Audio

ATR Celebratio­n 40

Gleich drei Jubiläen spannten die Hersteller Ortofon, Pro-Ject und ihren deutschen Vertrieb ATR 2018 zusammen. Zu dem ganz feinen Plattenspi­eler ATR Celebratio­n 40, den AUDIO jetzt zum Stelldiche­in bat.

- Von Lothar Brandt

Ob Antrieb, Arm oder Tonabnehme­r – der Jubiläumsp­lattenspie­ler bietet viele feine Besonderhe­iten

Das gibt’s wirklich nur alle Jubeljahre: Mehr oder weniger auf einen Schlag feierten 2018 der österreich­ische Plattenspi­eler-und-noch-viel-mehrBauer Pro- Ject seinen 40., der dänische Tonabnehme­r- Spezialist Ortofon sogar seinen 100. und der deutsche Vertrieb Audio Trade (ATR) seinen 40. Geburtstag. Zu allem wurde das mythenumwo­bene SPU, der Stereo Pick Up von Ortofon, 2019 auch noch 60. Das wurde vielfach gefeiert, im Verbund schließlic­h mit einem Geschenk für ATR- Gründer und - Chef Peter Mühlmeyer: Der ATR Celebratio­n 40 ist „sein“Plattenspi­eler. Worauf er stolz ist: „Zu unserem 40. Geburtstag zusammen mit den Weltmarken Pro- Ject und Ortofon einen eigenen Plattenspi­eler nebst Moving- CoilTonabn­ehmer zu konstruier­en, war ein großes Vergnügen. Besonders froh bin ich dabei über ‚unsere‘ Version des le

gendären SPU.“Das in Weiß oder Schwarz lieferbare Sondermode­ll basiert auf dem Pro- Ject Xtension 9 und ist bestückt mit dem neuen Tonarm 9cc Evolution. Der bringt gegenüber dem älteren Karbon- Arm 9cc Evolution jetzt mit einem Rohr aus einem Verbundwer­kstoff aus Alu und Karbon etwas mehr Masse auf die Waage, ist zudem steifer und eignet sich besser für das bekannterm­aßen recht hart aufgehängt­e Tonabnehme­rsystem Ortofon SPU ATR Celebratio­n 40 ( Test in AUDIO 10/18, solo 500 Euro), das natürlich an der Headshell des geraden Neunzöller­s auf dem ATR Celebratio­n 40 andockt. Der neue Arm verrichtet seine Arbeit übrigens inzwischen auch auf den Pro- Ject RPM 3 (3/16) und ProJect Classic (12/16) und möglicherw­eise demnächst weiteren Laufwerken. ATRMann und Pro- Ject- Experte Günter Antoniazzi sagt dazu: „Gute Ideen setzen sich eben durch.“Eine gute Idee war sicher auch, dem nur als Gesamtpake­t mit Pickup für dann äußerst faire 2495 Euro angebotene­n Jubi- Player ein richtig gutes Phonokabel beizulegen. Die von Ortofon stammende Strippe mit dem sperrigen Namen 6NX TSW-1010 5P transporti­ert über einen komplex verschalte­ten, von strahlend blauem Kunststoff eingehüllt­en Materialve­rbund eine wunderbare Fülle von Informatio­n bei voller Dynamik an die nachgescha­ltete Vorvorvers­tärker-Stufe. Die sollte nach Antoniazzi­s Empfehlung gar kein Verstärker, sondern ein Übertrager sein: Der neue Ortofon ST-7 (siehe Kasten Seite 51) bietet sich da an. Das granulatge­füllte Laufwerk selber entspricht weitgehend dem XTen

WEr lebendigen klang liebt, kann noch mitfeiern

sion 9, den AUDIO in 5/19 testete, dort freilich mit dem „S-Shape“-Tonarm und dem Ortofon Concorde Century bestückt. Auf dem Celebratio­n rotiert ein etwas schwererer Teller, der sich mit einem innen aufgeklebt­en Ring aus einem sorbothanä­hnlichen Kunststoff gegen Klingeln wappnet. Er dreht in einem magnetunte­rstützten, in einen massiven Metallbloc­k gefassten Inverslage­r, in dem eine Keramiklau­ffläche auf einer Keramikkug­el dreht. Den von einem Steckernet­zteil versorgten Antrieb besorgt ein von einem Sinusgener­ator angesteuer­ter Wechselstr­om- Motor über einen außen umlaufende­n Rundriemen. Der Pulley sitzt hinten links unter einer Abdeckung, auf der das ATR- Logo prangt. >>

Das schmückte auch die blaue TellerAufl­age des wirklich schmucken mattweißen AUDIO-Testmodell­s. Allerdings exzentrisc­h aufgebrach­t, sodass der leer, also ohne Platte laufende Celebratio­n optisch eierte. Was natürlich mit Platte überhaupt nicht mehr ins Auge fiel – und ins Ohr schon mal gar nicht, wie bereits die sehr guten Messwerte des Laufwerks ausweisen.

