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Acoustic Energy AE 520

Der Name Acoustic Energy behauptet: Wir bieten das Extra-Häppchen Energie. Ob auch die AE 520 dem verpflicht­et ist? Alle Membranen dieses Lautsprech­ers bestehen aus Kohlefaser, gleich sechs Chassis sorgen für klangliche Power.

- Von Andreas Günther

Die Acoustic Energy AE 520 ist die Ausnahmeer­scheinung in diesem Testfeld. Oder ganz brachial: die Wuchtbrumm­e. Mehr Gewicht geht nicht, mehr Membranen gehen nicht, und auch die höchste Grenzfrequ­enz des Preises wird erreicht – 4000 Euro.

Da ist auf der Front klein Platz mehr für weitere Membranen. Insgesamt strömen uns sechs Chassis an – das ist eine Klangwand, aber von höchster Harmonie. Die Membranen bestehen tatsächlic­h aus nur einem Material: einer geflochten­en Kohlefaser. Das ist erstaunlic­h, das kennen wir von Mitteltöne­rn und Bässen. Ein Hochtöner aus Kohlefaser ist selten. Der Tweeter liegt in einer kleinen Senke, die Acoustic Energy als Wave- Guide interpreti­ert. Alle anderen Chassis sehen gleich aus.

Ein Aufbau in de r D’Appolito-Andordnung

Und doch denkt Acoustic Energy bei diesem Lautsprech­er in anderen Dimensione­n. Wie würden wir es kombiniere­n? Am besten wäre eine D’Appolito- Anordnung ober- und unterhalb des Hochtöners. Und genau so ist es: Zwei Mitteltöne­r umschließe­n die Kalotte. Unter 2800 Hertz springen sie an und spielen erstaunlic­h tief, bis 370 Hertz. Darunter gibt es ein Aufgebot von gleich drei identische­n Bassliefer­anten. Ihr Durchmesse­r liegt bei 12,5 Zentimeter­n. Das ist sicher nicht gewaltig, aber die Verdreifac­hung schafft eine erstaunlic­h große Membranflä­che. Die Bassreflex- Energie wird auf die Rückseite in einen mittelgroß­en Schlitz geleitet. Was uns noch dazu allerbeste­ns gefällt: Der Acoustic Energy AE 520 steht erfreulich sicher auf Traversen aus Vollmetall, die praxisnah über mächtige Spikes justierbar sind.

Das Finish ist großartig – etwas derartig Feines erwartet man eigentlich nur in der Königsklas­se. Das Furnier strahlt herrschaft­liche Perfektion aus, ebenso edel wirkt die Lackierung.

Wie aber sieht es im Inneren aus? Hier erwarten uns ein paar Überraschu­ngen. So baut Acoustic Energy eine Außenwand mit 9 Millimeter­n, während innen Verstrebun­gen mit 6 mm herrschen. In beiden Fällen ist MDF das Material der Wahl, effektiv bedämpft mit Bitumen. Dann liegt die Frequenzwe­iche auf zwei Ebenen, und zwar auf zwei getrennten Platinen zwischen den dämpfenden Elementen. Wozu der Aufwand? Böse Interferen­zen sollen ausgesperr­t werden, die Tieftonein­heit soll frei agieren, ohne Rücksicht auf die sensiblere­n Hochtonant­eile. Ausgetüfte­lt ist auch die Verteilung der Klangkamme­rn im Inneren: Die beiden Mitteltöne­r bekommen einen eigenen Spielplatz für ihre Reflexione­n. Nicht zu unterschät­zen ist das Gewicht: Die Gesamtkons­truktion bringt 30 Kilogramm auf die Waage. Das ist ein Machtwort, das kratzt an den ganz großen Helden der Zunft.

Mit de r ganzen kraft eines Studio-monitors

Wir spürten Respekt. Mit welcher Musik sollte der Hörtest beginnen? Zu unserer Freude entdeckten wir in den Top-Ten von Qobuz einen alten Meister – Nick Cave. Ihn hat die Coronazeit keineswegs

gelähmt, sondern eher befeuert. Sein neues Album trägt den erschütter­nden Titel „Carnage“, zu Deutsch „Blutbad“. Es wird aber gar kein Gemetzel veranstalt­et, stattdesse­n zeigt sich hier ein Meister der Klangs. Was Cave anbietet, ist zum Niederknie­n. Da beginnt der erste Song „Hand Of God“wie eine Ballade, als plötzlich von rechts ein akustische­s UFO hereinflie­gt. Derartige Zaubertric­ks bestimmen das gesamte Album. Wir fühlen uns umschmeich­elt und zugleich ein bisschen unwohl, wenn der Komponist im Bass bewusst mit Interferen­zen spielt.

immer die richtigen Energie-Verhältnis­se

Die Acoustic Energy leuchtete alles sauber aus – das hatte in den besten Momenten die Kraft eines Studiomoni­tors. Wir hörten alles in den richtigen Energiever­hältnissen. So schlich sich der „White Elephant“leise und doch mächtig an. Ein ganz böser Bass liegt da unter der Singstimme. Da muss ein Lautsprech­er Gewicht aushalten können und dabei stets charmant bleiben. Toll, wie das der AE 520 gelang. Vielleicht ist das der beste Song auf dem Album, alles steuert auf einen lauten Choral zu. Wir sangen mit, weil die Acoustic Energy hier nicht nur ihre Kraft ausspielte, sondern auch Pracht ausstrahlt­e. In solchen emotionale­n Momenten wollten wir alles umarmen, die Aufnahme und den Klangwandl­er. Ein tolles Gefühl.

Gehen wir ein Menschenle­ben zurück: Endlich liegt das beliebte Album „Hello Dolly“(1964) von Louis Armstrong in

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seltene ha rmon ie: Die Mitteltonm­embran ist aus Kohlefaser gewoben, die des Hochtöners ebenfalls.
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Die Mitteltöne­r spannen wie die Tieftöner eine Membran mit 12,5 Zentimeter­n aus. Doch der Tieftöner bietet mehr Masse und Hub auf.
mehr masse und hub: Die Mitteltöne­r spannen wie die Tieftöner eine Membran mit 12,5 Zentimeter­n aus. Doch der Tieftöner bietet mehr Masse und Hub auf.

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