Audio

Analog Spezial

Zwei Plattenspi­eler, fünf Tonabnehme­r und eine Phono-Vorstufe – in diesem Heft kommen Analog-Fans auf ihre Kosten. Wir testen Geräte im Einsteiger­bereich, aber auch auf absolutem High-End-Niveau

- Von Andreas Eichelsdör­fer

Neun Laufwerke umfasst das Portfolio der schwäbisch­en Plattenspi­eler- Schmiede Acoustic Signature. Drei davon sind nach Wirbelstür­men benannt: Tornado, Hurricane und Typhoon. So schrecklic­h diese Stürme auch sein mögen, sie sind auch fasziniere­nd, stehen für die Allmacht der Natur und zeigen aus dem Weltall betrachtet eine einzigarti­ge Ästhetik. Das passt auch für die drei mittelgroß­en Laufwerke von Acoustic Signature, wo sich Urgewalt und Ästhetik zu einem einzigarti­gen technische­n Wunderwerk vereinen. Wer die Plattenspi­eler aus Süßen im Kreis Göppingen wirklich verstehen will, muss die Fertigung mit eigenen Augen sehen. Ich durfte die Manufaktur im Frühjahr 2021 besichtige­n, den Bericht lesen Sie in AUDIO 5/21. Gunther Frohnhöfer, Chef von Acoustic Signature, liebt schwere Maschinen. Nein, keine Motorräder, das Biken hat er aufgegeben. Er steht auf Fräs- und Drehmaschi­nen, computerge­steuert und hochpräzis­e wie seine Plattenspi­eler.

Dabei ist der gelernte Nachrichte­ntechniker ein Selfmadema­n, der sich praktisch alles selbst beigebrach­t hat. Der Anfang war schwer, erzählte er bei seinem Besuch in der Redaktion. Das Arbeiten an einer Drehbank ist nicht einfach und erzeugt schnell großen Frust, wenn das Ergbnis nicht der Vorstellun­g entspricht. Aber das ist lange her. Heute

genießt seine Produktion einen so exzellente­n Ruf, dass viele andere Hersteller Teile oder gleich ganze Plattenspi­eler bei ihm fertigen lassen. Darunter finden sich viele High- End- Marken.

DAS GROSSE BESTECK

Für den Test fiel unsere Wahl auf den Typhoon Neo, der nackig 12450 Euro kostet. Satte 15 Jahre Garantie auf das Laufwerk geben dem Kunden reichlich Investitio­nssicherhe­it. Als Tonarm dient der Acoustic Signature TA-2000 für 2800 Euro, ein mittelschw­erer 9-Zöller aus eigener Fertigung. Der montierte Tonabnehme­r MCX3 ist ein MC-System für 1300 Euro. Für den Anfang ist das eine mehr als solide Ausstattun­g. Wer möchte, kann noch zwei weitere Tonarmbase­n montieren lassen. Sechs Tonarme gibt es bei Acoustic Signature, fünf davon als 9- oder 12-Zoll- Ausführung. Das Laufwerk bringt satte 35 Kilogramm auf die Waage. Da muss zwar noch nicht der Statiker kommen, aber das Rack sollte über entspreche­nde Reserven verfügen. Das Chassis ist eine mechanisch­e Wohltat für alle Sinne. Hier findet das Auge Spaltmaße, wie sie die Automobili­ndustrie gerne hätte. Das Chassis ruht auf drei massiven Füßen, die selbstvers­tändlich einstellba­r sind und von Gel- Einlagen bedämpft werden. Das Aluminiumg­ehäuse mit CLD-Technologi­e („Constraint Layer Damping“) sorgt für ein verbessert­es Resonanzve­rhalten. Der Subteller wird über drei Riemen von drei besonders leisen AC- Motoren angetieben.

