Test JBL 4367
Ein Quader von einem Lautsprecher, nicht wirklich schön, nicht wirklich einfach. Doch wer die JBL 4367 in dem richtigen Raum vor die richtigen Ohren bringt, darf sich als Held fühlen.
Diese Monsterbox wiegt satte 60 Kilo pro Stück und spielt dank HornTechnologie richtig laut
Hier hat kein Designer Hand angelegt: Die JBL 4367 ähnelt einem Einbaukühlschrank. Sie misst 95 Zentimeter in der Höhe, 56 cm in der Breite und 42 cm in der Tiefe. Ein Monolith, ein Quader. Der Standard für einen Einbaukühlschrank ist 82 x 60 x 55 cm – also recht verwandt. Aber das Gewicht stimmt nicht überein, denn die Box bringt 62 Kilo auf die Waage, der Kühlschrank nur 33 Kilo. Ist der Vergleich nicht ein wenig pingelig? Da muss man abwägen. Sollte ich diesen Lautsprecher in unserem Wohnzimmer aufstellen, meine Frau würde am Folgetag die Scheidung einreichen und zugleich versuchen, mich für nicht geschäftsfähig erklären zu lassen. Insbesondere, wenn sie erführe, welche Summe ich für das Pärchen ausgeben hätte – 17 000 Euro. An dieser kritischen Stelle greifen wir zum Hörer und fragen die JBLPressestelle: Stimmt die Summe tatsächlich? Ja. Gibt es Details, die wir bedenken sollten? Ja, die 4367 braucht laut ihrem Product Manager eine Einspielzeit von 100 Stunden. Meine Güte, normalerweise lassen wir einen Lautsprecher
über Nacht in unserem Hörraum vibrieren. Doch 100 Stunden? Das ist überaus lang. Trotzdem – wir lassen die Box einige Nächte im Hörraum Musik wiedergeben. Ob sich danach ein Wunder einstellt? Schwierig. Man muss die Historie sehen, die Intentionen der JBL- Entwickler. Es gibt ein Mastermodell: die M2, ein noch größerer Standlautsprecher für Tonstudios. Unfassbare 123 Dezibel verspricht JBL hier als effektiven Output. Damit kann man Stadien beschallen. Doch so sehr die M2 und die 4367 auch nach PA aussehen, sie sind zutiefst audiophil aufgebaut: ein klassisches Zwei-Wege-System mit einem Hornkompressor für die Mitten und Höhen und sattem 15-ZollBass in der Tiefe.
Wunderschöner Frequenzgang
So eine Konstruktion müsste eine gewaltige Show entfachen. Doch unser Messlabor sagt: Klirr und Frequenzgang könnten nicht schöner, nicht linearer sein. Es steht also ein Wahrheitssucher vor uns. Wer legt sich die Riesen zu? Sicherlich US- Amerikaner mit großen Eigenheimen. Aber auch in Asien gibt es einen Hype. Gerade die Japaner sind verrückt nach diesem Lautsprecher. Auf Youtube sieht man, wie feinsinnige Japaner gewaltige Lautsprecher in ihren kleinen Wohnungen aufstellen und offenbar vollkommen glücklich sind. Da liegt eine Gefahr. Wir würden keinem Studenten raten, diesen Lautsprecher in seiner Bude zu betreiben, unabhängig von den Kosten. Grund: Die 4367 braucht Platz zum Tönen, sie ist fürs Nahfeld nicht geschaffen. Wer den Membranen auf die Pelle rückt, erlebt ein seltsam unstimmiges, verfärbendes Klangbild. Am besten, man rückt das Hörsofa 5 bis 7 Meter von den JBLs
weg. So viel Platz haben nur wenige Menschen. Aber deshalb besonders laut ausgesprochen: Wer den großen Lauschraum nicht aufbringen kann, sollte die Finger von diesen Lautsprechern lassen. An dieser Stelle müssen wir über die Meriten dieses Lautsprechers berichten. Im richtigen Raum, mit feiner Elektronik und idealen Lebensbedingungen entsteht ein wunderbar großformatiges Klangbild. Es war gigantisch, wie die 4367 ein spätromantisches Orchester auferstehen lassen konnte. Bigger than life. Es staffelte sich ein weiter Streicherteppich, darüber die Pracht der Blechbläser. Alles vermittelte Hochenergie.
Die Bühne war grandios Breit
Besonders eindrucksvoll spielte die JBL Konzertaufnahmen, etwa Leonard Cohens Livealbum „Songs Of The Road“(2010), aufgenommen in Ländern wie Finnland, Deutschland oder Israel. Der Mix ist edel, die Atmosphäre stark. Wir haben dieses Werk selten so eindrucksvoll gehört wie über die JBL 4367. Die Breite der Bühne war enorm – links die Hammondorgel, hart rechts die Mandoline, in der Mitte die Stimme des Meisters. Das hatte Charme und die perfekte Balance zwischen Analyse und Aura. Aber 17 000 Euro – ist es das wert? Wir waren nämlich genau vor diesem Test verwöhnt: Anstelle der 4367 spielten da in unserem Hörraum die großen Wharfedale Linton 85th auf ( Test in diesem Heft). Hier steht ein Preisetikett von 1000 Euro plus Ständern – unverschämt und dennoch konkurrenzfähig. Sagen wir es so: Sitze ich im Nahfeld, so ist die Wharfedale der deutlich bessere Lautsprecher. Will ich hingegen Aura in der Ferne erzeugen, dann geht nichts über die JBL. Der Bass ist stark wie bei einer PA- Box, dazu der Fokus des darüberliegenden Horns. Wirklich ein Ausnahmelautsprecher in doppeltem Sinn – weil er Ungehörtes kann und zugleich höchste Ansprüche an die Aufstellung stellt. >>
Aber für eine hohe Meinung braucht es auch den perfekten Hörer. Hier sucht ein Lautsprecher seinen Adressaten wie selten zuvor in der AUDIO- Historie. Wer auf PA-Sound steht und Druck liebt, der kann der JBL verfallen …
EIN UNfASSBARES PANORAMA
Lauschen wir der großen Oper. Eine der besten Einspielungen von Verdis „Aida“ist die analoge Version unter Riccardo Muti aus den späten 70ern. Die EMITontechniker haben den dynamischen Entwicklungen viel Spielraum gelassen. Im Triumphmarsch wird es wirklich laut: 90 Musiker im Orchester, dazu 70 Choristen und alle Solisten. Über allem pulsieren die Solotrompeten. So mancher Lautsprecher gibt in den letzten Takten dieses Finales auf, fängt an zu komprimieren oder zu übertreiben. Die JBL 4367 hingegen blieb stramm auf Kurs und zeigte die dynamische Entwicklung vorbildlich. Zudem gefiel ihre große Staffelung – da war jedes Instrument, jede Stimme hörbar. Ein Panorama, unfassbar weit und druckvoll. Cinemascope- Klang! Verdi hätte seine Freude gehabt. Wer das Streichquartett oder das Jazztrio liebt, wird von der JBL 4367 nicht so hofiert. Das klang im Test zwar antriebsstark, aber etwas füllig – als hätte ein Maler zu viel Farbe aufgetragen. Wie bei den dicken bunten Frauen von Niki de Saint Phalle. Das macht Spaß. Aber man muss wissen, dass dies mit der Realität nur wenig zu tun hat.