Cayin C9�
Welcher Audiophile hat nicht schon einmal davon geträumt, den Röhren-Amp immer mitnehmen zu können? Betuchten Kopfhörerfreunden ermöglicht das jetzt der Cayin C9.
Cayin kennt man seit Jahrzehnten als Hersteller nostalgisch angehauchter Röhren- Komponenten für zuhause. Inzwischen hat sich auch hierzulande herumgesprochen, dass diese Marke zudem allerlei Begleiter für unterwegs im Programm hat. Erlesene noch dazu, denn das Flaggschiff der HR- Player, der N8, kostet mit 3600 Euro so viel wie eine ganze Stereoanlage. Er erfreut sich dennoch großer Beliebtheit.
Das liegt nicht zuletzt an seiner Besonderheit, die an die Kernkompetenz der Marke anknüpft: Der N8 setzt auf Röhrentechnik in der Ausgangsstufe. Und das verbindet ihn abgesehen von der sehr hochwertigen Bauweise mit dem neuen Kopfhörerverstärker Cayin C9.
Dieser hüllt sich in ein dickes Alu- Gehäuse mit sorgfältig abgerundeten Ecken, bringt 550 Gramm auf die Wage und will mit 2300 Euro aufgewogen werden.
WECKT DEN UHR-INSTINKT
Cayin weiß, wie man Genießer, die für so einen Westentaschen- Kopfhörer-Verstärker tief in die Tasche greifen, in Verzückung versetzt. Schon die schwarze Pappschatulle, in welcher der C9 ausgeliefert wird, wirkt edel: Im unteren Teil befindet sich eine Schublade mit dem Zubehörset. Das beeinhaltet hochwertige symmetrische und asymmetrische Verbindungskabel, ein langes USB- C-Ladekabel und einen soliden Uhrmacher- Schraubenzieher. Lediglich auf ein USB- Netzteil wird verzichtet, was aber nicht ganz so tragisch ist, weil in vielen Haushalten daran, Smartphones sei Dank, kein Mangel herrscht.
Wenn die vier austauschbaren (daher auch der Schraubenzieher) Sony- Akkus voll aufgeladen sind, spielt der Cayin C9 bis zu maximal 15 Stunden lang, sofern man auf Extravaganzen verzichtet. Der an der Front umschaltbare Class- A- Betrieb, der ein besonders feines Klangbild ergeben soll, lässt die Spielzeit gegenüber Class-AB auf 12 Stunden schrumpfen. Schaltet man dann noch von der Transistor- Ausgangsstufe, die mit vier JFETs des Typs Toshiba 2SK209 bestückt ist, auf den getrennten Verstärkerzweig mit den zwei doppelten Korg Nutube 6P1 („Direct Heated Triode“, kurz DHT) um, sind im Class- AB- Betrieb nur noch 9,5, im Class- A- Betrieb 8 Stunden abseits der Steckdose möglich. Diese Werte beziehen sich auf den asymmetrischen 3,5- mm- Klinkenausgang. Wer seinen Hörer symmetrisch betreibt, schafft je nach Betriebsart zwischen 5,5 und maximal 10 Stunden.
An dieser Aufstellung sieht man, welche Möglichkeiten der Cayin C9 seinem Besitzer gestattet. An der Seite lässt er sich auf den Betrieb als Mini- Endstufe umschalten, ein Schalter auf der Front ermöglicht die Gain- Anpassung in zwei Stufen für Kopfhörer mit unterschiedlicher Empfindlichkeit. Die erwähnten gerundeten Kanten und Ecken sind keine Selbstverständlichkeit, genau wie der satt laufende, aus Metall bestehende
Lautstärkeknopf. Dahinter verbirgt sich ein hochwertiges Vier- Kanal- Alps- Poti mit einem Widerstandsnetzwerk.
Damit die direkt beheizten Trioden nicht nur das Klang-Timbre beinflussen, sondern auch die Stimmung des Hörers aufhellen, sorgen ovale Luken auf der Gehäuseoberseite für freien Blick auf die blaugrüne Glow-Show. Dem Auftritt des Röhren- Duos geht eine kurze Aufwärmphase voraus, welche die Spannung noch steigert. Trotzdem fallen die Unterschiede zwischen den Betriebsarten kleiner aus, als mancher vielleicht denken mag. Das gilt besonders für den Vergleich zwischen Class- A und Class- AB. Erstere klingt wie erwartet noch ein wenig feiner, flüssiger, aber nicht so weit, dass es sich lohnen würde, unterwegs, wo es üblicherweise ohnehin laut zugeht, damit die Akkulaufzeit zu verkürzen. Spürbarer war da schon die Differenz zwischen Röhren- und TransistorTimbre. Hier würden wir wegen des strafferen Tieftonbereichs und der noch eindrucksvolleren Attacke den Halbleitern den Vorzug geben, was überdies der Akku- Ausdauer entgegenkommt. Unabhängig davon überzeugte der Cayin C9 mit seiner detailreichen, ausgesprochen räumlichen und ausgewogenen Wiedergabe mit Kick und Kultur.