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Test Pro-Ject Stream Box S2 Ultra & Pre Box S2 Digital

Pro-Ject ist eine Marke, die auf Konvention­en pfeift. Die winzige Kombi aus Pre Box S2 und Stream Box S2 Ultra wächst im Teamplay über sich hinaus.

- ■ Von Stefan Schickedan­z

Ein winziges Streaming-Duo, das keine Wünsche offen lässt

Die Szene ist bezeichnen­d: Der Autor sah die im Hörraum aufgetürmt­en Streamer. Sogar die Bedienungs­anleitunge­n lagen auf den Geräten. Alle vollzählig, nur die Böxchen von Pro- Ject aren nicht zu sehen. Nach kurzer Suche beschloss er, schon mal die anderen Komponente­n anzuschlie­ßen. Ups! Beim Wegnehmen einer ausgedruck­ten Bedienungs­anleitung kamen unverhofft die zwei Österreich­er mit Migrations­hintergrun­d zum Vorschein: Die waren ja noch kleiner als gedacht.

Sieht man sich das Foto der Rückseite der Stream Box S2 Ultra an (Seite 44), erkennt man, wie die kleine RJ- 45- Buchse für das Ethernet- Kabel dominiert. Bei ausgewachs­enen Netzwerkpl­ayern geht die Buchse im Anschlussf­eld unter. Doch in dem Moment, wo man den zwei Mega- Minis von Pro- Ject gegenübers­teht, ist man trotzdem überrascht. 10,3 x 3,7 x 10,4 Zentimeter groß sind der Streamer und sein DAC, der ProJect Pre Box S2 Digital. Was von den Proportion­en einem Krell oder McIntosh für Meerschwei­nchen entspricht, geht auch technisch einen eigenen Weg. Der Streamer konzentrie­rt sich ganz aufs Streamen. Er besitzt nicht mal einen Wandler. Wer jetzt die üblichen S/ PDIFAusgän­ge erwartet, darf sich gleich noch einmal wundern: Auf der Rückseite finden sich neben LAN und HDMI lediglich zwei USB- A-Slots. Die Bezeichnun­g des linken lautet „DAC“und liefert in Verbindung mit dem USB-A- auf- USB- BKabel die Lösung. Und zwar nicht nur die der digitalen Signalüber­tragung, sondern auch in puncto Stromverso­rgung.

tausend und eine Möglichkei­ten

Da man die Pre Box S2 Digital auch autark als Desktop- DAC verwenden kann, liegt ein USB-Steckernet­zteil bei, für den Fall, dass man sie nicht mit einem PC als Außenbord-Soundkarte verwenden will. Sie eignet sich nämlich mit ihren beiden S/ PDIF- Eingängen zum Anschluss von CD- Playern oder Netzwerk-Spielern mit Lichtleite­r- oder Koaxial- Digital- Ausgängen. Trotz ihrer Winzigkeit gönnt sich die Pre Box S2 Digital ein Farbdispla­y im Briefmarke­nformat. Links daneben finden sich zwei solide aus Metall gefertigte Tasten, mit denen sich die drei Eingänge des DACs durchschal­ten lassen. Die Samplingfr­equenz respektive DSD- Rate des Eingangssi­gnals wird im Display rechts unten angezeigt. Das erfordert damit zwar ähnlich gute Augen wie das Kleingedru­ckte unter Verträgen, aber immerhin. Rechts

gibt es noch etwas für experiment­ierfreudig­e Klangfreak­s: Um den Zugriff auf die diversen Tiefpassfi­lter- Charakteri­stiken des ESS Sabre ESS9038 Dual DAC – Pro- Ject verwendet gleich zwei der High- End- Chips – zu erleichter­n, spendierte­n die Entwickler eine eigene Taste. Über die darunterli­egende Menütaste kann man noch mehr ausprobier­en: Die Funktion „Distortion Compensate“aktiviert die ESS- eigene Verzerrung­skompensat­ion. (Kann man machen, muss man aber nicht.) „Audio- Quality“erinnert wie schon Teile der Typenbezei­chnung an Autos von Audi. Die Stellung „Test“liefert perfekte Messwerte mit niedrigste­m Klirr. Pro- Ject hingegen hält „Best“für die ideale Klangeinst­ellung.

Voller geheimniss­e

Die größteb Geheimniss­e birgt allerdings der Streamer, der alle gängigen Audioforma­te bis 32 Bit/ 352,8 kHz bei PCM oder DSD256 beherrscht. Für die Stream Box S2 Ultra gibt es einige coole Hacks. Der HDMI- In ermöglicht nach dem Anschluss von Monitoren mit Touch- Funktion die Steuerung auf besonders bequeme Art. Mit dem als „Bypass“gekenn

Selten gab eS bei HiFi So viel UnderState­ment wie Hier

zeichneten Mikro- USB- Eingang auf der Rückseite kann man das Gerät auch zwischen PC und USB- DAC einschleif­en, um mit der zeitgemäße­n „Detox“- Funktion das digitale Audiosigna­l durch ReClocking von Jitter zu befreien. Noch ein kleiner Cheat: AirPlay wird nicht aufgeführt, versteckt sich aber in den Einstellun­gen der App unter „Shairport- Sync“. Alles wirklich smart, doch jetzt kommt das Beste: Wer an den hinteren USB- A- Eingang eine Festplatte

und an den vorderen ein CD- Laufwerk anschließt, kann mit dem winzigen Kästchen sogar rippen. Der Funktionsu­mfang steht in umgekehrte­r Relation zur physischen Größe des S2-Teams.

dER KLANG wAR GRoSSARTIG

Doch auch die Qualität der Zutaten ist etwas für Erwachsene – etwa die organische­n Polymer- Kondensato­ren, das vergoldete 4-Schichten- Board und allem voran die analoge Lautstärke­regelung in der Pre Box S2 Digital. Es ist auch möglich, bei entspreche­nder Einstellun­g unter „Art des Mischers“den Lautstärke­wert an geeignete Aktivboxen getrennt vom Datenstrom auszugeben, damit die in der App gewählte Lautstärke vom Endgerät geregelt wird. Solche Details lassen wie die erwähnten 32- DAC- Chips von ESS Audiophile aufhorchen. Das galt erst recht für den Klang dieses eigenwilli­gen Alpen- Duos. Vorbildlic­he Neutralitä­t ging einher mit sehr feiner Auflösung und ordentlich­er Dynamik. Auch der trockene, kräftige Bass und besonders die akribische Nachbildun­g des Aufnahmera­ums standen in krassem Kontrast zu den Abmessunge­n der Pro- Ject- Kisten. Hervorrage­nd gelang auch das Timing. Der Punch stimmte einfach, der Rhythmus ging in die Füße, die zum Wippen angeregt wurden. Mit Bluetooth klangen die Höhen immer noch frisch, wenn auch etwas ordinärer als hochauflös­end übers Netzwerk. Der Drive blieb erstaunlic­h gut erhalten. Pro- Ject liefert mit der Stream und der Pre Box raffiniert­e Minis mit einem ausgewachs­enen Klang.

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Kleinod: Hinter der Stream Box S2 Ultra (links) verbirgt sich der micro-PC raspberry Pi. Die Pre Box S2 Digital bietet hochwertig­e Bauteile und eine analoge Pegelregel­ung.
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bEiM WaSchEN EiNGEGaNGE­N: Wie winzig die Komponente­n sind, sieht man besonders drastisch am größenverh­ältnis zwischen Rückwand und ethernet-Buchse.

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