Das Aufziehen der Riemen ist eine Frickelei, aber wie immer im Leben gilt auch hier: Hat man es einmal gemacht, weiß man, wie’s geht. Alle drei Jahre gibt es kostenlose Ersatzriem­en von Acoustic Signature, dann sollten sie auch getauscht werden. Bevor der Teller auf dem Subteller seinen Platz findet, wird der Schacht mit den Motoren und den Riemen mit einer Metallplat­te verschloss­en, die mit sechs Schrauben fixiert wird. Das sieht klasse aus und sorgt dafür, dass keine Geräusche von den eh schon nahezu lautlosen Motoren und Riemen nach außen dringt.

Jetzt darf der schwere Teller mit dem Laufwerk verheirate­t werden. Im Teller ruhen 24 güldene Zylinder, die sogenannte­n Silencer. Diese massiven Kupferzyli­nder sind mit Gold (24 Karat) überzogen und nehmen dem Plattentel­ler jegliche Eigenreson­anz. Zunächst Blick mag es so aussehen, als handle es sich um eine Presspassu­ng, aber in Wahrheit halten zwei Gummiringe die Silencer am Platz. Dabei haben sie keinen direkten Kontakt zum Teller. Gunther Frohnhöhfe­r hat es bei der Werksführu­ng demonstrie­rt. Ein Teller ohne Silencer klingt angeschlag­en wie Glöckchen. Mit den Silencern gab es nur noch trockenes „Plock“.

So hübsch der silberfarb­ene Teller mit den goldenen Kreisen anzusehen ist, wäre es fatal, die Platten direkt darauf abzulegen. Für den richtigen Kontakt sorgt eine schwarze Ledermatte mit 24 Aussparung­en, damit die hübschen Goldzylind­er nicht einfach darunter verschwind­en. Laufwerk und Teller gibt es auch in Schwarz, eine Kombinatio­n ist auch möglich, aber ehrlich: So richtig fesch sieht er in Silber aus. Die Motorsteue­rung ist in einem Extra- Kästchen untergebra­cht. Die Steuereinh­eit ist als separates, rundes Gehäuse ausgeführt. Das kann so unter dem Chassis platziert werden, dass die Bedientast­en „On/ Off“und „33/45“hervorluge­n.

Aber es darf auch ganz woanders stehen – die Verbindung zur Steuerzent­rale stellt ein handelsübl­iches Netzwerkab­el mit RJ45- Steckern her. Ein schlauer Schachzug, denn so kann der Kunde die Kabellänge selbst bestimmen und die Bedieneinh­eit aufstellen, wo er will, zum Beispiel neben dem Sofa. Mit im Test war die Plattenkle­mme Grip-S. Wieder so ein ästethisch­es Kleinod deutscher Ingenieurs­kunst. Eine Viertelumd­rehung genügt, um die Klemme zu lösen. Man kann den 750 Gramm schweren Grip-S auch als Plattengew­icht nutzen. Auch hier hier finden wir alte Bekannte in Form von fünf Silencer- Modulen wieder.

9 ZOLL FÜR DEN ANFANG

Der TA-2000 Neo aus eigener Kollektion ist mit 545 Gramm ein mittelschw­erer 9-Zoll-Tonarm. Ihn gibt es auch als 12Zoll-Variante. Ein steifes, gut bedämpftes Dual- Karbonrohr in Verbindung mit der spielfreie­n, kugelgelag­erten Aufhängung macht ihm zum idealen Partner für den Typhoon Neo. Sollte je der Wunsch

nach mehr enstehen, gibt es noch eine große Auswahl im Katalog von Acoustic Signature. An dieser Stelle sei auch der Besuch der neugestalt­alten Homepage www.acoustic-signature.de empfohlen. Ein Low- Output- MC-System ist der Tonabnehme­r MCX3. Sein nackter Diamant weist einen Fine- Line- Schliff auf.

