Copland Cta 408
Diesen Namen sollte man sich merken: Copland baut Röhrenverstärker-Wunderwerke. Den jüngsten Streich CTA 408 bejubeln wir laut und deutlich.
Unglaublich gut: Dieser CoplandRöhrenverstärker spielte sich in unsere Herzen und eroberte einen Spitzenplatz in der Bestenliste
Es gibt die Draufgänger und die Sittsamen. Die Draufgänger wollen zeigen, was sie haben, und bauen Röhrenverstärker, in denen die Glimmstängel frei und sichtbar glühen, ein bisschen wie ein Kamin. Ole Møllers Sache ist das nicht. Auch er baut Röhrenverstärker, doch er legt einen Tresor um die Gesamtkonstruktion. Man kann die Röhren durch die Gitter an der Front zwar erahnen, doch die Hosen bleiben oben. Diese Sittsamkeit kostet Ole Møller Geld, denn der umbaute Raum will ja auch umbaut sein. Na und? Der Däne liebt den Stil des Bauhauses – schlicht, sachlich, edel, effektiv. Wie muss man sich so einen Mann vorstellen? Ole Møller ist auffallend wortkarg. Hier und da
sieht man ihn auf der High End in München. Ein wirklicher Smalltalk wird sich dabei nicht entfachen. Ein Däne halt, der in der Hauptstadt des Landes residiert, in Kopenhagen. Oder wie die Einheimischen sprechen und schreiben: Copenhagen. Hier kommt auch der Name her: Copland – Produkte aus der Copstadt. Zugleich ist der Name eine Huldigung an den berühmten New Yorker Klassik-Komponisten Aaron Copland.
GEhEimEr maGiEr
Wie sieht Ole Møller aus? Auf der Webseite – kein einziges Foto. Facebook – gibt es nicht. Keine Botschaft, kein audiophiles Glaubensbekenntnis, keine Interviews. Der Mann existiert in der modernen, globalen Welt nicht. Ein Geist, aber auch ein Könner: Seine Verstärker sind unfassbar gut. Gerade lieferte sein deutscher Vertrieb den Vollverstärker Copland CTA 408 in unseren Hörraum. Unsere Erwartungs
haltung war wie immer fair und tendenziell zurückhaltend. Zum Schluss wurden wir fanatische Jubler: Applaus für einen der besten Vollverstärker, den wir je gehört haben. Ein Meister der Musik. Ein Vollblutkönner – schöner kann High- End nicht sein. Der Zufall will es, dass in diesem Heft noch ein anderer Vollverstärker höherer Preisklasse getestet wird. Er hielt sich gut, konnte aber mit den Meriten des Dänen nicht mithalten. Diese Lust am Musizieren, diese Leichtigkeit, diese Abbildung – ein Wunderwerk. Die Überraschung danach: Mit 6250 Euro ist dieses Wunderwerk auch noch im Bereich dessen, auf das sich zu sparen lohnt. Wie macht Ole Møller das? Zumal er alles im Heimatland fertigt. Dieser Amp stammt von der ersten Idee bis zur letzten Schraube aus Dänemark – einem Hochlohnland. Wir können also von einer gehobenen Verarbeitung ausgehen. Und tatsächlich: Uns überkam beim Auspacken ein wonniger Schauer – dieser Vollverstärker ist bis ins letzte Detail perfekt geraten. Die Lackierung, die Anschlüsse – alles strahlt etwas Erhabenes aus, echte High- End- Fans lecken sich hier die Finger. Dennoch rangiert Copland als Geheimtipp. Die Umsätze in Deutschland sind nett, doch da ist noch deutliche Luft nach oben. Auch deswegen schreiben wir diese Zeilen: Wir wollen zeigen, dass es die kleinen Robin Hoods gibt, die unsere Welt besser machen. Copland gehört dazu, ganz weit vorn.
Kein SchnicK, Kein SchnacK: alleS folgt echter audiophiler reduKtion
Nehmen wir einmal den Lautstärkeregler hart rechts in die Hand. Das könnte auch der Knauf eines Tresors sein. Er gleitet elegant, gibt aber auch Feedback – ein echtes haptisches Erlebnis. Copland begnügt sich hier auch nicht mit einem Allerwelts- Display. In derselben Rundung wie Lautstärkeregler und Quellenwahl, in der Mitte zwischen beiden, sitzt ein kleines Anzeigefeld. Hier werden höchst intuitiv die gewählten Musikzuspieler angezeigt, zudem die kleine Wartezeit, bis die Röhren auf Betriebstemperatur hoch gefahren sind. Kein Schnick, kein Schnack – alles folgt echter audiophiler Reduktion. Da wäre noch ein Tippschalter für die Tape- Schleife und ein weiterer für den Stand- by- Modus. Auf der Rückseite gibt es den harten Schalter, der den CTA 408 komplett vom Netz nimmt. Die Finger und die Augen sollten das Gehäuse noch weiter absuchen. Wer sensibel ist, findet auf der rechten Seite eine kleine Muffe – hier passt das klassische Kopfhörerkabel mit 6,3 Millimetern hinein. Steckt man hier die Klinke ein, werden automatisch die Lautsprecherklemmen ausgeschaltet – clever auch dies. Mehr noch: Hier hat Copland nicht wie so viele einen lieblosen Wurmfortsatz verbaut, sondern einen eigenen Amp nach den Spielregeln von Class- A. Wir haben gelauscht und sagen: Wer den CTA 408 besitzt, muss sich keinen weiteren externen Kopfhörerverstärker mehr wünschen. Das war souverän, farbstark, wunderbar richtig. Und damit nicht genug der