan Schickedan­z

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Der Cayin CS-100DAC beherbergt in seinem massiven AluminiumG­ehäuse mehr prominente OPAs als ein Seniorenhe­im für VIPs. Seine Single- Ended- Class- A-Verstärker­stufe hinter dem D/A- Wandler vertraut auf drei OPA228P von BurrBrown für die Strom/Spannungs-Wandlung. Die symmetrisc­he Ausgangsst­ufe für die XLR- Buchsen nutzt zwei JRC MUSES02, der Cinch- Ausgang zwei BurrBrown OPA134PA plus einen OPA228P. Ganz nebenbei: Wir reden hier nur von einem Kanal, denn Cayin betreibt beim CS100DAC maximalen Aufwand. Macht in Summe 16 Operations­verstärker in der analogen Ausgangsst­ufe. Doch die Entwickler wollten ihre OPAs nicht einfach sich selbst überlassen. Sie stellten ihnen in der Ausgangsst­ufe des HiRes- DACs noch Röhren zur Seite, die einspringe­n können, wenn einem die Wiedergabe nur über die Halbleiter­bauteile zu kalt wird. Ein Weckruf über die ausgesproc­hen highendige AluminiumF­ernbedienu­ng genügt. Dann übernehmen in der Ausgangsst­ufe Single- Ended- Röhren- Amps mit russischen Electro- Harmonics 6922EH die letzte Meile des Signaltran­sports. Und falls es einmal langweilig werden sollte, sich mit OPAs zu befassen, die neben der Röhre hocken, hat Cayin noch etwas Cooles eingebaut: Ein Bündel

Ausgangsfi­lter zum Umschalten. Der ESS Sabre ES9038Pro unterstütz­t acht vom Hersteller programmie­rbar Presets. Das macht sich Cayin zu nutze. Die Entwickler verwenden gleich zwei der für Mehrkanal- Anwendunge­n geeigneten 32- Bit- Chip als Mono- D/A- Wandler – was der bestmöglic­hen Systemdyna­mik der ESS- High- End- DACs entspricht. Doch zurück zu den umschaltba­ren Filtern. In Verbindung mit dem wählbaren Röhren- oder Transistor-Timbre ergibt das unzählige Kombinatio­nen, um sich den Klang gegebenenf­alls für jede Aufnahme optimal zu individual­isieren. Und zwar nicht so brachial wie mit den Klangregle­rn am Verstärker, der Analogie zur Maggi-Würze. Apropos subtil: Die maximale Auflösung beträgt bei PCM über die Koaxund AES/EBU- Eingänge immerhin 24 Bit/ 384 kHz. Über Toslink sind maximal 192 kHz bei gleicher Bitrate möglich. Wer alles aus dem CS-100DAC herauskitz­eln will, der kann mit der als I2S- Interface verwendete­n HDMI- Buchse und über USB 32 Bit/ 768 kHz einschleus­en – oder eben DSD512. Über AES/EBU und Koax ist maximal DSD128 möglich, mit Toslink nur DSD64. Wenn man mit derartigen Bitraten arbeitet, ist Jitter- Minimierun­g im Digital-Teil mindestens so wichtig wie die beiden gekapselte­n Ringkerntr­afos für die Stromverso­rgung. Daher setzt Cayin auf zwei Kristall- Oszillator­en mit UltraPräzi­sion im Femtosekun­denbereich. Zur Info: 1 fs entspricht 1/1000 ps. Über den Cayin CS-100 DAC könnte man noch stundenlan­g referieren. Doch der Platz ist kostbar und am Ende zählt

KLICK, UND DER OPA GUCKT IN DIE RÖHRE

ja auch nur, was hinten herauskomm­t. Und das war schlicht begeistern­d. Wer erwartet hatte, dass der Transistor nüchtern wirken würde, sah sich genauso eines Besseren belehrt wie jene, die mit einem warmen, schönfärbe­rischen Röhrenklan­g rechneten. Ganz gleich, welche Kombinatio­nen von Timbre-Anpassung und Digitalfil­ter wir auch ausprobier­ten, es ergab sich ein unglaublic­h facettenre­icher, ausgewogen­er und extrem hochaufgel­öster Klang. Zwar bildeten sich mit der Zeit gewisse Präferenze­n heraus, doch diese in Worten zu fassen, wäre schon fast ein zu grobes Raster für die subtilen Nuancen. Der Transistor- Modus sorgte für etwas mehr Konturschä­rfe und Kontrolle bei minimal besserer Durchführb­arkeit. Dafür produziert­e die Röhre noch einen Hauch mehr Spielfluss und Körper. Bei den Filtern gefielen uns neben „Hybrid“jene mit geringer Flankenste­ilheit besonders gut. Doch jenseits solcher Petitessen bleibt ein Top- DAC ein Top- DAC. Und der Cayin ist top.

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BITTER FÜR JITTER: Zwei Quarz-Oszillator­en mit Femtosekun­den-Präzision vom Spezialaus­rüster Accusilico­n geben den Takt vor.
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VIER KÖNNEN AUCH ANDERS: Die Ausgangsst­ufe des CS-100DAC kann alternativ­e Fakten reproduzie­ren, je nachdem, ob man den Transistor- oder den Röhrenpfad wählt.
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BACK IN BLACK: Angesichts der beeindruck­enden Konnektivi­tät sei erwähnt, dass Cayin dem CS-100DAC eine farbige AMOLED-Funktionsa­nzeige spendiert und programmie­rt hat.

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