Guru Q10 ................................................
Der flache Waversa Wslim Lite ist ein mächtiger Streamer und Amp. Zusammen mit der klangstarken Box Guru Q10 ergibt sich eine Top-Kette – erschwinglich und noch dazu ein Hingucker im Wohnzimmer.
An dieser Kombi sieht nichts so aus wie bei den meisten anderen, sie unterläuft Erwartungshaltungen und Formvorgaben. Die Kraft stammt vom Steamer/ Verstärker Waversa Wslim Lite. Er wurde der Ästhetik eines MacBook Air nachempfunden, ist aber viel kleiner. Auch auf die Waage bringt er nicht viel: Unfassbar geringe 1,7 Kilogramm liegen auf der Handfläche. Das größte Bauteil sind die Lautsprecherklemmen. Wie kann eine High- End- Komponente so dermaßen klein sein? Der deutsche Vertrieb ruft den passgenauen Claim aus: „Da bist du platt!“
Dieser Digitalverstärker ist hocheffektiv und entwickelt kaum Wärme, sodass auf großformatige Kühlrippen verzichtet werden konnte. Das Netzteil hat Waversa ausgelagert, es bestimmt aber über den Kraftfluss und die Wattzahlen: Mit 24V und 10A ist es ziemlich potent ausgelegt. Hinter Waversa stehen Ingenieure aus Südkorea, die erstaunlich viele Ei
genheiten ausleben. So kommt bei der Schaltung ein neuer Fachbegriff um die Ecke: „Para- Para- Bridge-Tied Load“(PPBTL). Das bedeutet: Die Basis ist lupenreines Class- D, die Ausgangsstufe nutzt eine Parallelstruktur von acht abwechselnd normal- und inversphasigen Ausgangsverstärkermodulen pro Kanal. Dazu gruppieren die Koreaner den hauseigenen „Waversa Audio Processor“. Wer einen Blick in das Gehäuse des Slim Lite wirft, sieht vor allem eine einzige Platine, auf die sämtliche Bauteile faktisch aufgedruckt wurden, alles hochintegriert. Die Kabel zu den Lautsprecherklemmen sind kurz, aber nicht sehr dick. Alles wirkt komprimiert und von erstaunlicher Effizienz. Dieser StreamerVerstärker bietet beachtliches Handwerk und ist zu einem fairen Preis zu erstehen – 1800 Euro wünscht sich der deutsche Vertrieb ATR - Audio Trade.
NUR DIGITALE SIGNALE
AirPlay, DLNA und Bluetooth aptX sind hier an Bord, Roon Ready ist der Waversa ebenfalls. Die extreme Kompaktheit führt jedoch dazu, dass gewisse Dinge schlicht nicht vorhanden sind. So gibt es keinen analogen Eingang, der Waversa versteht nur digitale Signale – koaxial bis zu 24 Bit und 192 Kilohertz, in der Kür dann per USB bis zu 384 Kilohertz. Alles höchst modern. UKW ist zwar vorhanden, doch das Digitalradio DAB+ fehlt. DSD gehört ebenfalls nicht zu den Optionen. Hier gelingt allenfalls der Umweg über die Roon-Software, die dann einen PCM-Stream generiert.
Und schließlich, auch wenn das natürlich nichts mit der Kompaktheit des Geräts zu tun hat, gibt keine richtige eigene App. Das ist ein Auswahlfilter für die unterschiedlichen Modelle im Katalog, verknüpft mit einer angekauften Coverund Track- Show. Das ist wirklich nicht zwingend. Offiziell arbeiten die Koreaner noch an einer eigenen App. Gleichzeitig gibt es bereits gute, kaum zu überbietende Standards – eben Roon oder kostenfrei mconnect.
Waversa pflegt eine Leidenschaft, und diese ist der Röhrensound. Die Firma führt in diesem Segment eigene Vollverstärker. Dieses Klangideal soll auch den Wslim Lite erhöhen. Deshalb haben die Ingenieure einen komplett eigenen Oberwellencharakter entworfen und im Wslim Lite implementiert. Es soll so klingen, als wären 300B- Röhren im Inneren verbaut. Ein spaßiges Spiel? Nein, es ist den Koreanern ernst und funktioniert grandios. Nichts an diesem schmucken Kästchen klingt nach Digitalverstärker oder gar hart – dieser Sound war in unserem Test wunderbar süffig.
