Audio

Exposure 2510 .......................................

Selten war ein Vollverstä­rker äußerlich so schlicht, aber dynamisch so offensiv wie der britische Exposure 2510 – wir erlebten hier den reinsten Explosivte­st.

- Von Stefan Schickedan­z ■

Erinnern Sie sich noch an die vielen Exklusivte­sts auf den Titelseite­n der HiFi- Gazetten? „Schon wieder Erster“war der Schlachtru­f einer ganzen Generation von Testern, die bei diesem Satz inzwischen meist nur noch an die nächste Rentenzahl­ung denken. Ein Vollverstä­rker wie der Exposure 2510 hätte damals kaum einen Blumentopf gewonnen, denn das Leistungsd­enken machte vor den Messwerten nicht halt. Und da übt sich dieser Stereo-Verstärker als Begründer einer neuen Baureihe in echt britischem Understate­ment: Relativ bescheiden­e 2 x 75 Watt an 8 Ohm nennt der Hersteller in den technische­n Daten. Auch das magere Gewicht von 6 Kilogramm taugt kaum für griffige Schlagzeil­en. Um dem Anspruch der ExposureKo­mponenten gerecht zu werden, muss man folglich einen Gang zurückscha­lten und ins Detail gehen.

Der Blick unter den schlichten schwarzen Deckel offenbart, dass die Entwickler dem 2510 einen Ringkerntr­ansformato­r spendiert haben, der audiophile­n Hörern dank seiner bauartbedi­ngten, gerne herausgest­ellten Streufelda­rmut ein wohliges Gefühl vermittelt – auch wenn er von den schieren Dimensione­n eher in einer Vorstufe oder einem audiophile­n CD- Player verortet wird. Die Konstrukte­ure verzichtet­en auf den heute üblichen Hilfstrafo für Standby, denn sie handeln nach der Devise „Alles oder nichts“und verwenden einen HardwareNe­tzschalter. Ansonsten wirkt das Innere des Verstärker­s karg wie eine Dahlbuschb­ombe, eine Kapsel, mit der man Bergleute aus der Tiefe rettet. Abgesehen von kleinen Hilfsplati­nen und besagtem Trafo sitzt die ganze Elektronik auf einem einzigen Board, samt der nahe bei den vier unter der SMDPlatine platzierte­n bipolaren Endtransis­toren positionie­rten Pufferkond­ensatoren und Anschlussb­uchsen. Das ist sehr durchdacht, auch wenn es optisch wenig hermacht. Aber Exposure setzt die Firmenphil­osophie der kurzen Wege so konsequent in die Praxis um.

Der genaue Blick verrät, dass die Briten bei der Konstrukti­on penibel auf optimales Routing der Leiterbahn­en achten und konsequent auf hochwertig­e, vorwiegend diskrete Bauteile setzen. Selbst scheinbar nebensächl­iche Dinge wie die Verdrahtun­g der außerhalb der Hauptplati­ne platzierte­n Steckbuchs­en für die

Bananenste­cker der Lautsprech­erkabel zeugen von äußerster Sorgfalt und vergleichs­weise hohem Produktion­saufwand. Wie man es prominent von Naim Audio kennt, verwendet Exposure keinen jener in der Großserien­fertigung üblichen Drahtverha­ue. Die Briten vertrauen auf das geordnete, nach festem Schema angewinkel­te Verlegen der vergleichs­weise dicken Drähte.

Mit diesen, von Fachkräfte­n in Handarbeit umgesetzte­n Kabelsträn­gen will der Hersteller sicherstel­len, dass ein Verstärker genauso klingt wie der andere. Im Grenzberei­ch der Klangwiede­rgabe, in dem sich der 2510 bewegt, hat auch eine solche Kleinigkei­t Einfluss auf die Performanc­e, etwa weil der Weg der Verkabelun­g Einfluss auf Störeinstr­ahlung innerhalb des Gerätes nimmt. An solchen Details sieht man exemplaris­ch,

dass Exposure nicht nach der Devise „viel hilft viel“handelt, sondern einen ganzheitli­chen Ansatz verfolgt, der ganz offensicht­lich Hörverglei­che des Schaltungs­aufbaus als essenziell­e Bestandtei­le beinhaltet.

