Heco Celan revolution 9
Heco hat seine legendäre Celan-Serie gründlich verändert – da blieb kein Stein auf dem anderen. Alles wurde neu gedacht, neu gemacht. Der passende Name: Revolution.
Satte 40 Kilogramm bringt die neue Celan auf die Waage. Heco hat die Box von Grund auf überarbietet, dazu passt der Name: Revolution
Die meisten Hersteller sind zaghaft. Bringen sie neue Lautsprecher auf den Markt, sprechen sie feinsinnig von einer Evolution. Mancher erweitert den bestehenden Produktnamen noch um ein „Evo“. Doch die Revolution? Die wird gescheut, denn da rollen Köpfe, da werden Spielregeln verworfen, da wird alles Bestehende in Frage gestellt. Wie dichtete John Lennon so treffend: „But when you talk about destruction/ Don‘t you know that you can count me out.“Revolutionen sind gefährlich. Sind sie das wirklich? Heco verneint und nennt die neuste Generation ihrer Superteller- Serie Celan tatsächlich Re
volution. Weil hier kein Stein auf dem anderen blieb. Da wurde nicht sanft getunt und gefeilt, sondern auf einem neuen Fundament alles neu konstruiert. Und allein der Name: Das Spitzenmodell heißt Revolution 9. Da denkt der Musikkenner sofort an das Weiße Album der Beatles. Hier tobt sich John Lennon im längsten Track der beiden Scheiben in einer Toncollage aus – eben „Revolution 9“genannt. Undenkbar, dass die Heco- Marketingstrategen das nicht gewusst haben. Nähern wir uns der Number Nine zuerst von außen an. Da erfasst einen Ehrfurcht, denn dieser Lautsprecher ist fast 130 Zentimeter hoch – ein Ausrufezeichen im
Wohnraum. Dann der Blick auf die Füße: Das sind Traversen aus massivem Aluminium, vereint mit ebenso massiven Kegel-Spikes, die sich elegant von oben verstellen lassen. Allein für solche Bodenhaftung verlangt mancher Hersteller mehrere Hundert Euro, womit wir beim Preis sind: Das Stereodoppel der Heco Celan Revolution 9 gibt’s für 4000 Euro. Andere, bei weitem nicht so stattliche Testkandidaten kosten den doppelten Preis. Die Revolution 9 ist nach unserem Geschmack ein Lautsprecher, auf den Normalverdiener sparen können – Kompliment an Heco. Bewundernswert ist das Finish der Oberfläche: Das Schwarz glänzt perfekt, das Weiß wirkt edel-matt – am besten aber gefällt uns die Version in „Espresso“. Das ist echtes Furnier, wundervoll passgenau und ein Augenschmeichler. Da dürfen keine Bohrlöcher stören, weshalb die Frontbespannungen magnetisch halten. Jede Box bringt fast 40 Kilo auf die Waage. Der Röntgenblick zeigt: Hier wird mehrfach verstrebt und in Kammern unterteilt. Gleich zwei Bassreflexrohre führen zur Rückseite, sie wurden am Computer strömungsoptimiert entworfen. Als weiteres edles Zeichen bestehen die Flanschen aus Aluminium. Auch das Terminal protzt: Hier gibt es gekapselte, vergoldete Schraubklemmen, seltsamerweise fünf an der Zahl. Auf der rechten, roten Seite wurden gleich drei Klemmen montiert. Für BiWiring braucht man zwei – wofür ist dann Nummer drei? Die Lösung: Je nach Brückenschlag lässt sich die Revolution streng linear oder mit einer Höhenanhebung um 3 dB betreiben – das ist sinnvoll. Nicht nur für Höhen- Junkies, sondern auch bei stark gedämpften Räumen, die eine Extraportion Brillanz vertragen. Was auf unseren Profi- Hörraum nicht zutrifft, wir haben zumeist strikt linear gehört.
