Audio

Vier gewinnt

Standboxen sind schwer beliebt. Vier namhafte Volltöner bis 1000 Euro stellen sich dem AUDIO-Test

- Von Andreas Günther

Wer die drei Buchstaben „GLE“googelt, dem wird als erstes die Seite von Mercedes- Benz angezeigt. Wenn wir das Geld für einen GLE-SUV hätten und die höchste Ausstattun­g buchen würden, kämen wir mit einem dieser schwäbisch­en Traumwagen in 3,8 Sekunden von null auf hundert.

Die GLE-Serie von Canton ist in anderen Regionen unterwegs – hier liegt alles eher im Einsteiger­bereich. Canton lässt die Sparflamme flackern. In der weit teueren Vento-Serie bekommen wir feinen Klavierlac­k – ein Hochamt für Finger, Auge und Herz. Bei den GLEs geht es einfacher zu, jedenfalls in Sachen am Finish. Statt über Edellack oder feines Furnier streichen wir hier über Folie. Kratzt das an unserer Ehre? Nein, überhaupt nicht. Es gelingt Canton wunderbar, auch mit einfachen Mitteln echte Eleganz zu zaubern – effizient, aber dennoch ansprechen­d. Ich persönlich hätte nicht den Hauch eines Problems damit, diese Lautsprech­er in meiner Wohnung aufzustell­en.

Jetzt kommen die Besserwiss­er hervor: Warum heißt denn die GLE 496.2 im Nachnamen „.2“? Das deutet doch auf einen Generation­enwechsel hin, ein Update? Richtig. Das Punktzwo steht insbesonde­re für eine neue Ausgabe des Hochtöners, der nun aus dem berühmten Aluminium- Mangan- Mix besteht. Ein Segen, den Canton sonst nur den Edel-Serien angedeihen lässt. Um vollständi­g zu berichten: Unter 3200 Hertz agiert der Mitteltöne­r, eine echte Alumembran, die es nur hier gibt.

Alle Ideen stammen von Canton, gefertigt wird in eigener Handarbeit. Nichts wird zugekauft. Es gibt ein Werk in Tschechien und den Stammsitz im Taunus. Zwischen beiden Punkten fließen Gedanken, Zeichnunge­n und Geld. Das Mastermind muss genannt werden: Es ist Frank Göbl. Er nimmt sich die Zeit und prüft als Chefentwic­kler jeden Lautsprech­er auf Herz, Nieren und Antritt. Canton soll Ehrlichkei­t mit Dynamik verbinden, das ist ihm wichtig.

Unser Messlabor fand nicht den kleinsten falschen Peak im Frequenzga­ng. Das gilt als ehrlich, könnte aber auch langweilig sein. Deshalb legt Frank Göbl immer einen wunderbare­n Punch unter das Gesamterle­bnis – hier mit zwei Aluminium-Tieftönern. Der Lautsprech­er sieht so bereits sehr erwachsen aus. Spikes braucht es keine: Bereits fest installier­t gibt es runde Füße

an der Unterseite. Keine Show halt. Auch verzichtet Canton in dieser Serie auf ein Bi- Wiring-Terminal. Der Preis liegt genau auf der redaktione­llen Grenzfrequ­enz fürs Testfeld – 1000 Euro.

WUNDERVOLL­E RÄUMLICHKE­IT

Ein Lautsprech­er, der die Grenzen zwischen drei und vier Euro- Stellen durchbrich­t: Das könnte ein Killer werden. Hören wir hinein. Zuerst mit einer Aufnahme von 1958 – Sir John Barbirolli dirigiert die zweite Sinfonie von Sibelius, ein frühes Stereo- Experiment der EMI. Super, welche Räumlichke­it die Canton in den Raum flutete. Das war greifbar, die schönste Klangskulp­tur. Die GLE 496.2 lag exakt auf der Linie dieser spätromant­ischen Sinfonie – da war kein Gramm Fett, kein falscher Basshub. Alles kam auf den Punkt genau, leicht und direkt. Große Empfehlung für die Aufnahme wie auch für die Box. Der Einstieg in die höheren Weihen der High Fidelity.

Jetzt aber mal heftig in die Saiten gegriffen: Steven Wilson hat „The B-Sides Collection“vorgestell­t. Wilson zeigt in dieser Abmischung wieder, warum er so verehrt wird. Es gibt viel zu erleben – nicht den üblichen komprimier­ten PopSumpf, sondern ein Panoptikum der Ideen. Kann ein Lautsprech­er nicht die nötige Sinnlichke­it aufbringen, ist er verloren. Die GLE 496.2 war ebenso sensibel wie durchschla­gend. Wieder waren wir baff: Für so kleines, humanes Geld dieser große Fußabdruck in unserer Bestenlist­e. Da sollten einige Dämme und Hemmungen brechen, das Geld und die Freude sollten fließen.

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DER EINSTIEG IN DIE HÖHEREN HIFI-WEIHEN
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EINFACH UND SAUBER: Statt BiWiring gibt es nur ein Single-Terminal für die Lautsprech­erkabel, darüber die Bassreflex­öffnung.
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