Wohin mit diesem Edelklang? Wir haben uns für einen Neuling aus dem Katalog desselben Vertriebs entschieden und zwar für die Box Guru Q10. Auch hier begeistert uns wieder das äußere Bild. „Guru“, das klingt nach Glaubensrichtung und Schneidersitz. Die Guru Q10 stammt aus Schweden und ruht, bildlich gesprochen, tatsächlich im Schneidersitz. Nicht aufgeschossen in die Höhe, sondern eigenwillig in die Breite gegangen. Das sieht man höchst selten. Eine Öffnung strahlt nach vorne über einen großen Schlitz: Guru konstruiert hier einen echten Helmholtz- Resonator. Das könnte ein Monitor der ehrlichsten Impulse sein.
DER GURU AUS SCHWEDEN
Wer eine so eigene Design- Philosophie aufbietet, der verfügt auch über eine eigenen Klangphilosophie. Die erste Überraschung: Guru entwirft und baut alle seine Chassis selbst. Das ist Luxus in der Welt der globalen Fertigungsstrukturen. Dabei geht es um Phasenkohärenz. Die Schweden sind nicht auf der Suche nach dem Sweet Spot, sondern nach dem dem „Sweet Field“. Das Abstrahl
verhalten soll weit angelegt sein, ein natürliches Schallfeld ist gewünscht. Phasenverzerrungen und Klangverfärbungen sollen zudem ausgeblendet werden.
GROSSARTIGE MESSWERTE
Auf seiner Webseite verspricht der deutsche Vertrieb einen Frequenzgang bis zu 30 Hertz in die Tiefe. Das wäre ultimativ. Und tatsächlich bekommt der Lautsprecher von unserem verlagseigenen Messlabor Testlab überwiegend Lorbeeren. Der Guru Q10 wirkt für seine Bauform erstaunlich linear, allenfalls nimmt er sich in den Höhen sanft zurück. Also das genaue Gegenteil von Show. So verspielt er in seiner Form auch wirken mag – der Guru Q10 ist kein Spielzeug, sondern ein erstaunlich linearer Monitor mit mächtigem Tiefgang.
Toll sieht die Kombination mit dem kleinen Waversa auf dem Sideboard aus. Als schöne Zugabe gibt es für die beiden Gurus noch zwei passgenaue Ständer namens Standpoint mit je drei Beinen (Paarpreis: 600 Euro). Diese Ständer muss man nach dem Ikea- Prinzip selbst zusammenschrauben. Sie sehen klassisch aus, roh, nur lackierte, helle, massive Eiche. Wer die Lust verspürt, kauft auch gleich die das passgenaue Lautsprecherkabel hinzu. Offiziell gilt es als „optimal abgestimmt für Guru- Lautsprecher“. Faktisch ist es ein Verbindung aus hochreinem Kupfer mit passgenauen Bananensteckern für das Single- WiringTerminal. Die doppelten 3 Meter liegen bei 185 Euro. Das geht in Ordnung.
HÖRTEST: DIE FEINE ZEICHNUNG
Hören wir hinein in diese Kombi. Ganz neu hat die Deutsche Grammophon einen Stern am Geigenhimmel unter Vertrag genommen, eine Dame, Bomsori Kim aus Südkorea. Die junge Frau ist ausgebucht und wird auf allen wichtigen Bühnen der klassischen Musikwelt nejubelt. Alles stahlt unter ihrem Spiel, am schönsten die „Méditation“von Jules Massenet. Da muss eine Kombi atmen und mitunter auch im Streicherteppich der tiefen Celli grasen. Jeder Atemzug ist in der Neuaufnahme ein Happening. Die beiden Gurus und der Waversa zeigten im AUDIO- Hörraum die feine Zeichnung. Da haben die Entwickler klar erkennbar lange Stunden der Hörarbeit investiert. Die oberen Bässe waren eindeutig als Träger der Feininformation erkennbar – wirklich super. Das war die
schönste Mischung aus Analyse und musikalischem Fluss.
Nun drehten wir den Volume- Regler auf und legten Beatles- inspierten PopRock auf: den Briten Francis Lung mit seinem neuen Album „Miracle“. Kaum läuft der flotte Track „Bad Hair Day“, sind auch schon wir von unserer Kombi begeistert. Das steht wunderbar vor den Membranen, echter Drive, die Gitarrensaiten springen uns an. Ein bisschen wie eine Hymne aus der Spätphase der Fab Four, am Schluss mit einem verzerrten George- Harrison- Solo. Wirklich gut. Was machte unsere kompakte Kette daraus? Das wirkte kongenial rockig, der mächtige Druck, dazu eine Abbildungsleistung, die sehr nah an gutes Studiomonitoring herankam. Nochmal: So sehr auf den Fotos vieles nach Edel-Spielzeug aussieht – der Waversa und die Gurus bilden eine klangstarke, grundehrliche Kombination. Der Röhrencharakter des Verstärkers, die Feinheiten der Boxen – das kam einem Happening gleich.