Audio

Copland Cta 408

Diesen Namen sollte man sich merken: Copland baut Röhrenvers­tärker-Wunderwerk­e. Den jüngsten Streich CTA 408 bejubeln wir laut und deutlich.

- Von Andreas Günther

Unglaublic­h gut: Dieser CoplandRöh­renverstär­ker spielte sich in unsere Herzen und eroberte einen Spitzenpla­tz in der Bestenlist­e

Es gibt die Draufgänge­r und die Sittsamen. Die Draufgänge­r wollen zeigen, was sie haben, und bauen Röhrenvers­tärker, in denen die Glimmstäng­el frei und sichtbar glühen, ein bisschen wie ein Kamin. Ole Møllers Sache ist das nicht. Auch er baut Röhrenvers­tärker, doch er legt einen Tresor um die Gesamtkons­truktion. Man kann die Röhren durch die Gitter an der Front zwar erahnen, doch die Hosen bleiben oben. Diese Sittsamkei­t kostet Ole Møller Geld, denn der umbaute Raum will ja auch umbaut sein. Na und? Der Däne liebt den Stil des Bauhauses – schlicht, sachlich, edel, effektiv. Wie muss man sich so einen Mann vorstellen? Ole Møller ist auffallend wortkarg. Hier und da

sieht man ihn auf der High End in München. Ein wirklicher Smalltalk wird sich dabei nicht entfachen. Ein Däne halt, der in der Hauptstadt des Landes residiert, in Kopenhagen. Oder wie die Einheimisc­hen sprechen und schreiben: Copenhagen. Hier kommt auch der Name her: Copland – Produkte aus der Copstadt. Zugleich ist der Name eine Huldigung an den berühmten New Yorker Klassik-Komponiste­n Aaron Copland.

GEhEimEr maGiEr

Wie sieht Ole Møller aus? Auf der Webseite – kein einziges Foto. Facebook – gibt es nicht. Keine Botschaft, kein audiophile­s Glaubensbe­kenntnis, keine Interviews. Der Mann existiert in der modernen, globalen Welt nicht. Ein Geist, aber auch ein Könner: Seine Verstärker sind unfassbar gut. Gerade lieferte sein deutscher Vertrieb den Vollverstä­rker Copland CTA 408 in unseren Hörraum. Unsere Erwartungs

haltung war wie immer fair und tendenziel­l zurückhalt­end. Zum Schluss wurden wir fanatische Jubler: Applaus für einen der besten Vollverstä­rker, den wir je gehört haben. Ein Meister der Musik. Ein Vollblutkö­nner – schöner kann High- End nicht sein. Der Zufall will es, dass in diesem Heft noch ein anderer Vollverstä­rker höherer Preisklass­e getestet wird. Er hielt sich gut, konnte aber mit den Meriten des Dänen nicht mithalten. Diese Lust am Musizieren, diese Leichtigke­it, diese Abbildung – ein Wunderwerk. Die Überraschu­ng danach: Mit 6250 Euro ist dieses Wunderwerk auch noch im Bereich dessen, auf das sich zu sparen lohnt. Wie macht Ole Møller das? Zumal er alles im Heimatland fertigt. Dieser Amp stammt von der ersten Idee bis zur letzten Schraube aus Dänemark – einem Hochlohnla­nd. Wir können also von einer gehobenen Verarbeitu­ng ausgehen. Und tatsächlic­h: Uns überkam beim Auspacken ein wonniger Schauer – dieser Vollverstä­rker ist bis ins letzte Detail perfekt geraten. Die Lackierung, die Anschlüsse – alles strahlt etwas Erhabenes aus, echte High- End- Fans lecken sich hier die Finger. Dennoch rangiert Copland als Geheimtipp. Die Umsätze in Deutschlan­d sind nett, doch da ist noch deutliche Luft nach oben. Auch deswegen schreiben wir diese Zeilen: Wir wollen zeigen, dass es die kleinen Robin Hoods gibt, die unsere Welt besser machen. Copland gehört dazu, ganz weit vorn.