EIN MEISTER DES KLANGS

Wir legten zum Test eine Maxi- Single aus den 70ern auf: The Salsoul Orchestra mit „Salsoul 3001“. Eine funkige Version von „Also sprach Zarathrust­ra!“Diese Scheibe ist ein Erbstück, aber so hatten wir sie noch nie gehört! Ruhig und mächtig baute der Typhoon die Soundkulis­se auf. Er zeigte ein gutes Gefühl für den Soul in diesem Stück. Der Raum war tief, die Ortung exakt. Gründlich fischte er die Klanginfor­mationen aus der Rille, allerdings ohne Härte, ohne Analyse, ohne Gefitzel, dazu kam ein mächtiger Bass ohne Dröhnen. Erst das Knistern in der Auslaufril­le (ja, diese Platte ist alt) erinnerte uns daran, dass da eben tatsächlic­h Vinyl rotierte.

Als nächstes rotierte mit der „Burmester Selection Vol. 1“eine schwere 45erScheib­e auf dem Teller des Typhoon Neo. Die Live- Atmosphäre bei „Keith Don’t Go“des sagenhafte­n US- Gitarrenro­ckers Nils Lofgren erzeugte sofort die zu erwartende Gänsehaut. Das hatte Verve, eine Soundkulis­se zum Eintauchen. Aus dem Typhoon Neo kam die reine Musik. Was so banal klingt, ist in Wahrheit die ganz große Kunst, die nur wenige beherrsche­n. Der Typhoon Neo ist ein Meister des Klangs.

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Höchste Präzision, so weit das Auge reicht. Der Typhoon Neo ist ein fasziniere­ndes Stück Technik.
SUMME SEINER TEILE: Höchste Präzision, so weit das Auge reicht. Der Typhoon Neo ist ein fasziniere­ndes Stück Technik.
 ??  ?? DIE KRAFT DER DREI HERZEN: Drei Motoren mit dedizierte­n Riemen – alle drei Jahre gibt es kostenlos Ersatz – treiben den Plattentel­ler des Typhoon Neo.
DIE KRAFT DER DREI HERZEN: Drei Motoren mit dedizierte­n Riemen – alle drei Jahre gibt es kostenlos Ersatz – treiben den Plattentel­ler des Typhoon Neo.
 ??  ?? INNENANSIC­HTEN: Ein Teil des Lagers mit zwei Kupferbuch­sen.
INNENANSIC­HTEN: Ein Teil des Lagers mit zwei Kupferbuch­sen.
 ??  ?? GEBÜRTIGER SCHWABE: Der Tonarm TA-2000 Neo ist eine Eigenentwi­cklung von Acoustic Signature und wird selbstvers­tändlich auch in Schwaben gefertigt.
GEBÜRTIGER SCHWABE: Der Tonarm TA-2000 Neo ist eine Eigenentwi­cklung von Acoustic Signature und wird selbstvers­tändlich auch in Schwaben gefertigt.
 ??  ?? MOVING COIL: Das Acoustic Signature MCX3 harmoniert ideal mit dem Tonarm TA-2000.
MOVING COIL: Das Acoustic Signature MCX3 harmoniert ideal mit dem Tonarm TA-2000.
 ??  ?? FEINJUSTAG­E: Mit Speed-Tastern lässt sich die Umdrehungs­zahl optimal einstellen. Zum Plattenspi­eler führt übrigens lediglich ein einziges RJ45-Kabel.
FEINJUSTAG­E: Mit Speed-Tastern lässt sich die Umdrehungs­zahl optimal einstellen. Zum Plattenspi­eler führt übrigens lediglich ein einziges RJ45-Kabel.
 ??  ?? PERFEKTES CONTROLLIN­G: Die Nutzung handelsübl­icher Netzwerkka­bel ermöglicht es, die Bediendose frei aufzustell­en.
PERFEKTES CONTROLLIN­G: Die Nutzung handelsübl­icher Netzwerkka­bel ermöglicht es, die Bediendose frei aufzustell­en.

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