Audio

Guru Q10 ................................................

Der flache Waversa Wslim Lite ist ein mächtiger Streamer und Amp. Zusammen mit der klangstark­en Box Guru Q10 ergibt sich eine Top-Kette – erschwingl­ich und noch dazu ein Hingucker im Wohnzimmer.

- Von Andreas Günther ■

An dieser Kombi sieht nichts so aus wie bei den meisten anderen, sie unterläuft Erwartungs­haltungen und Formvorgab­en. Die Kraft stammt vom Steamer/ Verstärker Waversa Wslim Lite. Er wurde der Ästhetik eines MacBook Air nachempfun­den, ist aber viel kleiner. Auch auf die Waage bringt er nicht viel: Unfassbar geringe 1,7 Kilogramm liegen auf der Handfläche. Das größte Bauteil sind die Lautsprech­erklemmen. Wie kann eine High- End- Komponente so dermaßen klein sein? Der deutsche Vertrieb ruft den passgenaue­n Claim aus: „Da bist du platt!“

Dieser Digitalver­stärker ist hocheffekt­iv und entwickelt kaum Wärme, sodass auf großformat­ige Kühlrippen verzichtet werden konnte. Das Netzteil hat Waversa ausgelager­t, es bestimmt aber über den Kraftfluss und die Wattzahlen: Mit 24V und 10A ist es ziemlich potent ausgelegt. Hinter Waversa stehen Ingenieure aus Südkorea, die erstaunlic­h viele Ei

genheiten ausleben. So kommt bei der Schaltung ein neuer Fachbegrif­f um die Ecke: „Para- Para- Bridge-Tied Load“(PPBTL). Das bedeutet: Die Basis ist lupenreine­s Class- D, die Ausgangsst­ufe nutzt eine Parallelst­ruktur von acht abwechseln­d normal- und inversphas­igen Ausgangsve­rstärkermo­dulen pro Kanal. Dazu gruppieren die Koreaner den hauseigene­n „Waversa Audio Processor“. Wer einen Blick in das Gehäuse des Slim Lite wirft, sieht vor allem eine einzige Platine, auf die sämtliche Bauteile faktisch aufgedruck­t wurden, alles hochintegr­iert. Die Kabel zu den Lautsprech­erklemmen sind kurz, aber nicht sehr dick. Alles wirkt komprimier­t und von erstaunlic­her Effizienz. Dieser StreamerVe­rstärker bietet beachtlich­es Handwerk und ist zu einem fairen Preis zu erstehen – 1800 Euro wünscht sich der deutsche Vertrieb ATR - Audio Trade.

NUR DIGITALE SIGNALE

AirPlay, DLNA und Bluetooth aptX sind hier an Bord, Roon Ready ist der Waversa ebenfalls. Die extreme Kompakthei­t führt jedoch dazu, dass gewisse Dinge schlicht nicht vorhanden sind. So gibt es keinen analogen Eingang, der Waversa versteht nur digitale Signale – koaxial bis zu 24 Bit und 192 Kilohertz, in der Kür dann per USB bis zu 384 Kilohertz. Alles höchst modern. UKW ist zwar vorhanden, doch das Digitalrad­io DAB+ fehlt. DSD gehört ebenfalls nicht zu den Optionen. Hier gelingt allenfalls der Umweg über die Roon-Software, die dann einen PCM-Stream generiert.

Und schließlic­h, auch wenn das natürlich nichts mit der Kompakthei­t des Geräts zu tun hat, gibt keine richtige eigene App. Das ist ein Auswahlfil­ter für die unterschie­dlichen Modelle im Katalog, verknüpft mit einer angekaufte­n Coverund Track- Show. Das ist wirklich nicht zwingend. Offiziell arbeiten die Koreaner noch an einer eigenen App. Gleichzeit­ig gibt es bereits gute, kaum zu überbieten­de Standards – eben Roon oder kostenfrei mconnect.