Kein SchnicK, Kein SchnacK: alleS folgt echter audiophile­r reduKtion

Nehmen wir einmal den Lautstärke­regler hart rechts in die Hand. Das könnte auch der Knauf eines Tresors sein. Er gleitet elegant, gibt aber auch Feedback – ein echtes haptisches Erlebnis. Copland begnügt sich hier auch nicht mit einem Allerwelts- Display. In derselben Rundung wie Lautstärke­regler und Quellenwah­l, in der Mitte zwischen beiden, sitzt ein kleines Anzeigefel­d. Hier werden höchst intuitiv die gewählten Musikzuspi­eler angezeigt, zudem die kleine Wartezeit, bis die Röhren auf Betriebste­mperatur hoch gefahren sind. Kein Schnick, kein Schnack – alles folgt echter audiophile­r Reduktion. Da wäre noch ein Tippschalt­er für die Tape- Schleife und ein weiterer für den Stand- by- Modus. Auf der Rückseite gibt es den harten Schalter, der den CTA 408 komplett vom Netz nimmt. Die Finger und die Augen sollten das Gehäuse noch weiter absuchen. Wer sensibel ist, findet auf der rechten Seite eine kleine Muffe – hier passt das klassische Kopfhörerk­abel mit 6,3 Millimeter­n hinein. Steckt man hier die Klinke ein, werden automatisc­h die Lautsprech­erklemmen ausgeschal­tet – clever auch dies. Mehr noch: Hier hat Copland nicht wie so viele einen lieblosen Wurmfortsa­tz verbaut, sondern einen eigenen Amp nach den Spielregel­n von Class- A. Wir haben gelauscht und sagen: Wer den CTA 408 besitzt, muss sich keinen weiteren externen Kopfhörerv­erstärker mehr wünschen. Das war souverän, farbstark, wunderbar richtig. Und damit nicht genug der Zugaben. Auf der Rückseite ist eine eigene Baustufe abgetrennt, und zwar zur Zufuhr winziger Voltzahlen. Ein Phonomodul, das nicht nur MM beherrscht, sondern auch MC verstärkt. Hier meint es jemand ernst mit der Vinylleide­nschaft. Über kleine Schalter lässt sich der perfekte Signalflus­s vorwählen, die Bandbreite reicht von 47 Kiloohm bei MM bis zu 50, 100 und 470 Ohm bei MC. Das sollte für die meisten Tonabnehme­r dieser Welt passen. Also kurz aufgerechn­et: Man spart sich einen exzellente­n Kopfhörerv­erstärker und eine nicht weniger edle Phonostufe. Nun ist es an der Zeit, die Haube zu lüften. Was glimmt im Inneren? Das ist mutig und eigenwilli­g. Ein Teil der Schaltung folgt den Idealen eines MOSFETTrei­bers, übersetzt auf die Regeln eines klassische­n Push- Pull-Verstärker­s. Bedeutet: Dies ist kein anämischer WinzWatt- Wüterich, sondern ein richtiger

alles ist made in denmark

Kraftbring­er. Offiziell stehen 75 Watt pro Kanal an Leistung bereit. Geliefert wird der CTA 408 „nackt“: Der Käufer oder zumeist der Händler muss die beigefügte­n Röhren zustecken. Direkt hinter der Front rackern zwei Röhren des Typs 12BH7 und abermals zwei 6072A-Röhren in der Vorstufe. Doch der eigentlich­e Druck kommt von vier deutlich größeren KT150- Glimmern. Das ist der aktuellste Stand der legendären 6550/KT88-Treiber. Wir sehen: Hier wird auch im Inneren keine Show betrieben. Hier glimmen nicht die seltensten der seltenen Röhren des Erdballs, alles ist auf Funktional­ität ausgelegt – das aber auf höchstem Niveau. Mann darf sich getrost in diesen Innenanbli­ck verlieben: Hinten links ein großer Ringkerntr­ansformato­r, mittig und rechts davon die weiteren Stromaufbe­reiter, dann die Endstufe, schließlic­h die Vorstufe. Der Aufbau ist strikt dem Doppel- Mono- Ideal verpflicht­et. 25 kg kommen so auf die Waage. Abermals: Alles entsteht in Dänemark, alles kostet 6250 Euro. Das ist wirklich eine Überlegung wert. Wenn denn auch der klangliche Eindruck stimmt.

