Violectric HPA V550
Der vor Solidität strotzende Verstärker HPA V550 von Violectric konzentriert sich auf die Belange von Kopfhörern. Nur von Kopfhörern? Nein – wer möchte, kann ihn auch als puristische Analog-Vorstufe verwenden.
Welch ein Gerät. Zwar ist der Violectric HPA V550 nur 29 Zentimeter breit, aber seine solide Alu- Bauweise weckt den Habenwill- Impuls. Dabei muss man bei aller Begeisterung über dickes, gebürstetes Leichtmetall eingestehen: Das ist keiner für alle! 2400 Euro kostet er und ist primär nur einer Aufgabe gewidmet: der Ansteuerung hochwertiger Kopfhörer über symmetrische und asymmetrische Verbindungen. Das ist mehr als ein Hauch von Luxus für Besitzer edler Anlangen – als hätte man für den Alltag eine Mercedes- Limousine und fürs Wochenende einen Lotus Elise in der Garage.
Warum kaufen sich Leute einen kleinen, harten und radikalen Sportwagen, obwohl man auch mit einem AMG vortrefflich Gummi geben kann? Weil der Sportler in gewissen Momenten einfach an allen Ecken und Enden noch ein Quäntchen mehr herauskitzelt. So ähnlich verhält es sich auch mit einem aufwendig aufgebautem Amp, der primär dafür konstruiert wurde, Kopfhörern das Fliegen beizubringen.
OPTIMALE ANSTE UERUNG
Zu diesem Zweck ermöglicht die PreGain-Schaltung des Violectric HPA V550 das Anpassen des Verstärkungsfaktors an die unterschiedlichsten Hörer und Hörgewohnheiten. Dazu gibt es auf der Rückseite vierstufige Dip- Schalter für den linken und den rechten Kanal, die gleichermaßen auf die beiden 6,35-mmKlinkenbuchsen und auf den symmetrischen 4- Pin-XLR- Out wirken. Selbst anspruchsvolle Magnetostaten erfahren somit die optimale Ansteuerung.
Hinter den aus dem Vollen gefrästen Aluminium- Drehknöpfen für Lautstärke und Balance verrichten hochwertige Alps- RK 27- Potenziometer ihren Dienst. Hier liegt der Unterschied zur 600 Euro teureren Pro-Version: Im HPA V550 Pro sorgt eine 256- stufige Reed- RelaisSchaltung für eine noch präzisere Pegelregelung. Über die mitgelieferte, dank Alupanzer satt in der Hand liegende Fernbedienung lässt sich das Ganze aus der Distanz regeln. Was bei einem Kopfhörerverstärker fast schon dekadent wäre, ergibt beim HPA V550 trotzdem Sinn. Schließlich eignet er sich ungeachtet aller Spezialisierung auf die Belange von High- End- Kopfhörern auch als Vorverstärker – allerdings als sehr puristischer. Auf seiner Rückseite finden sich nur
zwei Cinch- Eingänge und ein symmetrischer XLR- Input. Digital- Eingänge gibt es nicht an der im Hause Lake People handgefertigten Blackbox vom Bodensee. Dafür verfügt der V550 über zwei Ausgänge – Cinch und XLR –, deren maximale Ausgangsspannung sich unabhängig von den Kopfhörer- Ausgängen über eigene Dip-Schalter auf der Rückseite an die Endstufen oder Aktivlautsprecher anpassen lässt.
MINIMALISTISCHES KONZEPT
Über Tasten auf der Frontplatte kann der Benutzer zwischen den Eingängen umschalten und zwischen den Kopfhörerund Vorverstärker- Ausgängen wählen. Wer den Violectric nicht als Vorstufe verwenden möchte, kann mit dem Pre/ Post- Fader- Schalter auf der Rückseite die beiden Ausgänge auf ungeregelte Signalausgabe stellen – etwa um ein Aufnahmegerät anzuschließen.
Wegen der stark limitierten Anschlussmöglichkeiten für Quellen dürfte es allerdings in den meisten Fällen beim Einsatz als Kopfhörerverstärker bleiben. Entsprechend räumten wir diesem Aspekt im Hörtest auch den meisten Raum ein. Wir hörten den Violectric ausgiebig mit dem Sennheiser HD 800 S. Dieser 1600 Euro teure, offene, dynamische OverEar empfahl sich nicht nur durch sein hohes Klangniveau. Mit seiner Impedanz von 300 Ohm erwies er sich auch als ziemlich anspruchsvoll, was die Ausgangsspannung eines Amps betrifft. Hier bewährte sich gleich die Gain- Anpassung. Und der V550 geizte nicht im geringsten mit Dynamik, er spornte den wählerischen Sennheiser zu ausgezeichneter Attacke bei höchster Präzision und Transparenz an. Tonal ausgewogen und straff im Bass ergab sich somit eine packende Performance mit weiträumigem Klangbild. Dabei gefiel besonders die Kombination mit der symmetrischen Ansteuerung des HD 800 S, der dann noch offener und authentischer wirkte. Auch als Vorstufe bot der breibandige, ausgewogene V550 eine starke Vorstellung fürs Geld. Doch diese Verwendung wäre eher ein Kollateral- Nutzen dieses famosen Headphone-Amps.