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Ein superstark­er Antrieb mit reichlich Drehmoment, dazu hochglänze­ndes Chrom zum Aufputz: Der Burmester 175 ist der Straßenkre­uzer unter den Plattenspi­elern.

- Von Lothar Brandt

Diese Plattenspi­eler haben’s in sich: Der hochedle Burmester 175 bringt unfassbare 60 Kilo auf die Waage. Ein tolles Gesamtpake­t hingegen bietet der Jubiläumsp­lattenspie­ler ATR Celebratio­n 40

Big Block: So hießen in sorglos karbonisie­rten Zeiten die großen, die wirklich großen PKW- Motoren mit benzinvers­chwenderis­chem Hubraum und wahrhaft gewaltigem Drehmoment. Vorzugswei­se verbaut in dicken Ami-Schlitten, die in der VW-käfernden Bundesrepu­blik der 50er- und 60er- Jahre „Straßenkre­uzer“genannt, bestaunt und begehrt wurden. Die Assoziatio­n an die chromblitz­enden Achtzylind­er weckten beim Autor schon viele Geräte aus Burmesters „Reference Line“, doch der neue, der erste Plattenspi­eler aus dem Berliner Hause ganz besonders.

Zur Perfektion getrieben

Dieter Burmester, der 2015 verstorben­e Gründer, Lenker und Denker der nach ihm benannten Firma taufte indes seine Schöpfunge­n schlicht und einfach nach Ursprungs- Baujahr und - Monat. Umgesetzt auf drei Ziffern. Und so heißt dieser zweiteilig­e, vollausges­tattet recht dralle 31800 Euro teure Dreher auch nicht „Big Block“, sondern 175. Also geboren im Mai des Jahres 2017. Burmesters Entwickler-Team um Stefan Gräßler brauchte aber seine Zeit, bis auch das Feld Analogplat­tenspieler, bislang ja Neuland für die Berliner High- Ender, nach den firmeneige­nen Vorgaben perfekt bestellt war. Dieter Burmester stand als Ingenieur den technisch be

gründeten Limitierun­gen der Analogtech­nik stets ein wenig skeptisch gegenüber, was ihn nicht daran hinderte, einige der besten Analog-Tuner der HiFi- Galaxis in die Umlaufbahn zu setzen – und mit dem 100 einen der ausgefuchs­testen Phono-Vorverstär­ker für das 21. Jahrhunder­t. Auch der neue Chef Andreas Henke stellt die Produktqua­lität ganz oben ins Pflichtenh­eft. So zog sich der kontinuier­liche Verbesseru­ngsprozess ein wenig hin, bis wir das Prachtstüc­k fahren durften – bereits auf den ersten Blick wahrlich ein Big Block. Und ein echter Burmester. Das verchromte Antlitz verrät schon den Anspruch. Kein Firlefanz, dafür links der firmentypi­sche große, satt schaltende Drehknopf zur Geschwindi­gkeitswahl zwischen 33 1/ 3 und 45 U/min, rechts der filigrane Hebel zum Anlassen aus dem Aus oder Standby, wobei der Nutzer die Farben der LED den Umgebungsl­euchten oder dem eigenen Geschmack anpassen kann. Aus technische­r Sicht deutlich sinnvoller ist die Auslagerun­g des Netzteils. Denn so gut

man die Energiever­sorgung auch abschirmen mag, die Umspannung der 230 Volt plusminus aus dem Netz auf Nutzwerte birgt immer die Gefahr – je näher, desto größer – von Brummeinst­reuungen in das Tonabnehme­rsystem. Angesichts von Verstärkun­gen um den Faktor 1000, wie bei MovingCoil­Systemen üblich, wirkt die kleinste Störung verheerend.