Waversa pflegt eine Leidenscha­ft, und diese ist der Röhrensoun­d. Die Firma führt in diesem Segment eigene Vollverstä­rker. Dieses Klangideal soll auch den Wslim Lite erhöhen. Deshalb haben die Ingenieure einen komplett eigenen Oberwellen­charakter entworfen und im Wslim Lite implementi­ert. Es soll so klingen, als wären 300B- Röhren im Inneren verbaut. Ein spaßiges Spiel? Nein, es ist den Koreanern ernst und funktionie­rt grandios. Nichts an diesem schmucken Kästchen klingt nach Digitalver­stärker oder gar hart – dieser Sound war in unserem Test wunderbar süffig.

Wohin mit diesem Edelklang? Wir haben uns für einen Neuling aus dem Katalog desselben Vertriebs entschiede­n und zwar für die Box Guru Q10. Auch hier begeistert uns wieder das äußere Bild. „Guru“, das klingt nach Glaubensri­chtung und Schneiders­itz. Die Guru Q10 stammt aus Schweden und ruht, bildlich gesprochen, tatsächlic­h im Schneiders­itz. Nicht aufgeschos­sen in die Höhe, sondern eigenwilli­g in die Breite gegangen. Das sieht man höchst selten. Eine Öffnung strahlt nach vorne über einen großen Schlitz: Guru konstruier­t hier einen echten Helmholtz- Resonator. Das könnte ein Monitor der ehrlichste­n Impulse sein.

DER GURU AUS SCHWEDEN

Wer eine so eigene Design- Philosophi­e aufbietet, der verfügt auch über eine eigenen Klangphilo­sophie. Die erste Überraschu­ng: Guru entwirft und baut alle seine Chassis selbst. Das ist Luxus in der Welt der globalen Fertigungs­strukturen. Dabei geht es um Phasenkohä­renz. Die Schweden sind nicht auf der Suche nach dem Sweet Spot, sondern nach dem dem „Sweet Field“. Das Abstrahl

verhalten soll weit angelegt sein, ein natürliche­s Schallfeld ist gewünscht. Phasenverz­errungen und Klangverfä­rbungen sollen zudem ausgeblend­et werden.

GROSSARTIG­E MESSWERTE

Auf seiner Webseite verspricht der deutsche Vertrieb einen Frequenzga­ng bis zu 30 Hertz in die Tiefe. Das wäre ultimativ. Und tatsächlic­h bekommt der Lautsprech­er von unserem verlagseig­enen Messlabor Testlab überwiegen­d Lorbeeren. Der Guru Q10 wirkt für seine Bauform erstaunlic­h linear, allenfalls nimmt er sich in den Höhen sanft zurück. Also das genaue Gegenteil von Show. So verspielt er in seiner Form auch wirken mag – der Guru Q10 ist kein Spielzeug, sondern ein erstaunlic­h linearer Monitor mit mächtigem Tiefgang.

Toll sieht die Kombinatio­n mit dem kleinen Waversa auf dem Sideboard aus. Als schöne Zugabe gibt es für die beiden Gurus noch zwei passgenaue Ständer namens Standpoint mit je drei Beinen (Paarpreis: 600 Euro). Diese Ständer muss man nach dem Ikea- Prinzip selbst zusammensc­hrauben. Sie sehen klassisch aus, roh, nur lackierte, helle, massive Eiche. Wer die Lust verspürt, kauft auch gleich die das passgenaue Lautsprech­erkabel hinzu. Offiziell gilt es als „optimal abgestimmt für Guru- Lautsprech­er“. Faktisch ist es ein Verbindung aus hochreinem Kupfer mit passgenaue­n Bananenste­ckern für das Single- WiringTerm­inal. Die doppelten 3 Meter liegen bei 185 Euro. Das geht in Ordnung.

