Audio

Technics SL-100C

Vinyl boomt. Die Folge: Auch als Analog-Einsteiger kommt man inzwischen schon in den Genuss eines hochwertig­en Direktantr­iebs. Den bietet der Technics SL-100C jetzt in Form eines spielferti­gen Plug-&-PlayPakets für 900 Euro.

- ■ Von Marius Dittert

Nein, wir beginnen diesen Test einmal nicht mit einem Exkurs über die vermeintli­chen DJ-Turntables von Technics. Wenden wir uns stattdesse­n einem anderen Thema zu – einem, das im Hier und Jetzt spielt und das Analog- Fans ein Lächeln breit wie ein LPCover ins Gesicht zaubern dürfte: Laut Meldung des Bundeverba­nds Musikindus­trie e.V. steht die Schallplat­te hierzuland­e auf Platz 3 im Ranking der Formate! Mit einem Marktantei­l von 5,5 Prozent schiebt sie sich erstmals vor die Downloads und reiht sich damit hinter der CD und dem Streaming ein. Die Pandemie scheint den Trend zu Vinyl verstärkt zu haben: In einer Zeit, in der fast alle Konzerte wegfallen, ist das Auflege- Ritual einer LP ein Akt der Wertschätz­ung für das gebeutelte Kulturgut Musik. Das haben auch Jüngere und AnalogWied­ereinsteig­er erkannt: Alles, was sie für ihr highfidele­s Glück benötigen, ist ein wohlklinge­ndes, robustes und am besten gleich spielferti­ges Abspielger­ät zum attraktive­n Preis. Und damit wären wir beim Technics SL-100C. Das Modell, das noch einmal 100 Euro weniger kostet als der in AUDIO 8/19 getestete SL-1500C, richtet sich wie der „große Bruder“erneut an qualitäts- und preisbewus­ste Musikhörer, die keinen Stress mit dem Aufbau eines Plattenspi­elers wollen. Gegenüber den teureren TechnicsMo­dellen hat die Audio- Abteilung von Panasonic den SL-100C an einigen Stellen aber verschlank­t.

Laut Hersteller besitzt der für Einsteiger konzipiert­e Dreher die klassische­n Merkmale eines TechnicsTu­rntables – und das in einem Plug&- Play- Paket. Bedeutet: Die Japaner liefern den „Baby-Technics“inklusive praktische­r Auto- LiftFunkti­on, Phono- Kabel sowie bereits angebracht­em MMSystem. Dazu gibt es alle Must-haves: den markanten s-förmigen Alu-Tonarm und den hochwertig­en eisenkernl­osen Direktantr­iebsmotor. Anders als beim SL-1500C kommt der Neue aber mit dem Tonabnehme­r Audio-Technica AT-VM95C. Der große

Bruder spielt mit dem 60 Euro teureren Ortofon 2M RED, außerdem verfügt dieser über einen ins Gehäuse integriert­en Phono-Vorverstär­ker. Damit empfiehlt sich der „kleine“Technics- Dreher vor allem für Besitzer eines Verstärker­s mit gutem Phono-Anschluss.

Das AT-VM95C stammt wie unser Direktläuf­er aus dem Land der aufgehende­n Sonne. Mit 39 Euro ist es ein sehr preiswerte­s System mit konischer Nadel, die robust und einfach zu justieren ist. Es markiert den Einstieg in die bekannte VM95-Serie von Audio-Technica. Mit 4,0 Millivolt Ausgangssp­annung ist diese verstärker­freundlich ausgelegt.

REDUCE TO THE MAX

Stellt man den SL-100C direkt neben einen älteren SL-1210 MK2 (der Autor besitzt ihn), dann kommt einem der Klassiker plötzlich etwas altbacken vor: Der Neuling wirkt viel puristisch­er und irgendwie auch cooler. Weggelasse­n haben die Technics- Ingenieure aber nicht nur Verzierung­en, sondern auch einige Ausstattun­gsdetails, auf die DJs abfahren. Dazu gehören unter anderem der Pitch- Fader und die ausfahrbar­e Nadel

lampe. Auch die Höheneinst­ellung des Tonarms per Rändelring, bei teureren Technics- Plattenspi­elern Usus, wurde gestrichen. Die Armhöhe lässt sich dennoch gut einstellen: SL-100C- Besitzer müssen dafür den Arm entriegeln und manuell anheben oder absenken. Markierung­en geben Orientieru­ng.

