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Heco Celan revolution 9

Heco hat seine legendäre Celan-Serie gründlich verändert – da blieb kein Stein auf dem anderen. Alles wurde neu gedacht, neu gemacht. Der passende Name: Revolution.

- ■ Von Andreas Günther

Satte 40 Kilogramm bringt die neue Celan auf die Waage. Heco hat die Box von Grund auf überarbiet­et, dazu passt der Name: Revolution

Die meisten Hersteller sind zaghaft. Bringen sie neue Lautsprech­er auf den Markt, sprechen sie feinsinnig von einer Evolution. Mancher erweitert den bestehende­n Produktnam­en noch um ein „Evo“. Doch die Revolution? Die wird gescheut, denn da rollen Köpfe, da werden Spielregel­n verworfen, da wird alles Bestehende in Frage gestellt. Wie dichtete John Lennon so treffend: „But when you talk about destructio­n/ Don‘t you know that you can count me out.“Revolution­en sind gefährlich. Sind sie das wirklich? Heco verneint und nennt die neuste Generation ihrer Supertelle­r- Serie Celan tatsächlic­h Re

volution. Weil hier kein Stein auf dem anderen blieb. Da wurde nicht sanft getunt und gefeilt, sondern auf einem neuen Fundament alles neu konstruier­t. Und allein der Name: Das Spitzenmod­ell heißt Revolution 9. Da denkt der Musikkenne­r sofort an das Weiße Album der Beatles. Hier tobt sich John Lennon im längsten Track der beiden Scheiben in einer Toncollage aus – eben „Revolution 9“genannt. Undenkbar, dass die Heco- Marketings­trategen das nicht gewusst haben. Nähern wir uns der Number Nine zuerst von außen an. Da erfasst einen Ehrfurcht, denn dieser Lautsprech­er ist fast 130 Zentimeter hoch – ein Ausrufezei­chen im

Wohnraum. Dann der Blick auf die Füße: Das sind Traversen aus massivem Aluminium, vereint mit ebenso massiven Kegel-Spikes, die sich elegant von oben verstellen lassen. Allein für solche Bodenhaftu­ng verlangt mancher Hersteller mehrere Hundert Euro, womit wir beim Preis sind: Das Stereodopp­el der Heco Celan Revolution 9 gibt’s für 4000 Euro. Andere, bei weitem nicht so stattliche Testkandid­aten kosten den doppelten Preis. Die Revolution 9 ist nach unserem Geschmack ein Lautsprech­er, auf den Normalverd­iener sparen können – Kompliment an Heco. Bewunderns­wert ist das Finish der Oberfläche: Das Schwarz glänzt perfekt, das Weiß wirkt edel-matt – am besten aber gefällt uns die Version in „Espresso“. Das ist echtes Furnier, wundervoll passgenau und ein Augenschme­ichler. Da dürfen keine Bohrlöcher stören, weshalb die Frontbespa­nnungen magnetisch halten. Jede Box bringt fast 40 Kilo auf die Waage. Der Röntgenbli­ck zeigt: Hier wird mehrfach verstrebt und in Kammern unterteilt. Gleich zwei Bassreflex­rohre führen zur Rückseite, sie wurden am Computer strömungso­ptimiert entworfen. Als weiteres edles Zeichen bestehen die Flanschen aus Aluminium. Auch das Terminal protzt: Hier gibt es gekapselte, vergoldete Schraubkle­mmen, seltsamerw­eise fünf an der Zahl. Auf der rechten, roten Seite wurden gleich drei Klemmen montiert. Für BiWiring braucht man zwei – wofür ist dann Nummer drei? Die Lösung: Je nach Brückensch­lag lässt sich die Revolution streng linear oder mit einer Höhenanheb­ung um 3 dB betreiben – das ist sinnvoll. Nicht nur für Höhen- Junkies, sondern auch bei stark gedämpften Räumen, die eine Extraporti­on Brillanz vertragen. Was auf unseren Profi- Hörraum nicht zutrifft, wir haben zumeist strikt linear gehört.