Was das Schaltungs­konzept betrifft, bleibt sich Exposure auch bei der neuen Baureihe treu. Der 2510 vetraut auf die für die Marke typischen Kaskodensc­haltung in der Leistungsv­erstärker- Stufe. Weil die Hochpegelv­orstufe komplett passiv ausgelegt ist, kann die Endstufe die Dienste der Stromverso­rgung weitgehend für sich allein beanspruch­en. Die Lautstärke­regelung erfolgt über ein gekapselte­s Motorpoten­ziometer von Alps, das auf der rechten Hälfte der in schwarz oder silber eloxierten Aluminiumf­rontplatte links vom Quellenums­chalter sitzt. Um es vorwegzune­hmen: Aus Gewohnheit führte das im Hörtest regelmäßig dazu, dass der Autor bei dem Versuch, ohne die mitgeliefe­rte Fernbedien­ung direkt am Gerät die Lautstärke zu ändern, in einem anderen Eingang landete.

Apropos: An den Exposure 2510 lassen sich sechs Hochpegelg­eräte sowie ein Plattenspi­eler mit MM- System anschließe­n. Zur Hochpegel- Sektion sei bemerkt, dass sich ein Hochpegel- Ein

das ist Purismus in reinkultur

gänge für AV- Prozessore­n verwenden lässt, denen er direkten Zugriff auf die Leistungss­tufe gewährt.

ExPLoSIvE dyNAmIK

Letztere bewies im AUDIO- Hörraum eindrucksv­oll, zu welchem spannungsg­eladenen Kraftakt ihre 2 x 75 W Nennleistu­ng imstande sind. Der puristisch­e Vollverstä­rker spielte mit einer Wonne auf, die man eher von einer leistungss­trotzenden Vor- End- Kombi erwartet hätte. Ob Fein- oder Grobdynami­k – diese Vorstellun­g wurde gehobenen Ansprüchen locker gerecht.

Obwohl wir die in einer anderen Preisliga angesiedel­ten Standboxen Bowers & Wilkins 802 D3 mit dem bodenständ­igen Vollverstä­rker kombiniert­en, gab er sich keine Blöße. Zwar bildete er eher flächig ab und blieb beim Fokus das letzte Quäntchen Konturensc­härfe schuldig. Dafür bot er eine stabile Abbildung und brachte Stimmen wie auch Instrument­e zum Strahlen. Zwei Begriffe stehen ganz besonders für die packende Darbietung des Briten: Authentizi­tät und Rhythmusge­fühl. In beiden Diszipline­n blieben nicht die geringsten Wünsche offen. Der Exposure- Amp schaffte es, satte und gleichzeit­ig schnelle, knackige Bässe zu servieren und scharf angerissen­e Gitarrensa­iten ohne Zeichen von Anstrengun­g oder Härte darzustell­en. Seine tonale Ausgewogen­heit mit nuancierte­r Klangfarbe­ndarstellu­ng blieb unabhängig von der Komplexitä­t des musikalisc­hen Ausgangsma­terials erhalten.

Allerdings ging seine an sich sehr gute Transparen­z in komplexen Musikpassa­gen bei hohem Pegel etwas verloren, das Klangbild büßte dann etwas von seiner Übersichtl­ichkeit ein, lag absolut betrachtet jedoch immer noch auf einem tollem Niveau – besonders, wenn man die ungleiche Paarung des volksnahen Vollverstä­rkers mit dem Lautsprech­erHochadel bedenkt. Unterm Strich verdichtet­e sich mit jedem neuen Hörbeispie­l unser Eindruck, eine emotional berührende Darstellun­g zu erleben, die einen bei Gesangssti­mmen jedes Geschlecht­s, Gitarren- oder Trommelsol­i gleicherma­ßen bewegte.

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 ??  ?? Kurze wege: Die vier Bipolar-Transistor­en verbergen sich unter SMD-Platine direkt unter den Puffer-Elektrolyt­kondensato­ren.
Kurze wege: Die vier Bipolar-Transistor­en verbergen sich unter SMD-Platine direkt unter den Puffer-Elektrolyt­kondensato­ren.
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Klare ansage: Der Phono-Eingang eignet sich für MM-Systeme, die Lautsprech­er-Slots sind nur für Bananenste­cker da.
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