Test Pro-Ject Stream Box S2 Ultra & Pre Box S2 Digital
Pro-Ject ist eine Marke, die auf Konventionen pfeift. Die winzige Kombi aus Pre Box S2 und Stream Box S2 Ultra wächst im Teamplay über sich hinaus.
Ein winziges Streaming-Duo, das keine Wünsche offen lässt
Die Szene ist bezeichnend: Der Autor sah die im Hörraum aufgetürmten Streamer. Sogar die Bedienungsanleitungen lagen auf den Geräten. Alle vollzählig, nur die Böxchen von Pro- Ject aren nicht zu sehen. Nach kurzer Suche beschloss er, schon mal die anderen Komponenten anzuschließen. Ups! Beim Wegnehmen einer ausgedruckten Bedienungsanleitung kamen unverhofft die zwei Österreicher mit Migrationshintergrund zum Vorschein: Die waren ja noch kleiner als gedacht.
Sieht man sich das Foto der Rückseite der Stream Box S2 Ultra an (Seite 44), erkennt man, wie die kleine RJ- 45- Buchse für das Ethernet- Kabel dominiert. Bei ausgewachsenen Netzwerkplayern geht die Buchse im Anschlussfeld unter. Doch in dem Moment, wo man den zwei Mega- Minis von Pro- Ject gegenübersteht, ist man trotzdem überrascht. 10,3 x 3,7 x 10,4 Zentimeter groß sind der Streamer und sein DAC, der ProJect Pre Box S2 Digital. Was von den Proportionen einem Krell oder McIntosh für Meerschweinchen entspricht, geht auch technisch einen eigenen Weg. Der Streamer konzentriert sich ganz aufs Streamen. Er besitzt nicht mal einen Wandler. Wer jetzt die üblichen S/ PDIFAusgänge erwartet, darf sich gleich noch einmal wundern: Auf der Rückseite finden sich neben LAN und HDMI lediglich zwei USB- A-Slots. Die Bezeichnung des linken lautet „DAC“und liefert in Verbindung mit dem USB-A- auf- USB- BKabel die Lösung. Und zwar nicht nur die der digitalen Signalübertragung, sondern auch in puncto Stromversorgung.
tausend und eine Möglichkeiten
Da man die Pre Box S2 Digital auch autark als Desktop- DAC verwenden kann, liegt ein USB-Steckernetzteil bei, für den Fall, dass man sie nicht mit einem PC als Außenbord-Soundkarte verwenden will. Sie eignet sich nämlich mit ihren beiden S/ PDIF- Eingängen zum Anschluss von CD- Playern oder Netzwerk-Spielern mit Lichtleiter- oder Koaxial- Digital- Ausgängen. Trotz ihrer Winzigkeit gönnt sich die Pre Box S2 Digital ein Farbdisplay im Briefmarkenformat. Links daneben finden sich zwei solide aus Metall gefertigte Tasten, mit denen sich die drei Eingänge des DACs durchschalten lassen. Die Samplingfrequenz respektive DSD- Rate des Eingangssignals wird im Display rechts unten angezeigt. Das erfordert damit zwar ähnlich gute Augen wie das Kleingedruckte unter Verträgen, aber immerhin. Rechts
gibt es noch etwas für experimentierfreudige Klangfreaks: Um den Zugriff auf die diversen Tiefpassfilter- Charakteristiken des ESS Sabre ESS9038 Dual DAC – Pro- Ject verwendet gleich zwei der High- End- Chips – zu erleichtern, spendierten die Entwickler eine eigene Taste. Über die darunterliegende Menütaste kann man noch mehr ausprobieren: Die Funktion „Distortion Compensate“aktiviert die ESS- eigene Verzerrungskompensation. (Kann man machen, muss man aber nicht.) „Audio- Quality“erinnert wie schon Teile der Typenbezeichnung an Autos von Audi. Die Stellung „Test“liefert perfekte Messwerte mit niedrigstem Klirr. Pro- Ject hingegen hält „Best“für die ideale Klangeinstellung.
Voller geheimnisse
Die größteb Geheimnisse birgt allerdings der Streamer, der alle gängigen Audioformate bis 32 Bit/ 352,8 kHz bei PCM oder DSD256 beherrscht. Für die Stream Box S2 Ultra gibt es einige coole Hacks. Der HDMI- In ermöglicht nach dem Anschluss von Monitoren mit Touch- Funktion die Steuerung auf besonders bequeme Art. Mit dem als „Bypass“gekenn
Selten gab eS bei HiFi So viel UnderStatement wie Hier
zeichneten Mikro- USB- Eingang auf der Rückseite kann man das Gerät auch zwischen PC und USB- DAC einschleifen, um mit der zeitgemäßen „Detox“- Funktion das digitale Audiosignal durch ReClocking von Jitter zu befreien. Noch ein kleiner Cheat: AirPlay wird nicht aufgeführt, versteckt sich aber in den Einstellungen der App unter „Shairport- Sync“. Alles wirklich smart, doch jetzt kommt das Beste: Wer an den hinteren USB- A- Eingang eine Festplatte
und an den vorderen ein CD- Laufwerk anschließt, kann mit dem winzigen Kästchen sogar rippen. Der Funktionsumfang steht in umgekehrter Relation zur physischen Größe des S2-Teams.
dER KLANG wAR GRoSSARTIG
Doch auch die Qualität der Zutaten ist etwas für Erwachsene – etwa die organischen Polymer- Kondensatoren, das vergoldete 4-Schichten- Board und allem voran die analoge Lautstärkeregelung in der Pre Box S2 Digital. Es ist auch möglich, bei entsprechender Einstellung unter „Art des Mischers“den Lautstärkewert an geeignete Aktivboxen getrennt vom Datenstrom auszugeben, damit die in der App gewählte Lautstärke vom Endgerät geregelt wird. Solche Details lassen wie die erwähnten 32- DAC- Chips von ESS Audiophile aufhorchen. Das galt erst recht für den Klang dieses eigenwilligen Alpen- Duos. Vorbildliche Neutralität ging einher mit sehr feiner Auflösung und ordentlicher Dynamik. Auch der trockene, kräftige Bass und besonders die akribische Nachbildung des Aufnahmeraums standen in krassem Kontrast zu den Abmessungen der Pro- Ject- Kisten. Hervorragend gelang auch das Timing. Der Punch stimmte einfach, der Rhythmus ging in die Füße, die zum Wippen angeregt wurden. Mit Bluetooth klangen die Höhen immer noch frisch, wenn auch etwas ordinärer als hochauflösend übers Netzwerk. Der Drive blieb erstaunlich gut erhalten. Pro- Ject liefert mit der Stream und der Pre Box raffinierte Minis mit einem ausgewachsenen Klang.