Dali Oberon 7C ......................................
Der dänische Hersteller Dali hat mit der Oberon 7C eine schlanke Säule entworfen, die schön dynamisch auftritt. Preis. Erstaunlich niedrig liegt der
Seltsam genug: Obwohl das Königreich Dänemark so viel kleiner ist als die Bundesrepublik Deutschland, bauen die Dänen beinahe ebenso fleißig Lautsprecher wie die Deutschen. Es wird am Wetter liegen: Da oben ist es frisch, man verbarrikadiert sich gegen Sturm und Schnee und hat jede Menge Zeit zum Nachdenken.
„Dali“steht nicht für den Malerfürsten, sondern für „Danish Audiophile Loudspeaker Industries“. Der Bürgermeister des 1200SeelenOrtes Nørager hat der Lautsprechermanufaktur die Adresse „Dali Allé“zugestanden. Kein Wunder – Dali ist ein großer Arbeitgeber in dieser winzigen Gemeinde.
Die Oberon 7C ist das größte Mitglied einer eigenen DaliFamilie. Neben ihr gibt es einen kompakten Zweiwegler, dazu ein ultraflaches Quadrat für die Wandhalterung. Das kann man als reines Stereoset kombinieren, ebenso als fulminantes MultikanalKino ausbauen. In der Kür gibt es noch einen SoundHub Compact (300 Euro) dazu. Der ist unabdingbar: Ein flaches Kästlein, das den Klang zum Fliegen bringt. Unsichtbar, durch die Luft, per Funk. So freut sich die Gattin über fehlende Kabel, wir hingegen können sagen, dass wir das Wohl des Wohnzimmers nicht gebrochen haben. Eine WinWinSituation.
Geheimer Zauber
Der geheime Zauber ist in Wirklichkeit die moderne Form der Klangaufbereitung. Jeder Lautsprecherhersteller, der etwas auf sich hält, hat ein eigenes Aktivmodul entwickelt. Wie das komplette Quartett in diesem Testfeld. Es kommt nur darauf an, wie potent die aktive Elektronik ist. Hier spricht Dali in der aktuellen HighEndKlasse etwa mit einem DSP von 24 Bit und 96 Kilohertz zu uns. Wie so viele Hersteller hat sich Dali auf die Seite von ClassD geschlagen. Also liegt eine rein digitale Verstärkung an, das Ganze in einem zweikanaligen Aufbau. Bedeutet: Der Hochtöner bekommt 50 Watt, die Tieftöner ebenfalls. Moment – da sind doch drei Chassis auf der Front. Doch Dali folgt hier nicht der Erwartungshaltung. Nein, das ist ein Zweiwegler – ein Hochtöner plus zwei identisch befeuerte TiefmittelTöner. Bereits das ist ein Alleinstellungsmerkmal, die Dänen ticken anders. Aber dies spannend und gut.
Schauen wir tiefer in die Details. Vielleicht haben wir es schon Hunderte Mal gesagt, wiederholen müssen wir es dennoch: Die Dänen fertigen ihre Chassis selbst. In der Höhe
strahlt uns eine große Gewebekalotte an, darunter Feinkost, die es nur bei Dali gibt: zwei Chassis aus Papier und Holzfasern. Das Ganze dunkelrot eingefärbt. Die Holzfasern werden bewusst chaotisch integriert, weil sie mögliche Eigenresonanzen der Membranen brechen sollen. Hinter den Tiefmitteltönern liegt ein „Soft Magnetic Compound“. Die Dänen backen ihre Magneten selbst – das bringt mehr Energie an die Membranen, außerdem lassen sich mögliche Verzerrungen ausblenden. Das ist alles wirklich clever und auch wirklich nur hier zu haben.
Jetzt kommt die Praline. Sicher vermögen es die Dänen, äußerst effektive Lautsprecher zu konstruieren. Aber auch die pure Form zeigt den Meister. Die Oberon 7C sieht wie ein Schmuckstück im Raum aus. Das Gehäuse besteht aus per CNCgefrästen MDFPlatten. Das ist extrem stabil. Dazu bieten die Dänen luxuriösen Lack oder feinste Holzoptik an. Unser Favorit: Eiche hell mit einer Front aus strahlendem Weiß. Wer partout will, setzt noch eine Blende aus edlem Grau vor die Membranen. Abermals: Allein das Finish weckt Wohlgefühle. Wenn jetzt auch noch der Klangeindruck stimmt – ich lasse mich bewusst treiben. Das ist ein schönes Vorgehen, wenn man halt Abonnent von Qobuz ist. Nur zur Klarstellung: Ich bekomme keine Provision, ich kenne die Leute hinter Qobuz noch nicht einmal – aber dieses Angebot ist toll. Ich habe das große Abo gebucht, sodass ich alle Tracks in HiRes herbeibeamen kann.
Beginnen wir mit Klassik, der fünften Sinfonie von Gustav Mahler. Das ist mächtigste Spätromantik. Das Orchester ist bis auf das Doppelte wie zu Beethovens späten Jahren angewachsen. Wir sollen und wollen überwältigt werden. Die Diskographie listet über 30 Auf
nahmen. Solti drückt uns mit dem Chicago Symphony Orchestra an die Wand, aber irgendwie finde ich die Karajan- Einspielung mit den Berlinern gefährlicher. Weil es mal weich zugeht und darauf wieder eine Breitseite der versammelten Blechbläser folgt. Vor allem: Diese Aufnahme gibt es in 24 Bit und 96 Kilohertz. Zeit zum Schwelgen. So oft er gescholten wurde – Karajan war ein Klangkünstler von mythischem Rang.
DiE Dali übERzEUGT miT mahlER GENaUSo wiE miT SchillER
Auf die Oberon bezogen: Viele andere Lautsprecher werfen den Motor an, doch die PS auf der Straße sind völlig fehl am Platz. Es braucht Samt und Verzweiflung. Genau hier offenbart uns die Oberon eine Welt am Abgrund. Mit Karajan und der Dali erfahren wir diesen Rausch, diesen Griff in die Unendlichkeit. Kann ein Lautsprecher ein Genie sein? Klares Nein – aber ein Bote für jenen Zauber, der sich weder mit Worten noch mit Messergebnissen einfangen lässt, das schon.
Die Oberon 7C vermag auch das Brachiale, eine Musik, zu der wir tanzen wollen. Ganz langsam brechen die Wellen über uns herein – Schiller eröffnet sein Album „Morgenstund“. Wir fallen ganz tief hinein in die Welt des populären Techno. Jede dynamische Feinheit wird da abgebügelt, wir fühlen uns wie auf einem Teppich zum großen Flug über die Stadt. Auch hier war die Dali Oberon 7C völlig in ihrem Element und machte eine richtig gute Figur – alles zu einem erstaunlich günstigen Preis.