GOLD NOTE MEDITERRANEO
Nahe Florenz baut Gold Note erlesene HiFi-Komponenten, ganz dem italienischen Klang verpflichtet. Das Laufwerk Mediterraneo und der Tonabnehmer Machiavelli MK II Gold zeugen von dessen großartiger Kultur. TEST
Ein bildhübscher Vinyldreher aus Italien, der längst nicht nur gut aussieht
Banausen mögen Italien auf „dolce vita“und „dolce far niente“, auf die Mafia und eine erschlaffende Wirtschaftskraft reduzieren. Dabei hat das Land am Appenin eine grandiose Geschichte, die immer noch Früchte trägt. So war zu Zeiten der Renaissance die toskanische Metropole Florenz in wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und kultureller Hinsicht so etwas wie die Hauptstadt der europäischen Welt.
Heute erlebt die italienische HiFi- Baukunst ihre Renaissance in Montespertoli. In diesem Städtchen nahe Florenz hat Maurizio Aterini seine Firma Gold Note seit der Gründung 2012 zum regelrechten Wohlklang- Alleskönner ausgebaut, mit inzwischen 30 Mitarbeitern. Sogar ein wunderschönes Rack names Galileo steht im 72-seitigen Produktkatalog.
Als Flaggschiff der Analoglaufwerke zeigt der Mediterraneo vieles von dem, was Gold Note ausmacht. Chefdesigner Stefano Bonifazi übernahm etwa die „Kettenlinie“(catenary curve) – jene mathematische Kurve, die den Durchhang einer an ihren Enden aufgehängten Kette unter dem Einfluss der Schwerkraft beschreibt. Die mathematische Funktion, den „cosinus hyperbolicus“, baute der Renaissance- Meister Michelangelo in Florenz als einer der ersten im wahrsten Sinne des Wortes ein. Und erinnern die Schwünge im Chassis- Unterbau des Plattenspielers oben auf dem Bild nicht ein wenig an die berühmte Florentiner Brücke Ponte Vecchio? Den Übergang über deren Ladenzeile konstruierte übrigens ein gewisser Giorgio Vasari, Namenspatron des Moving- Magnet-Tonabnehmers Gold Note Vasari, dessen „Red“Version wir in AUDIO 4/20 für ihr PreisLeistungsVerhältnis lobten.
Auf den in Testbestückung mit dem Tonarm B7 Ceramic 6850 Euro teuren Mediterraneo montierte die Redaktion indes das nach dem Tuscany zweitgrößte Moving- Coil-System von Gold Note, das Machiavelli MK II Gold. Der nach dem berühmten Renaissance- Philosophen Niccolò Machiavelli (1469–1527) aus – natürlich – Florenz benannte Abta
ster hält mit seinem 2750 Euro den Gesamtpreis des Komplett- Plattenspielers im noch vierstelligen Bereich.
NOBLE BAUSTOFFE
Der Mediterraneo atmet mehr als nur einen Hauch von Noblesse. Allein die Anfassqualität des Chassis- Unterbaus ist ein haptisches Gedicht – geschnitzt aus gut abgelagertem italienischem Walnussholz. Darunter geben drei höhenverstellbare Spitzkegelfüße aus Aluminium waagerechten Halt, darüber nimmt eine glänzend schwarze Acrylplatte die Funktionsteile auf. Im Lager für den 45 Millimeter starken Teller aus dem hochdämpfenden Kunststoff Sustarin rotiert eine 60 mm lange, mit engsten Toleranzen gefertigte Karbonstahlachse in einer Messingbuchse auf einer TungstenLagerkugel. Zum Aufbau schraubt man den oberen Teil der patentierten „split spindle“mit dem Plattendorn an. Beim Hörtest- Gerät rotierte der massive Teller ganz geräusch- und nahezu reibungslos. Den Antrieb übernimmt ein 12-VoltSynchronmotor per außenlaufendem Rundriemen. Ein Quadcore-Mikrocontroller steuert den Lauf, schaltet zwischen 33 1/3 und 45 Umdrehungen pro Minute um und justiert die Drehzahl in feinen Schritten exakt auf Soll. Während sich beim Hörtest-Spieler der Antrieb vorbildlich ruhig verhielt und selbst bei über der Innenrille abgehobenem Tonarm kaum Brummen aus den Boxen tönte, verhagelten
MEHR ALS NUR EIN HAUCH VON NOBLESSE
beim nachgelieferten Messtest- Gerät – siehe Laborteil – elektromagnetische Einstreuungen noch bessere Rumpelwerte.
FÜRSTLICHE WERTE
Diesen winzigen Schönheitsfehler machte der Pickup Machiavelli MK II
Gold mehr als wett. Man muss ja nicht alle staatsphiliosophischen Thesen des Namenspatrons und seines Hauptwerks „Il Principe“(„Der Fürst“) teilen, aber der toskanische Top-Tonabnehmer erfuhr im Test Lab ungeteiltes Lob. Die für viele Moving- Coil- Generatoren typische Anhebung der obersten Oktave ab 10 Kilohertz bis zu 7 Dezibel bei 20 kHz blieb hörtechnisch völlig unkritisch. Die niedrigen Verzerrungen, gute Tiefabtastfähigkeit und die überragende Kanaltrennung von über 30 dB über den weiten Bereich von 50 Hz bis 10 kHz – bei 1 kHz sind es sogar 38 dB – wirkten sich dagegen sehr positiv aus.
Positiv wich das Machiavelli übrigens bei der Ausgangsspannung von den Prospektwerten ab: Während dort nur eher leise 0,4 Millivolt angegeben sind, lieferte der Abtaster im Test Lab beinahe die doppelte Spannung ab. Während das auch eher mediokren MC-Vorvorverstärkern zugutekommt, dürften die real nur 6 Ohm Systemimpedanz ( Werksangabe: 30 Ohm) und die damit verbundene Abschlussempfehlung um eher exklusive 60 Ohm ( Werks- Empfehlung: 470 Ohm) manche MC-Stufe überfordern.
Das galt natürlich nicht für den hauseigenen Phonoverstärker PH-10, der zusammen mit dem externen Netzteil PSU-10 gleichzeitig zum Test einrückte – siehe dazu auch Seite 48. Dieser Ausbund an Flexibilität verschaffte dem Gespann aus Mediterraneo und Machiavelli das standesgemäße technische und klangliche Umfeld.
KÖNIGLICHE KLÄNGE
Standesgemäß startete der Hörtest mit einer Schallplatte aus toskanischem audiophilen Hochadel. Das Label Fonè mit seinem Produzenten Giulio Cesare Ricci verteilt seine Vinylschätze immer nur 496 mal, so auch „Madama Terra“vom Giarristen Fausto Mesolella (siehe Vinyl im Musikteil). Standesbewusst, doch mit bodenständiger Motivation wählte der Autor das Stück „La Principessa“aus. Einleitende Klavierakkorde und anschließend ätherisch verhallte Akustikund Steelgitarrenklänge reagieren unwirsch auf unruhigen Lauf – doch der Mediterraneo hielt sauber Kurs, da verwimmerte nichts die Stimmung.
Die stieg – im übertragenen Sinne – mit jedem Ton, denn schon bei dieser rein analog mit Röhrenelektronik gemasterten Produktion erwies sich das Machiavelli als Fürst der Feinzeichnung und
Nuancen. Im Stück „L’Improvvisata Az- zurra“gab es der zugesellten Percussion reichlich Drive und Dynamik mit in die blaue Improvisation und dem knorrigen Kontrabass ein tragfähiges Fundament. Die Qualitäten von Laufwerk und Tonarm zeigten sich in der sehr stabilen räumlichen Abbildung.
Die sich mit einer weiteren Fonè- EdelScheibe, einer respektablen Einspielung von Gustav Mahlers 9. Sinfonie unter Gianandrea Noseda, auch im großorchestralen Metier als unerschütterlich erwies. Dabei zeigte sich wieder einmal, dass ein Masselaufwerk wie der Mediterraneo – ohne Haube immerhin über 20 Kilogramm schwer – überhaupt nichts Schwerfälliges haben muss. Im Gegenteil: Die herrlich luftige, dem natürlichen Raumempfinden sehr nahe kommende Aufzeichnung löste sich komplett von den Lautsprechern, harte Schlagwerk
Attacken und markige Bläser- Einwürfe in der Rondo- Burleske kamen mit sehr behender Wucht.
Die blieb auch in der wunderbaren Bigband- Scheibe „Remembering Jaco“(siehe Vinyl) trefflich gewahrt. Hier wähnte die Jury das Machiavelli so richtig in seinem Element. Die messerscharfen Bläsersätze strahlten über den quirligen Bassläufen, dass es im Hörraum fast schon ein wenig heller wurde. Doch nur wenig später sorgten die viel zahmeren Stimmen von Peter, Paul & Mary und auch von Joni Mitchell für die nötigen Wärmegrade – das italienische Gespann umschmeichelte uns wohlig.
Maestro Aterini und seinem Team gelang es mit Laufwerk Mediterraneo, Tonarm B7 Ceramic und Tonabnehmer Machiavelli, „Il Suono Italiano“, den italienischen Klang, bestens in Szene zu setzen. Wir sagen: Bravissimo.