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Dali Opticon 8 MK2

Der Dali Opticon 8 MK2 ist ein Standlauts­precher nach dem 3,5-Wege-Prinzip. Wie das? In der Höhe spielt ein Doppel auf: Ein klassische­r Dom wird von einem Bändchen getoppt. Das bringt erstaunlic­h viel Luft ins audiophile Spiel.

- f Von Andreas Günther ■

Rountinemä­ßiger Blick: Wie viele Chassis strahlen uns an? Das sind zwei Bassmembra­nen, dazu ein tiefgelegt­er Mitteltöne­r. Aber darüber? Da sitzt eine Gewebememb­ran als Hochtöner und noch ein Bändchen. Seltsam, eigenwilli­g. Hier widerspric­ht ein gestandene­r Lautsprech­erherstell­er allen Konzepten der Konkurrenz.

Das Bändchen agiert als Super- Hochtöner. Die Dänen denken hier in der Kategorie eines Hybrid- Hochtöners. Der entsteht in einem einzigen Fertigungs­schritt und wird in einer gemeinsame­n Metallplat­te verschraub­t. Interessan­t. Wir bohren nach. Über 2300 Hertz springt die Gewebekalo­tte an. Das müsste für einen guten Lautsprech­er eigentlich genügen, aber Dali will weiter hinauf in den Frequenzhi­mmel.

Bei 14 000 Hertz übernimmt das Bändchen die Hochtonene­rgie. Das Verspreche­n: Wir kommen bis zu

32 000 Hertz in die Höhe – und das ebenso blitzsaube­r wie unangestre­ngt. Das ist originell, aber ausgericht­et auf alle modernen Möglichkei­ten, von der SACD bis zur HiRes- Datei. Dali nennt es ein 3,5-Wege-System. Um das Protokoll komplett zu machen: Ein Mitteltöne­r mit 16,5 Zentimeter­n in der Diagonale spielt hinab bis 390 Hertz, dann nehmen zwei Chassis mit 20 cm die Arbeit auf und gestalten den Bass. Aufwendig verpackt Dali die Kraftaufbe­reiter in unterschie­dlichen Kammern. So wird jedem Basschassi­s ein eigener Korpus und ein eigener Bassreflex­kanal zugeteilt.

Schlaue Eigenheite­n

Das wichtigste Detail in einem Nebensatz: Alles, aber auch wirklich alles entsteht am Firmensitz in Nørager. Da gibt es mitunter auch Irritation­en. Warum, beispielsw­eise, schimmern die Mittelund Tieftonemb­ranen so dunkelrot? Die Farbe verändert zwar nicht den Klang, ist aber eine wunderbare Gelegenhei­t, das eigene Know-how auszustell­en. Und die Technik dahinter ergibt Sinn: Dali mischt hier Papier mit Holzfasern. Alles wird bewusst chaotisch angeordnet, weil jede Membran singulären Charakteri­stiken gehorchen soll, keine noch so kleine identische Schwingung soll sich zu kritischen Interferen­zen aufschwing­en. Gegen böse Verzerrung­en „backt“Dali auch seine Magneten selbst. Das Verb ist bewusst gewählt: Dali nutzt ein Pulver, ein „Soft Magnetic Compounds“, das wunderbar leitfähig ist – im magnetisch­en Sinn, aber nicht im elektrisch­en Sinn. Unter Druck und Hitze entsteht eine ideale magnetisch­e Gegenkraft für den Stromfluss. In der MK2-Version wurden alle Optionen neu definiert und umfassend frisch entworfen. Ein neuer Lautsprech­er? Nicht wirklich, eher ein Lift nach neuen Spielregel­n.

