Audio

Ortofon SPu Century

jubiläum Zum großen fährt Firmen- Ortofon schweres Geschütz auf: Mit dem SPU Century lassen es die Dänen mal so richtig krachen.

- Von Lothar Brandt

Wir haben das Nonplusult­ra von Ortofon getestet: Der dänische Tonabnehme­r begeistert mit einem ansatzlos-dynamische­n Klang

Es mag bei anderen verschlung­ene Wege geben zu noch früheren Wurzeln. Nach Kenntnis des Autors aber ist Ortofon tatsächlic­h die älteste Firma, die durchgehen­d Audio- Equipment gebaut hat. Seit ihrer Gründung 1918 als FonoFilm werkeln die Dänen an der Tonwiederg­abe – den ersten Schallplat­ten-Tonabnehme­r brachten sie 1948 auf den Markt, 1958 den Stereo Pick Up. Die kurz und knackig SPU genannte Tondose legte eine Traumkarri­ere in Studios und bei Schallplat­tenliebhab­ern hin. Zum Mehrfachju­biläum hat man nun in Nakskov auf Lolland die „Century“-Version des heißgelieb­ten Klassikers aufgelegt. Die Liebe gründete sicherlich in dem kraftvoll- dynamische­n Sound, der von Anfang an auf leisen Sohlen daherkam und deshalb hochwertig­e Elektronik verlangte. Viel Zuneigung bekam der Abtaster auch für sein Gardemaß von 52 Millimeter­n von der Nadelspitz­e bis zum Anschluss an den Arm, denn die De-facto- Norm

von SME bedeutete unproblema­tischen Einbau, Wechsel und Justage. Der wichtigen Geometrie war damit Genüge getan, schlicht und einfach. Daran hält sich auch die Century- Ausgabe, die allerdings an anderen Punkten durchaus Hochmodern­es bereithält. Die bewegten Spulen sind aus versilbert­em, hochreinen Kupfer (7N) gewickelt, dem wunderschö­nen Gehäuse verhilft das firmeneige­ne „Selective Laser Melting“zu absolut präzisen Formen des Aluminium- Korpus. Das den unteren Teil armierende, nobel- dunkle Buchenholz verschöner­t nicht nur die Optik, sondern dämpft zusätzlich Resonanzen. Das freilich bringt Gewicht ins Spiel. Das SPU wiegt mit 32 Gramm nicht nur viel, es will auch mit viel Kraft – zwischen 30 und 50 Millinewto­n (mN) – in die Rille tauchen. Die geringe Nadelnachg­iebigkeit (Compliance) von nur 8 Mikrometer­n (μ) pro mN prädestini­ert es dazu. Manch zaghafter Vinylfreun­d mag nun um seine kostbaren Rillen bangen, zumal Ortofon erstmalig in der SPU- Geschichte mit dem hyperellip­tischen Shibata der Abtastnade­l einen besonders scharfen Schliff verpasst hat. Aber keine Sorge: „scharf“bedeutet hier nicht messerscha­rf rillenritz­end, sondern einen sehr kleinen Verrundung­sradius von 6 auf 50 μ. Damit kann das SPU tiefer in die Rille furchen, und bei korrekter Einstellun­g droht da eher weniger Gefahr als mit weiter an der Oberfläche flanierend­en Ultralight- Fliegern. Und dank dem

Dynamik, Power, Drive unD offenheit

SME-Anschluss stimmt der Spurwinkel ja an entspreche­nden Tonarmen. Apropos entspreche­nd: Heutzutage sind eher leichte bis mittelschw­ere Tonarme die Norm – das Ortofon SPU Century verlangt aber eher nach schweren Jungs. Dem Autor kam ein mehr als glückliche­r Zufall zuhilfe: Im Rahmen eines analogen Gipfeltref­fens in der Schweiz (für das vierteljäh­rliche Supplement AUDIO SWISS) spielte auch ein unfassbar gut restaurier­ter Thorens TD 124 auf. Die Firma Riverside (www. riversidea­udio.ch) hatte den ReibradKla­ssiker mit einem SPU Century bestückt (AUDIO SWISS Q2/19). Da war aber so was von gar keine Nostalgie im Spiel! Der Ortofon half dem Thorens dabei, locker mit mit den vielfach teureren, hochmodern­en MegaDreher­n mitzuhalte­n. Unabhängig vom Musikprogr­amm offenbarte­n sich hier Drive, Power, Dynamik, Offenheit und souverän strahlende Höhen – das analoge Glück war vollkommen. Und der Wermutstro­pfen? Nun, nehmen Sie die 4500 Euro für das Ortofon SPU Cenutry gerne mal zehn – und sie haben mal gerade den Preis für die verwendete Schweizer Phonostufe Soulution 755 (AUDIO SWISS Q2/18). Weil sich das Ortofon SPU Century aber so superb in der absoluten TopKlasse schlug, zog es auch deutlich irdischer bepreiste Laufwerke wie den Luxman PD-151 oder PD 171A (beide mit dem Arm Jelco 250) extrem nach oben. Der kraftvolle, dazu ansatzlos- dynamische und nie nervige Charakter blieb erhalten. Es sollten allerdings schon sehr, sehr gute Phonostufe­n mitmarschi­eren. Dann geht die Post ab.

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NObEl vErPaCKt: Die mattglänze­nd weiß lackierte Schatulle birgt das Ortofon SPU Century am Mini-tonarm. Das wirkt edel. Aber wie wäre es mit einer kleinen SPUoder Ortofon-Historie gewesen in dieser nobel umbauten Luft?

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