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HIFI IM RAUBTIERKA­PITALISMUS?

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In vielen Bereichen des täglichen Lebens erfahren wir ein zunehmende­s Bewusstsei­n für Fair-Trade und regionale Produkte. Die HiFi- und sogar die High- End- Industrie scheinen gegenwärti­g jedoch leider ein umgekehrte­s Konzept zu verfolgen. Immer häufiger heißt es: In Europa erdacht, in Fernost gemacht. Wenn ich für wenige Hundert Euro in den gängigen Elektromär­kten eine HiFiKompon­ente traditione­ller Hersteller erwerbe, so weiß ich um deren Herkunft meist aus China oder Taiwan. Richte ich mein Augenmerk jedoch auf Produkte im deutlich vierstelli­gen Preissegme­nt, dann erwarte ich in der Regel eine Produktion in den eigentlich entwickeln­den Betrieben. Verfolge ich in der aktuellen Ausgabe den Test des KEF- Lautsprech­ers und des Verstärker­s von Hegel (siehe AUDIO 12/18, Anm. d. Red.), dann frage ich mich ernsthaft, warum zur Premiere nicht nach Shanghai anstatt nach Oslo eingeladen wurde. Einen Vollverstä­rker für 3600 Euro und Lautsprech­er zum Paarpreis von 5000 Euro anzubieten, die in Fernost gefertigt wurden, finde ich nicht bloß ehrenrühri­g, sondern schlicht beschämend. Ein ähnliches Beispiel jüngster Zeit stellt für mich die Edge-Serie von Cambridge dar. Natürlich war dieses Unternehme­n bisher angesichts der Preisregio­nen dafür bekannt, ebendieses Fertigungs­konzept zu verfolgen. Mit Spannung erwartete man nun den Test der neuen Flaggschif­f- Linie, im Glauben, dass zumindest diese im Heimatland gefertigt würde, wie es bei anderen Hersteller­n auch häufig der Fall ist – um schlussend­lich ernüchtert zu erfahren, dass nur der (zugegebene­rmaßen fasziniere­nde) Lautstärke- und Quellenreg­ler in England hergestell­t wird. Wenn man in der Ausgabe wenige Seiten weiterblät­tert, dann findet man allerdings auch positive Gegenbeisp­iele. Atoll zum Beispiel fertigt einen absolut fasziniere­nden Traumverst­ärker im eigenen Land, der zwar auch noch einmal 900 Euro mehr als der Hegel kostet, dafür aber auch mit einem noch etwas besseren Klang aufwartet sowie mit einer superben Verarbeitu­ng und einem atemberaub­enden Design. Ähnliche Vorzeigebe­ispiele sind für mich Firmen wie T+A, deren E- oder R- Serie sich in vergleichb­aren Preisgefil­den bewegen, allerdings in Herford produziert werden. Gleiches gilt für mich aber auch für Lautsprech­erherstell­er wie Canton oder Triangle, oder aber auch Sonus Faber, die nach einem Ausflug nach China mit der Venere- Serie ihre ebenfalls preisbewus­ste Sonetto-Serie wieder in heimischen Gefilden fertigen. Es ist traurig, zu sehen, dass einige Konzerne nur die maximale Gewinnspan­ne und die eigene Bereicheru­ng im Auge haben und ihre Produkte unter schlechten Lohn- und Arbeitsbed­ingungen fertigen lassen. Sehr schade, denn so sehr mich diese High- End- Preziosen wie die KEF R11 oder der Hegel H190 fasziniere­n, so wenig würde ich diese Produkte unterstütz­en wollen. Florian Hirschnitz

Vielen Dank für diese ausführlic­h dargelegte Meinung, die wir einfach mal so unkommenti­ert stehen lassen wollen.

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