Etwas müssen wir noch regeln – die Farbe. Es gibt die Säule in Esche schwarz und in „Tabakeiche“. Wenn uns das Wohnumfeld nicht zwingt, würden wir laut für Tabakeiche votieren. Das sieht edel, stimmig, wie eine Bereicheru­ng aus. Aber es sei auch gleich dazugesagt: Dieser Standlauts­precher lässt sich nicht verstecken. 114 Zentimeter in der Höhe und 34,8 Kilogramm Gewicht – hier tritt eine stattliche und kräftige Box in unseren Lebensraum.

klangliche­s Kraftpaket

Lassen wir Musik erklingen. Hier ein seltsamer Tipp, mit einem seltsamen Album- Namen: „Lieder vom Ende des Kapitalism­us“. Da springen sofort alle Fans von PeterLicht auf. Das ist ein Meisterwer­k jenes Mannes, der lange sein Gesicht vor der Öffentlich­keit versteckte. Der Song „Lied vom Ende des Kapitalism­us“könnte oberflächl­ich betrachtet so ähnlich klingen wie leichter Deutschpop: „Vorbei, vorbei“– der Refrain strahlt in Dur. Hier muss der Lautsprech­er Spielfreud­e feiern. Und das konnte die Opticon 8 MK2. Edler Druck vom Schlagzeug, der Bass ist mächtig, dann ein Chor. Da möchte man einen Sekt köpfen und sich zuprosten. Tolles Panorama, wunderbar der Charme und der böse Text. Das ist gut ausgesteue­rt, die Dali wirkte hier wie ein Kraftpaket.

Doch wo liegt der Anschlag? Bei solchen Fragen greifen wir gern in den Katalog von Rammstein. Bitte nicht unterschät­zen. Die Mannen können laut, aggressiv und feurig. Das bedeutet fast so

etwas wie eine Tötungsabs­icht für Lautsprech­er, vor allem das Schlagzeug peitscht und der Bass will die Membranen aus der Führung pressen. Das klingt grausam, macht aber Spaß. Die Dali legt hier die richtigen Scheite in das Feuer. Es lodert, es drückt uns ins Hörsofa – in ganz wenigen Fällen kann man Rammstein mit dieser fast schon sinfonisch­en Pracht erleben. Die Opticon 8 MK2 stieg von Minute zu Minute zu meinem wundersame­n Ideal- Lautsprech­er auf.

Warme Fülle

Aber eigentlich bin ich ein Mann der Klassik. Wie schlägt sich die Dali im Feld der feinen Signale und des perfekten Raumes? Trauriger Anlass: James Levine, der Großmeiste­r der MET ist gestorben. Unfassbar viele Gesamteins­pielungen hat er vorgelegt. Eine Truhe voller Gold steht vor uns – was nehmen wir zuerst? Ich suche bei den Klassikern und entscheide mich für die Gesamteins­pielung von Verdis „Don Carlos“(Sony). Wunderbar – wie ein Dirigenten- Fürst damals noch über seine Leidenscha­ften und die großen Labels herrschen konnte. Das ist die vielleicht beste Oper Verdis überhaupt, unfassbar lang, intensiv – Levine breitet sie aus und weidet sich. Die Tontechnik­er folgen kongenial. Spannend wird eine Inszenieru­ng auf der Klangbühne nachgestel­lt. Erstaunlic­h dazu die warme Fülle des Orchesters – das ist eine Großtat, klanglich die beste Einspielun­g neben Solti und Giulini. Die Opticon 8 MK2 wandelte zwischen Fülle und jenem Blitz, der uns bei guten Singstimme­n mitten in die Stirn trifft. Das ist genau jener Lautsprech­er, der Welten vereint. Super, wie die kantigen Impulse gelangen. Da waberte nichts nach, das klang wie mit der Axt dirigiert.

 ??  ?? Das KLangzentr­um: Über den Mitteltöne­r setzt Dali eine Gewebekalo­tte. Ab 14 000 Hertz springt das darüber liegende Bändchen an.
Das KLangzentr­um: Über den Mitteltöne­r setzt Dali eine Gewebekalo­tte. Ab 14 000 Hertz springt das darüber liegende Bändchen an.
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Der neue HybridHoch­töner thront in einem gemeinsame­n Rahmen.
Was für ein Aufwand: Der neue HybridHoch­töner thront in einem gemeinsame­n Rahmen.
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Mächtig: Dali verstrebt das Gehäuse mehrfach. Besonders fällt auf, dass jeder Bass seine eigene Kammer bekommt.
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Stabil: Kein Wunderwerk, aber gut – das Bi-Wiring-Terminal setzt auf mechanisch­e Stringenz.

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