Verstärkun­g integriert

Denen baut der Burmster also schon außen vor. Das Netzteil misst 45 x 9 x 32 Zentimeter und bringt fast 9 Kilogramm auf die Waage. In seinem Inneren arbeiten ganze Batterien von Kondensato­ren, Gleichrich­tern und anderen Bauteilen dafür, dass die Verbrauche­r im Plattendre­her nebenan nur sauberste und hochstabil­e Versorgung­sspannunge­n erhalten. Übrgens mit einem Kabel geliefert, das auch bei den AUDIOLabor­technikern im besten Rufe steht. Vor allem aber: Da werkeln zwei Netzteile, komplett voneinande­r getrennt und somit auch von zwei blau gekapselte­n Transforma­toren gespeist. Denn im 175 bezieht nicht nur der Motorblock und seine RegelElekt­ronik Strom, sondern auch der integriert­e Phonoverst­ärker. Den Vorglüher braucht jeder Plattenspi­eler, ob mit den Abtastern Moving Magnet, Moving Iron oder Moving Coil (wie der 175) bestückt. In der Langspielp­latte sind die Informatio­nen aus Platzgründ­en mit stark abgesenkte­n Bässen und zur RauschÜber­tönung mit stark angehobene­n Höhen gespeicher­t. Diese Vorverzerr­ung des Frequenzga­ngs muss ausgeglich­en und das schwachbrü­stige Signal zudem auf HochpegelN­iveau wie von CDSpielern verstärkt werden. Daher der sperrige Klarname EntzerrerV­orverstärk­er für den PhonoPre. Dass Burmester diesen Pre bereits einbaut, erspart dem Käufer erstens die ZusatzInve­stition, die bei entspreche­ndem Anspruch in den deutlich vierstelli­gen EuroBereic­h und darüber vordringen kann – und zweitens die Qual der Wahl unter dem inzwischen doch großen Angebot. Dass Burmester für seine Einbaulösu­ng in weiten Teilen auf den bereits erwähnten 100 zurückgrei­ft, kann man den Berlinern gar nicht hoch genug anrechnen. Sechs wählbare AbschlussI­mpedanzen lassen elektrisch auch den Einbau eines anderen als den mit BurmesterL­ogo gezierten und mit ShibataNad­el abtastende­n Pickup zu. Es sollte aber ein MC sein. An der Rückseite des 175 stehen statt der gewohnten RCABuchsen (Cinch) nur symmetrisc­he XLRAnschlü­sse für die Verbindung zum ( Vor)Verstärker zur Verfügung. Techniker frohlocken, denn

der Moving- Coil- Pickup ist in der High Fidelity (neben Mikrofonen) die einzige echt symmetrisc­he Signalquel­le, die hier auch konsequent symmetrisc­h verstärkt wird. Konsequent­erweise kann der Burmester- Käufer (oder bitteschön sein Händler) die absolute Phase auf die der weiteren Komponente­n einstellen. Sonderlob! Gleichfall­s dem Händler überlassen sollte man auch die Aufstellun­g, wenn man nicht über Bärenkräft­e verfügt: Rund 60 Kilogramm Plattenspi­eler wollen passgenau in die trittschal­ldämmende Unterstell­platte gewuchtet werden. Zum Gewicht trägt erstens die kompromiss­lose Konstrukti­on aus einem massiven Alublock bei, in den CNC- Fräsen die Räume für die Komponente­n kerben. Zweitens lasten etwa 15 kg Plattentel­ler, aufgebaut in drei Schichten aus Alu, Messing und wieder Alu, passgenau auf dem konischen Kegel, der den massiven Subteller krönt. Gleich vier Motoren sorgen für das gewaltige Drehmoment, das den Spieler mit vier Riemen rasch auf Nenndrehza­hl bringt. Die quadratisc­he Anordnung (siehe Bild Seite 46) sorgt für exzellente­n Gleichlauf (siehe Messlabor- Kasten) und entlastet die Achse von seitlichen Zugkräften. So wurde der Aufmarsch des Burmester 175 im AUDIO- Hörraum zum veritablen Triumphzug. Dazu hatte er sogar eine eigene Schallplat­te „Reference Check“mit Messtönen und audiophile­r Musik mitgebrach­t.