No ChaNCe for BlumeNvase
Noch eine Kleinigkeit. Die oberste Ebene der Revolution hat nicht nur gerundete Ecken, sondern auch eine schräge Ebene, die die innere Steifigkeit erhöht. Die aber auch – Vorsicht, Klischee – renitente Ehefrauen davon abhält, hier eine Blumenvase abzustellen … Wie steht‘s mit den Klangwandlern? In die Tiefe setzt Heco zwei 20- cm- Diagonalen. Seit Jahren vertraut man einem selbst entwickelten Membranmaterial, „Kraftpapier“genannt. Das klingt herrlich anachronistisch, zugleich birgt der Name ein Versprechen. Die Wurzeln des besonders reißfesten Papiers reichen in die 50er- Jahre zurück: Hieraus haben unsere Ahnen legendäre Breitbänder geschöpft. Heco hat das Wissen der Alten in die Gegenwart geführt. Die Sicke ist auf langen Hub ausgelegt, hinter allem
waltet eine Schwingspule mit 32 mm in der Bautiefe. Nahezu identisch ist auch der Mitteltöner aufgebaut, dessen Diagonale bei 17 cm liegt. Dazu kommt die SpezialStaubschutzkappe „Phase Optimisation Cap“, es wird also auch die Phase getunt. Beim Hochtöner haben die Entwickler in ein Füllhorn an klangverbessernden Optionen gegriffen. Die Membran besteht aus Kunststoff, in vielen Lagen geschichtet. Die Sicke wirkt überraschend breit und wird als Teil der schwingenden Fläche mitgerechnet, wodurch Heco auf eine Diagonale von 30 mm kommt. Die gesamte Konstruktion sitzt in einer Frontplatte, in die Wellen gestanzt wurden – Heco nennt das die „Fluktus“- Geometrie. Am Computer wurden die Details umfassend auf eine bessere Homogenität hin berechnet. Den Antrieb beherrscht ein Ferrit- Doppelmagnet.
Vorurteile braucht der Mensch
Harte Überleitung: Auch wir sind nur Menschen, beladen mit Vorurteilen. Wenn wir den Preis eines Lautsprechers vor dem Test erfahren, dann projizieren wir: Wie viel Klang ist hier erwartbar, wo wurde gespart, wo liegen die Grenzen? Der Revolution 9 hatten wir die Rolle des netten Spielgefährten zugedacht. Doch schon die ersten Takte warfen sämtliche Prognosen über den Haufen – du meine Güte, was legte dieser Lautsprecher für eine Spielfreude und Dynamik an den Tag! Das war kein laues Lüftchen, das war ein veritabler Sturm. Wir haben einen neuen Fetisch unter unseren Testscheiben – das neue Album von Bruce Springsteen. In „Western Stars“gibt der nun fast 70- jährige den einsamen Wolf in der Wüste. Überraschend unpolitisch, das Ganze. Aber vielleicht hat sich der Boss auch nur mit Grausen vom aktuellen Amerika abgewandt und seine Zuflucht in der WesternIdylle gesucht. Der Mix ist hoch anspruchsvoll. Der Opener „Hitch Hikin’“beginnt mit der Solo-Stimme, dazu Akustikgitarre und Glockenspiel, erst später kommen Bass und tiefe Streicher hinzu. Dieses Konzept wiederholt sich etliche Male: erst die Einöde, dann die Klangpracht. Ein Lautsprecher muss beides bedienen können. Schlechte Boxen werden mit anschwellender Dynamik eng und beginnen zu kreischen. Nicht so die Heco. Da stimmte jeder Entwicklungsschritt. Klasse, wie der Meister körperhaft vor den Membranen erschien, dazu die helle Brillanz der angerissenen Gitarrensaiten, schließlich die volle Breitseite der Maximaldynamik. Selbst bei hohen Pegeln komprimierte die Revolution 9 nicht, das war eine Wand aus Klang. Dabei aber nicht brachial, sondern mit der durchhörbaren, kompletten Fülle aller Einzelinstrumente. Ein Zeichen dafür, dass
die Chassis untereinander perfekt harmonierten, das innere Timing stimmte. Lag es an der potenten Elektronik, die wir angeschlossen hatten? Zum gehobenen Spaß holten wir einen kleinen Röhrenverstärker aus dem Regal. Und auch bei diesen wenigen Watt frohlockte die Heco – großartig, wie effektiv dieser Lautsprecher mit elektrischen Impulsen umzugehen verstand. Auch im Bereich der Klassik haben wir ein frisches VorzeigeAlbum: Keith Jarrett spielte 1987 live das erste Buch von Bachs Wohltemperiertem Klavier, soeben bei ECM veröffentlicht. Kaum ein Interpret der Neuzeit ist mit mehr Skrupeln an dieses Werk herangegangen. Man hört jedem Ton das Singuläre an, den Baustein, und dennoch gelingen Jarrett großartige Phrasierungen. Nirgends eine Übertreibung. Da singt der Flügel, da wird schönste Poesie diktiert, alles auf innere Harmonie bedacht. Genau das müssen die Lautsprecher auch können – den poetischen Atem, den lyrischen Fluss. Die Revolution 9 zeigte diese große Musizierkunst, herrlich diese Stimmigkeit, die pure Schönheit. Wir lauschten lange – und waren glücklich.