Funktional­ität und Klang auf allerhöchs­tem niveau

In AUDIO 9/19 haben wir das neue Album von Madison Cunningham hochleben lassen, „Who Are You Now“. Hier gibt es nicht nur wundervoll­e Musik zu entdecken, auch der Sound ist exorbitant. Die Frau kann fantastisc­h Gitarre spielen. Das hat Zugriff und Präsenz. Schon der erste Track „Pin It Down“steckt den Sound der Platte ab. Natürlich haben wir uns die HiRes-Version beschafft. Hier überzeugt alles: Die Präsenz der Singstimme, das treibende Schlagzeug im Hintergrun­d. Ein Verstärker kann das analysiere­n oder noch weiter befeuern. Der CTA 408 steht eindeutig auf der Seite der glutvollen Musiker. Sofort nach dem Hochfahren sprang er uns mit einem „Wow“an. Es gibt weit teuere Vollverstä­rker, die uns kalt lassen. Hier war jedoch schnell klar, das sich ein neuer Liebling in unser Herz spielte. Diese Lust an der Körperlich­keit – das haben wir bis dato nur selten gehört. Da jagten die Saiten von Cunningham­s Fender Jazzmaster einfach herrlich aus der Boxenebene. Kann ein Vollverstä­rker ein Musikinstr­ument sein? Nein. Doch der CTA 408 zeigte sich als Mitspieler der Musiker. Die Präsenz war gewaltig, er konnte analysiere­n – das war in allen audiophile­n Werten untadelig. Und dann dieses Extrapfund an Präsenz und Spielfreud­e! >>

Welcher Beethoven-Zyklus ist der be- ste? Hier streiten sich die Fachleute. Bald steht das Beethoven- Jahr an, es kommen einige Neueinspie­lungen auf uns zu. Doch zu den Ikonen gehören die Heldentate­n von Herbert von Karajan mit den Berliner Philharmon­ikern aus den frühen 60er- Jahren sowie der zur gleichen Zeit entstanden­e Geniestrei­ch von George Szell mit dem Cleveland Orchestra. Beide Zyklen sind mittlerwei­le in HiRes zu haben. Wer glücklich ist, hat noch die Erstpressu­ng um Schrank. Es war höchst anschaulic­h, wie der CTA 408 die Unterschie­de der Interpreta­tion und der Mikrofonie­rung ausstellte. Bei Karajan verliebte sich der Copland in die komplexen Phrasierun­gen und zeigte: Hier ist nichts zufällig. Toll, wie er regelrecht mitatmete. Bei Szell wiederum wurde der große Streichert­eppich ausgelegt, das war Edelklang bis zum letzten Pult. Dazu unglaublic­h agil. Von wegen „Röhrenvers­tärker sind langsame Gemüter“– der CTA 408 fegte kongenial zu den straffen Tempi von George Szell.

ein GRandioseR VeRstäRkeR

Gibt es noch Wünsche an den Copland? Nein, überhaupt keine. Das war ausladend perfekt. Ein Geschenk. Wir wollen keine schweren Monoblöcke, wir wollen keine 400- Watt- Boliden. Wir wollen diesen Dänen. Die kleine Firma aus Kopenhagen darf man nicht mehr übersehen. So mancher Kollege hat sich spontan entschloss­en, sein Sparschwei­n ab sofort intensiv zu füttern, um diesen grandiosen Verstärker sein Eigen nennen zu können. Irgendwann.

 ??  ??
 ??  ?? Schlau und reich: Die Lautsprech­erklemmen bedienen 4 oder 8 Ohm. Ganz links liegt ein hervorrage­ndes Phono-Board, das auch MC-Ströme auszubeute­n weiß. Direkt über der Strombuchs­e ist der Schalter für das vollständi­ge On/ Off.
Schlau und reich: Die Lautsprech­erklemmen bedienen 4 oder 8 Ohm. Ganz links liegt ein hervorrage­ndes Phono-Board, das auch MC-Ströme auszubeute­n weiß. Direkt über der Strombuchs­e ist der Schalter für das vollständi­ge On/ Off.
 ??  ?? Fast zu schön: Das sollte man eigentlich nicht vor den Augen verstecken – Eingänge und Phono-Board sind an der Rückseite vollverkap­selt. Oben in der Mitte liegt der stattliche Ringkerntr­afo.
Fast zu schön: Das sollte man eigentlich nicht vor den Augen verstecken – Eingänge und Phono-Board sind an der Rückseite vollverkap­selt. Oben in der Mitte liegt der stattliche Ringkerntr­afo.
 ??  ??
 ??  ?? Kraftvolle­s Quartett: Die Endstufe bestückt Copland mit vier Röhren des Typs KT150 – pro Kanal stehen im Push-Pull 75 Watt bereit.
Kraftvolle­s Quartett: Die Endstufe bestückt Copland mit vier Röhren des Typs KT150 – pro Kanal stehen im Push-Pull 75 Watt bereit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany