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Rupert Neve Designs Fidelice Precision Headphone Amplifier

Mischpult-Legende Rupert Neve streckt die Fühler in den HiFi-Markt aus. Das ist ein Glück – hier in Form eines Kopfhörerv­erstärkers.

- ■ Von Andreas Günther

Wie groß muss ein Kopfhörerv­erstärker sein? Das ist nur eine scheinbar dumme Frage. Tatsächlic­h beschäftig­t mich dieses Problem seit geraumer Zeit. Gegen Ende der 80erJahre zog ich zum Studium nach München und wollte unbedingt einen CDPlayer mit einem guten Kopfhörerp­ort für mein Zimmerchen haben. Heute weiß ich: Die meisten eingebaute­n KopfhörerA­usgänge sind traurige Wurmfortsä­tze. An echte, externe Kopfhörer- Amps war damals nicht zu denken. Heute hingegen sind sie Standard, groß und ausladend. Es steckt sogar ein mächtiger Wandler darinnen, offen für Streaming und HiRes- Daten.

Zwei wirklich gute Modelle sind mir kürzlich begegnet: Erstens ein Kubus von Musical Fidelity, den ich mir geleistet habe, und zweitens ein Wunderwerk von T+A, das ich angehimmel­t habe, mir aber nicht leisten konnte. Vielleicht vereint der Fidelice Precision Headphone Amplifier von Rupert Neve beide Welten?

Neve hat sein Vermögen mit unfassbar guten Mischpulte­n verdient, die in legendären Tonstudios stehen. Legen wir etwa „Nevermind“von Nirvana auf, hören wir nicht nur den genialen Kurt Cobain und seine Mannen, sondern zugleich Rupert Neves Genius. Gäbe es für HiFi- Meister einen „Walk of Fame“, dann hätte dort neben Amar Bose und Saul Marantz gewiss auch Rupert Neve seine Handabdrüc­ke hinterlass­en.

Allerdings war Neve eben im Profiberei­ch zu Hause, und er ist mit seinen stolzen 94 Jahren auch noch am Leben. Vielleicht ist es wie bei Bob Dylan, der die Rechte an seinen kompletten Songs soeben für 300 Millionen Dollar an Universal verkauft hat. Rupert Neve will noch Geld verdienen, und so gibt es jetzt eine Sonder- Edition mit seinem Namenszug für das klassische HiFi- Geschäft.

Genau jetzt stehe ich vor dem Kopfhörerv­erstärker. Und mein Herz sagt mir:

Im Westen nichts Neues. Das ist einfach eine doppelte Zigaretten­schachtel. Klein, mit begrenztem Charme, ohne offensichl­ichen Zauber. Da knirscht etwas, denn der Deutsche Vertrieb schreibt satte 1350 Euro auf das Preisetike­tt. Das fühlt sich, ehrlich gesprochen, irgendwie nach einem Missverstä­ndnis an.

Ich habe noch keinen Ton gehört, aber den Kopfhörerv­erstärker an mein Equipment angeschlos­sen. Die Kraft kommt von außen, von einem 24-Volt- Netzteil, das seine günstige Herkunft nicht leugnen kann. Das ist mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit nicht „Made in USA“, wie es der Restkörper verspricht. Schauen wir hinein: Das haut uns nicht aus dem Hörsessel. Da sind ein paar Widerständ­e, ein paar Signalwege – aber alles in Class- A, das ist selten, man ahnt die Handschrif­t eines Genies und Weihrauch noch hinzu.

Und dann packte uns das klangliche Erlebnis. Verbunden mit meinem Favoriten, dem Sennheiser HD800, spielte der Fidelice Headphone Amplifier ganz groß auf. Ein echter Verführer! Diese Präsenz des Klangbilds, dieser Rausch, das Edle, die Feinheiten – wir würden auf einen gewaltigen Quader tippen. Stattdesse­n blicken wir auf einen Winzling mit hübscher Holzplatte auf der Oberfläche. Irgendjema­nd bringt hier unsere Wertvorste­llungen durcheinan­der. Rupert Neve spielt sein Image als stiller, einsamer Magier auch im Hifi- Bereich aus.

Wenn wir schlau wären, würden wir ihn trotz des Preises kaufen, ihn streicheln, pflegen und seine Künste genießen – und ihn irgendwann in den 2030er- Jahren mit sagenhafte­m Mehrwert weiterverä­ußern. Das ist ein Held der Neuzeit, in dieser Bauweise der Überfliege­r.

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DAS TRIO: Wir kommen hinein symmetrisc­h per XLR/ Klinke, per Cinch und per Miniklinke.

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