EINS + ZWEI = SUPER
Die neue McIntosh-Arithmetik: Man füge eine kompakte Röhrenvorstufe zu zwei gleich schmalen TransistorMonoblöcken hinzu. Das Ergebnis ist gigantisch.
Der Autor geriet ins Schwärmen. „Die wahre Pracht“überschrieb er den Test der Vor- EndstufenKombi C53 AC/MC462 AC des US-amerikanischen Traditionsherstellers McIntosh in AUDIO 10/20. Die Kollegen gerieten ins Spötteln: „Hat er sich mal wieder von den blauen Augen bezirzen lassen“, lachten sie. Bis ihnen im Hörraum das Lachen verging – und einem begeisterten Lächeln wich. Mit „blauen Augen“sind die McIntosh-typischen azurblau illuminierten Anzeigeinstrumente gemeint, die bei der Vorstufe die Ausgangsspannung, bei den Endstufen die abgegebene Leistung augenscheinlich
machen. Klar, das hat mit dem Klang nichts zu tun, der ja auch die Kollegen vom Sofa riss. Aber verführerisch aussehen tut‘s halt schon …
Und jetzt das: Die brandneue Vorstufe C8 AC kommt ohne VU- Meter daher. Und noch dazu im Schrumpfformat von gerade mal 33,3 Zentimetern Breite. Nun gut, der Preis schrumpfte auch von 9500 Euro (C 53 AC) auf nurmehr knapp 5000 Euro. Aber kann man die beiden Pre- Amps überhaupt vergleichen? Da die überprall ausgestattete TransistorVorstufe, die schon das neue, superbe Digital- Analog-Wandler- Board DA2 mit an Deck hatte. Hier die auf den ersten Blick eher puristisch-funktionale RöhrenVorstufe, die an optischen Reizen höchstens ihre vier glimmenden Glaskolben aufbieten kann. Im Betrieb strahlt sie ein Licht von unten an, das trefflich mit Mcintoshs Logo- Grün über der AnzeigeTafel dahinter harmoniert.
GUT GERÜSTET, TOP ERWEITERBAR
Aber gemach: Bei näherer Hinsicht offenbart sich auch die mit nur zwei Drehknöpfen an der Front aufwartende C8 AC als gar nicht so karg gerüstet. Der High- Ender wird frohlocken über die Phono-Stage mit getrennten Eingängen für MM und MC. Die er mit wenigen Slalomschwüngen im Bedien- Parcours noch in Kapazität (MM) respektive Impedanz (MC) an seinen Abtaster adaptieren kann – und per Trim im Pegel an die Hochpegel- Eingänge angleichen. Er wird sicher nicht mehr als die zwei Cinch- und den einen XLR- Line- Eingang brauchen. Und wenn es ihn nach Digitalem gelüstet: Für 1100 Euro kann er das DA2 nachrüsten. Und dann auch auf dessen Quadrupel- Architektur mit achtkanaligen 32- Bit- DA-Wandlern zurückgreifen, die PCM- Signale bis 32 Bit/ 384 Kilohertz verarbeiten können oder DSD bis 512 (DXD). Der proprietäre „MCT“- Eingang für DSD-Signale aus den hauseigenen
SACD- Laufwerken macht das Glück da schon vollkommen. Klangregler, Heimkino-taugliche „Passthru“-Wege, ein für Subwoofer nutzbarer zweiter Ausgang und nicht zuletzt ein kraftvoll klingender Kopfhörer- Ausgang zaubern aus dem vermeintlichen Ausstattungs- Aschenputtel zumindest schon mal eine für mehrere Hochzeiten versierte Ballerina. Zur Ballkönigin machen sollen sie die pro Kanal zwei Doppeltrioden vom Typ 12AX7a. In den Schaltkreisen der C8 AC sind sie für eine Verstärkung von bis zu 27 Dezibel vorgesehen – und das tun sie schlicht und einfach grandios.
STARK GEMESSEN, FETT AM STROMNETZ
Die Verzerrungen liegen sensationell niedrig – und wenn, dann wirklich röhrentypisch „harmonisch“abgestimmt. Schon die im Labor ermittelten Daten (siehe nächste Seite unten) einschließlich exzellenter Rauschabstände ließen große Sprünge erwarten.
