SCHWARZE SEELE
Was mag das sein? Viele Anschlüsse im Rücken, dazu ein Trio an der Front. Offiziell ist es ein Kopfhörerverstärker. Aber mit der Potenz einer Vorstufe. Plus einem starken D/A-Wandler. Luxus zum verlockenden Preis.
Ein neuer Name, den wir unbedingt in unser Poesiealbum eintragen sollten: Violectric. Wir haben gerade eine Komponente des Hauses auf dem Schreibtisch und sind maximal angefixt. Doch schauen wir zuerst einmal in die Gene. Violectric ist eine Untermarke der Lake People. Klingt nach Amerika, stimmt aber nicht. Die Lake People residieren am Bodensee. In Konstanz, um genau zu sein. Genau da, wo sich der Rhein durch eine Engstelle schiebt. Hier denken ein paar wirklich große Geister über moderne elektronische Schaltungen nach. Röhren werden nicht hofiert, sondern der klassische Aufbau per Transistoren. So richtig schlau wird man nicht, wenn man den DHA V590 das erste Mal in die Hände bekommt. Das ist ein KopfhörerVerstärker – und wieder nicht. Das ist ein Vorverstärker – und wieder nicht. Auf jeden Fall gibt es als Zugabe noch einen DAC mit hinzu. Das ganze recht kompakt verbaut auf einer Frontbreite von nur 29 Zentimetern.
Die Designsprache ist oldfashioned: viele Knöpfe, aber alles aufgeräumt und in Schwarz gehalten. Kann ich ihn auch in Silber haben? Nö. Aber eine Fernbedienung gibt es mit hinzu. Das Anfassgefühl der Komponente selbst könnte nicht schöner sein. Das ist wuchtig, präzise, ein Ausrufezeichen der deutschen Ingenieurskunst. Denn der DHA V590 wurde nicht nur am Bodensee erdacht, hier wird er auch gemacht. Was beim Preis überrascht – wir sind bei 3200 Euro. Das finden wir angemessen.
Schauen wir hinein, zücken wir den Schraubenzieher. Hui – das ist prall gefüllt, da passt nichts mehr in den Luftraum zwischen den Seitenteilen. Zwei Trafos bereiten den Strom auf. Ganz hinten liegt das Digitalboard. Darauf arbeiten gleich zwei AKM 4490 DACs bei 32 Bit. Da kommen wir bis zu 384 Kilohertz hinauf. DSD gibt es leider nicht unangetastet, sondern nur in der Wandlung als DSDoverPCM. Kann man mit leben. Alles ist schlau gefügt und mit den besten Bausteinen des Weltmarktes bestückt. So gibt
es natürlich alle Regler von Alps, motorisiert bei der Lautstärke, ohne Motor bei der Balance. Wer partout mehr will, kann für 500 Euro extra auch einen Relaisparcours für die Lautstärke buchen. Mächtig das Aufgebot im Rücken. An der Front können zwei 6,3er Klinken und ein symmetrischer Kopfhörer bedient werden. Die Kontakte im Rücken sind mit Mäuseklavieren kombiniert, um den Pegel anzupassen. Abermals: Das weckt Vertrauen, das sieht super aus. Und es tönt fulminant. Jetzt können sich die Ingenieure vom Bodensee noch so störrisch geben, aber für mich klang das wie ein großartiger Röhrenverstärker. Obwohl weit und breit keine Röhre glimmt. Aber der Charakter ist da: weich und dennoch stark durchzeichnet, nie böse, immer auf Harmonie bedacht. An den Kopfhörermembranen wie möglichen Lautsprechern. Wären nicht dieses blöde Corona und Geldeinbußen durch die Kurzarbeit – ich würde diesen Amp subito in meinen HighEndFuhrpark integrieren.
STARK DURCHZEICHNET, NIE BÖSE, AUF HARMONIE BEDACHT