Exposure 2510 .......................................
Selten war ein Vollverstärker äußerlich so schlicht, aber dynamisch so offensiv wie der britische Exposure 2510 – wir erlebten hier den reinsten Explosivtest.
Erinnern Sie sich noch an die vielen Exklusivtests auf den Titelseiten der HiFi- Gazetten? „Schon wieder Erster“war der Schlachtruf einer ganzen Generation von Testern, die bei diesem Satz inzwischen meist nur noch an die nächste Rentenzahlung denken. Ein Vollverstärker wie der Exposure 2510 hätte damals kaum einen Blumentopf gewonnen, denn das Leistungsdenken machte vor den Messwerten nicht halt. Und da übt sich dieser Stereo-Verstärker als Begründer einer neuen Baureihe in echt britischem Understatement: Relativ bescheidene 2 x 75 Watt an 8 Ohm nennt der Hersteller in den technischen Daten. Auch das magere Gewicht von 6 Kilogramm taugt kaum für griffige Schlagzeilen. Um dem Anspruch der ExposureKomponenten gerecht zu werden, muss man folglich einen Gang zurückschalten und ins Detail gehen.
Der Blick unter den schlichten schwarzen Deckel offenbart, dass die Entwickler dem 2510 einen Ringkerntransformator spendiert haben, der audiophilen Hörern dank seiner bauartbedingten, gerne herausgestellten Streufeldarmut ein wohliges Gefühl vermittelt – auch wenn er von den schieren Dimensionen eher in einer Vorstufe oder einem audiophilen CD- Player verortet wird. Die Konstrukteure verzichteten auf den heute üblichen Hilfstrafo für Standby, denn sie handeln nach der Devise „Alles oder nichts“und verwenden einen HardwareNetzschalter. Ansonsten wirkt das Innere des Verstärkers karg wie eine Dahlbuschbombe, eine Kapsel, mit der man Bergleute aus der Tiefe rettet. Abgesehen von kleinen Hilfsplatinen und besagtem Trafo sitzt die ganze Elektronik auf einem einzigen Board, samt der nahe bei den vier unter der SMDPlatine platzierten bipolaren Endtransistoren positionierten Pufferkondensatoren und Anschlussbuchsen. Das ist sehr durchdacht, auch wenn es optisch wenig hermacht. Aber Exposure setzt die Firmenphilosophie der kurzen Wege so konsequent in die Praxis um.
Der genaue Blick verrät, dass die Briten bei der Konstruktion penibel auf optimales Routing der Leiterbahnen achten und konsequent auf hochwertige, vorwiegend diskrete Bauteile setzen. Selbst scheinbar nebensächliche Dinge wie die Verdrahtung der außerhalb der Hauptplatine platzierten Steckbuchsen für die
Bananenstecker der Lautsprecherkabel zeugen von äußerster Sorgfalt und vergleichsweise hohem Produktionsaufwand. Wie man es prominent von Naim Audio kennt, verwendet Exposure keinen jener in der Großserienfertigung üblichen Drahtverhaue. Die Briten vertrauen auf das geordnete, nach festem Schema angewinkelte Verlegen der vergleichsweise dicken Drähte.
Mit diesen, von Fachkräften in Handarbeit umgesetzten Kabelsträngen will der Hersteller sicherstellen, dass ein Verstärker genauso klingt wie der andere. Im Grenzbereich der Klangwiedergabe, in dem sich der 2510 bewegt, hat auch eine solche Kleinigkeit Einfluss auf die Performance, etwa weil der Weg der Verkabelung Einfluss auf Störeinstrahlung innerhalb des Gerätes nimmt. An solchen Details sieht man exemplarisch,
dass Exposure nicht nach der Devise „viel hilft viel“handelt, sondern einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt, der ganz offensichtlich Hörvergleiche des Schaltungsaufbaus als essenzielle Bestandteile beinhaltet.
Was das Schaltungskonzept betrifft, bleibt sich Exposure auch bei der neuen Baureihe treu. Der 2510 vetraut auf die für die Marke typischen Kaskodenschaltung in der Leistungsverstärker- Stufe. Weil die Hochpegelvorstufe komplett passiv ausgelegt ist, kann die Endstufe die Dienste der Stromversorgung weitgehend für sich allein beanspruchen. Die Lautstärkeregelung erfolgt über ein gekapseltes Motorpotenziometer von Alps, das auf der rechten Hälfte der in schwarz oder silber eloxierten Aluminiumfrontplatte links vom Quellenumschalter sitzt. Um es vorwegzunehmen: Aus Gewohnheit führte das im Hörtest regelmäßig dazu, dass der Autor bei dem Versuch, ohne die mitgelieferte Fernbedienung direkt am Gerät die Lautstärke zu ändern, in einem anderen Eingang landete.
Apropos: An den Exposure 2510 lassen sich sechs Hochpegelgeräte sowie ein Plattenspieler mit MM- System anschließen. Zur Hochpegel- Sektion sei bemerkt, dass sich ein Hochpegel- Ein
das ist Purismus in reinkultur
gänge für AV- Prozessoren verwenden lässt, denen er direkten Zugriff auf die Leistungsstufe gewährt.
ExPLoSIvE dyNAmIK
Letztere bewies im AUDIO- Hörraum eindrucksvoll, zu welchem spannungsgeladenen Kraftakt ihre 2 x 75 W Nennleistung imstande sind. Der puristische Vollverstärker spielte mit einer Wonne auf, die man eher von einer leistungsstrotzenden Vor- End- Kombi erwartet hätte. Ob Fein- oder Grobdynamik – diese Vorstellung wurde gehobenen Ansprüchen locker gerecht.
Obwohl wir die in einer anderen Preisliga angesiedelten Standboxen Bowers & Wilkins 802 D3 mit dem bodenständigen Vollverstärker kombinierten, gab er sich keine Blöße. Zwar bildete er eher flächig ab und blieb beim Fokus das letzte Quäntchen Konturenschärfe schuldig. Dafür bot er eine stabile Abbildung und brachte Stimmen wie auch Instrumente zum Strahlen. Zwei Begriffe stehen ganz besonders für die packende Darbietung des Briten: Authentizität und Rhythmusgefühl. In beiden Disziplinen blieben nicht die geringsten Wünsche offen. Der Exposure- Amp schaffte es, satte und gleichzeitig schnelle, knackige Bässe zu servieren und scharf angerissene Gitarrensaiten ohne Zeichen von Anstrengung oder Härte darzustellen. Seine tonale Ausgewogenheit mit nuancierter Klangfarbendarstellung blieb unabhängig von der Komplexität des musikalischen Ausgangsmaterials erhalten.
Allerdings ging seine an sich sehr gute Transparenz in komplexen Musikpassagen bei hohem Pegel etwas verloren, das Klangbild büßte dann etwas von seiner Übersichtlichkeit ein, lag absolut betrachtet jedoch immer noch auf einem tollem Niveau – besonders, wenn man die ungleiche Paarung des volksnahen Vollverstärkers mit dem LautsprecherHochadel bedenkt. Unterm Strich verdichtete sich mit jedem neuen Hörbeispiel unser Eindruck, eine emotional berührende Darstellung zu erleben, die einen bei Gesangsstimmen jedes Geschlechts, Gitarren- oder Trommelsoli gleichermaßen bewegte.