Desgleichen bei den Monoblöcken MC830 AC. Das Suffix AC steht übrigens bei allen McIntosh- Geräten für die deutsche Ausgabe, denn der der Hamburger Importeur Audio Components checkt hierzulande alles gründlich durch, gleicht den einen oder anderen Ruhestrom und ein wenig mehr ab – und stattet sämtliche Komponenten mit fetten Netzkabeln von Shunyata aus. Die MC830 AC kommen zwar in der schon optisch perfekt auf die Vorstufe C8 AC abgestimmten schmalen Breite von rund 33 cm daher. Weil man aber gemeinhin nun mal zwei davon braucht, wächst sich das Endstufen Paket schon auf mindestens 66 cm aus.
Und preislich rückt das Duo mit 11780 Euro dann der – wir erinnern uns – möglicherweise zum Vergleich herangezogenen Stereo- Endstufe MC462 AC zum Preis von 12480 Euro schon recht nahe. Für Leistungsfetischisten stoppen sie allerdings kurz davor. Denn dem nahezu
makellosen Hochplateau-„Würfel“der zweikanaligen Schwester setzen die Monos zwar ein paar Watt mehr in der Spitze entgegen, doch die Stabilität zu niedrigen Impedanzen und hohen Phasendrehungen hin lässt nach. Wenn auch bezüglich der absoluten Zahlen da noch ordentlich Saft auf der Fichte bleibt.
ZART GELÖST, DONNER SOUVERÄN
Und der floss im Hörtest nun wirklich im Überfluss. Allerdings erst gegen Ende, wir wollten uns ja nicht gleich zu Beginn mit Brachialpegeln die Gehörgänge zukleistern. Also mussten die pro Block acht Thermal-Track- Endtransistoren erst einmal bei niedriger Lautstärke Kultur und Geschmack beweisen. Dass von der Vorstufen- Schwester nur edelste Kost angeliefert wurde, war nach der obligatorischen Einspielphase in Nullkommanix klar. Ob von LP, CD oder vom Server: Die C8 AC machte aus jeder Quelle je nach Musik sanft anheimelnde Rinnsale, quirlige Bächlein, reißende Wildwasser, markante Flüsse, majestätische Klangströme oder ein Meer mit gewaltig wogenden dynamischen Gezeiten.
Der Autor hat noch keine Vorstufe vernommen, die zu diesem Preis gleichzeitig so spritzig, so sanft, so differenziert und doch so harmonisch geschlossen geklungen hätte. Jede Musik bahnte sich so den Weg zum emotionalen Zentrum des Hörers. Respekt.
Die Monoblöcke MC830 AC brauchten etwas länger, bis sie ihre Stärken voll ausspielen konnten. Tatsächlich sollte man den Transistoren eine längere Einspielzeit gönnen als ihrer Röhren-Vorbereiterin. Dann löst sich eine unterschwellige Herbheit, eine gewisse Strenge und weicht einer auch bei leisen Pegeln souveränen Unangestrengtheit. OrchesterPianissimi, wie sie etwa Teodor Currentzis in Beethovens Siebenter Sinfonie (siehe Klassik- CDs) fast bis zur Stille verlangt, blieben immer noch deutlich strukturiert, zerflossen nicht im Nirwana. Und wenn der griechisch- russische Charismatiker seine MusicAeterna Vollgas geben ließ, dann blieb mit den McIntoshs kein Detail auf der Strecke. Auch wenn die Pegel da schon langsam Richtung Live- Lautstärke stiegen. Wir legten noch ein paar Briketts nach und gaben mit den britischen Hardrockern Thunder Zunder. Jetzt standen die Bowers & Wilkins 802 D3 im AUDIO- Hörraum so richtig in Flammen. Aber die McIntosh- Kombi versengte sich auch hier weder die Röhren noch die Halbleiter. Selbst bei Donnerhall blieben die Stimme klar konturiert, Drums und Bass akzentuiert und die Gitarren differenziert. Souverän löste das Trio die Addition Eins + Zwei mit dem Ergebnis: super.