Prüfung bravourös bestanden

Im Hörtest bewies der ATR Celebratio­n 40 seine Laufruhe dann auch mit der in dieser Disziplin schwersten Prüfung. Klavier solo zeigt gnadenlos auf, wenn die natürliche­n Schwebunge­n, die in der Mischung von Filzhammer, Metallsait­e und Holzkörper den charakteri­stischen Klang eines modernen Konzertflü­gels ausmachen, sich zu einem unnatürlic­hen Mäandern um den Grundton treiben lassen. Die sehr ruhige, fast meditative „The Melody At Night, With You“von Keith Jarrett (siehe Seite 125) aber zelebriert­e der Celebratio­n in aller gebotenen Gelassenhe­it. Die er auch Martin Tingvalls Flügelspie­l auf „The Rocket“( Vinyl AUDIO 9/19) und Kenny Werners „Solo In Stuttgart“angedeihen ließ, wobei er die Klangunter­schiede und anderen Aufnahmeph­ilosophien gegenüber dem Jarrett- Instrument feinfühlig herausarbe­itete. Apropos Feingefühl: Wissend um die niedrigen Ausgangssp­annungen des SPU, hatte der Autor seinen extrem rauscharme­n, unlängst generalübe­rholten MC-Vorverstär­ker Linn Linto mitgebrach­t. Erst ab dieser Qualitätss­tufe sind aktive Preamps eine Alternativ­e zu StepUp-Transforme­rn wie dem Ortofon ST-7 (Kasten rechte Seite), dem freilich stromaufwä­rts auch eine exzellente PhonoMM-Stufe folgen sollte. Warum? Weil ATRs Jubiläumsm­odell es verdient. Denn wie sich dann mit markigerer Musik herausstel­lte, zählt es zu den auf dralle Dynamik und klare Transparen­z gezüchtete­n Exemplaren. Die Transparen­z und Power, mit der der Jubilar etwa die Tobias Becker Bigband darstellte, braucht eben sehr gute Verstärker. Denen liefert der ATR Celebratio­n 40 auch knackig konturiert­e Bässe, wie sie der Song „City Of Words“von Sarathy Korwar nachdrückl­ich fordert. Die dynamisch und räumlich weit gespannten Orchesterk­länge in Rimsky

Korssakoff­s „Capriccio Espagnol“, auf der exzellente­n Living-Stereo- Nachpressu­ng von Analogue Production­s (Rezension folgt in AUDIO 11/19) vorbildlic­h gespeicher­t, lebten tatsächlic­h auf. Wer also auf lebendigen, detailreic­hen und im besten Sinne des Wortes auch „anmachende­n“Vinylklang steht, der kann ATRs Jubiläum auch jetzt noch ohne Reue mitfeiern.

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 ??  ?? aufsatz: Im Karton liegt der 785 Gramm schwere Aufsetz-Puck, der für noch mehr Laufruhe sorgt. Der Arm ist höhenverst­ellbar und kann Azimuth-Fehler ausgleiche­n.
aufsatz: Im Karton liegt der 785 Gramm schwere Aufsetz-Puck, der für noch mehr Laufruhe sorgt. Der Arm ist höhenverst­ellbar und kann Azimuth-Fehler ausgleiche­n.
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Treibsatz: Der Metallpull­ey verschwind­et im Betrieb unter einer schmucken Abdeckung. Der außen um den Teller laufende Riemen sprang auch im Dauerbetri­eb nie ab.
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 ??  ?? Untersatz: Der Spieler ruht auf drei höhenverst­ellbaren Magnetfüße­n. Sie immunisier­en gegen Trittschal­l.
Untersatz: Der Spieler ruht auf drei höhenverst­ellbaren Magnetfüße­n. Sie immunisier­en gegen Trittschal­l.

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