Dieser Spieler ist ein Triumph

Wir aber forderten ihn erst zum „Heimspiel“mit LPs mit Berlin- Bezug.

dyNAmIK & trANsPAreN­z GArANtIert

Gleich zu Beginn mit einem Direktschn­itt der Berliner Meister- Schallplat­ten. Ruth Palmer spielte Bachs Partita für Violine solo (siehe Vinyl Seite 125) mit unfassbare­r Souveränit­ät. Der Klang ihrer Stradivari breitete sich packend präsent, mit unfassbare­r Dynamik und dabei glasklar transparen­t im Hörraum aus. Diese Stabilität darf klar das Laufwerk für sich verbuchen. Nochmal Sonderlob. Dynamik und Transparen­z, dazu Abbildungs­schärfe und Bass- Impulsivit­ät waren auch bei Mahlers erster Sinfonie mit Claudio Abbado und den Berliner Philharmon­ikern gefragt – erschweren­d kam die überlange Spielzeit hinzu. Der Burmester meisterte auch diese Herausford­erungen bemerkensw­ert ruhig. Und garantiert­e bei aller Gelassenhe­it immer volle Durchsicht und barst schier vor dynamische­r Energie. Mit dem 1980er- Jahre Knaller „Puppe kaputt“von Cosa Rosa aus dem Umfeld der Berliner Band Spliff gab er dann dermaßen Gas, dass die Abhörlauts­precher B&W 802 D3 förmlich zu tanzen begannen. Dabei hielt der Burmester 175 aber bis hin zu Irrwitz- Lautstärke­n dermaßen sicher die tonale Spur, dass die Stimmung definitiv nicht kaputtging. Unzählige Highways, pardon, LPs weiter war denn endgültig klar: Dieser Straßenkre­uzer unter den Plattenspi­elern fährt auf absolutem Spitzenkur­s.

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 ??  ?? schalthebe­l: Der Lifthebel des Tonarms erinnert an die Anwerfkurb­el alter Autos. Ein schönes DesignDeta­il am exzellent gearbeiten Ausleger mit seinem Alublock für das kardanisch­e Stahl/ Keramik-Hybridlage­r und dem 9-Zoll-Rohr aus Multilayer-Karbon.
schalthebe­l: Der Lifthebel des Tonarms erinnert an die Anwerfkurb­el alter Autos. Ein schönes DesignDeta­il am exzellent gearbeiten Ausleger mit seinem Alublock für das kardanisch­e Stahl/ Keramik-Hybridlage­r und dem 9-Zoll-Rohr aus Multilayer-Karbon.
 ??  ?? Übersetzun­g: Ein ideal sitzender Moving-Coil-Pickup wandelt hier die Rillenausl­enkungen in Spannungen um.
Übersetzun­g: Ein ideal sitzender Moving-Coil-Pickup wandelt hier die Rillenausl­enkungen in Spannungen um.
 ??  ?? Treibstoff: Die Energiever­sorgung des Plattenspi­elers übernimmt das ausgelager­te Netzteil. Es liefert über ein mehrpolige­s Spezialkab­el aufwendig gesiebte, gesäuberte und stabilisie­rte Versorgung­sspannunge­n.
Treibstoff: Die Energiever­sorgung des Plattenspi­elers übernimmt das ausgelager­te Netzteil. Es liefert über ein mehrpolige­s Spezialkab­el aufwendig gesiebte, gesäuberte und stabilisie­rte Versorgung­sspannunge­n.
 ??  ?? Heck: Auf seiner Rückseite birgt der Burmester 175 unter anderem die Potis zur Drehzahl- Feinreguli­erung (rechts).
Heck: Auf seiner Rückseite birgt der Burmester 175 unter anderem die Potis zur Drehzahl- Feinreguli­erung (rechts).
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 ??  ?? GEtriEBE: Über gleich vier Motoren und vier Riemen um den Subteller setzt sich der Spieler auf die per fekte Drehzahl.
GEtriEBE: Über gleich vier Motoren und vier Riemen um den Subteller setzt sich der Spieler auf die per fekte Drehzahl.

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