ARCAM ST60
Mit seinem MultifunktionsDreh- und Drücksteller sieht der Arcam ST60 aus wie eine Vorstufe. Tatsächlich lässt sich der Streaming-DAC auch als solche verwenden.
Der britische Netzwerk-Player zeigt ein innovatives Bedienkonzept und arbeitet auch als vollwertige Vorstufe
Als Arcam im Herbst 2020 seinen Streamer ST60 vorstellte, standen Features im Vordergrund, etwa das immer noch relativ neue MQA-Format. Auch von GoogleCast oder AirPlay2 war da die Rede. Doch wer die britische Marke Arcam kennt – der Name steht für „Acoustic Research Cambridge“–, der weiß, dass bei den Engländern das Ergebnis stets größer ist als die schnöde Summe aller Teile. Insofern waren wir gespannt, welche klangliche Performance der Netzwerk-Spieler ST60 abliefern würde. Die Zutaten des in Schwarz und Silber erhältlichen Geräts weckten jedenfalls hohe Erwartungen, von den Klangimpressionen seiner Markenkollegen ganz zu schweigen.
Doch bevor wir zum Thema Klang kommen, schauen wir uns zunächst die Ausstattung des ST60 an. Er verfügt über vier S/ PDIF- Eingänge, nämlich je zwei Coax- und zwei Lichtleiter, falls jemand seinen Wandler für andere Digitalquellen nutzen möchte. Wer dagegen die Signale des ST60 mit einem externen Wandler in analoge Signale umwandeln will, findet dazu auf der Rückseite jeweils einen optischen und einen koaxialen Digitalausgang. Auf der analogen Seite bietet der Arcam einen symmetrischen XLR- sowie einen Cinch- Analogausgang. Über USB- A lässt sich Musik vom Stick abspielen.
An besonderen Fähigkeiten bringt der Arcam- Netzwerk- Player GoogleCast, Airplay2 sowie UPnP-Streaming mit. Er ist also fit für das Zusammenspiel mit Android- und Apple- Geräten als auch mit Musikarchiven, die auf einer lokalen NAS gespeichert sind. Und weil die Unterstützung von Roon- Servern, die wegen ihrer smarten Metadaten angesagt sind, heute für die meisten Käufer fast ein Muss ist, hakt Arcam auch diesen Punkt auf der Habenseite ab. Wie erwähnt, wird das von Meridian ersonnene MQA- Format unterstützt, und es gibt wandlerseitig einiges zu vermelden: Der Arcam ST60 verwendet einen hochwertigen D/A-Wandler vom Typ ESS ES9038K2M Sabre. Das ist der Referenz- DAC von ESS Technology, der eine satte Auflösung von 32 Bit bietet und über acht Kanäle verfügt, womit er sich auch zum Einsatz in High- End- AVReceivern eignet.
Der Arcam lässt seinem Besitzer die Wahl zwischen sieben Digitalfiltern, die sich drei Gattungen zuordnen lassen: Hybrid sowie Minimum- oder Linear- Phase. Schließlich filtern sie nicht nur wie beabsichtigt die Aliasing- Komponenten oberhalb des Hörbereichs heraus, sondern beeinflussen nebenbei auch Frequenz- und Phasengang des Audiosignals selbst.
ARCAM ACHTET AUF ALLES
Und damit nicht genug: Arcam behielt neben Audiophilen auch die Einbauerszene im Blick. So ermöglicht der ST60 I/ P- und RS232- Steuerung und unterstützt die Systeme von Control4 und Crestron. Hinzu kommt die Unterstützung zahlreicher Online- StreamingDienste wie Tidal, Qobuz, Napster oder Deezer via Google Chromecast oder AirPlay 2. Damit sieht Arcam den ST60 als perfekte Ergänzung zu seinen HDA-Stereoverstärkern und verspricht zudem die volle Unterstützung der kostenlosen App MusicLife. Obwohl die Steuerung über die App im Vordergrund steht, legt Arcam dem Streamer eine übersichtlich gestaltete SystemFernbedienung bei. Zur Einbindung ins Netzwerk kann der Nutzer dann auf LAN- Kabel oder auf das integrierte WLAN zurückgreifen.
Im Hörtest nutzten wir UPnP- Streaming, streamten aber auch ausgiebig mit AirPlay 2 vom iPhone – eine sehr praktische und mit dem ST60 auch klanglich äußerst überzeugende Möglichkeit. Selbst mit 320- KB- ACC- Magerkost musizierte er auf einem Niveau, das gerade auch in puncto Dynamik, Tiefgang und Detailreichtum selbst einige CD- Player nicht erreichen. Für Pop- Fans bot er somit bereits alles, was zählt. Mit der EP „Big Picture“, Remixes
von London Grammar, ließ er einen gehörigen Kick und einen außerordentlich strammen, tiefreichenden Bass hören. Auch seine tonale Ausgewogenheit war schlicht und ergreifend mustergültig – im Grunde braucht man die höhere Auflösung von der NAS nur noch als in Wolle gefärbter Klassik- oder Jazz- Liebhaber. Das hat auch den Vorteil, dass man noch bequemer genießen kann als mit der nicht ganz ausgereiften App MusicLife. Wer den Analogausgang des als Digitalvorstufe geeigneten Arcam ST60 auf „Variabel“einstellt, muss eigentlich nur noch zwei Aktivboxen anschließen und hat damit bereits alles, was das verwöhnte Ohr begehrt.
Der Arcam ST60 ist ein klanglich äußerst gelungenes Gerät mit sehr ansprechender Haptik, das sich vielfältig nutzen lässt. Ein Lautstärke-Poti, das so satt in der Hand liegt, bieten wenige explizit als Vorstufen vermarktete Geräte.