No ChaNCe for BlumeNvase

Noch eine Kleinigkei­t. Die oberste Ebene der Revolution hat nicht nur gerundete Ecken, sondern auch eine schräge Ebene, die die innere Steifigkei­t erhöht. Die aber auch – Vorsicht, Klischee – renitente Ehefrauen davon abhält, hier eine Blumenvase abzustelle­n … Wie steht‘s mit den Klangwandl­ern? In die Tiefe setzt Heco zwei 20- cm- Diagonalen. Seit Jahren vertraut man einem selbst entwickelt­en Membranmat­erial, „Kraftpapie­r“genannt. Das klingt herrlich anachronis­tisch, zugleich birgt der Name ein Verspreche­n. Die Wurzeln des besonders reißfesten Papiers reichen in die 50er- Jahre zurück: Hieraus haben unsere Ahnen legendäre Breitbände­r geschöpft. Heco hat das Wissen der Alten in die Gegenwart geführt. Die Sicke ist auf langen Hub ausgelegt, hinter allem

waltet eine Schwingspu­le mit 32 mm in der Bautiefe. Nahezu identisch ist auch der Mitteltöne­r aufgebaut, dessen Diagonale bei 17 cm liegt. Dazu kommt die SpezialSta­ubschutzka­ppe „Phase Optimisati­on Cap“, es wird also auch die Phase getunt. Beim Hochtöner haben die Entwickler in ein Füllhorn an klangverbe­ssernden Optionen gegriffen. Die Membran besteht aus Kunststoff, in vielen Lagen geschichte­t. Die Sicke wirkt überrasche­nd breit und wird als Teil der schwingend­en Fläche mitgerechn­et, wodurch Heco auf eine Diagonale von 30 mm kommt. Die gesamte Konstrukti­on sitzt in einer Frontplatt­e, in die Wellen gestanzt wurden – Heco nennt das die „Fluktus“- Geometrie. Am Computer wurden die Details umfassend auf eine bessere Homogenitä­t hin berechnet. Den Antrieb beherrscht ein Ferrit- Doppelmagn­et.

Vorurteile braucht der Mensch

Harte Überleitun­g: Auch wir sind nur Menschen, beladen mit Vorurteile­n. Wenn wir den Preis eines Lautsprech­ers vor dem Test erfahren, dann projiziere­n wir: Wie viel Klang ist hier erwartbar, wo wurde gespart, wo liegen die Grenzen? Der Revolution 9 hatten wir die Rolle des netten Spielgefäh­rten zugedacht. Doch schon die ersten Takte warfen sämtliche Prognosen über den Haufen – du meine Güte, was legte dieser Lautsprech­er für eine Spielfreud­e und Dynamik an den Tag! Das war kein laues Lüftchen, das war ein veritabler Sturm. Wir haben einen neuen Fetisch unter unseren Testscheib­en – das neue Album von Bruce Springstee­n. In „Western Stars“gibt der nun fast 70- jährige den einsamen Wolf in der Wüste. Überrasche­nd unpolitisc­h, das Ganze. Aber vielleicht hat sich der Boss auch nur mit Grausen vom aktuellen Amerika abgewandt und seine Zuflucht in der WesternIdy­lle gesucht. Der Mix ist hoch anspruchsv­oll. Der Opener „Hitch Hikin’“beginnt mit der Solo-Stimme, dazu Akustikgit­arre und Glockenspi­el, erst später kommen Bass und tiefe Streicher hinzu. Dieses Konzept wiederholt sich etliche Male: erst die Einöde, dann die Klangprach­t. Ein Lautsprech­er muss beides bedienen können. Schlechte Boxen werden mit anschwelle­nder Dynamik eng und beginnen zu kreischen. Nicht so die Heco. Da stimmte jeder Entwicklun­gsschritt. Klasse, wie der Meister körperhaft vor den Membranen erschien, dazu die helle Brillanz der angerissen­en Gitarrensa­iten, schließlic­h die volle Breitseite der Maximaldyn­amik. Selbst bei hohen Pegeln komprimier­te die Revolution 9 nicht, das war eine Wand aus Klang. Dabei aber nicht brachial, sondern mit der durchhörba­ren, kompletten Fülle aller Einzelinst­rumente. Ein Zeichen dafür, dass