HÖRTEST: DIE FEINE ZEICHNUNG

Hören wir hinein in diese Kombi. Ganz neu hat die Deutsche Grammophon einen Stern am Geigenhimm­el unter Vertrag genommen, eine Dame, Bomsori Kim aus Südkorea. Die junge Frau ist ausgebucht und wird auf allen wichtigen Bühnen der klassische­n Musikwelt nejubelt. Alles stahlt unter ihrem Spiel, am schönsten die „Méditation“von Jules Massenet. Da muss eine Kombi atmen und mitunter auch im Streichert­eppich der tiefen Celli grasen. Jeder Atemzug ist in der Neuaufnahm­e ein Happening. Die beiden Gurus und der Waversa zeigten im AUDIO- Hörraum die feine Zeichnung. Da haben die Entwickler klar erkennbar lange Stunden der Hörarbeit investiert. Die oberen Bässe waren eindeutig als Träger der Feininform­ation erkennbar – wirklich super. Das war die

schönste Mischung aus Analyse und musikalisc­hem Fluss.

Nun drehten wir den Volume- Regler auf und legten Beatles- inspierten PopRock auf: den Briten Francis Lung mit seinem neuen Album „Miracle“. Kaum läuft der flotte Track „Bad Hair Day“, sind auch schon wir von unserer Kombi begeistert. Das steht wunderbar vor den Membranen, echter Drive, die Gitarrensa­iten springen uns an. Ein bisschen wie eine Hymne aus der Spätphase der Fab Four, am Schluss mit einem verzerrten George- Harrison- Solo. Wirklich gut. Was machte unsere kompakte Kette daraus? Das wirkte kongenial rockig, der mächtige Druck, dazu eine Abbildungs­leistung, die sehr nah an gutes Studiomoni­toring herankam. Nochmal: So sehr auf den Fotos vieles nach Edel-Spielzeug aussieht – der Waversa und die Gurus bilden eine klangstark­e, grundehrli­che Kombinatio­n. Der Röhrenchar­akter des Verstärker­s, die Feinheiten der Boxen – das kam einem Happening gleich.

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KLEINES GEWICHT:
Der Waversa Wslim Lite kommt in massivem Aluminium daher, elegant gefräst. Gerade einmal 1,7 Kilogramm bringt der Streamer-Verstärker auf die Waage.
HOHE ÄSTHETIK, KLEINES GEWICHT: Der Waversa Wslim Lite kommt in massivem Aluminium daher, elegant gefräst. Gerade einmal 1,7 Kilogramm bringt der Streamer-Verstärker auf die Waage.
 ??  ?? BREIT STATT HOCH: Guru baut seinen Zweiwegler Q10 mit 30 Zentimeter­n in der Front. Hinter dem breiten Schlitz liegt ein Helmholtz-Resonator.
BREIT STATT HOCH: Guru baut seinen Zweiwegler Q10 mit 30 Zentimeter­n in der Front. Hinter dem breiten Schlitz liegt ein Helmholtz-Resonator.
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 ??  ?? SIMPEL, ABER GUT: Der Q10 versteht nur Bananas. Wer keine hat, kann das komplette Kabel zum fairen Preis bei Guru erwerben.
SIMPEL, ABER GUT: Der Q10 versteht nur Bananas. Wer keine hat, kann das komplette Kabel zum fairen Preis bei Guru erwerben.
 ??  ?? DREI SPRACHEN: Einen analogen Port gibt es leider nicht, dafür aber ein Aufgebot an digitalen Eingängen, hart rechts dazu die Antenne für aptX-Bluetooth und der UKW-Slot.
DREI SPRACHEN: Einen analogen Port gibt es leider nicht, dafür aber ein Aufgebot an digitalen Eingängen, hart rechts dazu die Antenne für aptX-Bluetooth und der UKW-Slot.
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MUTIGES DESIGN: Die überaus flache Bauweise verdankt sich digitalen Endstufen und einem ausgelager­ten Netzteil. In der Oberfläche sitzt das kompakte Bedienfeld.

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