Zugaben. Auf der Rückseite ist eine eigene Baustufe abgetrennt, und zwar zur Zufuhr winziger Voltzahlen. Ein Phonomodul, das nicht nur MM beherrscht, sondern auch MC verstärkt. Hier meint es jemand ernst mit der Vinylleidenschaft. Über kleine Schalter lässt sich der perfekte Signalfluss vorwählen, die Bandbreite reicht von 47 Kiloohm bei MM bis zu 50, 100 und 470 Ohm bei MC. Das sollte für die meisten Tonabnehmer dieser Welt passen. Also kurz aufgerechnet: Man spart sich einen exzellenten Kopfhörerverstärker und eine nicht weniger edle Phonostufe. Nun ist es an der Zeit, die Haube zu lüften. Was glimmt im Inneren? Das ist mutig und eigenwillig. Ein Teil der Schaltung folgt den Idealen eines MOSFETTreibers, übersetzt auf die Regeln eines klassischen Push- Pull-Verstärkers. Bedeutet: Dies ist kein anämischer WinzWatt- Wüterich, sondern ein richtiger
alles ist made in denmark
Kraftbringer. Offiziell stehen 75 Watt pro Kanal an Leistung bereit. Geliefert wird der CTA 408 „nackt“: Der Käufer oder zumeist der Händler muss die beigefügten Röhren zustecken. Direkt hinter der Front rackern zwei Röhren des Typs 12BH7 und abermals zwei 6072A-Röhren in der Vorstufe. Doch der eigentliche Druck kommt von vier deutlich größeren KT150- Glimmern. Das ist der aktuellste Stand der legendären 6550/KT88-Treiber. Wir sehen: Hier wird auch im Inneren keine Show betrieben. Hier glimmen nicht die seltensten der seltenen Röhren des Erdballs, alles ist auf Funktionalität ausgelegt – das aber auf höchstem Niveau. Mann darf sich getrost in diesen Innenanblick verlieben: Hinten links ein großer Ringkerntransformator, mittig und rechts davon die weiteren Stromaufbereiter, dann die Endstufe, schließlich die Vorstufe. Der Aufbau ist strikt dem Doppel- Mono- Ideal verpflichtet. 25 kg kommen so auf die Waage. Abermals: Alles entsteht in Dänemark, alles kostet 6250 Euro. Das ist wirklich eine Überlegung wert. Wenn denn auch der klangliche Eindruck stimmt.
Funktionalität und Klang auf allerhöchstem niveau
In AUDIO 9/19 haben wir das neue Album von Madison Cunningham hochleben lassen, „Who Are You Now“. Hier gibt es nicht nur wundervolle Musik zu entdecken, auch der Sound ist exorbitant. Die Frau kann fantastisch Gitarre spielen. Das hat Zugriff und Präsenz. Schon der erste Track „Pin It Down“steckt den Sound der Platte ab. Natürlich haben wir uns die HiRes-Version beschafft. Hier überzeugt alles: Die Präsenz der Singstimme, das treibende Schlagzeug im Hintergrund. Ein Verstärker kann das analysieren oder noch weiter befeuern. Der CTA 408 steht eindeutig auf der Seite der glutvollen Musiker. Sofort nach dem Hochfahren sprang er uns mit einem „Wow“an. Es gibt weit teuere Vollverstärker, die uns kalt lassen. Hier war jedoch schnell klar, das sich ein neuer Liebling in unser Herz spielte. Diese Lust an der Körperlichkeit – das haben wir bis dato nur selten gehört. Da jagten die Saiten von Cunninghams Fender Jazzmaster einfach herrlich aus der Boxenebene. Kann ein Vollverstärker ein Musikinstrument sein? Nein. Doch der CTA 408 zeigte sich als Mitspieler der Musiker. Die Präsenz war gewaltig, er konnte analysieren – das war in allen audiophilen Werten untadelig. Und dann dieses Extrapfund an Präsenz und Spielfreude! >>
Welcher Beethoven-Zyklus ist der be- ste? Hier streiten sich die Fachleute. Bald steht das Beethoven- Jahr an, es kommen einige Neueinspielungen auf uns zu. Doch zu den Ikonen gehören die Heldentaten von Herbert von Karajan mit den Berliner Philharmonikern aus den frühen 60er- Jahren sowie der zur gleichen Zeit entstandene Geniestreich von George Szell mit dem Cleveland Orchestra. Beide Zyklen sind mittlerweile in HiRes zu haben. Wer glücklich ist, hat noch die Erstpressung um Schrank. Es war höchst anschaulich, wie der CTA 408 die Unterschiede der Interpretation und der Mikrofonierung ausstellte. Bei Karajan verliebte sich der Copland in die komplexen Phrasierungen und zeigte: Hier ist nichts zufällig. Toll, wie er regelrecht mitatmete. Bei Szell wiederum wurde der große Streicherteppich ausgelegt, das war Edelklang bis zum letzten Pult. Dazu unglaublich agil. Von wegen „Röhrenverstärker sind langsame Gemüter“– der CTA 408 fegte kongenial zu den straffen Tempi von George Szell.
ein GRandioseR VeRstäRkeR
Gibt es noch Wünsche an den Copland? Nein, überhaupt keine. Das war ausladend perfekt. Ein Geschenk. Wir wollen keine schweren Monoblöcke, wir wollen keine 400- Watt- Boliden. Wir wollen diesen Dänen. Die kleine Firma aus Kopenhagen darf man nicht mehr übersehen. So mancher Kollege hat sich spontan entschlossen, sein Sparschwein ab sofort intensiv zu füttern, um diesen grandiosen Verstärker sein Eigen nennen zu können. Irgendwann.