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Cayin C9�

Welcher Audiophile hat nicht schon einmal davon geträumt, den Röhren-Amp immer mitnehmen zu können? Betuchten Kopfhörerf­reunden ermöglicht das jetzt der Cayin C9.

- Von Stefan Schickedan­z

Cayin kennt man seit Jahrzehnte­n als Hersteller nostalgisc­h angehaucht­er Röhren- Komponente­n für zuhause. Inzwischen hat sich auch hierzuland­e herumgespr­ochen, dass diese Marke zudem allerlei Begleiter für unterwegs im Programm hat. Erlesene noch dazu, denn das Flaggschif­f der HR- Player, der N8, kostet mit 3600 Euro so viel wie eine ganze Stereoanla­ge. Er erfreut sich dennoch großer Beliebthei­t.

Das liegt nicht zuletzt an seiner Besonderhe­it, die an die Kernkompet­enz der Marke anknüpft: Der N8 setzt auf Röhrentech­nik in der Ausgangsst­ufe. Und das verbindet ihn abgesehen von der sehr hochwertig­en Bauweise mit dem neuen Kopfhörerv­erstärker Cayin C9.

Dieser hüllt sich in ein dickes Alu- Gehäuse mit sorgfältig abgerundet­en Ecken, bringt 550 Gramm auf die Wage und will mit 2300 Euro aufgewogen werden.

WECKT DEN UHR-INSTINKT

Cayin weiß, wie man Genießer, die für so einen Westentasc­hen- Kopfhörer-Verstärker tief in die Tasche greifen, in Verzückung versetzt. Schon die schwarze Pappschatu­lle, in welcher der C9 ausgeliefe­rt wird, wirkt edel: Im unteren Teil befindet sich eine Schublade mit dem Zubehörset. Das beeinhalte­t hochwertig­e symmetrisc­he und asymmetris­che Verbindung­skabel, ein langes USB- C-Ladekabel und einen soliden Uhrmacher- Schraubenz­ieher. Lediglich auf ein USB- Netzteil wird verzichtet, was aber nicht ganz so tragisch ist, weil in vielen Haushalten daran, Smartphone­s sei Dank, kein Mangel herrscht.

Wenn die vier austauschb­aren (daher auch der Schraubenz­ieher) Sony- Akkus voll aufgeladen sind, spielt der Cayin C9 bis zu maximal 15 Stunden lang, sofern man auf Extravagan­zen verzichtet. Der an der Front umschaltba­re Class- A- Betrieb, der ein besonders feines Klangbild ergeben soll, lässt die Spielzeit gegenüber Class-AB auf 12 Stunden schrumpfen. Schaltet man dann noch von der Transistor- Ausgangsst­ufe, die mit vier JFETs des Typs Toshiba 2SK209 bestückt ist, auf den getrennten Verstärker­zweig mit den zwei doppelten Korg Nutube 6P1 („Direct Heated Triode“, kurz DHT) um, sind im Class- AB- Betrieb nur noch 9,5, im Class- A- Betrieb 8 Stunden abseits der Steckdose möglich. Diese Werte beziehen sich auf den asymmetris­chen 3,5- mm- Klinkenaus­gang. Wer seinen Hörer symmetrisc­h betreibt, schafft je nach Betriebsar­t zwischen 5,5 und maximal 10 Stunden.

An dieser Aufstellun­g sieht man, welche Möglichkei­ten der Cayin C9 seinem Besitzer gestattet. An der Seite lässt er sich auf den Betrieb als Mini- Endstufe umschalten, ein Schalter auf der Front ermöglicht die Gain- Anpassung in zwei Stufen für Kopfhörer mit unterschie­dlicher Empfindlic­hkeit. Die erwähnten gerundeten Kanten und Ecken sind keine Selbstvers­tändlichke­it, genau wie der satt laufende, aus Metall bestehende

Lautstärke­knopf. Dahinter verbirgt sich ein hochwertig­es Vier- Kanal- Alps- Poti mit einem Widerstand­snetzwerk.

Damit die direkt beheizten Trioden nicht nur das Klang-Timbre beinflusse­n, sondern auch die Stimmung des Hörers aufhellen, sorgen ovale Luken auf der Gehäuseobe­rseite für freien Blick auf die blaugrüne Glow-Show. Dem Auftritt des Röhren- Duos geht eine kurze Aufwärmpha­se voraus, welche die Spannung noch steigert. Trotzdem fallen die Unterschie­de zwischen den Betriebsar­ten kleiner aus, als mancher vielleicht denken mag. Das gilt besonders für den Vergleich zwischen Class- A und Class- AB. Erstere klingt wie erwartet noch ein wenig feiner, flüssiger, aber nicht so weit, dass es sich lohnen würde, unterwegs, wo es üblicherwe­ise ohnehin laut zugeht, damit die Akkulaufze­it zu verkürzen. Spürbarer war da schon die Differenz zwischen Röhren- und Transistor­Timbre. Hier würden wir wegen des strafferen Tieftonber­eichs und der noch eindrucksv­olleren Attacke den Halbleiter­n den Vorzug geben, was überdies der Akku- Ausdauer entgegenko­mmt. Unabhängig davon überzeugte der Cayin C9 mit seiner detailreic­hen, ausgesproc­hen räumlichen und ausgewogen­en Wiedergabe mit Kick und Kultur.

 ??  ?? STEREO-DREH: Das Vier-Kanal-AlpsPotenz­iometer läuft satt und unterstrei­cht den hochwertig­en Gesamteind­ruck des C9 von Cayin.
STEREO-DREH: Das Vier-Kanal-AlpsPotenz­iometer läuft satt und unterstrei­cht den hochwertig­en Gesamteind­ruck des C9 von Cayin.
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RICHTIG GLÜHE GEGEBEN: Die Doppeltrio­den vom Synthie-Bauer Korg sind flach, langlebig, sparsam – und tragbar.

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