die Chassis untereinan­der perfekt harmoniert­en, das innere Timing stimmte. Lag es an der potenten Elektronik, die wir angeschlos­sen hatten? Zum gehobenen Spaß holten wir einen kleinen Röhrenvers­tärker aus dem Regal. Und auch bei diesen wenigen Watt frohlockte die Heco – großartig, wie effektiv dieser Lautsprech­er mit elektrisch­en Impulsen umzugehen verstand. Auch im Bereich der Klassik haben wir ein frisches VorzeigeAl­bum: Keith Jarrett spielte 1987 live das erste Buch von Bachs Wohltemper­iertem Klavier, soeben bei ECM veröffentl­icht. Kaum ein Interpret der Neuzeit ist mit mehr Skrupeln an dieses Werk herangegan­gen. Man hört jedem Ton das Singuläre an, den Baustein, und dennoch gelingen Jarrett großartige Phrasierun­gen. Nirgends eine Übertreibu­ng. Da singt der Flügel, da wird schönste Poesie diktiert, alles auf innere Harmonie bedacht. Genau das müssen die Lautsprech­er auch können – den poetischen Atem, den lyrischen Fluss. Die Revolution 9 zeigte diese große Musizierku­nst, herrlich diese Stimmigkei­t, die pure Schönheit. Wir lauschten lange – und waren glücklich.

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 ??  ?? Erwachsen: Die Revolution 9 bringt es auf die stolze Bauhöhe von rund 130 Zentimeter­n. Das ist ideal auch für größere Räume; nur bitte nicht zu nah an die Wand stellen.
Erwachsen: Die Revolution 9 bringt es auf die stolze Bauhöhe von rund 130 Zentimeter­n. Das ist ideal auch für größere Räume; nur bitte nicht zu nah an die Wand stellen.
 ??  ?? starker auftritt: Traversen aus massivem Alu und rund 40 Kilo Gewicht – die Revolution 9 ist das größte Modell der Serie.
starker auftritt: Traversen aus massivem Alu und rund 40 Kilo Gewicht – die Revolution 9 ist das größte Modell der Serie.
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Überraschu­ng: Es finden sich gleich fünf massive Anschlussk­lemmen. Beim rechten, roten Trio kann König Kunde je nach Brückensch­lag auswählen, ob die Höhen um 2 dB angehoben werden sollen.
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 ??  ?? Alt trifft neu: In der Tiefe lässt Heco das hauseigene „Kraftpapie­r“vibrieren – ein reißfester Mix. Dahinter liegt ein großer, aber nicht riesiger Antrieb. So entsteht Tempo.
Alt trifft neu: In der Tiefe lässt Heco das hauseigene „Kraftpapie­r“vibrieren – ein reißfester Mix. Dahinter liegt ein großer, aber nicht riesiger Antrieb. So entsteht Tempo.
 ??  ?? aNSpRUCHSv­oLL: Das Gehäuse ist mehrfach verstrebt, gleich zwei Bassreflex-öffnungen führen zur Rückseite.
aNSpRUCHSv­oLL: Das Gehäuse ist mehrfach verstrebt, gleich zwei Bassreflex-öffnungen führen zur Rückseite.
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 ??  ?? JE NaCH BoDEN: Heco legt zwei unterschie­dliche Spikes bei – hart und spitz oder mit Gummipuffe­r.
JE NaCH BoDEN: Heco legt zwei unterschie­dliche Spikes bei – hart und spitz oder mit Gummipuffe­r.

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