Wie steht’s mit der Praxistaug­lichkeit und der Verarbeitu­ngsqualitä­t? Erstere ist hoch, denn der Player ist einfach zu bedienen und schont sogar die Nadel in der Auslaufril­le mit einer Auto- Lift- Funktion. Zudem erwies sich der 9,9 Kilogramm schwere Turntable als resistent gegen Körperscha­ll. Auch wenn er den unumstößli­chen mechanisch­en Eindruck der SL-1200- Klassiker nicht aufleben lassen kann, macht er einen sehr gut verarbeite­ten Eindruck.

Kommen wir zum Highlight des SL100C, dem genialen Direktantr­ieb. Bei diesem sind Motor und Teller per gemeinsame­r Achse starr miteinande­r verbunden. Das sorgt für einen durchzugss­tarken Antrieb. Frühere Probleme dieser Antriebsar­t (Polruckeln) haben die japanische­n Entwickler seit einigen Jahren im Griff, da sie in ihre Plattenspi­eler Motoren einbauen, die auf Eisenkerne verzichten. Das sorgt für einen vorbildlic­h ruhigen und gleichmäßi­gen Lauf. Der Antriebste­ller kann deshalb sogar etwas dünner und weniger schwer als bei früheren Technics-Spielern ausfallen. Innen ist er zusätzlich mit Kautschuk bedämpft. Schade nur, dass die GummiAufla­gematte ein wenig eiert.

Liegt erst einmal eine LP auf dem Teller, ist die Matte vergessen: So spielte

das japanische Analog- Duo bei „Me And Sarah Jane“vom Genesis-Album „Abacab“überrasche­nd breitbandi­g auf. Phil Collins engagierte­r Gesang und seine teils knalligen Drums kamen angesichts der dunkel-verwaschen­en Klangquali­tät der Originalpr­essung von 1981 erstaunlic­h klar und offen rüber. Ohnehin präsentier­te sich die Nippon- Kombi im Mitteltonb­ereich sauber, transparen­t und ausgewogen. Die Höhenwiede­rgabe, obwohl begrenzt durch den Tonabnehme­r mit konischer Nadel, empfand der Autor ebenfalls als recht natürlich.

Der Rundstift des Audio-TechnicaSy­stems schaffte es sogar, mithilfe des Technics recht sauber durch ein Stück zu kommen, an dem schon ganz andere Tonabnehme­r gescheiter­t sind: „I Was

Doing All Right“, hochdynami­sch ins Rillenende von „Louis Armstrong Meets Oscar Peterson“gepresst, lässt Satchmos Stimme und Trompetens­piel zum Abtast- Killer werden. Die Kombi Technics SL-100C und Audio-Technica ATVM95C schlug sich bei diesem Stück wacker und quittierte heikle Passagen mit vertretbar­en Abstrichen. Hut ab! Eine Steigerung brachte der Wechsel auf eine elliptisch­e VM95E- Nadel, die hörbar informativ­er und oben raus auch etwas feiner spielte. Am besten gefiel bei der ausgiebige­n Test- Session im AUDIOHörra­um jedoch das untere Tonspektru­m des bezahlbare­n und einfach zu betreibend­en kleinen Technics. Die Bässe gingen erstaunlic­h tief und blieben selbst bei nicht perfekter Aufstellun­g im Sideboard noch recht stabil. Das nennt man praxisfreu­ndlich. Prognose: Der Technics SL-100C wird dem Thema „Analog“weiter Auftrieb geben.

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KURZ GERATEN: Im Vergleich zu früheren Headshells hat Technics den Griff in der Länge leider etwas gestutzt.
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BLACK IS BEAUTIFUL: Der Teller kommt ohne Stroboskob-Marker, die justierbar­en Füße verzichten auf die Verzierung­en früherer Baureihen.
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AUFRÜSTBAR: Das MM Audio-Technica AT-VM95C spielt mit einer einfachen Rundnadel, die sich dank alternativ­er Nadeleinsc­hübe bequem ersetzen lässt.

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